Mit Tümpeln und Totholz der Dürre Paroli bieten
Die Bäume scheinen unter der fortdauernden Trockenheit erheblich zu leiden, ja regelrecht zu stöhnen. Das Wasser ist nach Wochen ohne Regen nicht nur an der Oberfläche Mangelware, sondern auch in den tieferen Bodenschichten finden die Wurzeln der Bäume vielerorts kein lebensnotwendiges Nass mehr. Im Zeichen des Klimawandels werden sich nach Meinung der Experten längere Dürreperioden und Starkregenereignisse häufen und damit Natur und Mensch vor große Herausforderungen stellen. Wenn wir durch Wälder und noch häufiger durch Forstareale wandern, dann lassen uns die ausgetrockneten und mit tiefen Rissen durchzogenen Böden mit den Bäumen und anderen Pflanzen leiden. Aber auch die Tierwelt lechzt in trockenen und heißen Wochen nach etwas Wasser. Der Klimawandel ist jedoch nur ein zusätzlicher Anstoß, über unsere Wälder und die Forstwirtschaft nachzudenken, denn zu lange wurde Wald und Forst das vom Himmel prasselnde Regenwasser ganz bewusst entzogen. Breite Forstwege und daneben tiefe Gräben, um das Wasser zu sammeln und durch Rohre abzuleiten, zeugen von diesem Irrweg. Tümpel und Weiher, selbst größere Pfützen wurden eifrig zugeschüttet, um Platz für die Lagerung von Holz oder Wendeschleifen für die stets gewaltigeren Forstfahrzeuge zu schaffen. Solange mit steter Regelmäßigkeit Niederschläge zu erwarten waren, konnten die Bäume mit den menschlichen Eingriffen leben, doch jetzt wird das ganze Drama einer falschen Forstpolitik immer deutlicher erkennbar.
Wasser im Wald halten
Scheinbar überschüssiges Regenwasser sollte schnell und ohne Schäden für die Forstwege aus dem Wald geschafft werden. Feuchtwiesen, Tümpel und Weiher oder mäandrierende Bäche waren manchen Forst- oder Landwirten ein Dorn im Auge. Selbst der eine oder andere kleine See wäre vermutlich längst verschwunden, hätten nicht die erholungssuchenden Städter dort ihre sommerlichen Aktivitäten entwickelt. Mehr Bäume war das Ziel, mehr Holzertrag, und da waren sumpfige Böden und Tümpel genauso im Wege wie Bäche, die sich selbst ihren Lauf suchten. Und so verarmte unsere Landschaft in Wald und Forst ebenso wie auf Äckern und Wiesen. Nicht selten fielen auch gestufte Waldränder den kommerziellen Interessen von Land- und Forstwirtschaft zum Opfer, denn der eine pflügte möglichst bis zum ersten Baum, und der andere pflanzte seine Setzlinge bis zur ersten Ackerfurche. Mit dieser Feststellung möchte ich keinesfalls die Schuld an der Misere bei Förstern und Bauern abladen, denn die Anreize für das entsprechende Verhalten wurden durch das Gewinninteresse der Waldbesitzer – von privaten wie auch kommunalen, von den Ländern bis zum Bund – und die EU-Flächensubventionen für Landwirte bestimmt. Im Grunde hatte die Natur keinen Platz mehr im Forst und auf den Feldern! Ein Umdenken hat zwar zaghaft eingesetzt, doch im Grunde kommen Änderungen zu langsam voran, die auf Ökologie und Nachhaltigkeit setzen! Es reicht auch nicht, wenn die Bundesregierung verspätet Strategien für den Schutz der Moore oder die Sicherung des Trinkwassers erarbeitet, sondern die rabiate Ausbeutung der Natur muss gestoppt werden.
Wer den Trockenstress bei Bäumen oder deren Absterben – ja Verdursten – verhindern möchte, der muss versuchen, das Regenwasser länger und möglichst umfassend im Wald zu halten. Das ist keine leichte Aufgabe, denn gerade bei Starkregen öffnen sich die Himmelsschleusen und die Niederschläge können gar nicht so schnell versickern, dass sie die tieferen Bodenschichten überhaupt erreichen würden. Das Wasser rauscht gewissermaßen durch die Forste, gelenkt von Gräben, Kanälen und Rohren. Außerhalb der Forstflächen vereinigen sich die anschwellenden Fluten mit den Niederschlägen, die auf den ausgetrockneten Feldern keinen Weg in den Untergrund finden. Dank falscher Bearbeitungs- und Anbaumethoden haben sich vielerorts selbst die Regenwürmer rargemacht, die die Böden auflockern und für Wasser durchgängig machen. Zu einem Problem werden Forststraßen vor allem dann, wenn sie Hänge durchschneiden und damit den Wasserfluss unterbrechen, der ansonsten durch die Wurzelräume der Bäume geführt hätte. Das anfallende Wasser wurde bisher durch Rohre abgeleitet und möglichst schnell dem nächsten Bach zugeführt. So manche Rückegasse, die mehr oder weniger geradeaus in einen Hang führt, verwandelt sich bei Starkregen zu einem Bach: Schon rast das Wasser bei Starkregen ohne Nutzen für Wald und Forst ins Tal und reißt gleich noch nachwachsende Jungpflanzen mit sich. Um das zu verhindern, lässt die Försterin Ellen Koller im bayerischen Forstbezirk Ebrach nach der Holzernte Querrinnen in die Rückegassen graben, um auf diese Weise das Regenwasser in die Waldfläche zu leiten, wo es versickert. Försterin Koller hat auch 40 Tümpel in ihr Revier baggern lassen, damit das Regenwasser besser gehalten werden kann! Die ‚Tagesschau‘ berichtete über ihre Aktivitäten, woran man sehen kann, dass es sich zwar um eine vorbildhafte, aber zu selten nachgeahmte Vorgehensweise handelt.
Mehr Kleingewässer schaffen
Einen gewichtigen Beitrag zur Sicherung des Wasserhaushalts leistet Totholz, das im Grunde den falschen Namen trägt. Der Namensbestandteil ‚Tot‘ suggeriert, dass das Holz im Grunde nicht wichtig sei. Dieser falschen Ansicht folgten viele Forstverantwortliche, und Spaziergänger beschwerten sich gar, wenn der Forst ‚unaufgeräumt‘ wirkte. In neuerer Zeit kam auch noch der wirtschaftliche Aspekt hinzu, dass sich aus Geäst, dünnen Baumstücken, Wurzeltellern oder anderen Holzresten Pellets herstellen lassen. Totholz ist nicht nur in der Lage, Wasser zu speichern, sondern es bietet wichtigen Lebensraum für zahlreiche Pflanzen und Tiere. Mehr zu diesem Thema finden Sie, liebe Leserinnen und Leser, in meinem Blog-Beitrag ‚Totholz ist voller Leben. Macht den Forst wieder zum Wald!‘ Natürlich bin ich mir bewusst, dass Wald- und Forstbesitzer Einnahmen benötigen, doch wenn wir wieder mehr naturnahe Wälder wollen und diese als schützenswert anerkennen, dann müssen wir eine Neuorientierung der gesamten Wald- und Forstpolitik erreichen. Nicht allein Forstflächen mit Monokulturen aus Fichten machen zunehmend schlapp, was sich in geballter Weise gerade im Nationalpark Harz erkennen lässt, auch in Mischwäldern, die sich generell besser im Klimawandel halten – sterben mehr Bäume ab als in früheren Jahren. Alle Bäume, Buchen, Eschen oder Eichen benötigen nun mal Wasser, wenn sie wachsen und überleben wollen. Eine Studie der ETH Zürich, ausgeführt von Forschenden um Dr. Marius Floriancic und Prof. Peter Molnar im Waldlabor Zürich, unterstreicht die Bedeutung der Streuschicht und von Totholz für die Speicherung von Wasser im Wald. Ein Teil des dort gespeicherten Wassers geht allerdings nicht in die tieferen Bodenschichten ein, sondern wird wieder an die Atmosphäre abgegeben und trägt so zum kühleren Waldklima bei. Totholz speichert Wasser über mehrere Tage und je nach Zerfallsstadium unterschiedliche Mengen.
Es macht wenig Sinn über die Fehler der Forstwirtschaft in der Vergangenheit zu klagen, denn dies bringt keinen Tropen mehr Wasser in Wälder und Forste. Doch es gilt, die richtigen Schlüsse aus der falschen Orientierung weiter Teile der Forstverantwortlichen einschließlich der Flächenbesitzer zu ziehen. Im Grunde liegen erste Maßnahmen zu einer Verbesserung des Wasserhaushalts in Wald und Forst auf der Hand. Mehr Tümpel und Weiher halten das Regenwasser im Wald und erlauben es diesem, langsam zu versickern. Verdolte und begradigte Bäche müssen wieder möglichst naturnah fließen können, denn auch dies verlangsamt den Abfluss des lebensspendenden Nasses. Viele Rohre, die das Wasser bisher wegführen, sollten in zahlreichen kleineren Gewässern münden. Wer glaubte, Wasser im Wald erschwere den systematischen Anbau von Monokulturen und die Holzernte, der hat sich in eine Sackgasse verirrt, was in besonderer Weise in Zeiten der Erderwärmung zutrifft. Breite Forststraßen, aber auch Rückegassen, in denen schwere Erntemaschinen die Böden so verdichtet haben, dass Regenwasser nicht mehr versickern kann, müssen überdacht und wo möglich reduziert werden. „Zur Entschärfung der Abflusssituation aus dem Wald ist das vorhandene Wegenetz auf seine Notwendigkeit zu überprüfen und ggf. aufzulassen“, schreibt Gebhard Schüler von der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland‐Pfalz. Wichtig ist es auch, Kahlschläge zu verhindern, denn auf abgeräumten Flächen versickert kaum Regenwasser. „Die Gräben und Entwässerungsrinnen in Wäldern müssen verbaut werden, der Abfluss verstopft werden, damit sich das Wasser in Mulden, Tümpeln, Rückhaltebecken sammelt und von dort langsam in den Waldboden sickern kann“, so die Naturwald Akademie auf ihrer Internetseite. Reste von Mooren oder Feuchtgebieten müssen renaturiert werden, auch wenn dies zu Lasten des Holzertrags geht.
In den zurückliegenden 50 Jahren sind 75 % der Kleingewässer in Deutschland verschwunden und mit ihnen viele Tiere und Pflanzen. Somit geht es bei der Schaffung neuer Tümpel und Weiher nicht nur um den Wasserhaushalt im Wald, sondern auch um die Artenvielfalt. Und wir dürfen nicht vergessen, dass die Waldflächen wichtig sind für die Bildung von Grundwasser und damit in erster Linie für trinkbares Wasser. Mehr Tümpel braucht das Land, und dies gilt in besonderer Weise für die Wälder, aber auch für landwirtschaftliche Flächen und urbane Zentren.
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Tümpel und Totholz sind wichtige Wasserspeicher im Wald und können zu einem ausgeglichenen Wasserhaushalt gerade in Dürreperioden beitragen. (Bild: Ulsamer)