Stadt Köln: Vorbildliches Verbot für Mähroboter bei Nacht
Im Grunde meines Herzens bin ich der Meinung, dass Mähroboter zu den sinnlosesten Erfindungen unserer Welt gehören, speziell, wenn sie quasi rund um die Uhr Rasenflächen auf militärischen Bürstenhaarschnitt trimmen. Igel, aber auch Eidechsen, Frösche oder Kröten und Insekten werden von den rotierenden Messern getötet oder schwer verletzt. Gerade in der Dämmerung oder gar bei Nacht geraten Igel unter die Mähroboter, weil sie bei Gefahr nicht das Weite suchen, sondern sich zu einer Kugel zusammenrollen. Gegen Mähroboter nutzen jedoch die Stacheln leider nichts. Vorbildlich hat die Stadt Köln mit einer Allgemeinverfügung gehandelt, die den Einsatz von Mährobotern in der Dämmerung und bei Nacht verbietet. Ich hoffe sehr, dass andere Kommunen ebenfalls den Kölner Weg beschreiten. Besser wäre es, Mähroboter gänzlich zu verbannen, aber zumindest in der Dämmerung und bei Nacht sollten sie ihr Unwesen nicht länger treiben dürfen. Natürlich bin ich mir bewusst, dass ein Nachtfahrverbot für Mähroboter nur ein Schritt für die Verbesserung des Igelschutzes sein kann, denn den stachligen Sympathieträgern fehlt es in unserer ausgeräumten Landschaft an Versteckmöglichkeiten in Hecken, es mangelt an Laubhaufen und Totholz für ein Winterquartier, im Zeichen des Insektensterbens verhungern zahlreiche Igel, und selbst zugängliche Wasserstellen sind in Stadt und Land rar geworden. So ist es kein Wunder, dass sich der bei uns beheimatete Westigel auf der Vorwarnliste der Roten Liste findet. Der Schutz der Igel muss in Deutschland deutlich verbessert werden!

Wenn Igel unter den Mähroboter geraten
Von Herstellern und Nutzern der Mähroboter wird immer wieder behauptet, die Geräte würden Igel erkennen, doch die Menschen, die sich um verletzte Igel kümmern, können ein trauriges Lied von den brutalen Verletzungen singen, die diesen von den rotierenden Messern zugefügt werden. Vielen stachligen Freunden ist nicht mehr zu helfen, zahllose verenden irgendwo, wenn sie sich noch von der Rasenfläche schleppen konnten. Ich habe ganz bewusst auf Fotos der grausamen Verstümmelungen verzichtet, die sich jedoch im Internet auf den Facebookseiten von Igelstationen und anderen Helferinnen und Helfern finden lassen. Die Stiftung Warentest hat mehrfach Mähroboter getestet und kam zu dem Schluss, dass diese Geräte weder Igeln noch anderen kleineren Gegenständen ausweichen: „Die meisten Rasenmähroboter erkennen einen simulierten liegenden Kinderarm nicht: Ihre Messer stoppen nicht, wenn ein mehrere Zentimeter dicker Stab aus Buchenholz unter den Roboter geschoben wird. Einige reagieren auch gar nicht oder zu spät bei der Fuß-Attrappe eines krabbelnden Kindes, einzelne ignorieren sogar einen stehenden Erwachsenenfuß.“ Die Ergebnisse der Stiftung Warentest decken sich mit einer Studie von Sophie Lund Rasmussen, die unter dem Titel ‚Wildlife Conservation at a Garden Level: The Effect of Robotic Lawn Mowers on European Hedgehogs (Erinaceus europaeus)‘ im Internet-Wissenschaftsjournal MDPI erschienen ist. Bei Tests mit tot aufgefundenen Igeln zeigte es sich, dass keiner der Mähroboter in der Lage war, junge Igel zu erkennen. Aber auch ausgewachsene Igel wurden erst nach Berührung als Hindernis erkannt, und dann dürfte es in den meisten Fällen bereits zu schwerwiegenden oder tödlichen Verletzungen gekommen sein.

Am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) werden Meldungen von Igeln wissenschaftlich ausgewertet, die Schnittverletzungen durch Mähroboter erlitten haben, und das Ergebnis ist erschreckend: „Wir gehen zudem von einer sehr hohen Dunkelziffer aus, da viele Tiere erst gar nicht gefunden bzw. gemeldet werden“, betonte Dr. Anne Berger vom Leibniz-IZW, die die Sammlung der Fälle wissenschaftlich begleitet, im Juni 2023. „Zudem berichten die Igelstationen, dass seit diesem Frühjahr ein Anstieg der Fälle um 30 bis 50 Prozent zu verzeichnen ist. Dies steht mutmaßlich mit den jährlich um 12 Prozent steigenden Absatzzahlen von Mährobotern in Zusammenhang.“ Selbst leichtere Schnittverletzungen können später zu schweren Entzündungen führen oder zur Ablage von Fliegeneiern in den Wunden. Wenn ein verletzter Igel nicht schnell genug Hilfe findet, ist es um ihn geschehen. „Die Verletzungen haben in den letzten Monaten ein Ausmaß angenommen, das viele Stationen physisch, psychisch und finanziell überfordert“, sagt Dr. Berger. „Nicht wenige stehen kurz vor der Aufgabe, wenn nicht von politischer Seite Unterstützung kommt.“ So viel zum vermeintlich problemlosen Einsatz von Mährobotern! Wer zu faul ist, seinen Rasen hin und wieder selbst zu mähen, oder schlicht keine Zeit hat, der sollte sich für eine Blühwiese entscheiden, die keinen Dauereinsatz von Mährobotern benötigt.

Igel leiden Hunger und Durst
Der deutliche Rückgang der Igelpopulation in Deutschland lässt sich auch an der Zahl überfahrener Igel ermitteln. Ein trauriges Kapitel der Welt, in der die Igel heute leben. So heißt es in der ‚Roten Liste‘ „Der Westigel war früher überall zahlreich vertreten. Langzeitzählungen überfahrener Igel in Bayern über einen Zeitraum von fast 40 Jahren (Reicholf 2015, LBV 2018) zeigen einen stetigen Rückgang der Funde auf etwa ein Fünftel der 1976 vorhandenen Bestände. Ob diese Entwicklung für das ganze Bundesgebiet gilt, ist nicht gesichert, weil vergleichbare Zählungen nicht vorliegen. Gelegenheitsbeobachtungen in Nordrhein-Westfalen deuten ebenfalls auf einen Rückgang des Westigels. Durch den zunehmenden Einsatz von Mährobotern werden Igel häufiger verletzt (LBV o.D.).“ Igel kommen nicht nur unter die unsinnigen Mähroboter oder werden überfahren, sondern sie verhungern in großer Zahl, weil es an Insekten fehlt. Insekten sind nun mal die Hauptnahrung der Igel, und deren Zahl ist dramatisch zurückgegangen, wie zahlreiche Studien belegen. Die Biomasse der Insekten hat sich um bis zu 75 % reduziert, wie der Entomologische Verein Krefeld in einer Langzeitstudie von 1989 bis 2016 feststellte. Mehr dazu in: ‚Insekten verlieren ihre Heimat. Schmetterlinge, Hummeln, Bienen und Käfer sind akut bedroht‘. Laufkäfer und ihre Larven schmecken den Igeln besonders gut, doch sie werden – wie wiederum Studien belegen – immer weniger. Fressen die Igel aus Hunger zu viele Schnecken und Regenwürmer, nehmen sie für sie schädliche Parasiten zu sich. Es fehlt aber nicht nur an Nahrung, sondern gleichfalls am Zugang zu trinkbarem Wasser. Künstlerisch gestaltete Brunnen bieten zwar einen netten Anblick, das Wasser ist allerdings für Igel und andere Wildtiere zumeist nicht erreichbar, und ein betoniertes Wasserbecken – ob Swimmingpool oder Wasserspiele – eignen sich nur zum Ertrinken. An unserem Vogelbecken und einer Hühnertränke drängeln sich bei Tag und Nacht die Tiere, seien es Vögel, Igel oder Steinmarder und Eichhörnchen. Weitere Infos hierzu finden Sie in meinem Beitrag ‚Wildtiere: Jede Pfütze zählt! Den Zugang zu Wasser erleichtern‘.

Wir bieten in unserem kleinen Vorstadtgärtchen rund ums Jahr Vögeln Futter und Wasser an, und dies tun wir ebenfalls für Igel in den Jahreszeiten, in denen sie unterwegs sind. Jede kleine Hilfe zählt, und so haben wir auch mit den Nachbarn vereinbart, einen Durchschlupf für Igel zwischen den Gärten zu schaffen. Zwei Igelhäuschen laden zum Überwintern oder als Versteck tagsüber ein. Letztendlich ist die negative Entwicklung nur zu stoppen, wenn wir den Lebensraum für Igel zielgerichtet erweitern. Auf landwirtschaftlichen Flächen braucht die Natur wieder Vorrang vor einer ständigen Effizienzsteigerung, die zu immer größeren Flächen ohne Hecken, Bauminseln oder Lesesteinhügel geführt hat. Die Förderung der EU-Landwirtschaft ist weiterhin eine grünlackierte Subventionsmaschine, bei der die kleinen bäuerlichen Betriebe ebenso unter die Räder geraten wie Insekten, Vögel und eben der Igel. Im urbanen Raum müssen wir auf naturnahe Gärten setzen, die trostlosen Schotterflächen, die mit Mährobotern oder anderem Gerät abrasierten Rasenstücke und die akkurat zurechtgeschnittenen ‚Hecken‘, sollten der Vergangenheit angehören. Mehr zum zunehmend trostlosen Dasein der Igel lesen Sie in meinem Artikel ‚Igel: Stacheln helfen nicht gegen Verlust des Lebensraums. Igelfreundliche Felder, Parks und Gärten sind wichtig‘, auf den ich an dieser Stelle gerne verweise.

Bei allen landwirtschaftlichen oder städtebaulichen Entscheidungen und Handlungen muss häufiger an den Igel und andere Wildtiere gedacht werden. Es reicht eben nicht, Igel als ‚niedliche‘ Stachler zu betrachten, sondern sie müssen auch dauerhaft ausreichenden Lebensraum und genügend Wasser und Insekten finden. Solange dies nicht gewährleistet ist, zählt jedes Schälchen mit Igelfutter bzw. Wasser. Das Letzte, was die bedrohten stacheligen Freunde in einer Situation größter Not benötigen, sind Mähroboter, die bei Tag und Nacht Rasenflächen zur Todeszone für Igel machen! Das Verbot der Stadt Köln, Mähroboter in der Dämmerung und bei Nacht fahren zu lassen, ist vorbildlich. Es ist an der Zeit, dass sich alle Kommunen anschließen, um das Leben von Igeln zu retten!

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Mähroboter laufen zum Teil rund um die Uhr und vor allem in der Dämmerung oder bei Nacht werden von den Schneidemessern Igel schwer verletzt oder getötet. (Bild: Ulsamer)