Fake News aus den Amtsstuben der Herrschenden
Soziale Medien wie Facebook, Twitter oder Instagram geraten immer häufiger in Verruf: Sie gelten vielen als die Fake News-Produzenten par excellence. Aber bereits ein erster Blick in die gedruckten Medien, in so manche Radio- oder TV-Sendung belegt, dass Desinformation auch dort Hochkonjunktur hat. In meinem ersten Beitrag zu diesem Thema bin ich unter dem Titel ‘Wenn die Wahrheit unter die Räuber fällt’ auf einige gravierende publizistische Fehlgriffe eingegangen, die mich nachdenklicher gestimmt haben als Falschinformationen auf manchen Internetseiten. Wenn der ‚Spiegel‘ zugeben muss, dass sein Mitarbeiter Claas Relotius reihenweise Geschichten frei erfunden oder die Wirklichkeit nach eigenem Gutdünken verändert hat, dann erschüttert dies nicht nur die Glaubwürdigkeit des genannten Mediums, sondern schürt den Verdacht auch gegen andere Publikationen. Leicht schräg ist es für mich, dass nahezu gleichzeitig der ‚Stern‘ aus seinem größten journalistischen Fehltritt eine Werbeaktion macht: Die gefälschten Hitler-Tagebücher, die der ‚Stern‘ 1983 der Öffentlichkeit präsentierte, werden als Podcast-Reihe vermarktet. Und dann bekommt auch noch Robert Menasse vom Land Rheinland-Pfalz die Carl-Zuckmayer-Medaille verliehen, obwohl er es mit der historischen Wahrheit nicht so genau nimmt.
Doch die genannten Beispiele stehen nicht alleine, und es gibt noch deutlich dramatischere Entwicklungen in unserer Geschichte, die auf bewusster Desinformation beruhen bzw. beruhten. So gibt es bis heute Zweifel, ob Kaiser Nero Rom wirklich selbst angezündet hat, um ordentlich Platz für neue Paläste zu schaffen, oder ob es sich um frühe Fake News handelt. Ganz so weit möchte ich nicht zurückgehen, doch nicht wenige kriegerische Auseinandersetzungen wurden durch Fake News mit eingeleitet: Desinformation sollte die Kriegsschuld für alle Fälle beim Gegner abladen.
Eine Depesche als Startschuss für den Krieg
Reisen wir nach Bad Ems im Juli 1870. König Wilhelm von Preußen bekam auf der Kurpromenade Besuch vom französischen Botschafter Vincent Benedetti, der ihn im Namen des französischen Kaisers Napoleon III. drängte, Preußen müsse auf die Kandidatur eines Vertreters des Hauses Hohenzollern auf den spanischen Thron für immer verzichten. Zwar hatte Prinz Leopold schon unter französischem Druck auf den ihm offerierten spanischen Thron verzichtet, doch dies genügte der französischen Seite nicht, die nicht von zwei Seiten durch Hohenzollern-Abkömmlinge eingeengt sein wollte. König Wilhelm lehnte das Ansinnen von Napoleon III. höflich ab, war zu diesem Zeitpunkt über Leopolds Rückzieher aber noch nicht informiert gewesen. So weit so gut. Dann jedoch machte sich der Kanzler des Norddeutschen Bundes ans Werk. Otto von Bismarck überarbeitete die eigentliche Emser Depesche, die ihn über das Gespräch informierte, und heraus kam eine sehr spezielle Fake News: Der Kontakt wurde als schroff beschrieben und – wie vom König gewünscht – die Presse über das Treffen informiert.
Die französische Seite empfand die Veröffentlichung des Textes als Provokation. In deutschen Landen herrschte eher Begeisterung. Die Emser Depesche, bzw. das, was Bismarck daraus gemacht hatte, aber auch die veröffentlichte französische Übersetzung trugen zum deutsch-französischen Krieg bei. Am 19. Juli 1870 erklärte der französische Außenminister dem preußischen Botschafter, dass man sich im Kriegszustand befinde. Ausschlaggebend war mit Sicherheit nicht die Emser Depesche allein, doch war sie der letzte Tropfen, der das Gefäß des Unmuts zum Überlaufen brachte. Otto von Bismarck nutzte den deutsch-französischen Krieg, um die deutschen Teilstaaten zu einem Deutschen Reich unter Kaiser Wilhelm I. zusammenzuführen.
Zuspitzungen können zur Fake News führen
Wie schnell man mit dem Redigieren eines Textes Menschen auf die Palme jagen kann, beweist die Emser Depesche. Ein enger Mitarbeiter Bismarcks, Heinrich Abeken, brachte den mündlichen Bericht von König Wilhelm zu Papier und sandte diesen Text als Emser Depesche an Bismarck.
„Seine Majestät der König schreibt mir:
Graf Benedetti fing mich auf der Promenade ab, um auf zuletzt sehr zudringliche Art von mir zu verlangen, ich sollte ihn autorisiren, sofort zu telegraphiren, dass ich für alle Zukunft mich verpflichtete, niemals wieder meine Zustimmung zu geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Candidatur zurückkämen.
Ich wies ihn zuletzt, etwas ernst, zurück, da man à tout jamais dergleichen Engagements nicht nehmen dürfe noch könne.
Natürlich sagte ich ihm, dass ich noch nichts erhalten hätte und da er über Paris und Madrid früher benachrichtigt sei als ich, er wohl einsähe, dass mein Gouvernement wiederum außer Spiel sei.
Seine Majestät hat seitdem ein Schreiben des Fürsten bekommen.
Da Seine Majestät dem Grafen Benedetti gesagt, dass er Nachricht vom Fürsten erwarte, hat Allerhöchstderselbe, mit Rücksicht auf die obige Zumuthung, auf des Grafen Eulenburg und meinen Vortrag, beschlossen, den Grafen Benedetti nicht mehr zu empfangen, sondern ihm nur durch einen Adjutanten sagen zu lassen: dass Seine Majestät jetzt vom Fürsten die Bestätigung der Nachricht erhalten, die Benedetti aus Paris schon gehabt, und dem Botschafter nichts weiter zu sagen habe.
Seine Majestät stellt Eurer Excellenz anheim, ob nicht die neue Forderung Benedettis und ihre Zurückweisung sogleich, sowohl unsern Gesandten, als in der Presse mitgeteilt werden sollte.“
Soweit der Wortlaut der Emser Depeche.
Bismarck spitzte gerade auch durch Auslassungen den Text zu, ehe dieser der Presse übermittelt wurde.
„Nachdem die Nachrichten von der Entsagung des Erbprinzen von Hohenzollern der Kaiserlich Französischen Regierung von der Königlich Spanischen amtlich mitgeteilt worden sind, hat der Französische Botschafter in Ems an S. Maj. den König noch die Forderung gestellt, ihn zu autorisieren, dass er nach Paris telegraphiere, dass S. Maj. der König sich für alle Zukunft verpflichte, niemals wieder seine Zustimmung zu geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Kandidatur wieder zurückkommen sollten.
Seine Maj. der König hat es darauf abgelehnt, den Franz. Botschafter nochmals zu empfangen, und demselben durch den Adjutanten vom Dienst sagen lassen, dass S. Majestät dem Botschafter nichts weiter mitzuteilen habe.“
Aber nun legte auch die französische Nachrichtenagentur Havas bei der Übersetzung nach und machte aus der ‚Forderung‘ des Botschafters eine ‚Frage‘, was natürlich deutlich freundlicher Klang. Und aus dem höhergestellten Adjutanten des Königs wurde im Französischen gewissermaßen ein Hauptfeldwebel – obwohl wieder ‚adjutant‘ verwendet wurde.
Mit der Emser Depesche und ihren Auswirkungen wird deutlich, welches Gewicht einzelne Worte und Sätze bekommen können, das den inhaltlichen Ereignissen gar nicht zustehen würde. Redigieren und übersetzen kann aus einer sachgerechten Mitteilung zu einem politischen Ereignis sehr schnell eine Fake News machen. Die auf deutscher und französischer Seite an die Öffentlichkeit gegebenen Halbwahrheiten konnten nur auf fruchtbaren Boden fallen, weil bereits vorher das Feld bereitet worden war. Um so wichtiger ist es, dass benachbarte Völker – und nicht nur diese – eine Vertrauensbasis in guten Tagen bilden, an der dann Fake News abprallen. Damit wird auch nochmals unterstrichen, welche Bedeutung der deutsch-französischen Freundschaft und der europäischen Zusammenarbeit in heutiger Zeit zukommt.
Die ‚Dolchstoßlegende‘ – eine perfide Fehlinformation
Eine ganz besonders perfide Fake News, eine eindeutige Lüge, war die sogenannte ‚Dolchstoßlegende‘, die Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff nach dem Ende des Ersten Weltkriegs in die Welt setzten, um vom eigenen militärischen und politischen Versagen abzulenken.
Das Deutsche Reich wurde von Kaiser Wilhelm II. in den Ersten Weltkrieg geführt, und bis Herbst 1918 widersetzte sich die Oberste Heeresleitung der von Matthias Erzberger im Juli 1917 im Reichstag durchgesetzten Friedensresolution. Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff betrieben mit ihrer Halsstarrigkeit und Menschenverachtung die Fortsetzung eines Krieges, der längst verloren war und unsägliches Leid über Soldaten und Zivilisten brachte. Nicht zuletzt geht auch der uneingeschränkte U-Boot-Krieg auf Ludendorff zurück, der zum Kriegseintritt der USA führte. Als jedoch die Aussichtslosigkeit des Krieges selbst von den uniformierten Lametta-Trägern nicht mehr geleugnet werden konnte, da schoben sie dem Zivilisten und Zentrumspolitiker Matthias Erzberger den Schwarzen Peter zu.
Eine Perversion ist es, dass ausgerechnet die für die Kriegsführung verantwortlichen Militärs unter Feldmarschall Paul von Hindenburg Erzberger mit den Waffenstillstandsverhandlungen beauftragten: Die kriegslüsternen Mitglieder der Obersten Heeresleitung, die Friedensverhandlungen zu einem früheren Zeitpunkt ständig hintertrieben hatten, schoben nun die undankbare Aufgabe, den Waffenstillstand nach einem verlorenen Krieg zu unterzeichnen, einem demokratischen Politiker zu. Als Erzberger im Wald von Compiègne das Waffenstillstandsabkommen akzeptierte, unterschrieb er damit am 11. November 1918 gewissermaßen auch sein eigenes Todesurteil. Die nationalistischen Kräfte sahen in ihm ihren Hauptgegner, dem sie nach dem Leben trachteten.
Der mutige Erzberger wird feige attackiert
Die Nationalisten, Militaristen und Kaisertreuen hatten dabei den Vorteil, dass am 9. November in Berlin die Republik ausgerufen worden war und der Kaiser abgedankt hatte. „Auf diese Weise konnte sich die Oberste Heeresleitung heraushalten; später sagte man, daß der Waffenstillstand ja von Zivilisten, dazu noch von einem Zentrumspolitiker, unterzeichnet worden war“, so Gerhard Binder in seiner ‚Geschichte im Zeitalter der Weltkriege‘. Und der letzte kaiserliche Reichskanzler Max von Baden hatte die Regierungsgeschäfte bereits dem Vorsitzenden der SPD, Friedrich Ebert, übertragen. Etwas überspitzt könnte man sagen, die Militärs und der Adel hatten sich vom Acker gemacht und überließen es dem Lehrer von der Schwäbischen Alb, Matthias Erzberger, und dem gelernten Sattlergesellen, Friedrich Ebert, den Waffenstillstand zu unterschreiben und Deutschland durch eine turbulente Zeit zu führen.
Die Unterschrift Erzbergers unter das unausweichliche Waffenstillstandspapier war die Geburtsstunde der Dolchstoßlegende. Dem zivilen Politiker Erzberger schoben rechtsnationale und militaristische Kreise die Schuld für den verlorenen Krieg unter. Das Heer sei, so die Lesart der rechtsextremistischen Gruppierungen, im Feld ungeschlagen gewesen und Erzberger und andere demokratische Politiker – wie Friedrich Ebert – hätten die Soldaten gewissermaßen aus dem Hinterhalt gemeuchelt.
Die Dolchstoß-Lüge
General Ludendorff und Feldmarschall Hindenburg hatten in den letzten Kriegstagen vehement auf ein sofortiges Ersuchen für einen Waffenstillstand gedrängt, mit der Betonung „daß unser Friedensangebot sofort hinausgeht“. Unterschrieben wurde dieses Telegramm von Paul von Hindenburg bereits am 1. Oktober 1918. Und so schreibt Gerhard Binder zurecht: „Die Militärs waren am Ende ihrer Weisheit. Jetzt sollten die Zivilisten herhalten.“ Als ersichtlich wurde, dass die Alliierten keine Verhandlungen führen würden, sondern eine bedingungslose Kapitulation forderten, schrieb Hindenburg: „Gelingt Durchführung dieser Punkte nicht, so wäre trotzdem abzuschließen.“ Aber die Militärführung versuchte alles, die Niederlage anderen – den demokratischen Kräften – in die Schuhe zu schieben, und dies gelang ihnen auch.
Zwar ist die „Dolchstoßlegende“ eine einzige Lüge, doch sie eignete sich damals zum Kampf gegen die demokratischen Kräfte. Mit dieser Fake News der besonders perfiden Art brachten sich die militärischen Führer aus der Schusslinie und machten so auch den Weg frei für die Zersetzung der Weimarer Republik, die vor 100 Jahren ihren demokratischen Weg begann. Erwin Teufel, der frühere CDU-Ministerpräsident in Baden-Württemberg schrieb dazu: „Und sie haben den Eindruck erweckt, als hätten demokratische Politiker die Niederlage im Krieg und auch den Versailler Vertrag zu verantworten. Die böse Dolchstoßlegende war geboren.“
Fake News am Beginn des Zweiten Weltkriegs
Die Dolchstoß-Lüge bereitete auch den Boden für den Niedergang der Weimarer Republik. Und der Miterfinder der ‚Dolchstoß-Legende‘, Feldmarschall Hindenburg wurde dann noch als Reichspräsident der Steigbügelhalter Adolf Hitlers.
Verbrecherische Regime trachten allenthalben danach, wenn auch aus taktischen Gründen, die Schuld an kriegerischen Auseinandersetzungen dem Gegner zuzuschieben. So versuchte Adolf Hitler in einer Rede vor dem Deutschen Reichstag am 1. September 1939 den Überfall auf Polen zu begründen: „Seit 5 Uhr 45 wird zurückgeschossen.“ Diese Aussage zielte auf Frankreich und das Vereinigte Königreich, die er mit seiner Falschaussage von einem Eingreifen auf der Seite Polens abhalten wollte. Die gleichgeschalteten Medien – Rundfunk und Tageszeitungen – verbreiteten diese Fake News, denn die Aggression ging, wie wir heute alle wissen, von deutschen Truppen aus. Vorangegangen waren auch verdeckte Einsätze von SS-Einheiten in polnischen Uniformen, deren Taten der polnischen Seite angelastet werden sollten.
Das verbrecherische Regime der Nationalsozialisten setzte die Medien zur Manipulation der Bürgerschaft ein und dehnte seine Schreckensherrschaft auch regional aus. Die Ermordung der jüdischen MitbürgerInnen, die Besetzung umliegender Staaten, der millionenfache Tod auf den Schlachtfeldern, die Ausbeutung von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern machte das perverse Denken und Handeln von Adolf Hitler und der Nationalsozialisten insgesamt überdeutlich. Die Gleichschaltung der Massenmedien zu Propagandainstrumenten gehört zum Wesenskern der verbrecherischen Ideologie des Nationalsozialismus.
Schauen wir von Deutschland aus nach Osten, dann erkennen wir schnell, dass wir dankbar sein dürfen, heute mit Polen, aber auch mit Tschechien oder der Slowakei, mit Ungarn und allen anderen Nachbarn eng zusammenarbeiten zu können. Und einzelne Irritationen in der Tagespolitik, die es immer wieder geben wird, dürfen uns niemals an der Freundschaft zweifeln lassen. Unter Freunden sitzt man Fake News nicht so leicht auf.
Die SED – Mitbegründer der Fake-News
“Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!” Diesen Satz sagte der damalige DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht am 15. Juni 1961 in einer Pressekonferenz. Leider handelte es sich dabei auch um eine Fake News, denn bereits am 13. August – also nur zwei Monate später – war es soweit: Das sozialistische Regime riegelte den Ostteil Berlins hermetisch ab und errichtete in den folgenden Wochen eine Mauer. Berlin und ganz Deutschland wurden nun noch brutaler geteilt!
Nicht nur ein Land wurde geteilt, sondern Städte und Gemeinden zerschnitten, Familien zerrissen. Und wer sich durch Mauern und Zäune auf fast 1400 km, durch über 250 Beobachtungstürme, 144 Bunker und 260 Hundelaufanlagen nicht stoppen ließ, der wurde unter Beschuss genommen. 150 bis 250 Menschen haben – je nach Quelle – an dieser Grenze den Tod gefunden, Tausende wurden abgefangen und wanderten ins Gefängnis
Als am 9. November 1989 die Mauer fiel, war die sozialistische DDR wirtschaftlich und politisch am Ende – und die Umwelt zerstört! Dank der Milliardenzahlungen der Steuerbürger aus alten und neuen Bundesländern – Solidaritätszuschlag! – konnte der größte Teil des SED-Unrats zwischenzeitlich beseitigt werden, doch die Herrschaft des Sozialismus hätte noch deutlicher politisch aufgearbeitet gehört. Ich habe Verständnis für die Forderung, die Nach-Wende-Zeit aufzuarbeiten, die z.B. Petra Köpping vehement in ihrem Buch ‚Integriert doch erst mal uns! Eine Streitschrift für den Osten’ erhebt. Dann sollten aber auch die DDR- Jahre intensiver durchforstet werden. Wichtige Arbeit dazu leistet die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Die Fake News-Küche brodelt
Die wenigen angesprochenen Beispiele machen deutlich, dass auch in Zeiten vor dem Aufkommen der sozialen Medien wie Twitter oder Facebook eifrig mit Fehlinformationen um politischen Einfluss gerungen wurde. Nicht selten kamen die Fake News direkt aus den Amtszimmern der Regierenden.
Im Jahre 2003 präsentierte der damalige US-Außenminister Colin Powell dem US-Sicherheitsrat eine Vielzahl von Fotos, Dokumenten, Telefonmitschnitten usw., um den Verdacht zu belegen, der Irak verfüge unter Saddam Hussein über Massenvernichtungswaffen. Seine Angaben standen zwar im Widerspruch zu den Erkenntnissen von UN-Inspektoren zur Rüstungskontrolle bzw. der Internationalen Atomenergie-Organisation, doch letztendlich dienten sie nur der politischen Vorbereitung für den Angriff auf den Irak. Kein Zweifel, das Regime Saddam Husseins war aggressiv, menschenverachtend und diktatorisch, doch nach dessen Niederwerfung ließen sich im gesamten Irak keine Spuren der Massenvernichtungswaffen finden. Zwei Jahre später zeigte Colin Powell, ein ehemaliger Vier-Sterne-General, Größe und entschuldigte sich für seine Darstellung: Auch er war dem vom eigenen Geheimdienst gelieferten Material aufgesessen: Fake News – par excellence.
Das Irak-Beispiel belegt erneut, dass die einflussreichsten Fake News nicht aus dem Blogger-Kämmerlein stammen, sondern aus Regierungszentralen. Im ersten Teil des Beitrags ‚Wenn die Wahrheit unter die Räuber fällt’ wurde gleichfalls deutlich, dass schwergewichtige Fake News von zentralen und eingeführten Medien verbreiteten werden – und Twitter und Facebook nicht alleine oder in besonderer Weise für Falsch- und Desinformation stehen.
In vielen Fällen habe ich den Eindruck, dass gerade Social Media in unseren Tagen dazu beitragen, Fake News auffliegen zu lassen. Wer die sozialen Medien und die angestammten Nachrichtenkanäle wie Hörfunk und TV, aber auch Zeitungen und Zeitschriften verantwortungsbewusst nutzt, der kann sich doch viel umfassender als in früheren Zeiten ein eigenes Bild unserer Welt machen. Und nicht vergessen dürfen wir dabei ein Zitat, das Otto von Bismarck zugeschrieben wird: „Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd.“
5 Antworten auf „Soziale Medien sind nicht die Erfinder der Desinformation“