Wildtiere: Jede Pfütze zählt!

Den Zugang zu Wasser erleichtern

Die heißen und trockenen Wochen nehmen zu. Das haben Wissenschaftler als Folge des Klimawandels vor Jahren, ja vor Jahrzehnten prognostiziert. Nun holen uns die Folgen eines problematischen Lebensstils ein, der die Natur vernachlässigte und menschliche Wünsche in den Mittelpunkt rückte. Immer mehr Erdenbewohner bevölkern diesen Globus, und im Grunde streben alle zeitversetzt nach dem Gleichen: mehr Konsum, mehr Produktion, mehr Verkehr. Und darunter litten Umwelt und Natur lange, ehe vom Klimawandel gesprochen wurde. Felder und Wiesen, Wälder und Gewässer schienen ohne Rücksicht formbar, und so verschwanden Moore und Feuchtgebiete, Tümpel und Weiher oder mäandrierende Bäche und Flüsse, die sich eigenständig ihr Bett suchen konnten, zunehmend aus unserer Landschaft – gerade auch in Deutschland. Selbst nach Starkregen finden sich kaum noch Pfützen oder überflutete Mulden, denn das Wasser wird möglichst schnell in den nächsten Bach und größere Flüsse abgeleitet. Die Wassermassen bahnen sich dann ihren Weg und richten in Flusstälern, in denen die Anwohner immer näher an die Gewässer herangerückt sind, Verwüstungen an – wie z.  B. im Ahrtal. Wildtiere tun sich in Stadt und Land nicht nur in Dürreperioden zunehmend schwerer, denn es fehlt ihnen bereits heute an zugänglichen Wasserstellen, während wir Menschen in den wirtschaftlich leistungsfähigeren Staaten – zumeist – noch auf die Wasserversorgung vertrauen können. Im ländlichen Raum sind die scheinbar ‚störenden‘ Feuchtgebiete trockengelegt worden, im urbanen Bereich haben sich meist Zierteiche oder architektonisch eingepasste Brunnen erhalten, die das lebensspendende Nass den Wildtieren vorenthalten.

Eine braun-gesprenkelte Wachholderdrossel sitzt auf einem schmalen Metallteil an einem Brunnen und wird von einzelnen Wassertropfen getroffen.
Ganz schön mutig: Diese Wachholderdrossel versucht Wassertropfen aufzufangen. Leider ist der historische Brunnen nicht für die gefiederten Freunde gefahrlos zugänglich. In einer Zeit, in der die Vögel immer weniger werden, sollte auch im urbanen Bereich für mehr Wasserstellen gesorgt werden. (Bild: Ulsamer)

Mehr Wasserstellen braucht das Land!

Zwar gerät es immer stärker ins öffentliche Bewusstsein, dass Trinkwasser für den menschlichen Genuss knapp werden könnte, doch viel zu wenig wird an die Tierwelt gedacht. In vielen Gärten rollt bei Tag und Nacht der Mähroboter und hinterlässt eine Schneise der Verwüstung, in der so mancher Igel tödliche Qualen erleidet und Amphibien ihr Leben aushauchen, aber eine Schale mit Wasser fehlt. Wo sollen Vögel baden oder trinken und Insekten ein Tröpfchen Wasser aufnehmen, wenn in Gärten und Parkanlagen, auf Äckern und Grünland, in Forst und Wald lange Zeit alles getan wurde, um natürliche Gewässer trockenzulegen und die letzte Pfütze auf einem Weg zu asphaltieren. Künstlerisch sicherlich wertvolle Wasserspiele mit hohen Betonrändern, mehr oder weniger ansprechende Brunnen ohne Zugang für Tiere, verdolte Bäche oder Swimmingpools sind natürlich kein Ersatz für naturnahe Tümpel und Feuchtgebiete oder Moore. Nicht wenige Flüsse und Kanäle führen auch in Trockenperioden Wasser, doch Spundwände und senkrechte Mauern versperren den Wildtieren den Weg. Auf diese Probleme bin ich bereits verschiedentlich in meinem Blog eingegangen, so z. B. in dem Beitrag ‚Wenn das Wasser fehlt: Tiere im Überlebenskampf!‘. Eine Taube, die aus einer kleinen Pfütze mitten in der Stuttgarter Fußgängerzone einige Tropfen Wasser aufnehmen konnte, hat mich neuerlich dazu bewogen, hier nochmals für mehr Wasserstellen zu werben! Bestürzend war es für mich auch, wie wenig Groß und Klein, Passanten mit und ohne Einkaufstüten Rücksicht auf die durstige Taube nahmen.

Ein schlanker Marder mit buschigem Schwanz sitzt an einer Vogeltränke und trinkt Wasser.
Selbst den Marder zieht es in unserem kleinen Garten zur Vogeltränke. Mehr zu den nächtlichen Besuchern finden Sie in meinem Blog-Beitrag ‚Wenn es Nacht wird im Gärtchen. Ein kleines Stück Natur für tierische Gäste‘. (Bild: Ulsamer)

In unserem kleinen Vorstadtgarten mit gerade mal 30 Quadratmetern zieht es zahlreiche Vögel und Igel, aber hin und wieder auch einen Marder oder Waschbären nachts ans Vogelbecken – nicht nur an heißen Tagen. Weit und breit gibt es keine natürliche Wasserstelle mehr, obwohl wir nicht weit entfernt von den nächsten Feldern leben. Nicht mal eine Pfütze lässt sich finden, in der Spatzen mal ein Bad nehmen könnten, so drängeln sich nicht selten gleich fünf oder sechs gefiederte Freunde in dem blauen Becken. Schnell haben die Wildtiere auch die Hühnertränke angenommen, die wir zusätzlich aufstellen, damit bei unserer Abwesenheit genügend Wasser vorhanden ist. Ich bin mir bewusst, dass jede künstliche Tränke geputzt werden muss, um Krankheitserreger fernzuhalten, und für frisches Wasser sollte gesorgt werden. Das geht mir nicht nur durch den Sinn, wenn ich mit der Bürste den grünlichen Belag entferne. Wünschen würde ich mir, dass mehr Mitmenschen Wasser für Wildtiere bereitstellen. Dabei denke ich an private Gärten und Balkone, aber dies gilt für Parkanlagen, Industrie- und Gewerbeflächen in gleicher Weise. Die Einsicht scheint sich durchzusetzen, dass wir in Zeiten der Erderwärmung für mehr Grün- und Wasserflächen in den Städten sorgen müssen, die zumindest etwas Kühlung bringen können, doch Stadtplaner und Bauherren sollten den Blickwinkel weiten und Mensch und Tier gleichermaßen einbeziehen. Wer einmal gesehen hat, wie akrobatisch Singvögel vorgehen müssen, um einige Spritzer Wasser an einem Brunnen zu erhaschen, der wird meine Forderung gewiss unterstützen: Unsere Wildtiere benötigen mehr Wasserstellen und weniger Sonntagsreden von Politikern! Wer einen öffentlichen Wasserspender für die Bürger einrichtet, der sollte auch an Hunde und insbesondere an den Durst von Wildtieren denken.

Eine Hummel am Rand einer blauen Vogeltränke.
Die Honigbienen versorgt der Imker mit dem nötigen Nass, doch auch Wildbienen, Hummeln, Hornissen oder Schmetterlinge brauchen Wasser. (Bild: Ulsamer)

Wasser in der Landschaft halten

Im Forst und im Wald wurde eifrig das scheinbar überschüssige Regenwasser abgeleitet, auf landwirtschaftlichen Flächen ist im Zuge von Flurbereinigungen und dem Einsatz immer leistungsfähigerer Maschinen Tümpel und Weiher oder so manches Bächlein verschwunden. Nasse Wiesen oder Moore galten als Einsprengsel, die man möglichst loswerden wollte. Eine zeitweise volllaufende Senke im Forst wurde aufgefüllt und zu einem Holzlagerplatz umfunktioniert, und Bächen wurde im Agrarbereich ein festes Bett zugewiesen, damit großflächiger gemäht oder gepflügt werden konnte. Nicht selten blieb nur ein Teich erhalten, wenn dieser für die Löschwasserentnahme der Feuerwehr benötigt wurde. Wenn also heute über die Schäden der Trockenheit von Land- und Forstwirten gejammert wird, dann ist das auch eine Folge langjährigen falschen Handelns: Wer bei den Anbaumethoden wenig Rücksicht auf Natur- und Umwelt nimmt und Hecken und Tümpel niederwalzt, der kann wahrlich nicht alle Probleme auf den Klimawandel schieben. Das Problem erscheint damit wie unter dem Brennglas. Besonders deutlich wird das in manchen Wäldern und Forsten, wo Monokulturen aus Fichten in weiten Regionen nicht überleben konnten. Dicke Betonrohre und Entwässerungsgräben waren der falsche Weg, denn nun fehlt alten und nachwachsenden Bäumen das Wasser. Nicht nur die Pflanzen leiden in Dürreperioden unter Wassermangel, sondern Wildtiere gleichermaßen.

Eine Möwe mit weißem Körper und dunklen Flügeln und eine schwarze Krähe baden in einem Bach. Davor und dahinter sind grüne Algen auf dem sandigen Ufer zu sehen.
Dieses gemischte Duo wäscht sich in einem Bach, der kurz darauf ins Meer mündet. Vögel benötigen Süßwasser nicht nur zum Trinken, sondern auch für die Körperpflege. Möwen und Krähen haben bei vielen Mitmenschen nicht den besten Ruf, doch sie tragen dazu bei, dass Kadaver und Abfälle aus der Landschaft verschwinden und sich so keine Krankheitskeime entwickeln können. (Bild: Ulsamer)

Die Folgen des Klimawandels sind dramatisch, und wir alle müssen engagierter als bisher die klimaschädlichen Emissionen reduzieren, doch das Insektensterben und der Vogelschwund sind überwiegend durch eine falsche Agrar- und Forstpolitik sowie eine Urbanisierung verursacht, die zu wenig Raum für die Natur ließen. Die Verarmung der Landschaft, aus der nicht nur Wasserstellen, sondern Hecken, Bauminseln und Lesesteinriegel verschwunden sind, lässt sich nicht von heute auf morgen zurückdrehen, dessen bin ich mir bewusst. Sicherlich ist es ein wichtiger Schritt, wenn durch die Bundesregierung eine Moorschutzstrategie erarbeitet wurde und in der EU über etwas mehr Grün bei den Agrarsubventionen nachgedacht wird, doch ohne kraftvolle Entscheidungen und ein zügiges Umsetzungstempo wird es nicht gehen. Die Vernässung von Mooren ist nur ein Beispiel, das Mensch und Tier sowie der Pflanzenwelt zugutekommt, doch es müssen nun alle Beteiligten für die Umsetzung der richtigen Ziele gewonnen werden. Hier sehe ich den Hauptmangel in der gegenwärtigen Politik auf allen Ebenen: Es wird zu wenig dafür getan, die Bürgerschaft zu überzeugen und auf den schwierigen Weg zu mehr Natur, Nachhaltigkeit und Ökologie sowie Klimaschutz mitzunehmen.

Ein Rotkehlchen sitzt auf einem schrägen Holzbrett in einer grünlichen Wanne. Wasserspritzer fliegen hoch.
Ein Holzbrett einlegen, und schon wird aus einer Schafstränke auch ein Vogelbad. Wenn Nahrung oder Nistmöglichkeiten fehlen und Wasserstellen immer seltener werden, dann ist es kein Wunder, dass immer weniger gefiederte Freunde in unserer Landschaft unterwegs sind. Dieses Thema habe ich in meinem Blog-Beitrag ‚600 Millionen Vögel weniger in Europa‘ vertieft. (Bild: Ulsamer)

Ohne ausreichend Süßwasser können Tiere, Pflanzen und wir Menschen nicht leben, das wissen wir alle. Doch es geht darum, das kostbare Nass auch für Dürreperioden zu sichern, was jedoch nicht ohne Eingriffe in unsere Umwelt geht, denn Regenwasser muss wieder in der Landschaft gehalten werden – und zwar im ländlichen Raum genauso wie in der Stadt. Für uns Menschen ist besonders bedeutsam, dass gerade an heißen Tagen selbst in trockenen Wochen genügend Trinkwasser aus den Hähnen fließt, doch die Wildtiere müssen auch ihren Durst stillen können. Dabei sind Pfützen und Tümpel oder Weiher, naturnahe Teiche, Seen, Bäche oder Flüsse, sowie Brunnen oder Wasserspiele, die für Wildtiere erreichbares Wasser bieten, elementar!

 

Ein Igel trinkt aus einem Vogelbecken. Nachtaufnahme.
Der Lebensraum der Igel ist bedroht, was sowohl für den ländlichen und den städtischen Bereich gleichermaßen zutrifft. Als gäbe es durch großflächige Monokulturen, Herbizide und Pestizide, einen Rückgang an Regenwürmern und Insekten, das Fehlen von Hecken oder Wasserstellen sowie zahllosen Straßen nicht schon genug tödliche Gefahren, werden die Igel auch noch von Mährobotern bedroht. Mehr zum traurigen Schicksal der freundlichen Stachelträger in meinem Blog-Beitrag ‚Stacheln helfen nicht gegen Verlust des Lebensraums. Igelfreundliche Felder, Parks und Gärten sind wichtig‘. (Bild: Ulsamer)

 

Ein schwarzes Rind mit einem breiten weißen Fellring am Bauch trinkt aus einer Pfütze.
Ein Schluck aus der Pfütze hilft gegen den ersten Durst. Ein wichtiges Thema bei der Versorgung mit Trinkwasser sind die vom Menschen gehaltenen ‚Nutztiere‘. Rinder, Schweine und Hühner haben einen unterschiedlichen Wasserbedarf, doch insgesamt ist dieser nicht zu unterschätzen. Eine Milchkuh benötigt pro Tag zwischen 50 und 200 Liter Wasser! Daher macht es Sinn, sich über die Zahl der Rinder Gedanken zu machen, wobei für eine Reduzierung der Bestände eine ethisch vertretbare Vorgehensweise gefunden werden muss. Massenschlachtungen wie sie in Irland diskutiert werden, um die Klimaziele zu erreichen, sind ein Irrweg. (Bild: Ulsamer)

 

Eine Meise mit schwarzem Kopf sitzt auf dem roten Rand einer Tränke. Links zum Teil zu sehen ist der Vorratsbehälter für das Wasser.
Wenn man mal einige Tage weg ist und nicht Familienangehörige, Freunde oder Nachbarn bitten möchte, für täglichen Wassernachschub für die Wildtiere zu sorgen, dann hilft eine Hühnertränke, die das kostbare Nass langsam abgibt. (Bild: Ulsamer)

 

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Eine dunkelgraue Stadttaube trinkt aus einer kleinen Pfütze, die sich in einem Kanaldeckel gebildet hat.An einem heißen Sommertag nahm eine Taube einige Tröpfchen Wasser aus dieser kleinen Pfütze in der Fußgängerzone auf, und die Passanten nahmen wenig bis gar keine Rücksicht. Beschämend! (Bild: Ulsamer)

 

 

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