Wasserstoff – wenn der Politik ein Licht aufgeht

Batterie und Brennstoffzelle ebnen den Weg in eine emissionsfreie Zukunft

So mancher Politiker scheint ein Erweckungserlebnis gehabt zu haben, denn plötzlich wird in unterschiedlichsten Zirkeln über Wasserstoff debattiert. Besser spät als nie, möchte ich da ausrufen! Ich erinnere mich noch an viele Diskussionen vor 10 Jahren mit meinen Gesprächspartnern in Landesregierungen und Kommunen, aber auch aus der Bundespolitik. Und die Zweifler an der Wasserstofftechnologie waren in der Mehrheit, doch es gab glücklicherweise die innovativen Köpfe gleichermaßen, die auf den breiten Einsatz von Brennstoffzellenfahrzeugen drängten. Die Wasserstofftechnologie wurde jedoch von den Bundesregierungen deutlich unterschätzt, wenn man von einzelnen Förderprojekten – z. B. für Stadtbusse – absieht. Die Bedenkenträger formierten sich schnell, die die fehlenden Tankstellen für Wasserstoff bemängelten, auf die hohen Kosten des in den Brennstoffzellen eingesetzten Platins hinwiesen oder am Wirkungsgrad herumnörgelten. Zu lange wurde von weiten Teilen der Politik zu einseitig auf reine Batteriefahrzeuge gesetzt. Doch diese werden unsere Mobilitätsprobleme nicht alleine lösen. Die Vorteile des Wasserstoffs, der schnell getankt werden kann und relativ hohe Reichweiten ermöglicht, wurden zu lange übersehen. Und natürlich fahren Brennstoffzellenfahrzeuge emissionsfrei – wenn der Wasserstoff regenerativ erzeugt wird.

Ministerpräsident Kretschmann und Vorstansvorsitzender Källenius neben einem silbrigen GLC F-CELL. Im Hintergrund das Staatsministerium in Stuttgart. Davor die Fahnen von Deutschland, Baden-Württemberg und EU.
„Dieses Fahrzeug ist ein Paradebeispiel für nachhaltige Mobilität. Es setzt wirklich Maßstäbe bei Effizienz und Klimaschutz”, so der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann, bei der Übergabe des Mercedes-Benz GLC F-CELL durch Ola Källenius, den heutigen Vorstandsvorsitzenden der Daimler AG. Dieses Fahrzeug verfügt sowohl über Brennstoffzellen- als auch über Batterieantrieb, der via Plug-in-Technologie extern aufgeladen wird. (Bild: Daimler AG)

Multitalent Wasserstoff

Wenn trotz mancher Probleme Windkraftanlagen und Photovoltaiksysteme einen wachsenden Anteil zur Stromerzeugung beisteuern, dann nimmt auch die Bedeutung der Energiespeicherung zu. Häufig weht der Wind dann, wenn man den erzeugbaren Strom nicht braucht, und dies gilt auch für die Sonne, die scheint, wenn es die Natur vorsieht. Haben wir zu viel Strom im ‚Angebot‘, dann stehen die Rotoren still – und die Anlagenbetreiber erhalten eine Entschädigung. Überflussmengen werden nicht selten u.a. nach Österreich geleitet, wo dann Wasser in die höher gelegenen Speicherbecken gepumpt wird. Wird an einem anderen Tag Strom benötigt, erzeugt das ins Tal rauschende Wasser wieder Elektrizität. Der Nachteil ist, dass deutsche Energieversorger und wir Verbraucher dann zweimal für den Strom bezahlen müssen. Einmal, damit man den Strom loswird, dann zum zweiten Mal für den Bezug der Energie. Hier kommt nach meiner Meinung ein wichtiger Vorteil des Wasserstoffs zum Tragen. Wasserstoff lässt sich mit Strom aus Wind und Sonne erzeugen, wenn dieser nicht gebraucht wird, und er kann gespeichert werden. In Brennstoffzellen-Fahrzeugen aller Art dient der Wasserstoff als Antriebsenergie, und er lässt sich auch rückverstromen, um dann Netzspitzen auszugleichen.

Ich weiß, schon stöhnen die Kritiker der Wasserstofftechnologie auf, um die Verluste bei den Wandlungsprozessen zu monieren. Fragt man dann nach Alternativen, wird es ziemlich dünn. Nun zählten Physik und Chemie nicht zu meinen Lieblingsfächern, aber selbst mir ist klar, dass es nicht ohne Verluste abgeht, wenn aus Windstrom Wasserstoff wird, um dann damit Fahrzeuge zu bewegen oder diesen erneut zu verstromen. Doch wo sind die technologisch besseren Speicher? Kaum einer will in Deutschland zusätzliche Speicherbecken mit gewaltigen Wasserflächen auf unseren Bergen, und Batteriespeicher z. B. aus Second-Use-Batterien werden den Bedarf an Speicherkapazitäten absehbar nicht abdecken. Der größte Verlust entsteht jedoch, wenn der Wind weht und die Rotoren abgestellt werden müssen, da aktuell der Strom nicht gebraucht wird. Diese heute ungenutzte Energie sollten wir einsetzen, um Wasserstoff zu erzeugen und zu speichern. Die Produktion von Wasserstoff mit überschüssigem Wind- oder Solarstrom sollte lokal oder regional erfolgen, was auch die ohnehin schwache Strominfrastruktur entlasten würde. Zwar wird viel vom Netzausbau gesprochen, aber er kommt nur langsam voran.

Karte mit grünen, blauen und roten Punkten: diese bezeichnen Wasserstofftankstellen. Schwerpunkt Deuschland.
Die Zahl der Wasserstofftankstellen nimmt zumindest in Deutschland langsam aber beständig zu. Hier hätte ich mir in Deutschland und Europa schon vor Jahren eine stärkere Förderung gewünscht. Mit einer Milliarde Euro hätte sich in Deutschland ein Netz von 1 000 Zapfsäulen für Wasserstoff an vorhandenen Tankstellen realisieren lassen. Doch über lange Jahre waren Bundesregierung und EU-Kommission mehr als zögerlich unterwegs. (Bild: Screenshot, H2 Mobility Deutschland, 29.11.19)

Das Henne-Ei-Problem

Lange haben viele Deutsche geglaubt, wir hätten den technischen Fortschritt gewissermaßen gepachtet. Dass dies nicht so ist, können wir heute vielfach erleben. Besonders augenscheinlich wird das Problem in der Informationstechnologie im weitesten Sinne: Die Hardware kommt in Form von Laptops, Smartphones oder Digitalkameras aus Asien, und die Software einschließlich der Internet-Dienstleister aus den USA. Zwar spielen wir bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren noch in der Spitzengruppe mit, doch bei E-Autos kommen die Batteriezellen fast ausnahmslos von asiatischen Herstellern. Dagegen lagen deutsche Forscher beim Thema Brennstoffzelle lange vorne, und die Daimler AG produzierte sehr früh Pkw und Busse, die mit Wasserstoff betrieben wurden. Dann stellte sich aber das Henne-Ei-Problem, denn wer sollte Autos mit Brennstoffzelle kaufen, wenn es keine Wasserstofftankstellen gab, und warum sollen Tankstellenbetreiber Wasserstoff anbieten, wenn nur all‘ Schaltjahr mal ein Kunde anrollt?

Inzwischen nimmt die Zahl der Tankstellen mit Wasserstoff-Zapfsäule zu, nachdem sich Automobilhersteller, Gaseproduzenten sowie Mineralöl- und Energieunternehmen zusammengetan haben. Anfänglich kostete das Zusatzequipment für Wasserstoff an einer herkömmlichen Tankstelle rd. eine Million Euro, wobei die Kosten natürlich in einer Serienfertigung deutlich nach unten gehen. Wäre es nicht schon vor Jahren ein gutes Zeichen für eine fortschrittliche und emissionsfreie Mobilität gewesen, wenn die Bundesregierung ein Förderprogramm für 1 000 Tankstellen aufgelegt hätte? Eine Milliarde Euro ist viel Geld, aber ganz ehrlich, damit hätte Deutschland zumindest in diesem Bereich der Infrastruktur die Topliga angeführt. Und wenn die Elbphilharmonie in Hamburg 866 Millionen Euro gekostet hat, die Sanierung und Erweiterung der Oper in Stuttgart eine Milliarde kosten soll und fast eine halbe Milliarde für das geplante Museum des 20. Jahrhunderts in Berlin vorgesehen ist, dann ist es schon skurril, dass die deutsche Politik bisher nicht die Gelegenheit beim Schopfe gepackt hat, um unser Land in Sachen Wasserstoff nach vorne zu katapultieren. Dagegen wirken die Fördermittel des Bundes für den Tankstellenaufbau über H2 Mobility doch geradezu überschaubar!

Grafik mit zwei Pfeilen, die nach oben zeigen und den Zuwachs an regenerativem Strom anzeigen.
Der Anteil der erneuerbaren Energien im Stromnetz steigt weiter. Damit stellt sich zunehmend auch die Frage nach Speicherkapazitäten. Hier kommt dem Wasserstoff nach meiner Meinung eine große Bedeutung zu. Wasserstoff macht im Sinne der Nachhaltigkeit natürlich nur Sinn, wenn er regenerativ erzeugt wird. Der EnergieDienst gewinnt am Rhein grünen Wasserstoff mit Wasserkraft.  (Bild: BDEW / ZSW)

Wir diskutieren die Probleme …

Es ist schon ein Bisschen unser typisch deutsches Verhalten, alle Probleme auf den Tisch zu legen und dabei die Chancen ganz aus den Augen zu verlieren. Die japanische Regierung will dagegen bis zu den Olympischen Spielen im kommenden Jahr rd. 40 000 Brennstoffzellenautos auf die Straße bringen, und wer den Mirai von Toyota erwirbt, der bekommt einen satten Zuschuss von umgerechnet 20 000 Euro. Nachdem wir uns schon bei Batteriezellen die Butter vom Brot haben nehmen lassen, wäre es jetzt an der Zeit, sich im Sinne der Pioniere Gottlieb Daimler, Carl Benz und Robert Bosch beherzt an den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur zu machen.

Merkwürdig mutet es auch an, dass bei Fahrzeugen mit Wasserstofftanks in vielen Diskussionen recht schnell die Sicherheitsfrage gestellt wurde. So mancher meiner Gesprächspartner sah schon eine Unzahl von Explosionen in seinem Stadtgebiet auf sich zukommen, und da nutzte auch der Verweis auf umfassende Sicherheitstests wenig. Dagegen bekam manches Gegenüber leuchtende Augen, wenn er von Teslas Batteriefahrzeugen sprach. Inzwischen dürfte nicht wenigen aufgefallen sein, dass sich die Teslas mit riesigen Batterien bei schweren Unfällen kaum löschen lassen. Viel Wasser oder auch eine Ladung Sand soll wohl helfen. Selbstredend lassen sich bei keiner Technologie Havarien gänzlich ausschließen. Ganz klar erscheint das Problem bei Fahrzeugbränden, wo auslaufendes Benzin brennende Lachen bildet und das Fahrzeug umschließt. Wasserstoff dagegen würde sich schnell verflüchtigen, wenn ein Leck entsteht oder an einer Stelle abbrennen. Dies ist zwar kein Trost, aber bei einem Sicherheitsvergleich schneidet die Wasserstofftechnologie nicht schlechter ab als die ‚Mitbewerber‘. Dabei wird deutlich, dass wir über den Problemen jeder Technik deren Vorteile nicht vernachlässigen!

Zwei Fahrzeuge sind an eine Ladesäule angeschlossen.
Batterieelektrische Autos machen durchaus Sinn, so z. B. im lokalen und regionalen Verkehr. Nicht zu unterschätzen ist das Problem, in städtischen Ballungszentren – wie hier in Esslingen am Neckar – genügend Ladesäulen anzubieten. Die Brennstoffzelle kann bei längeren Distanzen ihre Vorteile ausspielen. Am Rande möchte ich auch auf Treibstoffe der Zukunft hinweisen, die Verbrennungsmotoren ebenfalls eine Zukunft geben können, seien sie aus Reststoffen erzeugt oder gar aus CO2 selbst. (Bild: Ulsamer)

Wo kommen denn die Rohstoffe her?

Für Batterien oder auch die Brennstoffzelle brauchen wir Rohstoffe aus anderen Weltregionen, sei es Lithium oder Platin. Es ist höchste Zeit, dass wir bei allen politischen Entscheidungen in Deutschland die Umstände stärker einbeziehen, unter denen diese Rohstoffe gewonnen werden. Es darf nicht sein, dass uns die saubere Luft vor dem eigenen Haus mal wieder wichtiger ist als die Lebensbedingungen derer, die für uns Lithium, Platin oder Kobalt fördern. Kobalt für Batterien und Akkus stammt zumeist aus der Demokratischen Republik Kongo: Kinder schuften dort unter unmenschlichen Bedingungen, und Warlords finanzieren mit den Einnahmen ihre Kriegszüge. Die größten Lithium-Vorkommen finden sich nach heutigem Stand im Dreiländereck von Bolivien, Argentinien und Chile. Der Abbau ruft bereits jetzt Umweltschäden hervor, und diese entziehen der indigenen Bevölkerung ihre Lebensgrundlage. So mancher, der nach immer größeren Lithium-Ionen-Batterien ruft, der sollte auch mal an unsere Mitmenschen denken, denen für die Lithium-Gewinnung buchstäblich das Wasser abgegraben wird, und deren Tiere an giftigen Stäuben sterben.

Ich bin mir bewusst, dass auch Brennstoffzellenfahrzeuge über eine Lithium-Ionen-Batterie verfügen, die z. B. für die Speicherung der beim Bremsen zurückgewonnenen (rekuperierten) Energie wichtig ist. Aber beim Einsatz einer Brennstoffzelle kann die Batterie deutlich kleiner ausfallen. In einem Hybridfahrzeug lässt sich diese Batterie zusätzlich an der heimischen Steckdose oder einer Ladesäule aufladen, was zusätzliche Reichweite schafft – ein Vorteil sein kann bei der geringen Zahl von Wasserstofftankstellen. Generell ist es von zentraler Bedeutung, den Einsatz der Rohstoffe zu minimieren und für ein konsequentes Recycling Sorge zu tragen. Und hier ist viel erreichbar. So weist die Daimler AG darauf hin, dass sie den Platineinsatz in der Brennstoffzelle von der B-Klasse-Version zum GLC F-Cell um 90 % reduzieren konnte. Bei politischen Entscheidungen dürfen wir nicht nur unser eigenes Wohlergehen im Blick behalten, sondern müssen auch die Vorstufen der Elektromobilität im Blick behalten.

Brennstoffzellenfahrzeug bei der Betankung mit Wasserstoff.
Wasserstoff kann schnell getankt werden. Fast könnte man sagen, in Bad Homburg tankt Oberbürgermeister Alexander Hetjes selbst. Bauherrin und Betreiberin der Wasserstofftanksäule ist H2 Mobility Deutschland, die Technologie an der Hessol-Tankstelle stammt vom Gase- und Anlagenhersteller Air Liquide. (Bild: H2-Mobility Deutschland)

Breites Anwendungsspektrum

Brennstoffzellen haben bereits bewiesen, dass sie die Antriebsenergie nicht nur für Autos und Busse produzieren, sondern auch Züge bewegen können. Gleichzeitig bietet Wasserstoff viele Chancen für schwere Lkw und Schiffe. Zum Kreuzfahrtschiff ‚Harmony of the Seas‘ berichtete die Auto-Zeitung: „Täglich verlassen rund 450 Kilogramm Feinstaub die Schornsteine. Das entspricht dem Ausstoß von unglaublichen 21,45 Millionen VW Passat Variant 2.0 TDI mit 190 PS.“ Während man an Land um jedes Mikrogramm Feinstaub feilscht und die gesamte Dieseltechnologie in Frage stellt, stampfen Schiffe mit Schweröl oder Marinediesel betrieben nicht nur durch die Weltmeere – sei es mit Passagieren oder Containern an Bord -, sondern sie schippern auch auf den Binnenwasserstraßen. Im Bereich der Schifffahrt sollte die Brennstoffzelle ebenso zum Einsatz kommen, genauso wie beim Zugverkehr.

Ich erwarte einen breiten Einsatz in schweren Nutzfahrzeugen, denn mit Lithium-Ionen-Batterien lassen sich diese kaum über längere Strecken bewegen. Ansonsten bliebe kaum noch Platz für die zu transportierenden Güter. In Bussen hat die Brennstoffzelle ihre Möglichkeiten bereits bewiesen, und dies auch im topografisch schwierigen Stuttgarter Talkessel. Aber bei Pkw setze ich gleichfalls auf die Brennstoffzelle, besonders wenn das Fahrzeug über längere Strecken genutzt werden soll. Dabei ist sicherlich auch die schnelle Betankung von Vorteil, denn in der Hauptreisezeit kann ich mir kaum vorstellen, dass batterieelektrisch betriebene Autos überall schnell geladen werden können. Eine Million Ladesäulen sind das Ziel der Bundesregierung, doch diese stolze Zahl – wenn sie mal erreicht sein sollte – löst das Ladeproblem beim Reiseverkehr nicht.

Erwähnen möchte ich auch die Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff im Gebäudebereich, denn als Ersatz für Ölheizungen kommen auch Brennstoffzellen in Frage. Und regenerativ erzeugter Wasserstoff lässt sich bereits jetzt schon in einstelligen Prozentsätzen dem Erdgas beimischen.

Windenergieanlage auf grünem Feld.
Wind und Sonne richten sich nicht nach unserer Stromnachfrage, daher müssen wir Speichermöglichkeiten schaffen. Hier bietet sich Wasserstoff an, der schwerpunktmäßig mit regenerativem Strom erzeugt werden könnte, welcher aktuell nicht abgerufen wird. Dann ließen sich auch die Windturbinen besser auslasten, die immer wieder wegen fehlender Nachfrage – wie hier in der Nähe des sächsischen Görlitz – abgestellt werden müssen. Mit diesem Wasserstoff lassen sich Autos, Busse, Lkw, sowie Züge oder Schiffe betreiben. Und Stromspitzen können mit der Rückverstromung von Wasserstoff abgedeckt werden. (Bild: Ulsamer)

Spät – aber nicht zu spät

Schon vor mehr als einem Jahrzehnt hätte ich mir die einhellige Zustimmung der Bundespolitiker zu einer Wasserstoffinitiative gewünscht, aber leider waren Brennstoffzelle und Wasserstoff in vielen Papieren nur zu entdecken, wenn man auch die mit einem ‚Sternchen‘ versehenen Hinweise las. So ist das eben mit weiten Teilen der deutschen Politik, leider, sie reagiert spät – beim Wasserstoff aber hoffentlich noch nicht zu spät. Das Debakel bei den Batteriezellen sollte sich bei der Brennstoffzelle nicht wiederholen! Man darf nicht nur über den Technologie- und Wirtschaftsstandort Deutschland palavern, nein, man muss auch die Basis für zukünftige Erfolge schaffen.

Optimistisch stimmt mich der Gleichklang vieler Äußerungen aus der Bundespolitik. So verkündet die FDP: „Wasserstoff ist eine der wichtigsten und spannendsten Möglichkeiten, um den Ausstieg aus der fossilen Energie schnell und wirtschaftlich zu gestalten“, und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag, Michael Theurer, unterstrich im Handelsblatt: „Die Bundesregierung hat erst ein Klimapaket beschlossen und arbeitet jetzt an einer Wasserstoffstrategie. Dabei muss man das Thema umgekehrt aufziehen: Wasserstoff muss ein wesentlicher Teil der Klimastrategie sein.“ CSU-Ministerpräsident Markus Söder brachte ein Forschungszentrum für die Wasserstofftechnologie in Nürnberg auf den Weg und betonte via Facebook: „Bayern braucht eine Wasserstoffstrategie. Wasserstoff und Brennstoffzellen sind gute Alternativen zur Elektromobilität gerade für Lkws/Busse.“ Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der sich auch um eine deutsche Batteriezellenfertigung bemüht, legte die Messlatte hoch: „Wir wollen, dass Deutschland beim Wasserstoff Nummer eins wird.“ Die Bundestags-Grünen schrieben: „Grüner Wasserstoff kann dabei helfen, dass energieintensive Industrieprozesse sauberer werden oder Schwerlastverkehr ohne dreckigen Klimadunst vorankommt.“ Da wollte die SPD-Bundestagsfraktion nicht zurückstehen: „Neben der regenerativen Stromerzeugung und dem Netzausbau ist gerade auch eine starke Wasserstoffwirtschaft ein entscheidendes Element für eine erfolgreiche Energiewende.“

Der Schluchsee im Schwarzwald. Im Hintergrund die Staumauer. Abendstimmung.
Die regenerative Energieerzeugung ist immer fluktuierend, daher kommt Speichern eine große Bedeutung zum Ausgleich der Schwankungen zu. Geeignet sind dafür Pumpspeicherwerke, doch im baden-württembergischen Hotzenwald hat sich gezeigt, dass die Begeisterung für Speicherbecken gering ist. Sie lassen sich in Deutschland nur mit umfangreichen Eingriffen in die Natur realisieren. Und bei vorhandenen Speichern wie dem Schluchsee im Schwarzwald prallen unterschiedliche Anforderungen aufeinander: Die Touristiker und die Feriengäste wünschen sich einen vollen See zum Schwimmen und Boot fahren, die Betreiber des Kraftwerkskomplexes – Schluchseewerk AG – aber die Möglichkeit, den Wasserspiegel je nach Energiebedarf schwanken zu lassen. (Bild: Ulsamer)

Wasserstoff für Mobilität und Speicherung nutzen

Solch eine einhellige Befürwortung einer Technologie findet sich im politischen Raum selten, daher sollte es mit diesem Nachdruck doch gelingen, eine regenerative Wasserstofferzeugung mit ansonstem nicht genutztem Strom auf die Beine zu stellen. Ein Tankstellennetz sollte sich ebenfalls schnellstmöglich realisieren lassen. Automobil- und Mobilitätsunternehmen sowie Zulieferer, die beim Thema Wasserstoff in den letzten zwanzig Jahren durch ein Wechselbad der öffentlichen Einschätzung gegangen sind, greifen hoffentlich mit allem Nachdruck die neue Chance auf. Straßenfahrzeuge müssen endlich in Großserie aufgelegt werden, aber auch Schienenverkehr und Schiffe sollten die Brennstoffzelle nutzen. Bei stationären Anlagen – z.B. in Gebäuden – und der Einspeisung von grünem Wasserstoff in die Erdgasnetze erwarte ich gleichfalls nachhaltige Impulse.

Bahn frei für die Wasserstofftechnologie! Es ist spät, aber nicht zu spät, einen Spitzenplatz im globalen Wettbewerb zu erarbeiten. Dazu müssen wir das Multitalent Wasserstoff für eine emissionsfreie Mobilität und für stationäre Anwendungen nutzen. Von größter Bedeutung ist es für mich, regenerativ erzeugten Strom für die Wasserstoffproduktion zu nutzen, wenn dieser aktuell nicht gebraucht wird. Und Wasserstoff kann dann auch einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Speicherprobleme bei regenerativ erzeugtem Strom leisten. Wenn wir die Chancen der Wasserstofftechnologie nicht beherzt aufgreifen, dann tun es andere.

 

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