Wahlplakate behalten in Zeiten von Social Media ihre Bedeutung
In Wahlkampfzeiten wird unser öffentlicher Raum mit allerlei Weisheiten und Behauptungen ‚bereichert‘, die uns per kleinen und großen Wahlplakaten nähergebracht werden sollen. Da will Robert Habeck „Zuversicht“ verbreiten, obwohl er als grüner Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz maßgeblich zu einer desolaten Wirtschaftsentwicklung beigetragen hat. „Mit Sicherheit mehr Wachstum“ verspricht der Sozialdemokrat Olaf Scholz, doch warum hat er sich – bitte schön – nicht bereits in seinen drei Amtsjahren als Bundeskanzler engagierter um die innere und äußere Sicherheit oder das wirtschaftliche Wachstum gekümmert? So richtig gewuchert sind nur die Bürokratie und das Bundeskanzleramt. Der Spitzenkandidat von CDU und CSU schaut kleinformatig so in sich gekehrt auf die Passanten herab, dass ich mich wirklich frage, welcher Wahlkampfmanager dieses Motiv ausgewählt hat. Auf das Horrorkabinett, das Angela Merkel als CDU-Bundeskanzlerin in ihrer letzten Amtsperiode um sich geschart hatte, und die Laienspielgruppe von Olaf Scholz muss jetzt eine Regierung folgen, die endlich Probleme löst und nicht nur über sie debattiert. Darum hätte ich mir auf dem Wahlplakat von Friedrich Merz mehr Dynamik gewünscht. Nun denn, Politik ist kein Wunschkonzert, doch während des Wahlkampfs wird viel versprochen und leider hinterher meist wenig davon realisiert. „Schönreden ist keine Wirtschaftsleistung“ verkündet Christian Lindner als FDP-Vorsitzender, und da hat er natürlich recht, doch seine Einsicht lockt immer weniger Wählerinnen und Wähler zu den Liberalen, die sich weit entfernt haben von ihrem Bundespräsidenten Theodor Heuss oder Außenminister Hans-Dietrich Genscher. Die ungelösten Probleme bei der Steuerung der Migration bringen BSW und AfD Zulauf, wobei letztere hinter der ‚Brandmauer‘ dank der desolaten Politik der Bundesregierung von SPD, Grünen und FDP ihre Wählerschaft verdoppeln konnte. Für den einen sind Wahlplakate ein Blickfang, für den nächsten ein Aufreger oder gar Polit-Müll, und dies nicht erst, wenn sie zerfetzt am Boden liegen. Studien zeigen, dass Plakate gerade auch bei politisch weniger interessierten Bürgern ein Weg sind, diese auf die jeweilige Wahl anzusprechen.

Wahlplakate sprechen breite Schichten an
Wahlplakate scheinen in Zeiten von Social Media zwar etwas aus der Zeit gefallen zu sein, doch verschiedene Studien belegen deren Bedeutung. In einer Analyse stellten das Meinungsforschungsinstitut ‚Forsa‘ und die Uni Hohenheim zur Bundestagswahl 2021 fest, dass 62 % der knapp 15 000 Befragten Wahlplakate am häufigsten nannten, über die sie von den Parteien angesprochen wurden. Wahlspots im Fernsehen brachten es auf 50 %, Aktivitäten von Parteien und Abgeordneten über soziale Medien auf 28 %. Professor Frank Brettschneider u.a. betonen: „Wahlplakate werden von Menschen mit geringem politischem Interesse überdurchschnittlich oft wahrgenommen. Internetseiten der Parteien/Kandidierenden sowie Informationen über Parteien und Kandidierende werden überdurchschnittlich oft von Menschen wahrgenommen, die sich sehr stark für Politik interessieren.“ Bei den Wahlplakaten geht es insbesondere darum, die Kandidaten, die Partei und deren Grundaussagen bekannt zu machen. Wortspielereien mögen manchem Parteipolitiker gefallen, doch sie sind wenig geeignet, denn Wahlplakate werden gerade auch im Verkehrsgeschehen oft nur für Sekunden wahrgenommen. Bilder sind eingängiger als Texte, die ohnehin nur holzschnittartig sein können. „Wahlplakate haben eine große Bedeutung in der Wählermobilisierung, aber auch in der Bekanntmachung und Wiedererkennung von Personen”, betonte der Karlsruher Psychologe Dominic Hennig gegenüber dem SWR.

„Wahlplakate sind keine Bücher. Der Inhalt muss innerhalb von drei bis fünf Sekunden erfassbar sein“, so Professor Brettschneider in einem SWR-Beitrag. Das haben sich die Grünen mit dem Slogan „Zuversicht“ wohl zu Herzen genommen. In der Kürze mag die Würze liegen, doch wie ausgerechnet Robert Habeck zu „Zuversicht“ passt, das erschließt sich vermutlich nur eingefleischten Anhängern von Bündnis90/Die Grünen. Die deutsche Wirtschaft rangiert mit ihrem Nicht-Wachstum am Ende der EURO- bzw. der G7-Staaten, da weiß ich nicht, wo ich aus den Aktivitäten von Wirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck „Zuversicht“ schöpfen soll. Das Heizungsgesetz, um allein dieses Beispiel zu nennen, hat gewiss nicht zu mehr Zuversicht in deutschen Landen geführt. Die plakatierte „Zuversicht“ lösen Bündnis90/Die Grünen mit ihrem Spitzenkandidaten bei mir nicht aus, und das liegt mit daran, dass diese Partei ihre grüne Seele verloren zu haben scheint, denn wo agieren sie augenblicklich stringent im Sinne von Natur-, Umwelt-, Klima- oder Tierschutz? Was ist eigentlich an den Grünen derzeit grün? Als beim letzten Atomkraftwerk in Deutschland der Stecker gezogen wurde, ging den Grünen endgültig die Luft aus. Mit Verboten lässt sich keine Mehrheit für den Klimaschutz gewinnen, und die Solidarität zerbröselt, wenn die zentralen Anliegen breiter Bevölkerungsschichten, so z. B. eine deutliche Reduzierung der irregulären Migration, zerredet werden. Mehr zu diesem Thema finden Sie in meinem Beitrag ‚Bündnis90/Die Grünen: Die grüne Seele bei Natur- und Umweltschutz ist verwelkt‘.

Ungelöste Migrationsprobleme stärken politische Ränder
Neben der wirtschaftlichen Misere steht in vielen Diskussionen und auch auf Wahlplakaten das Thema Migration im Mittelpunkt. Während Robert Habeck mit einem 10-Punkte-Plan seine Partei in Sachen Migration in der politischen Mitte verorten möchte, will die Grüne Jugend die Zuwanderung sogar erleichtern. „Alle Menschen sollten das Recht haben, auf ihrem Fluchtweg keinen Gefahren durch Schlepper, Grenzstaaten oder dem Mittelmeer ausgesetzt zu sein“, unterstrich die Jugendorganisation von Bündnis90/Die Grünen am 5. Februar 2025. „Dafür müssen die Personalkapazitäten der deutschen Auslandsvertretungen dringend ausgeweitet werden“. Das soziale Anliegen teile ich, doch inzwischen sollte auch den Grünen aufgefallen sein, dass Deutschland mit dem Zustrom an Migranten überfordert ist. Es fehlt an Lehrern, Sozialarbeitern und Wohnungen, um allein diese Bereiche anzuführen. Der Wahlparteitag von Bündnis90/Die Grünen setzte sich dafür ein, das Nachholen von Familienangehörigen zu erleichtern. Wer sich weiterhin der Realität verschließt, der besorgt das Geschäft der AfD und des BSW. Selbstverständlich benötigen wir den Zuzug qualifizierter Mitarbeiter und ihrer Familien, aber die irreguläre Migration muss eingedämmt werden. Im September 2015 hatte Bundespräsident Joachim Gauck in einer bis heute lesenswerten Rede unterstrichen: „Inzwischen trauen wir uns, und wenn nicht, dann sollten wir uns trauen, das fundamentale Dilemma dieser Tage offen auszusprechen: Wir wollen helfen. Unser Herz ist weit. Doch unsere Möglichkeiten, sie sind endlich.“

Haben Sie das sogenannte „TV-Duell“ gesehen, bei dem Bundeskanzler Olaf Scholz und sein Herausforderer Friedrich Merz in ARD und ZDF aufeinandertrafen? Scholz zeigte sich in ungewohnter Weise kämpferisch und wie immer überzeugt, im Grunde alles richtig gemacht zu haben – auch bei der Eindämmung der Migration. Als Zuschauer musste man den Eindruck gewinnen, man habe etwas verpasst, denn das selbstgefällige ‚Ich‘ aus dem Bundeskanzleramt zeichnete eine Realität, die nicht mit den eigenen Eindrücken übereinstimmte. Gegenteilige Aussagen von Friedrich Merz erschienen Scholz „lächerlich“ oder „doof“. Nun gut, Einbildung ist ja auch was, aber sie bringt unser Land nicht voran, besonders dann nicht, wenn sie sich im aufgeblähten Kanzleramt niedergelassen hat. “Ich bin der Politiker, der in Deutschland am meisten für harte Sanktionen beim Bürgergeld und auch bei der früheren Grundsicherung steht, weil ich glaube: Wer arbeiten kann, soll es auch tun“, so Scholz zum Bürgergeld. Merz entgegnet: “Aufgefallen ist mir das noch nicht, aber vielleicht habe ich etwas übersehen.” So geht es nicht nur Friedrich Merz, sondern Millionen von Wahlbürgern gleichermaßen, denn ansonsten würde die SPD bei der Sonntagsfrage nicht bei 15 % landen. Was würden wohl große Sozialdemokraten wie der erste Reichspräsident der Weimarer Republik, Friedrich Ebert, über die desolate Lage der SPD sagen? Nun gut, abgerechnet wird am Schluss, wenn wir Wähler unsere beiden Kreuzchen gemacht haben. Eines dürfte klar sein: Kann die nächste Bundesregierung die Migration nicht besser steuern und für mehr Sicherheit sorgen, dann wird sich die AfD freuen.

Ordnung und Fleiß sind unerlässlich
„Recht und Ordnung wieder durchsetzen“, so plakatiert die Union, und dies beziehe ich nicht nur auf die irreguläre Migration, sondern auch auf die innere Sicherheit insgesamt. Dabei geht es um nichts anderes, als mörderische Anschläge wie in Mannheim, Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg oder München zu verhindern, und um die Eindämmung der Gewalt im öffentlichen Raum ganz allgemein. Da wird es nicht reichen, am Wochenende ein Messerverbot für bestimmte städtische Areale zu erlassen, sondern es muss härter und konsequenter gegen Straftäter – woher sie auch stammen – vorgegangen werden. Das zunehmende Gefühl der Unsicherheit lässt sich nicht durch Beileidsbekundungen und politische Sonntagsreden nach jedem weiteren Mordanschlag ins Gegenteil verkehren, sondern lediglich durch eine Stärkung der Polizei, schnellere Gerichtsverfahren und die Ausweisung straffälliger Migranten ohne deutschen Pass in einem möglichst frühen Stadium. Das Gegenteil ist zumeist der Fall: Ein erschreckendes Beispiel griff die ‚Stuttgarter Zeitung‘ am 12. Februar 2025, also über vier Jahre nach der Tat in Freiburg auf. „Eine 18-jährige Frau war im Gebüsch neben einem Freiburger Techno-Club von zehn vor allem syrischstämmigen Männern vergewaltigt worden“, schreibt Eberhard Wein. „Tatsächlich abgeschoben habe man bisher aber nur einen Mann“, so das Regierungspräsidium Freiburg. Selbstredend gilt es, möglichst viele Menschen mit Hilfe von Jugend- und Sozialarbeit in unsere Gesellschaft einzubinden, damit sie erst gar nicht straffällig werden. Und da gibt es bei angestammten Deutschen und zugewanderten Migranten genügend zu tun. Auch dies ist ein Grund dafür, dass der irreguläre Zustrom gestoppt wird, denn bereits die schiere Zahl ist nicht mehr bewältigbar, das sehen wir in den Kommunen jeden Tag.

„Fleiß muss sich wieder lohnen“. Wer möchte hier widersprechen, es sei denn, man hat es sich dank staatlicher Leistungen schon viel zu gemütlich auf dem Sofa gemacht. ‚Fleiß‘ wird schnell zu einer deutschen Tugend deklariert, doch ein Blick in die Fabrikhallen, Werkstätten, Restaurants und Büros zeigt, fleißige Arbeitnehmer und Unternehmer kommen aus allen Teilen unserer Welt. Somit dürfte dieses Wahlplakat bei der weit überwiegenden Mehrheit auf volle Zustimmung treffen, auch wenn es nicht unmittelbar zu einer Wahlentscheidung für die CDU/CSU führt. Mehr „Netto vom Brutto“ plakatieren die ‚Freien Wähler‘, die CDU/CSU Wähler abspenstig machen dürften, ohne dass sich das im Bundestag in Sitzen niederschlägt. Apropos Sitze: Als Folge der von SPD, Grünen und FDP verabschiedeten Wahlreform könnte es geschehen, dass im Wahlkreis gewählte Abgeordnete nicht in den Bundestag einziehen, wenn die Zahl der direkt gewählten Parlamentsmitglieder einer Partei höher ist als ihr nach dem Prozentsatz der Zweitstimmen zustehen würden. Warum das Bundesverfassungsgericht ausgerechnet diesen Teil der Neuregelung nicht beanstandet hat, das ist mir ein Rätsel. Genau darauf bin ich bereits eingegangen in: ‚Wahlrechtsreform: Trotz Direktmandat nicht im Bundestag? Der Vorschlag der Ampelregierung gefährdet die Demokratie‘.

Koalitionäre dürfen nicht auf Weiter-so setzen
Die Wellen des Wahlkampfs werden sich nach der Stimmabgabe verlaufen, auch wenn manche Journalisten die Kompromissfähigkeit der Parteien der Mitte in Zweifel ziehen. Letztendlich geht es nicht nur um die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, sondern Politiker zieht es meist an die Futterkrippen der Macht und nicht so gern in die oppositionelle Ecke. „Die Opposition ist Mist, lasst das die anderen machen. Wir wollen regieren“, betonte Franz Müntefering auf einem Sonderparteitag 2004, bei dem er zum SPD-Vorsitzenden gewählt wurde. 2005 brachte es die älteste demokratische Partei Deutschlands bei den Bundestagswahlen noch auf 34 %, davon kann die SPD gegenwärtig bloß träumen. Vielleicht hätten sich die Sozialdemokraten besser an eine weitere Aussage von Müntefering gehalten: „Wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren, das Spiel zu gewinnen, und nicht überlegen, mit wem wir nachher duschen gehen.“ Letztendlich wird wieder eine Koalitionsregierung auf uns alle zukommen, und am ehesten werden sich Union und SPD zusammenraufen. Was nicht passieren darf, ist ein Weiter-so, denn das würde nur die politischen Ränder stärken. Ich habe immer das deutsche Verhältniswahlrecht favorisiert, doch manchmal wünschte ich mir inzwischen ein Mehrheitswahlrecht wie im Vereinigten Königreich, wo die Direktwahl des Abgeordneten entscheidet.

Wahlplakate behalten weiter ihre Bedeutung, denn im öffentlichen Raum kommen auch Politikmuffel kaum an ihnen vorbei. Und das ist gut so. Mögen die Plakate nichts als einzelne Impulse setzen, bestimmte Gesichter hervorheben, so können sie durchaus ein Blickfang und so eine Anregung sein, sich intensiver mit den unterschiedlichen politischen Angeboten vertraut zu machen. Das eine oder andere Plakat hat zwar wenig mit der Realität in unserem Land zu tun, doch sie alle zeigen damit die Bandbreite des Denkens und Fühlens in unserer freiheitlichen Gesellschaft. Wer heute noch mit Karl Marx, als dem „Original“ auf Wählerfang geht – wie die maoistische MLPD -, der hat die Wirklichkeit abgeschüttelt und sich in seine eigene kleine Welt zurückgezogen. Aber auch dies gehört zu einer freien und demokratischen Gesellschaft, Andersdenkende kommen zu Wort und können Plakate kleben. Im gelobten Reich der Maoisten zählen dagegen allein die Vorgaben einer Partei. Und das ist gewiss das Letzte, was ich mir wünsche! Alle Bürger sollten dem Grundsatz folgen: Hände weg von Wahlplakaten, selbst wenn sie einem nicht gefallen.

Schmierereien gehören nicht auf Wahlplakate, und wer sie gar zerfetzt und anzündet, der vergeht sich am Gedanken der freien Meinungsäußerung. Wahlplakate müssen zuspitzen und sind hoffentlich ein Blickfang, hin und wieder ein Aufreger, als Polit-Müll sollten wir sie nicht betrachten und auch nicht zu solchem machen. Unsere demokratische Grundordnung lässt sich am besten erhalten und stärken, wenn wir offen über alle Probleme debattieren, doch dann müssen auch Taten folgen: Die nächste Bundesregierung muss endlich damit beginnen, Probleme zu lösen, anstatt ausschließlich über diese zu streiten.







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Wahlplakate müssen in Sekunden oder auch nur in Bruchteilen davon ihren Impuls vermitteln, was besonders für den Verkehrsbereich zutrifft. Und sie stehen dort in Konkurrenz mit anderen Informationen und Aktivitäten. (Bild: Ulsamer)
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