Die EU-Agrarpolitik zerstört Natur und bäuerliche Familienbetriebe
Kaum setze ich mich kritisch mit der industriellen Landwirtschaft der Massentierhaltung oder der Flächenorientierung der EU-Agrarpolitik auseinander, da bekomme ich in den sozialen Medien reichlich Gegenwind. So mancher Landwirt meint, ich könne doch dazu als Soziologe und Journalist gar nichts beitragen. Da kann ich nicht folgen, denn dann hätten meine Frau und ich auch kein Buch über Schottland schreiben dürfen, denn ich besitze ja keinen Schottenrock. Aber nun wieder zurück in die ernste Realität. Nach meiner Meinung ist es Zeit für eine Agrarrevolution, denn Reförmchen an der Subventionskultur reichen nicht aus! Die seit Jahrzehnten vorangetriebene immer intensivere Nutzung der Äcker und Wiesen und das Wegsperren von Kühen, Schweinen oder Hühnern in immer gigantischere Ställe hat keine Zukunft. Und die chemische Keule muss endlich nur noch in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen. Das Verschwinden von Insekten und Vögeln hat dramatische Ausmaße erreicht, und gleichzeitig siechen viele bäuerliche Familienbetriebe vor sich hin oder wurden längst von zahlungskräftigen Investoren aufgekauft. Das Insektensterben läuft parallel zum Höfe-Sterben. Vor diesem Hintergrund müssten sich Naturschützer und Bauern eigentlich unterhaken und gemeinsam für eine ökologische Agrarpolitik streiten!
Die Zerstörung der bäuerlichen Familienbetriebe
Doch von einer gemeinsamen Aktion von Bauern und Naturschützern ist zumeist nichts zu spüren. Kaum fordert die Bundesregierung eine Reduzierung des Einsatzes chemischer Hilfsmittel und reguliert das Ausbringen von Gülle strenger, da rollen die Traktoren durch unsere Städte und grüne Kreuze sprießen auf abgeernteten Maisäckern. Und die gewohnte Reaktion des Deutschen Bauernverbands ließ nicht lange auf sich warten: „Wir wissen, dass es Veränderungen hin zu mehr Tierwohl und Insektenschutz geben muss, aber dieses Paket ist für die Landwirte toxisch”, sagte dessen Präsident, Joachim Rukwied. Nein! Da hat Bauernpräsident Rukwied nicht recht! „Toxisch“ ist nicht der ohnehin flügellahme Versuch der Bundesregierung, dem Insektensterben und der Nitratverseuchung des Trinkwassers entgegen zu wirken, sondern die Betonfraktion der Agrarlobbyisten ist der wahre Tod des bäuerlichen Familienbetriebs. Die Bauernverbände geben zwar vor, für die bäuerliche Landwirtschaft zu sprechen, doch in Wahrheit machen sie sich mehr und mehr zum Sprachrohr industrieller Großbetriebe im Agrarbereich.
Und die Dummen sind in diesem Rennen die bäuerlichen Betriebe, die mit einem überschaubaren Areal zurechtkommen müssen, bei denen der Tierbestand noch in einem angemessenen Verhältnis zur Fläche mit Futterpflanzen steht. Rinder gehören für mich auf die Weide und nicht mit abgesengten Hörnern in immer größere Ställe. Und wenn ich dann höre, dass im baden-württembergischen Ostrach ein Stall für 1 000 Milchkühe gebaut wird, dann frage ich mich schon, ob dies die Zukunft der Landwirtschaft sein kann. Die beteiligten Landwirte hoffen im Übrigen, ihr Geld mit der Stromerzeugung aus der Gülle zu erzielen und nicht mit dem Verkauf von Milch oder Fleisch. Für mich ist dies die Perversion der bäuerlichen Landwirtschaft! Ganz nebenbei: Die Gülle hat sich nach ihrem Einsatz in der Biogasanlage nicht in Luft aufgelöst, sondern sie wandert als Gärrest auf die Äcker und Wiesen. Es ist auch kaum anzunehmen, dass das Heer der 1 000 Milchkühe ganzjährig sein Futter von der nächstgelegenen Wiese als Grasschnitt oder Heu bekommt, sondern das Futter wird zu einem erheblichen Teil andernorts produziert, aber die Gülle bzw. Gärreste bleiben da.
Kühe sind keine Milchmaschinen
Zum Glück gibt es auch Bauern, mögen sie konventionell arbeiten oder auf Bio setzen, die die Kühe als Lebewesen betrachten und nicht als Milchmaschine oder jetzt neuerdings als Stromproduzenten. Diese Milchviehhalter müssen sich keinesfalls über den Werbespot von Katjes für einen veganen Snack aufregen. „Jedes Leben ist wertvoll, und Kühe sind auch keine Milchmaschinen“, so die Stimme aus dem Off, wenn Kühe mit riesigen Eutern im Gleichschritt vorbeimarschieren. Dieser Spot sollte den Milchbauern zu denken geben, denn er wäre ohne das angekratzte Image der Milchwirtschaft so sicherlich nicht entstanden. Da nützt es auch nichts, grüne „Mahn-Kreuze“ – so Bauer Willi – aufzustellen. Es ist an der Zeit, dass sich die Bauern, die an die Zukunft ihrer Höfe denken, zu Wort melden und dies nicht engstirnigen Verbandsvertretern und altbackenen Verbandslobbyisten überlassen. Das Höfe-Sterben wird sich mit grünen Kreuzen nicht aufhalten lassen: Was nottut ist eine innovative Agrarpolitik.
Nachhaltigkeit und Ökologie können in der EU-Agrarpolitik nur eine zentrale Rolle spielen, wenn die Orientierung der Förderung an der Fläche beendet wird. Natürlich gibt es auch die zweite Förderlinie, die jedoch über ein ‚Greening‘ bisher nicht hinausgekommen ist. Wer sich aber beständig an der Fläche orientiert, der zwingt zahlreiche kleinere Betriebe zur Aufgabe und erhöht den Flächendruck, da zunehmend Investoren einsteigen. Dieser Trend, dass branchenfremde Geldgeber auftauchen, wird u.a. natürlich durch die Geldschwemme der Europäischen Zentralbank (EZB) befeuert: Die EZB hat unter Mario Draghi ein Kreditkarussell mit 2,6 Billionen EURO in Bewegung gesetzt, welches die Märkte überflutet. Der Aktienmarkt zog an, die Immobilienpreise schossen durch die Decke, und ganz folgerichtig investieren Spekulanten in die noch relativ ‚preisgünstigen‘ Agrarflächen. Da können expansionswillige Bauern immer seltener mithalten. So sind nicht nur die Sparer, denen die EZB ihre Zinsen raubt, die Leidtragenden, sondern auch die Bauern. Die neue EZB-Präsidentin Christine Lagarde sollte endlich den Geldhahn zudrehen, damit wieder Bauern zum Zuge kommen, die mit eigenem Geld wirtschaften!
Rinder gehören auf die Weide
Meine Kritik an der industriellen Landwirtschaft zielt gewiss nicht auf den einzelnen Landwirt, der in einem System arbeiten muss, das ihm immer weniger Luft zum Atmen lässt. Die Schuld trägt eindeutig die EU-Agrarpolitik, die völlig falsche Anreize vorgibt. Nahezu 60 Mrd. EURO an EU-Geldern fließen jährlich in die Landwirtschaft: Dies entspricht rd. 40 % des Gesamtbudgets der Europäischen Union. Das EU-Parlament ließ bisher den Willen vermissen, das agrarpolitische Ruder herum zu werfen, und leider gilt gleiches auch für die EU-Kommission. Mir geht es nicht darum, das Agrarbudget zu kappen, sondern um eine Neuausrichtung der Förderung. Fläche ist für mich zweitrangig, denn es geht um die Bewirtschaftungsmethoden, um die angebauten Pflanzen oder die gehaltenen Tiere. Es bekommt ja auch ein Bäcker keine Förderung dafür, dass er eine Fläche in seiner Backstube vorhält. Wäre dies der Fall, dann hätten wir heute nur noch Backfabriken! Nun bin ich mir bewusst, dass der Vergleich hinkt, denn der Bäcker bekommt ja gar keine Subventionen. Aber die EU-Agrarpolitik treibt die Flächenkonzentration in immer weniger Händen voran, und dies kann nun kaum im Interesse der bäuerlichen Familienbetriebe sein.
Die Großbetriebe setzen auf ständige Intensivierung, und da ist jede Gehölzinsel im Wege, jedes Unkraut, das aus dem ansonsten ‚makellosen‘ Acker herauslugt. Und wer 1 000 Milchkühe in einem Stall hält, der wird sie auch nicht auf die Weide treiben und abends wieder heimholen. So manches Rind kann schon froh sein, wenn es im Laufstall ein Plätzchen findet oder auf eine „Jogging-Weide“ darf. Bei letzterer Angabe zuckte ich dann doch zusammen: Die Kühe können sich die Füße vertreten, das Futter auf der abgegrasten Weide reicht allerdings nicht, das gibt’s im Stall – woher es auch immer stammt. Bei Schweinen ist die Frage noch gravierender, ob das Futter wohl aus der jeweiligen Region stammt! Soja wird häufig aus Südamerika importiert, wo nicht selten der Regenwald abgeholzt wird, um Platz für neue Anbauflächen zu schaffen. Und der Mais auf dem Feld vor der deutschen Stalltür wandert dann in die Biogasanlage!
Verbraucher und Politiker sind gefragt
Beim Einkaufen drehe ich jedes Käsepäckchen fünfmal um und entdecke dann doch tatsächlich noch einen ‚Heumilchkäse‘ fürs Abendessen, den ich noch gerne verspeisen würde. Oder auf einer anderen Packung heißt es, die Kühe dürften 120 Tage pro Jahr auf die Weide und das für mindestens sechs Stunden täglich. Allerdings weiß ich noch lange nicht, was sie dort an Futter vorfinden, aber man soll nicht päpstlicher als der Papst sein. Beim ‚Bergbauernkäse‘ verschiedener Anbieter werden die Bauern und beinahe schon die einzelnen Kühe vorgestellt, doch ob sie nach der Weide in Anbindehaltung leben, auch das lässt sich nicht erkennen. Hier zählt für mich allerdings, dass es kleine Betriebe in durchaus schwierigen geografischen Lagen sind. Aus meinen Zeilen wird deutlich: Wir brauchen überschaubare Klassifikationssysteme, die man als Konsument schnell einschätzen kann. Doch bisher geistern allerlei Tierwohllabels durch die Lande, und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner bummelt mit eigenen Aktivitäten hinterher. Noch mehr Verbraucher müssen sich darüber klar werden, dass wir uns intensiver über die Herkunft unserer Nahrungsmittel informieren müssen: Und das billigste Fleisch kann nicht aus einem Betrieb stammen, der die Rinder, genauso wie Schweine oder Hühner ins Freie lässt.
Wenn ich mir die EU-Vorgaben bzw. deutsche Regulierungen zur Massentierhaltung anschaue, dann frage ich mich allerdings, ob wir neben Tierwohllabels nicht auch eine komplette Überarbeitung der Vorgaben benötigen? Da kommen schon mal 250 000 Ferkel pro Jahr in einem einzigen Betrieb zur Welt! Eine Million Hähnchen werden in einer Mästerei oder fast 500 000 Legehühner in vier zusammengehörenden Legebatterien gehalten! Die schiere Zahl ist erschreckend, aber richtig übel wird es, wenn man sich den in Gesetzen und EU-Verordnungen vorgegebenen Platz anschaut, der Nutztieren zusteht. Eigentlich kann man von Platz wirklich nicht sprechen: So legt eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2007 „Mindestvorschriften zum Schutz von Masthühnern“ fest, welche besagt, dass die „maximale Besatzdichte in einem Betrieb oder Stall eines Betriebs zu keiner Zeit 39 kg/m² überschreitet“. Hier ist Gedränge vorprogrammiert – mit dem Segen der EU. Die ‚Albert-Schweitzer-Stiftung für unsere Mitwelt‘ schreibt dazu: „Bei der Kurzmast und einem Mastendgewicht von 1,5 kg müssen sich bei höchster (erlaubter) Besatzdichte etwa 26 Hühner einen Quadratmeter Platz teilen – das entspricht pro Huhn etwas weniger als einem DIN-A5-Blatt plus einem Bierdeckel.“ Eine solche Tierhaltung ist nach meiner Meinung ethisch nicht verantwortbar, und daran ändert es auch nichts, wenn ein Tierwohllabel 10 oder 20% mehr Platz vorsieht!
100-Kilogramm-Schwein auf einem Quadratmeter
Ähnlich katastrophal geht es in zahlreichen Schweinemästereien zu, und was kommt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft? Für geringfügige Verbesserungen soll es dann gewissermaßen schon ein Lob geben! Schweine sollen – je nach Kategorie des Tierwohllabels – 20 bis 91 % mehr Platz erhalten. Das klingt doch gut, aber ausgehend von einer nicht akzeptablen Minibasis. Ein 5 bis 10 kg schweres Schwein hat gesetzlich vorgesehen 0,15 m² Platz. 20 % mehr ist dabei keine echte Verbesserung, die einer Kategorie im staatlichen Tierwohllabel bedürfte. Ein Schwein mit 50 bis 110 kg hat heute einen ‚Anspruch‘ auf sage und schreibe einen Quadratmeter Fläche! Selbst eine Erhöhung um 91 % – um in die höchste Kategorie zu gelangen – ist alles andere als befriedigend. Geradezu lächerlich ist es, wenn dann bei so geringem Platzangebot eine „Buchtenstrukturierung“ vorgesehen ist, „so dass das Schwein zwischen unterschiedlichen Funktionsbereichen (zum Beispiel Fressen, Schlafen, Bewegung) wählen kann.“ Ist es nicht irgendwie lächerlich, ja zynisch, wenn sich ein 110-Kilogramm-Schwein auf knapp zwei Quadratmetern ausreichend bewegen soll?
Die Tierhaltung wurde in den vergangenen Jahrzehnten zu einem industrialisierten Produktionsprozess: Hatte ein bäuerlicher Betrieb 1950 im Schnitt fünf Schweine, so sind es heute pro Mäster oder Züchter rd. 1175. Und nicht wenige international tätige Schweine- und Rinderhalter bringen es gleich auf Zehntausende von Tieren. Die bäuerliche Romantik hat also nichts mehr mit der heutigen Realität zu tun. Dies ist kein Vorwurf an die Landwirte, die sich noch als Bauern fühlen, sondern meine Kritik setzt an der EU-Agrarförderung und bei einer Politik an, die eine Massentierhaltung erlaubt, die alles andere als art- und tiergerecht ist. Die industrielle Landwirtschaft ist ein Irrweg! Die Politik muss dafür Sorge tragen, dass das Tierwohl nicht weiter zu einer Leerformel verkommt. Und die zunehmende Skepsis der Verbraucher richtet sich leider in steigendem Maße auch gegen die engagierten Landwirte. Unsere Kritik muss sich jedoch gegen die Politiker in den Ländern, im Bund und in der EU richten, die seit Jahren nicht in der Lage sind, die Agrarsubventionen neu auszurichten!
Dramatischer Rückgang der Insekten in Deutschland
Natürlich wäre es unsinnig, den Schwund der Artenvielfalt alleine der Landwirtschaft anzulasten, doch als größter Flächennutzer kann dieser Sektor ja wohl kaum aus einer Analyse ausgeklammert werden. Die industrialisierte Landwirtschaft mit Einheitsfluren und der chemischen Keule, aber auch die Zersiedelung der Landschaft und die Schottergärten in den Wohngebieten bedrohen unsere Insekten. Viel zu lange wurde gleichfalls in städtischen Parks und Grünanlagen oder bei Unternehmen auf den ‚adretten‘ Kurzhaarschnitt beim ‚Grün‘ mehr wert gelegt als auf den ökologischen Nutzen. Immer häufiger werden Wildbienen, Hummeln, Libellen und Schmetterlinge zur Seltenheit, und wenn das Futterangebot schwindet, dann machen sich immer mehr Vogelarten rar. Selbst dem Regenwurm geht mancherorts bereits die Nahrung aus! Wenn wir die Artenvielfalt bei Insekten und Vögeln erhalten wollen, dann muss gehandelt werden.
Wir alle erleben seit Jahren den katastrophalen Schwund der Insekten in Deutschland und anderen europäischen Staaten. Dies belegen Wanderungen durch Wiesen und Wälder: Immer häufiger fehlen die spezifischen Insekten. Auch an Seen, Bächen und Kleingewässern muss man Libellen zumeist schon suchen. In einer neuen Veröffentlichung in ‚Nature‘ belegen Sebastian Seibold u.a. den dramatischen Rückgang von Insekten. Sie haben ihre Daten im Rahmen einer Studie der Technischen Universität München von 2008 bis 2017 an 150 Standorten mit Wiesen und 140 mit Wald erhoben. Die Zahl der vorgefundenen Insektenarten ging innerhalb von 10 Jahren um ein Drittel zurück, die Biomasse der Insekten im Wald um 40 %, auf Wiesen sogar um rd. zwei Drittel. Der Entomologische Verein Krefeld, der sich seit über 100 Jahren der wissenschaftlich orientierten Insektenkunde widmet, hat in einer Langzeitstudie von 1989 bis 2016 einen Rückgang der Biomasse von Fluginsekten von über 75 % festgestellt – und dies in über 60 Naturschutzgebieten. Der NABU Baden-Württemberg hat über 20 Studien zusammengetragen, die allesamt den Schwund an Insekten belegen. Zu gleichen Ergebnissen kommen Langzeitbeobachtungen vom Rand der Schwäbischen Alb.
Weltweit verschwinden die Insekten
Das Insektensterben ist kein rein europäisches Phänomen. So haben australische Autoren 73 Studien ausgewertet, in denen es um Insekten ging und ihre Zusammenfassung in der Zeitschrift ‚Biological Conservation‘ veröffentlicht: Der Rückgang der Kerbtiere lasse sich weltweit feststellen, und deren Biomasse habe jährlich einen Schwund von 2,5 Prozent. Besonders dramatisch verlaufe der Rückgang bei Schmetterlingen und Bienen, und auch Wespen und Ameisen seien – wie der Dungkäfer – elementar betroffen.
Zu den zentralen Ursachen gehören nach dieser Studie der Verlust an Lebensraum durch die intensive Landwirtschaft, sowie die Ausdehnung von Städten und Verkehrswegen. Düngemittel und Pestizide – dazuhin Neonikotinoide – gefährden das Überleben von Insekten. Francisco Sánchez-Bayo vom Sydney Institute of Agriculture kommt in dem Report zu dem Schluss, dass alles getan werden müsse, um den Insektenschwund aufzuhalten, denn er befürchtet ansonsten einen „catastrophic collapse of nature’s ecosystems“. Wenn die Natur kollabiert, dann kann dies weder im Sinne der Bauern noch der Naturschützer oder von uns allen sein.
Palaver nutzt weder Bauern, Tierhaltern, Winzern noch Insekten
Die ständige Intensivierung auf Agrarflächen, die mit dem Einsatz zahlloser chemischer Hilfsmittel einhergeht und zu riesigen Monokulturen geführt hat, hat zum Verschwinden der Insekten und zunehmend auch der Vögel und anderer Tiere maßgeblich beigetragen. Gleichzeitig zerstört dieser Trend die bäuerlichen Familienbetriebe, die doch die EU-Agrarpolitik vorgeblich unterstützt. Über diesen parallel laufenden Trend können auch grüne Kreuze, Mahnfeuer und Traktor-Demos nicht hinwegtäuschen. Längst geht es nicht um einen Konflikt zwischen bäuerlichen Familienbetrieben und Naturschützern, sondern um die Frage, wie wir bäuerliche Betriebe und der Natur gleichzeitig einen Weg in die Zukunft ebnen können!
Die Agrarpolitik braucht eine Revolution, ansonsten gehören Schmetterlinge, Wildbienen und Hummeln immer mehr zu verschwindenden Arten. Und gleiches gilt für den Bauern, der mit seiner Hände Arbeit den Lebensunterhalt für sich und seine Familie verdienen möchte und dabei auch das Tierwohl und die Natur im Blick hat. Eine Neuorientierung wird nur von Erfolg gekrönt sein, wenn die Agrarförderung nicht länger an der Fläche orientiert wird. Förderung muss es für die Betriebe geben, die naturnah produzieren, bei denen Tiere und Fläche in einem angemessenen Verhältnis stehen und Rinder, Schweine und Hühner auch mal das Tageslicht oder eine Weide sehen. Wer unter dem heutigen Preisverfall auf immer höhere Produktionsmengen setzt, der gräbt sich sein eigenes Grab. Monokulturen auf den Äckern und immer häufigeres Mähen der überdüngten Wiesen, dies raubt den Insekten und Vögeln die Lebensgrundlage.
Eine Änderung wird es nur geben, wenn wir als Verbraucher bereit sind, einen angemessenen Preis für unsere Nahrungsmittel zu bezahlen und auf regionale Angebote achten. Aber als Bürger müssen wir vor allem die Politik in der EU, in Bund und Ländern drängen, die Landwirtschaftsförderung so auszurichten, dass bäuerliche Familienbetriebe ebenso überleben können wie Insekten, Vögel, Igel oder auch der Regenwurm!
Sehr beachtenswert, wie Sie als Nichtlandwirt die Situation der bäuerlichen Betriebe analysieren. Als Vorsitzender der AbL Bayern stimme ich Satz für Satz zu. Die AbL hat einen Vorschlag erarbeitet, die Förderung auf Basis von Betriebsdaten, wie Grünlandanteil, Fruchtfolge, Flächengröße, bodengebundene Tierhaltung… usw zu gestalten. Dadurch könnten ohne weiteren Bürokratieaufwand nachhaltiger wirtschaftende Betriebe höher gefördert werden, während kostensparende, rationalisierte Bewirtschaftung mit Abstrichen rechenen müsste, so daß die Summe der Fördergelder etwa gleich bleiben würde. https://www.abl-ev.de/themen/agrarpolitik/punktesystem/?fbclid=IwAR3PerwElmoufGyZWCOHZ9v8c6GHZJ8yDqrcB49JDW
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Mit Dank und freundlichen Grüßen
Josef Schmid
Sehr geehrter Herr Schmid,
herzlichen Dank für Ihre positive Rückmeldung. Ihre Zeilen freuen mich besonders, da sie selbst Landwirt sind.
Sie sprechen mir aus dem Herzen, wenn Sie schreiben: „Die AbL hat einen Vorschlag erarbeitet, die Förderung auf Basis von Betriebsdaten, wie Grünlandanteil, Fruchtfolge, Flächengröße, bodengebundene Tierhaltung… usw. zu gestalten. Dadurch könnten ohne weiteren Bürokratieaufwand nachhaltiger wirtschaftende Betriebe höher gefördert werden, während kostensparende, rationalisierte Bewirtschaftung mit Abstrichen rechnen müsste, so dass die Summe der Fördergelder etwa gleich bleiben würde.“ Ich hoffe sehr, dass auf der Basis Ihrer Vorschläge eine Änderung der EU-Agrarförderung politisch durchgesetzt werden kann.
Wenn man Ihren Vorschlägen folgt, dann können bäuerliche Familienbetriebe mit ökologischem Ansatz gefördert und erhalten werden, und die Natur kommt wieder zu ihrem Recht.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Mit besten Grüßen
Lothar Ulsamer
Wir, die Familie Barbara, Johannes und Katharina betreiben in Eichstetten am Kaiserstuhl ein kleines Weingut seit 12 Jahren, aufgebaut aus dem Nichts. Als landwirtschaftliche Quereinsteiger sind wir weitgehend unbelastet an das Projekt Weingut gegangen. Trotz Winzer- und Weinküferausbildung ist es uns bis auf die zweite Saison des Betriebes gelungen komplett auf chemisch-synthetische Spritzmittel, Kupfer, Kunstdünger, Herbizid und Insektizid zu verzichten. Wir haben einen grossen Erfahrungsschatz im Umgang mit alten Rebanlagen gesammelt und die Erfahrung gemacht, wie Pflanzen im Lauf der Jahre ihre Widerstandsfähigkeit gegen Pilzkrankheiten deutlich gesteigert haben. Aus Umweltgründen wurde der Betrieb komplett auf die neuen Rebsorten(PiWis) umgestellt. Wir sparen dadurch jährlich 1.600,–€/Hektar im Gegendatz zu einem konventionelle Betrieb nur im Bereich der Spritzmittelausbringung. Seit zwei Jahren haben wir komplett ohne Mittel gearbeitet die in irgeneiner Form ausgebracht werden müssen. Unser Grundansatz: was kann ich der Natur Gutes tun um wunderbare Trauben ernten zu können. Unsere erfolgreiche Bewirtschaftungsform, eingebettet in umgebende Saumbiotope wird bislang als nicht umsetzbar angesehen. Um in wissenschaftlichen Bereichen argumentieren zu können, fehlen uns die etablierten Anerkennungsparameter, wobei sich unsere Beobachtungen aus der Praxis letzendlich mit vielen Erkenntnissen der einzelnen Disziplinen decken. Wir haben auf eigene Kosten in der Praxis einen Erfahrungsschatz gesammelt, der im notwendigen Umbruch der Landwirtschaft enorm hilfreich sein könnte. Leider sind wir immer noch nicht seitens der hiesigen Presse, seitens des Badischen Weinbauverbandes und Seitens des BLHV mit unserer Sachkenntnis erwünscht. Ich hoffe immer noch, daß sich der Geist in den landwirtschaftlichen Belangen, die unsere Lebensgrundlage ermöglichen sollten ändert.
Sehr geehrter Herr Dr. Ulsamer,
Das Problem der Überproduktion lässt sich relativ einfach lösen. Denn Dünger sind in der Hauptsache Nitrate und Phosphate. Daraus wieder folgt, dass in einer Kunstdüngerfabrik nur die Sicherheitsbedingungen in dem Fall fahrlässig oder grob fahrlässig zu missachten sind und dadurch wegen der auch als Sprengstoff verwendeten Nitrate, zwar mit anderer Zusammensetzung wohl das entsprechende Werk zerstört wird. Daraus folgt wiederum eine geringere Produktion von entsprechenden Kunstdüngern. Da aber N(Stickstoff) maßgeblich für die Produktionsfunktion vom Typ A maßgeblich für den Ertrag ist, hat sich damit das Problem entschärft. Des weiteren ist Lobbyismus ein nicht zu unterschätzendes Problem. Auch Pestizide sind bedingt durch die Nähe zu chemischen Kampfstoffen nicht gerade vorteilhaft für die Fauna und Flora. Die Leitzinsen wie von Ihnen gefordert bzw. gewünscht kann Frau Lagarde nicht tun, denn dann kippt die Wirtschaft im Euroraum komplett und produziert noch wesentlich mehr Arbeitslose als bisher schon vorhanden sind. Wobei die Statistiken unserer Agenturen für Arbeit wohl das Zitat, dass wahlweise Dr. Josef Göbbels oder Winston Churchill zugeschrieben wird: ” Ich glaube keine Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe”, sowieso nicht das Papier wert sind auf dem sie gedruckt sind.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Popp