Vom Pleiteflughafen zum geopolitisch relevanten Airport?

Frankfurt-Hahn: Infrastruktur darf nicht zum Wanderpokal werden

Am Flughafen Frankfurt-Hahn, der trotz des schmückenden Vornamens im Hunsrück und nicht am Main liegt, kann man seit Jahren, ja sogar seit drei Jahrzehnten erleben, wie desorientierte Landesregierungen Infrastruktur zur Ramschware verkommen ließen. Zuerst dilettierten die Landesregierungen unter Rudolf Scharping, Kurt Beck und Malu Dreyer – alle drei SPD – an der Entwicklung der  ehemaligen US-Militärbasis erfolglos herum, dann leistete sich Ministerpräsidentin Dreyer die größten Fehler: Zuerst wurde der Verkauf des Flughafens an die chinesische Briefkastenfirma SYT besiegelt, die noch nicht einmal über Geschäftsräume verfügte, anschließend wurde er an den Mischkonzern HNA – ebenfalls aus China – verhökert, woraufhin chinesische Tanz- und Gesangsgruppen über die Bildschirme in der Abflughalle hopsten. Chinesische Touristen ließen sich jedoch nicht blicken. Anschließend flog HNA mitsamt dem Hahn in die Insolvenz. Ich hoffte, dass es der Insolvenzverwalter besser machen würde, doch weit gefehlt: Unter den Bietern pickte Jan Markus Plathner ausgerechnet die Swift Conjoy GmbH heraus. Ein Desaster, denn das eigens gegründete Unternehmen konnte nicht einmal den mickrigen Kaufpreis aufbringen. Wenn alle Stricke reißen, so scheint man in Rheinland-Pfalz zu glauben, dann könnte vielleicht noch ein russischer Oligarch aus der Patsche helfen, der bereits Kurt Becks Altlast – den Nürburgring – übernommen hatte? Jetzt wurde es jedoch vielen Beteiligten an diesem Desaster mulmig, und sie luden die Entscheidungslast flugs beim Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ab, der zum Verkauf an Viktor Charitonins NR Holding AG sagte: „Wir screenen das gerade“. Drei Jahrzehnte Chaostage auf dem ‚Hahn‘ – Malu Dreyer allerdings konnte das bisher nicht erschüttern, unter deren Ägide der Hahn zum Wanderpokal degradiert wurde.

Nebel über dem Vorfeld des Flughafens. Kaum lesbar links 'frankfurthahnairport' in Leuchtschrift und in der Nähe 'HNA'.
Hoffentlich lichtet sich bald der Nebel über dem Flughafen Hahn im Hunsrück. Ein solider Investor wäre dem Regionalflughafen zu wünschen, der über eine langfristige Strategie und die Finanzmittel verfügt, um diese auch umzusetzen. (Bild: Ulsamer)

Ein Regionalflughafen als Wanderpokal

Wir kennen den ‚Hahn‘ seit seinen frühen zivilen Tagen und sind – trotz ökologischer Bedenken – immer mal wieder von dort ins südirische Kerry gestartet. Nebenbei bemerkt: Über ‚atmosfair‘ versuchen wir einen kleinen Ausgleich zu schaffen, wohl wissend, dass damit das von uns verursachte CO2 nicht aus der Welt verschwunden ist. Nun aber zurück zum neuerlich durchgeschüttelten Flughafen, der seit seinem Beginn in den frühen 1950er Jahren nach der Gemeinde Hahn benannt ist, obwohl er weitgehend auf der Gemarkung von Lautzenhausen liegt. Mit dem Airport in Frankfurt hat er geographisch nichts zu tun, doch setzte Ryanair diesen Begriff auch gerichtlich durch. Ohne den irischen Billigflieger Ryanair wäre auf dem Hahn ohnehin längst das Licht ausgegangen. Über die Geschicke von Frankfurt-Hahn habe ich mehrfach berichtet, daher möchte ich mich auf die aktuelle Situation beschränken und ansonsten auf meine Blog-Beiträge ‚Frankfurt-Hahn – ein Flughafen im Tiefflug. Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat versagt‘ und ‚Flughafen Frankfurt-Hahn: Ein regionalpolitisches Trauerspiel‘ verweisen. Wie eine Landesregierung mit Steuergeldern in dreistelliger Millionenhöhe die Konversion vom Militär- zum Zivilflughafen vorantreiben konnte, um den Hahn dann zweimal erfolglos ins Reich der Kommunistischen Partei Chinas und der schnell zu Geld gekommenen Milliardäre zu verhökern, ist mir ein politisches Rätsel! Hessen hat seinen Anteil am Hahn zwar behalten, doch keine sachgerechten Versuche unternommen, den Hunsrück-Flughafen mit dem weltweiten Drehkreuz in Frankfurt zu verbinden. Der große Bruder in Frankfurt am Main war ursprünglich mehrheitlich am Hahn beteiligt, doch das Potenzial einer Verflechtung wurde nicht gehoben. Während in Frankfurt die Abfertigungshallen aus allen Nähten platzten, kümmerte der sogar mit einer Nachtfluggenehmigung bedachte Hahn vor sich hin.

Die Buchstaben HNA in orangener Farbe am Gebäude. Darunter beleuchtete Fenster.
Die rheinland-pfälzische Landesregierung unter Malu Dreyer (SPD) hatte ein echtes Händchen beim Verkauf der Anteile am Flughafen Frankfurt-Hahn: Zuerst eine chinesische Briefkastenfirma ohne Geschäftsbetrieb auswählen und dann mit HNA – ebenfalls aus dem Reich der Kommunistischen Partei Chinas – in die Insolvenz stolpern. (Bild: Ulsamer)

Die fruchtlosen Techtelmechtel mit China fielen in die Amtszeit von Malu Dreyer – 2016 SYT, 2017 HNA -, doch bereits unter ihrem Vorgänger, Ministerpräsident Kurt Beck, waren klare Strategien Mangelware. Und nicht nur am Hahn. Kein Wunder, auch den Nürburgring brachte Beck mit seiner Landesregierung trotz mehrerer hundert Millionen Euro an Spielgeld des Steuerzahlers nicht in Fahrt. So kam der Oldtimerfan Charitonin als Käufer gerade recht, der mit Pharmageschäften in Russland Milliarden gemacht hatte. Wer eine Rennstrecke besitzt, der möchte eben auch einen eigenen Flughafen, und so bewarb sich der russische Milliardär beim Insolvenzverwalter um den Hahn. In der ersten Runde war er als Bieter zwar unterlegen, doch jetzt sollte es doch klappen, und er bekam den Zuschlag. Vielleicht gehen in Rheinland-Pfalz die Uhren ja rückwärts? Charitonin mag nicht auf der aktuellen Sanktionsliste stehen, doch wer im Russland Wladimir Putins Milliarden scheffelt, und dies auch noch im Pharmasektor, der hat sich bisher nicht als Gegner des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine geoutet. Im Grunde ist es eine Unverschämtheit, in der gegenwärtigen Weltlage mit einem russischen Großunternehmer – Oligarch oder nicht – einen Vertrag zu schließen und dann die Last der Entscheidung bei Bundesminister Habeck abzuladen. Bei der Bewertung des ‚Hahn‘ dürfen sicherlich nicht nur die Passagierzahlen und Frachttonnagen herangezogen werden, denn da liegt Frankfurt-Hahn bei einem bzw. fünf Prozent des Aufkommens in Deutschland. „Größerer Kunde der Landebahn ist das US-Militär. Weil die Piste mit fast vier Kilometern lang und abgelegen ist, wickeln die amerikanischen Streitkräfte und von ihnen beauftrage Linien wie Atlas Air viel Verkehr ab, nicht zuletzt Waffenlieferungen in Richtung Ukraine“, so die WirtschaftsWoche. Ein russischer Mitspieler kann hier nicht zur positiven Entwicklung beitragen! Der Insolvenzverwalter hat doch tatsächlich aus seiner Bruchlandung mit Swift Conjoy gelernt, und vorbeugend gleich noch einen zweiten Vertrag mit dem Mainzer Immobilienentwickler WR Holding (Wolfram Richter) abgeschlossen, für den Fall, dass die Oligarchen-Lösung vom politischen Gegenwind weggeblasen wird. Das Drama um den Hahn hat bereits zu viele Akte, daher muss es zu einem Abschluss kommen. Wenig Sinn macht es, wenn sich jetzt – laut SWR – der türkische Flughafenbetreiber YDA mit Swift Conjoy in Verbindung gesetzt haben soll. Wer einmal den zugesagten Kaufpreis nicht termingerecht bezahlt, der sollte nicht durch die Hintertür wieder ins Rennen gehen.

Ein blau-weißer Jumbo steht auf dem Vorfeld und ist im Nebel leicht verschwommen.
Direkt vor dem Terminal A steht in Frankfurt-Hahn ein Dauerparker: Eine Boeing 747 der CargoLogicAir UK, die – wie die deutsche Tochterfirma – letztendlich zur russischen Volga-Dnepr-Gruppe gehört. Einer der Mitbesitzer, Aleksey Isaykin, hatte sich zwar einen zypriotischen Pass besorgt, doch das Unternehmen fällt dennoch unter die Sanktionen gegen Russland und seine Oligarchen. Dieses Frachtflugzeug macht symbolhaft deutlich, dass man am Hahn so manches braucht, aber gewiss keinen russischen Investor. (Bild: Ulsamer)

Eine russische Übernahme des ‚Hahn‘ ist abzulehnen

Viktor Charitonin steht nicht auf den Sanktionslisten in Deutschland oder der EU, wobei ich ohnehin an der Ernsthaftigkeit der Aktivitäten gegen Oligarchen zweifle. Man kann sicherlich auch zunehmend darüber streiten, welchen Einfluss die Oligarchen, die nach dem Zerfall des Sowjetreichs schnell zu Geld gekommenen russischen Großunternehmer, auf Wladimir Putin überhaupt noch haben. Vermutlich ist dieser geringer als lange angenommen, denn welchen Sinn sollten die Oligarchen, wenn sie nicht gerade in der Rüstungsindustrie tätig sind, in dem vom russischen Präsidenten Putin geführten Angriffskrieg gegen die Ukraine sehen? Da wird nicht nur das Geldverdienen im internationalen Maßstab immer schwieriger, sondern auch das Parken der Milliarden im Ausland. Vielleicht mal abgesehen von der Schweiz! Und wo sollen die Familien der Superreichen Urlaub machen oder deren Kinder studieren? Ich halte diese Diskussion allerdings für müßig, denn auch Charitonin wäre seine Unternehmen in Russland längst los, wenn er sich nicht mit Putin zumindest gutstellen würde. Somit ist der direkte Einfluss auf Putin nicht maßgeblich. Der Verkauf eines Regionalflughafens oder auch nur eine Beteiligung Charitonins oder anderer Oligarchen oder generell russischer Großunternehmer ist abzulehnen, weil Flughäfen oder Hafenanlagen zur kritischen Infrastruktur gehören. Damit bricht jedoch die nächste Diskussion auf, denn Bundeskanzler Olaf Scholz drückte eine chinesische Beteiligung im Hamburger Hafen durch. Auch diese Beteiligung halte ich für falsch und habe das in meinem Blog angesprochen: ‚Bundeskanzler Scholz als Türöffner für chinesische Interessen. Kritische Infrastruktur muss geschützt werden‘.

Leeres Terminal in Frankfurt-Hahn. Die Laufwege sind mit Bändern vorgegeben. Aber es ist niemand zu sehen.
Frankfurt-Hahn hat nur eine Chance, wenn ein neuer Investor mit einer klaren Strategie das Ruder im Hunsrück-Flughafen übernimmt. In den zurückliegenden drei Jahrzehnten wurde das Gesamtgelände unzureichend genutzt, so hätte sich auch ein Outlet-Center angeboten, das zusätzliche Kundschaft überregional anzieht. (Bild: Ulsamer)

Kritische Infrastruktur, wie beispielsweise beim Hahn trotz seiner beschränkten wirtschaftlichen Bedeutung, darf nicht in die Hände ausländischer Unternehmen übergehen, die ihre zentralen Einnahmequellen in Staaten mit undemokratischen Regimen haben, was für Russland genauso wie für China zutrifft, um nur diese beiden Beispiele zu nennen. Wer Andersdenkende in Lager sperrt oder mit dem Tode bedroht und andere Staaten überfällt (Tibet oder die Ukraine), dem muss der Zugang zur kritischen Infrastruktur verwehrt bleiben. Russische oder chinesische Unternehmen sind der verlängerte Arm der dort herrschenden Personen oder Klassen. Dabei spielt es keine Rolle, ob Charitonin bei Putin am Ende eines langen Tisches Platz nehmen muss oder auf seinem Schoß sitzt! Dieser Grundsatz muss nicht nur für Hafenanlagen oder Airports gelten, sondern auch für andere private oder öffentliche Unternehmen, deren Produktion und Technologien von strategischer Bedeutung sind.

Passagiere steigen über eine ausgeklappte Gangway ein Flugzeug von Ryanair.
Die enorme Abhängigkeit von Ryanair, dem irischen Billigflieger, ist in Frankfurt-Hahn im Passagierbereich täglich zu sehen. (Bild: Ulsamer)

Solide Besitzer können Chancen heben          

Der Regionalflughafen Frankfurt-Hahn muss endlich einen Besitzer finden, der die Chancen aufgreift und entwickelt, was kaum ohne eine stärkere Ansiedlung von Unternehmen auf dem Gelände oder im Umfeld gehen wird. Sicherlich bietet auch das Frachtgeschäft weitere Entwicklungsmöglichkeiten – vielleicht doch noch in Kombination mit dem Luftdrehkreuz in Frankfurt. Im Passagierbereich wird es wohl nur aufwärtsgehen, wenn zusätzlich Airlines angezogen werden können. Sollten alle Bemühungen vergeblich sein, wäre das weitläufige Gelände sicherlich auch ein guter Ort, um Firmen anzusiedeln, die größere Flächen benötigen. Betriebe der Solar-, Batterien-, Brennstoffzellen- oder Wasserstofftechnologie suchen oft vergeblich in Deutschland große Flächen für ihre Aktivitäten. Lieber ein Industriepark in den richtigen Händen, in dem Betriebe dauerhaft Arbeitsplätze sichern, als ein Flugplatz, den die Landesregierungen auf die schiefe Ebene geschoben haben und der im Begriff ist, weiter abzuschmieren. Zuerst sollte jedoch nochmals durch ein solides Unternehmen versucht werden, den Hahn aus den Turbulenzen zu holen und das Angebot attraktiver zu gestalten, um so wieder mehr Passagiere in den Hunsrück zu locken und zusätzliche Frachtunternehmen an den Flughafen zu binden, der zumindest über Autobahn und Bundesstraße gut erreichbar ist. Im Winter wäre es nützlich, wenn ab und zu ein Streufahrzeug auftauchen würde, damit man von Worms nach Hahn – gerade mal 100 km – nicht drei Stunden benötigt! Leider fehlt eine Schienenverbindung.

Zahlreiche Personen stehen in einer Warteschlange vor der Sicherheitskontrolle. Der Raum wirkt modern und ist gut beleuchtet.
Vier Millionen Passagiere pro Jahr – das ist schon lange Geschichte. Eine Million Fluggäste pro Jahr ist deutlich zu wenig. So ist es kein Wunder, dass ein Terminal nicht benötigt wird und insgesamt viele Läden leer stehen. (Bild: Ulsamer)

Der Hahn darf nicht länger ein Wanderpokal sein! Es muss gelingen, die ursprünglich von der Politik gemachten Fehler auszubügeln. Damit schließt sich ein (Teil-) Verkauf an eine Firma des russischen Großunternehmers Charitonin von selbst aus, denn es würden nur neue Unwägbarkeiten auftauchen, der Hahn könnte auf der schiefen Ebene weiter abrutschen. Dies ist weder der Belegschaft des Flughafens noch den Familienunternehmen zuzumuten, die sich im Umfeld engagiert haben, noch dem Steuerzahler, dessen Geld 30 Jahre von SPD-geführten Landesregierungen eifrig verpulvert wurde. Der ‚Hahn‘ ist sicherlich nicht über Nacht vom politisch vernachlässigten Regionalflughafen zum Airport mit geopolitischer Bedeutung mutiert, doch deutsche Flughäfen gehören nicht in die Hände chinesischer oder russischer Unternehmen!

 

Eine Gangway zum Besteigen von Flugzeugen steht alleine auf dem Vorplatz. Aufschrift der schrägen Treppe: 'frankfurt Hahn airport'.
Als ich diese Gangway in Hahn sah, fiel mir der Song von Led Zeppelin ein: Stairway to Heaven. Interpretationen zum Liedtext gibt es viele, doch eines ist klar: Frankfurt-Hahn braucht einen Neustart und die Hoffnung, die Robert Plant, der Leadsänger von Led Zeppelin, in seinem „song of hope“ ausdrücken wollte.

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