Thomas Cook: Bundesregierung pennt, Steuerzahler müssen ran

EU-Vorgabe zur Insolvenzabsicherung wurde missachtet

Zwar habe ich seit Jahr und Tag keine Pauschalreise gebucht, dennoch verstehe ich den Wunsch vieler Mitmenschen, den entrichteten Reisepreis nach der Pleite von Thomas Cook erstattet zu bekommen. Ich halte es allerdings für abwegig, dass nun der Steuerzahler in Haftung genommen wird, weil die Bundesregierung von Union und SPD gepennt hat: Die EU hat per Verordnung vorgesehen, dass für Pauschalreisen vom Veranstalter eine Insolvenzversicherung abgeschlossen werden muss. Dort steht nichts von einer Obergrenze der Haftung, doch die Bundesregierung legte diese auf 110 Millionen Euro fest. Und bei einem Branchenriesen wie Thomas Cook reicht die durch die Zurich Versicherung abgedeckte Summe nicht aus. Dies ist aber weder einem Versagen von Thomas Cook noch der Versicherung zuzurechnen, sondern der Bundesregierung, die die EU-Vorgabe in eigenwilliger Weise interpretierte. Wen wundert’s? Wir bekommen ja auch beim Nitrat im Grundwasser Prügel von der EU, weil die Bundesregierung nur halbherzig und viel zu spät den Nitrateintrag eindämmt.

Blick auf den Hafen von Barcelona. Zwei Kreuzfahrtschiffe sind zu sehen. Blaues Meer und blauer Himmel.
Pauschalreisen können schön sein, wenn sie auch stattfinden. Die Bundesregierung hat es durch eine willkürliche Obergrenze für die Insolvenzhaftung bei solchen Reisen Thomas Cook erlaubt, eine Versicherung nur über 110 Millionen Euro abzuschließen. Und nun darf mal wieder der Steuerzahler für die Inkompetenz der Bundesregierung haften, wenn die Kunden ihr Geld zurückerhalten sollen. Blick auf den Hafen in Barcelona. (Bild: Ulsamer)

Die Steuerzahler übernehmen die Zeche

Wer im Dienstflieger unterwegs ist, der denkt vielleicht zu wenig an die harten Realitäten des Lebens. Dazu gehört es auch, finanzielle Risiken abzusichern. Allein die Rückholung gestrandeter Touristen soll 60 Millionen Euro gekostet haben. Damit wird noch klarer, dass willkürliche Höchstgrenzen für die Haftung im Pleitefall zu kurz greifen. Es ist mir schleierhaft, warum die Bundesregierung unter Angela Merkel eine solche Haftungsobergrenze einführte. Natürlich gönne ich es jedem, dass er sein Geld aus einer nicht erbrachten Reisebuchung zurückerhält. “Wir reden hier über Menschen, die zum Teil sehr lange auf einen wohlverdienten Urlaub gespart haben und deren Anzahlungen ansonsten größtenteils verloren wären“, so die SPD-Justizministerin Christine Lambrecht. Diese freundliche Geste bezahlen über ihre Steuern aber auch Mitmenschen, die sich selbst gar keinen Pauschalurlaub leisten können. Gerechtigkeit sieht für mich anders aus.

In einer Erklärung der Bundesregierung heißt es: „Das deutsche Reiserecht orientiert sich bei der Begrenzung der Kundengeldabsicherung an der Größe der bisher bekannten Insolvenzen von Reiseveranstaltern. Die Thomas-Cook-Pleite sprengt diesen Rahmen bei weitem.” Das erinnert mich an das Finanzdesaster 2008, da hatte auch kein führender Politiker die Gefahren eines überhitzten Finanzmarkts erkennen wollen. Der Steuerzahler wurde dann für die Bankenrettung zur Kasse gebeten. Bis heute zahlen wir über die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) die Zeche für Spekulanten und Pleitiers. Völlig lächerlich ist es, wenn Olaf Scholz, der SPD-Bundesfinanzminister, jetzt eine Steuer auf Aktienkäufe erheben will, die gerade auch Kleinanleger treffen wird. Den Billionen-Derivate-Markt lässt er außer Acht, obwohl dort deutlich größere Gefahren drohen. Aber Scholz beschäftigt sich lieber mit der Einführung einer Pflicht für Kassenbons für jedes gekaufte Brötchen!

Tweet des Bundesjustizministeriums mit der Zusage, dass die Bundesregierung den verbleiebenden Schaden der Thomas Cook-Pleite trägt.
„Die Bundesregierung ersetzt Schäden” aus Buchungen beim Reiseunternehmen Thomas Cook, die nicht durch die Zurich Versicherung abgedeckt sind. So die Mitteilung des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz. Warum gibt es hier eine Kluft? Ganz einfach: Die Bundesregierung hat durch eine Haftungsobergrenze einen ausreichenden Versicherungsschutz verhindert. Thomas Cook hat sich somit an die rechtlichen Vorgaben gehalten, und wir Steuerzahler dürfen die Zeche übernehmen! (Bild: Screenshot, Twitter, 11.12.19)

Traurige Inkompetenz

„Kundinnen und Kunden sollen nicht auf den Schäden sitzenbleiben, die ihnen durch die Insolvenz des Reiseveranstalters Thomas Cook entstanden sind. Schäden, die nicht von anderer Seite ausgeglichen werden, wird der Bund ersetzen“, so heißt es weiter in einer Pressemitteilung der Bundesregierung. Kein Wort dazu, dass wir Steuerzahler wieder mal die Dummen sind! Und dies wegen der Inkompetenz der Bundesregierung! Der Bundesregierung ist auch durchaus bewusst, dass sie den Karren in den Reisesumpf gefahren hat: „Nur so kann eine erhebliche Prozesslawine verhindert, eine konzentrierte Rechtsklärung vorangetrieben und am Ende der mögliche Schaden für den Steuerzahler so gering wie möglich gehalten werden.“ Noch geringer wäre der Schaden für uns Steuerbürger gewesen, wenn die Bundesregierung sich an der EU-Verordnung orientiert hätte, die keine Obergrenze für die Haftung im Insolvenzfall vorsieht.

Was machen eigentlich all die Politiker in dieser Bundesregierung, die sie tragenden Abgeordneten und die zuarbeitenden Beamten so den ganzen Tag? Wenn ein leitender Mitarbeiter in einem Unternehmen so arbeiten würde, dann würde er zur Rechenschaft gezogen. Ohne Obergrenze bei der Insolvenzversicherung wäre der einzelne Urlaub etwas teurer gewesen, doch dann müssten jetzt Versicherungen einspringen und nicht wir Steuerzahler. Es ist ein Trauerspiel, dass diese Bundesregierung noch nicht einmal simple wirtschaftliche Fragen zu beantworten weiß. Die Bundesregierung pennt beim Insolvenzschutz für Pauschalreisen und die Steuerzahler dürfen die Zeche in Höhe einiger Hundert Millionen Euro übernehmen. So moniert Reiner Holznagel, der Präsident des Bunds der Steuerzahler zurecht: „Ich warne davor, die Steuerzahler automatisch und ständig als Vollkaskoversicherung anzusehen.“ Die Inkompetenz ist geradezu handgreiflich spürbar. Wen wundert es da, wenn die Zustimmungswerte von CDU und SPD abgestürzt sind! So kommen die einstigen Volksparteien nicht mehr aus dem Keller. Daran ändern auch freudige Gesichter bei einigen Thomas Cook Kunden längerfristig nichts.

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert