Alle reden vom Klimawandel! Alle?
Welchen Sinn haben Sonntagsreden über den Klimawandel, zu Umwelt- und Naturschutz, wenn auf dem Hintertuxer Gletscher in Österreich ganzjährig Ski gefahren wird und zahllose Schneelanzen und Schneekanonen dafür die technische Grundlage schaffen. Der Wasser- und Stromverbrauch ist hoch und passt nicht in unsere Zeit. Nicht nur dieser Gletscher ist in den letzten Jahrzehnten geschrumpft. In Kitzbühel wurde der Schnee gebunkert und jetzt zum Saisonauftakt mit Lkw auf die grünen Wiesen gekarrt. Für mich ist dies alles pervers, aber viele Zeitgenossen sehen das ganz anders, was ich an den Reaktionen auf meine kritischen Anmerkungen in den sozialen Medien sehe. Doch mal ganz ehrlich: Wenn wir so weiter machen wie bisher, dann werden wir unsere Umweltprobleme und den Klimaschutz nie in den Griff bekommen. Im Übrigen: Ich dachte immer, zum Skifahren gehört auch der Schnee, der in Flocken vom Himmel fällt.

Der Natur ins Handwerk gepfuscht
In der öffentlichen Diskussion wird das Sterben der Gletscher zwar beklagt, andererseits drängeln sich Hobbyskiläufer und Profis auf den letzten Gletschern. Und damit das ‚Skivergnügen‘ auch nicht zu kurz kommt, sprühen die Schneelanzen auf Hochdruck und die Schneekanonen stimmen ein, wenn die Temperaturen dies zulassen. Wenn im Sommer und Herbst Ski gefahren wird, dann geht das meist nur mit künstlicher Beschneiung. Daher halte ich es für abstrus, wenn es in einer Veranstaltungsbroschüre aus dem Zillertal heißt: „Der Hintertuxer Gletscher ist Österreichs einziges Ganzjahresskigebiet und bietet Wintersportlern an 365 Tagen im Jahr perfekt präparierte schneesichere Abfahrten.“ Dort tummeln sich dann nicht nur die Hobbyskifahrer, sondern auch Nationalteams unterschiedlicher Staaten. An den hohen Energiekonsum der Schneekanonen und Schneelanzen, an den Wasserverbrauch und den dahinsiechenden Gletscher scheint dabei kaum einer auf seinen Brettern, die ihm die Welt bedeuten, zu denken. Und die Umweltfolgen lassen sich auch mit Speicherbecken nicht wegspülen, aus denen ein Teil des Wassers für die Schneekanonen entnommen wird. Süßwasser wird in Zeichen des Klimawandels zu einem raren Gut, und es ist sicherlich nicht dazu gedacht, Kunstschnee herzustellen.

Und was kommt per Facebook von Gerald Embacher zurück, als ich schreibe, Skifahren im Sommer mit Kunstschnee auf einem Gletscher passe nicht mehr in unsere Zeit? „… warum soll das nicht mehr in unsere Zeit passen???? Durch Kunstschnee wird sogar mehr Wasser in die Höhe gebracht!!!“ Irgendwie scheint Gerald Embacher entgangen zu sein, dass das Wasser zuvor einem Bach oder auch der Versorgungsleitung entnommen und dann in die Höhe gepumpt wird. Dies verbraucht Energie! Dasselbe gilt für Schneelanzen und Schneekanonen. Bei einem Blick auf die Facebookseite von Embacher wird deutlich, wo er nach eigenen Angaben seine Brötchen verdient: „Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel“. Und ebendort wurde der Schnee vom Vorjahr zum Missfallen gerade auch des WWF in Österreich auf die grünen Wiesen gekippt: So wollen die Verantwortlichen keinen einzigen Tag der Skisaison verpassen. Und der bereits erwähnte Gerald Embacher meint: „Sie denken sehr einseitig, guter Herr! Gehen sie mal Schifahren im Sommer, dann sehen sie wie herrlich das ist!!!“ Nun muss ich zugeben, dass ich meine Brettel am Ende der Jugendzeit schon in die Ecke gestellt habe. Gleichwohl habe ich viel Verständnis für Skifahrer – auch in der eigenen Familie -, allerdings nur, wenn Schnee fällt! Ich mag es nicht, wenn wir Menschen der Natur ins Handwerk pfuschen und den Sommer zum Winter machen.

Schneelanzen können Klimawandel nicht aufhalten
Für die Beschneiung werden Wassermengen im Alpenraum benötigt, die dem Bedarf einer Millionenstadt im Jahr gleichzusetzen sind, und auch der Energiebedarf entspricht einer Großstadt. Die Pisten werden planiert, um Unebenheiten zu vermeiden, die durch eine höhere Kunstschneeauflage ausgeglichen werden müssten. Die Vegetation verändert sich, weil der Kunstschnee sich in der Dichte von natürlichem Schnee unterscheidet und die Periode der Überdeckung der Wiesen verlängert wird. Die Erosionsschäden sind größer, und auch das Verlegen von Wasser- und Stromleitungen mit schwerem Gerät schädigt den Boden. So sind die Skifahrer nicht in der Natur unterwegs, sondern in einer Kunstwelt!

Nun möchte ich niemandem sein Skivergnügen vermiesen, doch sollte dieses nur dort stattfinden, wo der Schnee vorher in ausreichendem Maße vom Himmel fiel. Für völlig abwegig halte ich es, wenn eifrig über den Klimawandel, über Natur- und Umweltschutz debattiert wird, aber gleichzeitig Schnee vom Vorjahr bei 15 Grad Plus und strahlendem Sonnenschein auf grüne Wiesen gefahren und als Skipiste ausgelegt wird. Ebenso abstrus ist es, wenn die letzten Gletscher zum ganzjährigen ‚Skivergnügen‘ einladen und ohne Rücksicht auf die Natur genutzt werden. Schneekanonen und Schneelanzen halte ich für ein Zeichen, dass es viele Touristiker und Regionen mit dem Natur- und Klimaschutz nicht wirklich ernst meinen! Wasser wird auch in Europa zunehmend zu einem raren Gut, und wir dürfen dieses nicht den Bächen oder gar dem Grundwasser entziehen, um es in Kunstschnee zu verwandeln!

Wir brauchen eine Besinnung auch beim Skisport, denn Ökologie und Nachhaltigkeit müssen stärker beachtet werden. Wer dies heute nicht tut, der gefährdet langfristig die Arbeitsplätze im Beherbergungsgewerbe. Es reicht nicht, ganzjähriges Skivergnügen oder die Verlängerung der Skimonate zu verlangen, um Arbeitsplätze zu sichern. Der Klimawandel wird sich nicht auf Dauer mit technischen Maßnahmen austricksen lassen. Umdenken ist jetzt gefragt und kommt noch rechtzeitig, um neue Angebote zu schaffen. In vielen Regionen werden nur die Wanderstiefel den adäquaten Ersatz für Skier darstellen!



Eine Antwort auf „Wenn Schneekanonen den Herbst zum Winter machen“