Thüringen: Der Ministerpräsident der Linken auf ideologischen Abwegen
Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linken wünscht sich eine neue Nationalhymne, der Juso-Bundesvorsitzende Kevin Kühnert eine Verstaatlichung von BMW und die Grünen Spitzenfunktionäre Robert Habeck und Anton Hofreiter können sich die Enteignung von Wohnungen vorstellen: Wer die Grundfesten unserer demokratischen, rechtsstaatlichen und marktwirtschaftlichen Grundordnung so in Frage stellt, der muss sich fragen lassen, ob er von einer Volksfront träumt, die uns wieder hinter die Mauer in ein sozialistisches ‚Paradies‘ führen soll? Nun singe ich weder den ganzen Tag die Nationalhymne, noch gehören mir Anteile an BMW, und wir besitzen auch nur Wohnraum, den wir selbst mit Leben füllen, aber dennoch bringen mich diese linksgewirkten Attacken langsam auf die Palme. Haben manche Politiker eigentlich nichts aus den sozialistisch-kommunistischen Debakeln in Deutschland und Europa gelernt?
Ramelow diffamiert Kritiker
Bezeichnend ist es, wie Bodo Ramelow auf Kritik an seinen Aussagen zur Nationalhymne auf seiner eigenen Internetseite antwortet: „Sehen wir uns als Teil eines friedlichen, geeinten Europas oder geht es nicht den meisten, die mir vorwerfen, ich würde Deutschland abschaffen wollen, nicht eher darum, weiter von einem Deutschland vom Maas bis an die Memel zu träumen.“ Da haben wir es wieder: Hinterfragst du die Ideen eines sozialistischen Politikers, dann unterstellt er dir flugs, ein rechtsextremer Revanchist zu sein, der sich aufmachen möchte, andere europäische Länder anzugreifen. Vielleicht hat er bei seiner Reaktion selbst die Strophen des ‚Lieds der Deutschen‘ von Hoffmann von Fallersleben aus dem Jahre 1841 verwechselt, denn in unserer offiziellen Nationalhymne – also der dritten Strophe – steht nun wirklich nichts von der Memel und der Maas. Aber Diffamierung gehört nun mal auch zu Ramelows Handlungsmustern.
„Ich singe die dritte Strophe unserer Nationalhymne mit, aber ich kann das Bild der Naziaufmärsche von 1933 bis 1945 nicht ausblenden“, so Bodo Ramelow, der einzige Ministerpräsident der Linken, in einem Interview mit der ‚Rheinischen Post‘. Wenn wir diesem Gedankengang folgen, dann müsste der thüringische Ministerpräsident allerdings auch den 1. Mai als Feiertag abschaffen: Die Nationalsozialisten machten den Tag der Arbeit zum Feiertag, um am darauffolgenden Tag die freien Gewerkschaften ‚gleichzuschalten‘, sprich zu verbieten und ihr verbrecherisches NS-System so weiter zu stärken. Die Nationalsozialisten sangen im Übrigen nur die erste Strophe – gewissermaßen als Vorspann für das Horst-Wessel-Lied. Dies ist eigentlich auch zu erwarten gewesen, denn wer möchte schon, dass die Bürger in der dritten Strophe täglich an „Recht und Freiheit“ erinnert werden, obwohl sie in einem Unrechtssystem leben.
Um seine Forderung nach einer neuen Nationalhymne zu unterstreichen, verweist Ramelow auf die Diskussion um den rechtsextremen AfD-Politiker Björn Höcke, der die erste Strophe gesungen habe. Es kann doch beim besten Willen nicht entscheidend dafür sein, welche Nationalhymne wir singen, ob ein Rechtsextremist die ohnehin nicht zur offiziellen Hymne gehörende erste Strophe gesungen hat.
Ein Lied der Freiheit
Ganz generell sollten wir alle nicht aus den Augen verlieren, wann und vor welchem Hintergrund ‚Das Lied der Deutschen‘ von Hoffmann von Fallersleben gedichtet wurde. Er schrieb es auf Helgoland, das damals zum britischen Imperium gehörte und dies angesichts einer unglaublichen Kleinstaaterei im Deutschen Bund. Sein Lied – mit einer älteren Melodie von Joseph Haydn unterlegt – war kein Aufruf, Deutschlands Machtentfaltung zu Lasten unserer Nachbarn voranzutreiben. Es gab Deutschland im Grunde gar nicht. Die Landkarte war bedeckt mit mehr oder weniger kleinen Herrschaftsbereichen, und so waren die Zeilen von Hoffmann von Fallersleben „Einigkeit und Recht und Freiheit Für das deutsche Vaterland!“ ein Aufruf, einen deutschen Staat, ein deutsches „Vaterland“ zu schaffen.
Sein Gedicht fand kein Wohlgefallen bei der herrschenden Klasse, vor allem nicht in Preußen. So verlor er seine Professur und musste auch mehrfach emigrieren. Seine kritische Einstellung zu den politischen Machtverhältnissen wurde in einem anderen Gedicht überdeutlich: „Ganz Europa ist eine Kaserne, alles Dressur und Disziplin.“ Dieser Pfeil gegen die politische Obrigkeit macht sehr deutlich, dass für Heinrich Hoffmann von Fallersleben die Freiheit zwingend mit der Bildung eines deutschen Staates verbunden sein sollte. Somit eignet sich sein Gedicht ganz und gar nicht für rechtsextreme Politiker – und es wurde auch von den Nationalsozialisten missbraucht.
Die Brecht’sche Hymne ist keine Alternative
Leicht skurril ist es, wenn Ramelow als Alternative auf ein Werk von Bert Brecht verweist. „Der verfassungsgebende Runde Tisch der DDR hatte vorgeschlagen, auf beide bestehenden Hymnen zu verzichten und gemeinsam eine neue zu wählen – nämlich die Kinderhymne von Brecht. Das wurde abgelehnt.“ In Brechts Lied heißt es bezogen auf uns Deutsche und unsere Nachbarn:
„Daß die Völker nicht erbleichen
wie vor einer Räuberin,
sondern ihre Hände reichen
uns wie andern Völkern hin.“
Ich hoffe, dass wir den Völkern dieser Welt auch ohne eine solche Ausführung in einer Nationalhymne á la Ramelow beweisen können, dass wir auf Gemeinsamkeit setzen und die Freundschaft mit unseren Nachbarländern und allen Völkern suchen.
In den Geburtsjahren der Bundesrepublik Deutschland haben es sich Bundeskanzler Konrad Adenauer und Bundespräsident Theodor Heuss nicht leichtgemacht, als es um die Nationalhymne ging, doch sie entschieden sich zu Recht für die dritte Strophe des Gedichts von Hoffmann von Fallersleben. Damit gingen sie auch den Weg weiter, den der erste demokratisch gewählte Reichspräsident Friedrich Ebert eingeschlagen hatte. Ebert sagte 1922: „… so wie einst der Dichter, so lieben wir heute ‚Deutschland über alles‘. In Erfüllung seiner Sehnsucht soll unter den schwarz-rot-goldenen Fahnen der Sang von Einigkeit und Recht und Freiheit der festliche Ausdruck unserer vaterländischen Gefühle sein …“.
Schon die DDR tat sich mit „einig Vaterland“ schwer
Nachdem die Linke letztendlich aus der früheren SED – der Sozialistischen Deutschen Einheitspartei – hervorgegangen ist, erlaube ich mir noch einen kurzen Ausflug zum Kyffhäuser- oder auch Barbarossadenkmal in Thüringen. Dort sollte sich Ramelow als zugewanderter Ministerpräsident ja inzwischen auskennen.
In den 1960er Jahren sollte ein Bronzerelief des Hallenser Bildhauers Martin Wetzel zum Thema „Leben am Kyffhäuser“ in der Turmhalle des Barbarossadenkmals neue Schwerpunkte setzen. Aus den dunklen Zeiten des Feudalismus hin zum strahlenden Sozialismus, so war der Inhalt der zu gestaltenden Auftragsarbeit, und ganz nebenbei schlich sich auch aus der Nationalhymne der DDR die Zeile „Deutschland, einig Vaterland“ in das Wandbild ein. Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) und der Präsident der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), Wilhelm Pieck, hatten eine eigene Nationalhymne in Auftrag gegeben, wobei Hanns Eisler 1949 die Melodie und Johannes R. Becher den Text beisteuerten. Und der Text wurde von der sozialistischen Führung durchgewinkt, obwohl bereits in der ersten Strophe ein Stolperstein enthalten war: „Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zugewandt, laß uns dir zum Guten dienen, Deutschland, einig Vaterland.“
Doch die auf Abgrenzung zielende SED bekam zunehmend Probleme mit „Deutschland, einig Vaterland“, und so wurde von 1972 bis zum Ende der DDR die eigene Hymne nur noch in instrumentaler Fassung gespielt. Aber was dann tun mit dem Bronzerelief im Kyffhäuser-Denkmal? Die SED-Führung wusste Rat: Die Textzeile „Deutschland, einig Vaterland“ wurde mit einem Metallstreifen abgedeckt! Zwar ist dieser dem nächsten Schritt der deutschen Geschichte glücklicherweise zum Opfer gefallen, doch bis heute ist eine hellere Stelle am unteren Reliefrand zu erkennen, an der sich die Abdeckung befunden hatte. So ist das nun mal, „Deutschland, einig Vaterland“ wurde durch die Wiedervereinigung wahr, und die sozialistischen Abdeckungsspezialisten verloren sich im Orkus der Geschichte – wenn man von den Ewiggestrigen absieht.
Linker Trauerzug in die sozialistische Vergangenheit
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Bodo Ramelow, der Thüringer West-Import, zu den Ewiggestrigen gehören könnte, der sich wie die DDR-Führung mit „Deutschland, einig Vaterland“ schwertut. Aber abstrus ist es für mich nicht nur, wenn der thüringische Ministerpräsident eine neue Nationalhymne fordert, sondern auch das Verstaatlichungspalaver, an dem sich u.a. der Juso-Bundesvorsitzende Kevin Kühnert (SPD) und die grünen Spitzenpolitiker Robert Habeck und Anton Hofreiter beteiligen. Im Übrigen vernehme ich von der Bundesregierung aus Union und SPD kein Wort gegen die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB): Dauerhafte Nullzinspolitik ist ebenfalls eine Form der Enteignung. Wollen uns einige deutsche Spitzenpolitiker wieder hinter die Mauer führen? An einem solchen Trauerzug in die sozialistische Vergangenheit möchte ich mich nun wirklich nicht beteiligen.
Nach meiner Meinung brauchen wir keine neue Nationalhymne, sondern Thüringen eher einen neuen Ministerpräsidenten. Haben Ramelow & Co. denn wirklich keine anderen Probleme?
2 Antworten auf „Was hat Bodo Ramelow gegen „Einigkeit und Recht und Freiheit“?“