Bäche, Flüsse, Seen und Tümpel sind ein kostbarer Schatz
Wenn es heiß wird im Land und der Regen ausbleibt, dann fehlt Wildtieren, Pflanzen und zunehmend auch uns Menschen und unseren sogenannten Nutztieren das Wasser. Lange, zu lange haben viele Bürger in Mitteleuropa geglaubt, dass Dürren und Wasserknappheit nur andere Regionen betreffen würden. Doch die letzten Jahre haben allen gezeigt, dass Durchschnittswerte die Realität nur unzureichend abbilden, denn ein sintflutartiger Starkregen hin und wieder sorgt nicht für das Auffüllen der Grundwasserkörper und hilft weder Bauern, Forstleuten noch Tieren und Pflanzen. Der Regen ergießt sich nach Hitzewochen auf einen knüppelharten Boden und schießt als Sturzflut mit teils katastrophalen Folgen zu Tale. Nach der Überschwemmung ist vor der nächsten Dürre! Wir müssen daher mehr für unsere Bäche und Flüsse tun, sie wieder naturnäher gestalten, Seen, Tümpel und Weiher schützen, Moore und Vernässungen wo immer möglich renaturieren. Jahrzehnte wurde mit großem Ehrgeiz daran gearbeitet, Flüsse in ein immer engeres Korsett zu zwängen, sie für Schifffahrt und Energiegewinnung zu zähmen oder Platz für Gewerbeansiedlungen und Wohngebiete zu schaffen, und dabei sind Auwälder und weitere Überflutungsflächen verlorengegangen. Regenwasser wurde aus den land- und forstwirtschaftlichen Flächen abgeleitet und in den Städten in unterirdische Kanäle verbannt. Und wenn jetzt sogar in Deutschland Stürme Staubwolken vor sich hertreiben, oder gar Tornados entstehen, wenn Starkregen den Boden wegschwemmt, und die Entnahme von Flusswasser verboten werden muss, dann läuten hoffentlich alle Alarmglocken.
Frühere Fehler beheben
In Deutschland fehlt es im Bund und in den Ländern bis heute an einer abgestimmten Strategie zur Sicherung und Nutzung der kostbaren Ressource Wasser. Zumindest befindet sich im Bund eine Wasserstrategie in der Ressortabstimmung, und die Länder basteln an eigenen Plänen. Doch es kommt nicht auf die Theorie an, sondern auf die praktische Umsetzung. Jahrzehntelang waren Flüsse und Bäche bessere Abwasserleiter, diese Zeit liegt zum Glück hinter uns. Aber noch immer werden Gewässer nicht durchgängig als schützenswerte Geschenke der Natur betrachtet, ohne die das Leben von Menschen, Tieren und Pflanzen nicht möglich ist. Dämme, Schleusen, Verbauungen aller Art machen es Flüssen schwer, unsere Landschaft zu bereichern, und wo mäandern Bäche noch durch Ackerfluren? Und werden begleitet von Rändern aus Hecken, Büschen und Bäumen? Tümpel wurden als störende Elemente zugeschüttet, um großflächige Feldfluren zu schaffen, und Vernässungen wurden trockengelegt, um Grünland auszuweiten oder im Forst an ihrer Stelle Lagerflächen für das eingeschlagene Holz zu schottern. Und noch immer gelangt zu viel Gülle in unsere Gewässer. Es macht wenig Sinn, im Rückblick zu verharren und Fehler vergangener Amtsperioden in Politik und Verwaltung zu beklagen. Wir müssen nach vorne schauen und retten, was noch zu retten ist.
Erschreckend ist es für mich, dass so mancher Zeitgenosse tatsächlich immer noch nicht vernommen hat, was die Glocke schlug. Kaum taucht ein Biber auf und kreiert mit seinen Dammbauten neue Wasserflächen im aufgestauten Bach, da beginnt das Wehklagen. Ich verstehe jeden aufgebrachten Waldbesitzer oder Obstanbauer, der seine Bäume gefällt im Bach liegen sieht, doch mit Zäunen und Drahtgeflechten an schützenswerten Bäumen lässt sich schlimmeres vermeiden. Ich habe aber auch Landwirte getroffen, die laut über eine unter Wasser gesetzte Wiese jammerten, die sie zuvor kaum nutzten, weil der Boden zu feucht war. EU-Gelder, die noch immer für Flächensubventionen ohne jeden Nutzen für Gesellschaft und Natur verschleudert werden, müssten längst für ökologische Maßnahmen genutzt werden. Wenn Biber für uns Wasserflächen schaffen und damit auch zum Hochwasserschutz und zum Ausgleich in Hitzeperioden ohne Niederschlag beitragen, dann sollte für ‚geschädigte‘ Flächennutzer ein finanzieller Ausgleich angeboten werden, denn Biber helfen uns bei einer ökologischen Wasserwirtschaft! Biber ermöglichen mit ihren Dämmen neue Auen, Landschaftselemente, die vom Menschen überwiegend zerstört wurden. Wir brauchen dringend mehr und nicht weniger Wasserflächen!
Verteilung des Mangels droht
Wasser wird in Zukunft immer knapper und teurer werden, auch in deutschen Landen. Der Klimawandel klopft nicht zaghaft an unsere Tür, sondern hat diese längst aufgestoßen und schickt uns heiße Grüße und hin und wieder eine kalte Dusche. Meine Befürchtungen konzentrieren sich nicht auf heiße Tage durch die Erderwärmung, sondern auf den Mangel an frischem Süßwasser. Hitzeperioden lassen sich überbrücken, solange ausreichend Trinkwasser vorhanden ist, doch bereits jetzt zeigen sich Engpässe bei der Versorgung mit Wasser für den menschlichen Verbrauch, aber auch für die Tierhaltung und den Pflanzenanbau. Noch schlechter geht es den Wildtieren, denen der Mensch den Zugang zum lebenserhaltenden Wasser erschwert hat. Selbst Brunnen in Städten und Dörfern sind zumeist künstlerisch gestaltet oder stehen unter Denkmalschutz, für Igel und Feldhase, für Vögel und Insekten dagegen werden sie eher zur Todesfalle. Nicht nur in landwirtschaftlichen Bereichen sind Tümpel und Vernässungen selten geworden, auch in Parks und privaten Gärten fehlen vielfach Wasserstellen für Wildtiere.
In der Zukunft droht eine Verteilung des Mangels, auch wenn dies zahlreiche Politiker noch nicht wahrhaben wollen, sondern betonen, die Versorgung mit Trinkwasser sei gesichert. Das stimmt zweifellos – für heute. Doch Schönreden bei drohender Wasserknappheit hilft nichts, sondern erinnert mich an den CDU-Sozialminister Norbert Blüm, der 1986 im Wahlkampf bzw. 1997 im Deutschen Bundestag verkündete „Die Rente ist sicher“. Plakative Sprüche helfen weder Rentnern, die am Existenzminimum dahinvegetieren und am Tafelladen anstehen, noch den Wassernutzern, bei denen es in der Zukunft vielleicht nur aus dem Hahn tröpfeln könnte. Nun bin ich in Deutschland von Wasserengpässen dank eines ausgebauten Netzes und erklecklicher Zahlungen für Trinkwasser, Abwasser und die Einleitung von Regenwasser bisher verschont geblieben, doch bereits in Irland erlebten wir, was es heißt, wenn kein Wasser aus der Leitung kommt. Dort liegt es auch an einem maroden Netz und der Tatsache, dass Privathaushalte keine Wassergebühren bezahlen, doch der reichliche Regen in bestimmten Monaten darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in anderen Perioden schnell zu Trockenstress für Mensch, Tier und Pflanzen kommen kann. Da wird dann schon mal Trinkwasser mit dem Tankwagen durchs Land gekarrt, denn wasserreiche Flüsse oder Seen sind Mangelware. Dies zeigt, dass es ohne eine umfassende Strategie und ein entsprechendes Management der Ressource Wasser nicht gehen wird. Aber auch Einzelfälle wie der Bau der Tesla-Fabrik im brandenburgischen Grünheide macht deutlich, dass die Ressource Wasser zu wenig Beachtung findet: In einer wasserarmen Region, die zum Teil Trinkwasser nach Berlin abgibt, eine Produktionsanlage zu bauen, die gewaltige Mengen an Brauchwasser schluckt, ist abwegig – und dennoch klatschten Bundes- und Landesregierung eifrig Beifall. Das Tesla-Werk wird mit 1,4 Mio. m³ Wasser so viel Wasser verbrauchen wie eine Stadt mit 40 000 Einwohnern! Elon Musk meinte zur Diskussion um die langfristige Wasserversorgung: „Diese Region hat so viel Wasser, schauen Sie sich um, finden Sie, es sieht hier nach Wüste aus?“ Von Musk dürfen wir vermutlich kein differenziertes Denken erwarten, doch von den Genehmigungsbehörden hätte ich dieses schon erwartet! Leider vergeblich.
Wasser ist Leben
Im irischen Kerry kommt dem Wasserreservoir, aus dem auch wir das kostbare Nass erhalten, zugute, dass ein höhergelegenes Moor in Trockenperioden langsam Wasser in den aufgestauten kleinen See abgibt. Moore sind eben – wie Flüsse, Bäche, Tümpel, Weiher und Seen – ein kostbarer Schatz! Moore bestehen bis zu 95 % aus Wasser, daher verglich sie bereits der Naturforscher Alexander von Humboldt mit riesigen Schwämmen. Und wie ein Schwamm, so können die Moore das Wasser auch wieder abgeben und tragen damit zum Wasserhaushalt in der jeweiligen Landschaft bei. Moore können bei starkem Regen bis zu einem Meter aufschwimmen und gewaltige Wassermassen binden. Noch immer allerdings werden auch in der EU Moore im schlimmsten Sinne des Wortes verheizt oder wandern in Säcke mit Gartenerde. Wer in der Politik über Umwelt- und Naturschutz palavert, der muss sich für einen umgehenden Stopp der Vernichtung weiterer Moorflächen einsetzen! In diesem Zusammenhang ist die geplante Einrichtung eines Biosphärengebiets in Oberschwaben zum Schutz der dortigen Moorflächen ausdrücklich begrüßenswert, wenn auch ‚nur‘ ein Leuchtturmprojekt. Die Renaturierung von früheren Moorgebieten durch Wiedervernässung ist nicht nur generell für den Wasserhaushalt wichtig, sondern beendet gleichzeitig das Freisetzen von CO2 und ermöglicht die Bindung weiteren Kohlenstoffs. Jede zusätzliche Vernässung fördert die Artenvielfalt in unserem Land und bietet Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Wasser ist Leben, was besonders für Tiere wie Frösche, Kröten oder Gelbbauchunken gilt, die ohne Tümpel und andere Stillgewässer keine Chance haben.
Nun aber wieder zurück zum menschlichen Nutzer: Wir alle können uns glücklich schätzen, dass wir das Wasser nicht im Eimer aus einem weit entfernten Brunnen oder einem trüben Wasserloch holen müssen. Die ständige Verfügbarkeit hat jedoch manche Mitbürger dazu verleitet, die Bedeutung des Trinkwassers als zentrale Ressource für unser Leben zu unterschätzen. Zwar haben die Haushalte in Deutschland in den zurückliegenden Jahren auch dank neuer Techniken Wasser eingespart, doch wir alle müssen über den Tag hinausdenken und die Politik dazu drängen, mehr zur Sicherung des Wassers zu tun, sei es an der Oberfläche, unterwegs oder als Grundwasser gespeichert. Trinkwasser „wird zu 70 Prozent aus Grund- und Quellwasser gewonnen“, so das Umweltbundesamt. „Zu 13 Prozent wird See-, Talsperren- oder Flusswasser direkt genutzt. Die übrigen 17 Prozent sind ein Mittelding: ursprünglich Oberflächenwasser, aber durch eine Bodenpassage oder Uferfiltration fast wie Grundwasser.“ Gefährdet wird unser Wasser nicht zuletzt durch Nitrat aus Gülle oder anderen Düngemitteln, und auch durch unsachgemäß entsorgte Arzneimittel, die in der Kläranlage nicht vollständig herausgefiltert werden können. Mikroplastik ist nicht nur in unseren Ozeanen, sondern auch in den Binnengewässern eine zunehmende Bedrohung. Die Aufbereitung des Trinkwassers wird durch eingetragene Schadstoffe oder Verunreinigungen natürlich teurer, das Oberflächenwasser genauso wie das Grundwasser.
Wasserreserven nachhaltig nutzen
Das Wasserdargebot ist ein Schlüsselbegriff, wobei ich mir die Einbeziehung zeitnaher Werte wünschen würde. Das Grund- und Oberflächenwasser, das potenziell genutzt werden könnte, wird mit Wasserdargebot bezeichnet, und wenn es um Entnahmen geht, wird häufig der Mittelwert der Jahre 1961 bis 1990 herangezogen: 188 Mrd. Kubikmeter scheint erstmal eine gewaltige Summe, doch in den Nachfolgejahren lagen die errechneten Werte meist deutlich darunter. 2003 lag das Wasserdargebot nach Angaben des Umweltbundesamts lediglich bei 99 Mrd. m³, 2018 bei 119 Mrd. m³. Im Zeichen des Klimawandels gehen die meisten Prognosen davon aus, dass der Bedarf an Trinkwasser zunimmt, das Angebot jedoch tendenziell geringer wird. Im Winter dürfte es eher mehr Regen als bisher geben, im Sommer dagegen weniger. Es ist wenig zielführend, wenn selbst das Umweltbundesamt heute noch von einem Wasserverbrauch in Deutschland von 24 Mrd. m³ ausgeht, der aus dem Jahr 2016 stammt und sich auf den Durchschnittswert des Wasserdargebot der Periode von 1961 bis 1990 bezieht. „Damit ist Deutschland ein wasserreiches Land“, so das Umweltbundesamt. Diese Aussage ist nicht falsch, aber aufbauend auf solche Uraltwerte kann keine Strategie für eine nachhaltige Wassernutzung im Zeichen der Erderwärmung erarbeitet bzw. umgesetzt werden. Die großen regionalen Unterschiede bei Regenmengen oder der durchschnittlichen Durchfeuchtung des Bodens lassen die Komplexität des Themas noch deutlicher werden. „Die Naturräume in Deutschland sind sehr unterschiedlich. Der Jahresniederschlag variiert in einer Größenordnung zwischen 450 und 2200 Litern pro Quadratmeter“, so Andreas Marx, zuständig am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung für den Dürremonitor gegenüber der Tagesschau. „Dazu kommt, dass wir sehr unterschiedliche Böden haben. Was sich 2021 aber gezeigt hat, war, dass man ungefähr ein halbes Jahr überdurchschnittlichen Niederschlag ohne Hitze braucht, um Dürre bis in größere Tiefen aufzulösen.“
Der Klimawandel wird uns eine veränderte Welt bescheren, das ist schon mal sicher. Daher müssen wir einerseits die weitere Erderwärmung durch eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes begrenzen, uns aber andererseits besser auf Starkregen und Dürreperioden vorbereiten. Dem Schutz des Wassers kommt hier große Bedeutung zu. Und dies heißt auch, dass Bächen und Flüssen, Seen, Weihern, Tümpeln, Vernässungen und Mooren wieder mehr Raum zugebilligt werden muss. Nur wenn sie dank Überflutungsflächen oder Absorptionsfähigkeit die Fluten nach Starkregen aufnehmen können, werden sich menschliches Leid und materielle Schäden wie z. B. im Ahrtal vermeiden lassen. Wasser muss an möglichst zahlreichen Orten für die trockenen Tage und Wochen gespeichert werden. Wenn Fluten nur vorbeirauschen und ihre Zerstörungskraft zeigen, bringt dies auch wenig für den Grundwasserspiegel, der vom langsamen Einsickern lebt. In Dürrezeiten kommt es in der Zukunft auf jedes Rinnsal und jeden Tümpel an, und noch mehr auf naturnahe Flüsse, Bäche, Weiher und Seen, nicht zu vergessen Moore und Vernässungen. Süßwasser ist ein kostbarer Schatz, den wir alle gemeinsam schützen und so sparsam wie möglich nutzen müssen.
2 Antworten auf „Trinkwasser: Jeder Tropfen zählt“