Vögeln fehlt es an Nahrung, Nistplätzen und Wasser
Die Bundesregierungen unter Angela Merkel (CDU) und Olaf Scholz (SPD) waren in Sachen Naturschutz Totalversager, wenn es um das praktische Handeln für Insekten und Vögel geht. Darüber können auch Sonntagsreden mit allerlei Versprechungen oder floskelhafte Konzepte zu Naturschutzthemen nicht hinwegtäuschen. Immer weniger Insekten summen durch unser Land, und der Frühling wird stiller, da der Vogelgesang verstummt. Im Sondierungspapier von Union und SPD, das für Koalitionsverhandlungen den Weg ebnete, kommt der Begriff ‚Natur‘ nicht ein einziges Mal vor, dafür aber die „Agrardiesel-Rückvergütung“, die wieder bezahlt werden soll. Bündnis90/Die Grünen machte sich zurecht für den Klimaschutz stark, der nun mit 100 Mrd. Euro aus dem größten Verschuldungspaket der bundesdeutschen Geschichte bedacht wird, doch die Grünen haben zumeist ihre Wurzeln im Naturschutz vergessen. Dazu mehr in meinem Beitrag ‚Bündnis 90/ Die Grünen: Die grüne Seele bei Natur- und Umweltschutz ist verwelkt‘. Das Verständnis für den Naturschutz ist aber auch bei den Unions-Politikern dahingeschmolzen, obwohl der ‚Naturschutz ein konservatives Anliegen‘ war, so der Titel meiner Zeitschrift ‚Perspektiven‘ aus dem Jahr 1983. Der damalige Bundespräsident Karl Carstens betonte in seinem Beitrag: „…in unserer eigenen Kultur finden wir eine Tradition, die einen freundlichen, ja, liebenden Umgang mit der Natur empfiehlt. Der mittelalterliche Ordensgründer Franz von Assisi hat dies sinnbildlich klargemacht, als er mit Vögeln und Fischen sprach und sie nicht als Beute, sondern als Freunde behandelte. Naturschutz, Liebe zur Natur und Freude an der Gestaltung ihrer Schönheit verbinden sich.“ Nun erwarte ich nicht, dass Politiker mit den Vögeln ‚sprechen‘, doch zumindest müssten sie hören, dass der Gesang der gefiederten Freunde leiser wird. Unseren Vögeln fehlen Insekten als Nahrung, Nistplätze und selbst Wasser ist nicht selten unerreichbar. Es handelt sich eindeutig um Politikversagen, wenn in Deutschland und der EU nicht tatkräftiger gegen die Ursachen des Vogelschwunds und des Insektensterbens vorgegangen wird.

Ohne Insekten scheitert Küken-Aufzucht
Natürlich bin ich mir bewusst, dass derzeit eine Unzahl schwerwiegender Probleme auf eine Lösung durch die Politik warten, und auch ein Politikertag hat nur 24 Stunden. Das ist aber keine Entschuldigung dafür, dass eine unverantwortliche EU-Subventionspolitik in der Landwirtschaft überjährige Blühstreifen oder Brachflächen zu einer Seltenheit werden ließ. So mancher eifrige Bauer pflügt seinen Acker bis unmittelbar zum asphaltierten Weg, da bleibt kein Platz für einen nistenden Vogel, noch nicht einmal für einige Ackerkräuter, die Nahrung für Insekten bieten könnten. Wer wie die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen (CDU) den Einsatz des Totalherbizids Glyphosat um zehn Jahre verlängert, der schaut bei der Zerstörung der Natur einfach weg. Zwar bestreitet die EU-Kommission im Gegensatz zu zahlreichen US-Gerichten, dass Glyphosat krebserregend sei, doch eines lässt sich nicht wegdiskutieren: Glyphosat tötet alle Pflanzen ab, die besprüht werden, wenn sie nicht zuvor gentechnisch verändert wurden. Nur die resistente, genmanipulierte Feldfrucht überlebt in Monokulturen, Wildblumen und Wildkräuter dagegen haben das Nachsehen und werden abgetötet. Mit den fehlenden Kräutern und Wildblumen verringert sich die pflanzliche Vielfalt, Insekten finden keine Nahrung und dem Regenwurm knurrt auch der Magen auf Feldern, die vor der Einsaat restlos abgeräumt und anschließend noch mit Glyphosat ‚behandelt‘ werden. Unter einem Green Deal habe ich mir etwas anderes vorgestellt, doch wo Ursula von der Leyen und ihresgleichen schalten und walten, geht es der Natur weiterhin an den Kragen. Fehlen Insekten, dann können die meisten Vögel ganz folgerichtig ihre Küken oder sich selbst nicht mehr ernähren. Weitere Informationen finden Sie in meinem Beitrag ‚EU: Green Deal im Glyphosatnebel verschollen. EU-Kommission hat kein Herz für Insekten und Wildkräuter‘. Nicht übersehen dürfen wir, dass mit der grünlackierten Subventionsmaschine der EU nicht nur das Insektensterben und der Vogelschwund beschleunigt werden, sondern in gleichem Maße das Höfesterben voranschreitet. Kleinere Familienbetriebe sterben ebenso wie die Wildtiere auf den Agrarflächen, doch das scheint die Politiker wenig zu stören.

Der Vogelbestand wird geringer, was zahlreiche Studien belegen, und darüber kann nicht hinwegtäuschen, dass es einzelnen Arten wie den Störchen beispielsweise besser geht oder im Zuge des Klimawandels Zuwanderer wie der Silberreiher eine neue Vielfalt vorspiegeln. Gerade den Vögeln, die früher in hohen Zahlen in unserer Landschaft zu sehen waren, geht es schlecht. Den dramatischen Schwund an Vögeln in der EU und dem Vereinigten Königreich belegt eine Studie, die in ‚Ecology and Evolution‘ veröffentlicht wurde: Innerhalb von vier Jahrzehnten ging die Vogelpopulation um 600 Millionen Individuen zurück. Selbst frühere ‚Allerweltsvögel‘ wie der Star oder der Sperling sind betroffen. Weitere Details zu diesem Thema lesen Sie in meinem Artikel ‚600 Millionen Vögel weniger in Europa. Vögeln geht die Nahrung aus‘. Die Erkenntnisse von Fiona Burns und ihren Mitautoren spiegelt sich auch in der ‚Roten Liste‘ wider: „Rund 43 Prozent der 259 regelmäßig in Deutschland brütenden einheimischen Vogelarten wurden in eine der Gefährdungskategorien der neuen Roten Liste eingestuft“, berichtet das Rote-Liste-Zentrum. Besonders stark sind die Rückgänge der Vögel auf landwirtschaftlichen Flächen, denn dort fehlen zunehmend Nistmöglichkeiten und Nahrung. So kam die im US-Journal ‚Proceedings of the National Academy of Sciences‘ (PNAS) von Ivette Perfecto u. a. veröffentlichte Studie zu dem Schluss „Farmland practices are driving bird population decline across Europe“. Auf das katastrophale Insektensterben folgt nahezu zwangsläufig das Siechtum der Vögel, denn sie benötigen vor allem für die Aufzucht ihrer Küken Insekten, Larven und Spinnen.

Zugang zu Wasser lebenswichtig
In städtischen Quartieren bieten Gärten und Parkanlagen oder auch Alleebäume kleine Refugien für Vögel und Insekten, allerdings nur, wenn sie naturnah genutzt und nicht als monotone Schotterwüste verunstaltet oder mit einem unaufhaltsam kreisenden Mähroboter auf Streichholzlänge zusammengeschnitten werden. Mähroboter halten Grünflächen meist so kurz, dass sich kein Blümlein entfalten kann und daher für Insekten keine Nahrung zu finden ist. Für Insekten, Amphibien und Igel sind Mähroboter eine tödliche Gefahr. Auf dieses traurige Thema bin ich in meinem Blog-Beitrag ‚Schützt die Igel vor den Mährobotern! Stadt Köln: Vorbildliches Verbot für Mähroboter bei Nacht‘ eingegangen. Manch eine Brachfläche auf einem unbebauten Grundstück entwickelt sich zu einem kleinen Paradies für Insekten und Vögel oder andere Wildtiere, doch nicht wenige Kommunalpolitiker wollen solche ‚Lücken‘ unter Zwang schließen. Einer von ihnen ist der Ex-Grüne und Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, während Klimaforscher mehr Bäume und Überschwemmungsflächen in den ‚Schwammstädten‘ als notwendig ansehen. Die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, Andrea Gebhard, liebäugelt in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung damit, den „Neubau von Einfamilienhäusern zu verbieten“. Geht’s mit einer flotten Rolle rückwärts in die Wohnmaschine von Le Corbusier, eine Trabantenstadt nach dem Geschmack von Olaf Scholz oder gleich in die DDR-Plattenbauten? Diese Frage ist auch für Insekten und Vögel oder andere Wildtiere interessant, denn vielfach ist ein Garten am Haus der letzte Rückzugsraum mit Blüten, die Nektar, Pollen und einen Nistplatz für Wildbienen und Vögel bieten. Im Umfeld von Wohnanlagen sind mir dagegen zumeist pflegeleichter Rasen und einige zurechtgestutzte Büsche aufgefallen. Weitere Informationen zu fragwürdigen Entwicklungen beim Städtebau finden Sie in ‚Murks in der Wohnungsbaupolitik. Leerstand besser nutzen‘.

Zunehmend fehlt es den Vögeln nicht nur an Insekten oder Sämereien, sondern gleichermaßen am Zugang zu Wasser. In Stadt und Land gibt es viele Brunnen und Wasserspiele, die zwar architektonisch oder künstlerisch interessant sein mögen, als historischer Wasserspeier gar unter Denkmalschutz stehen könnte, doch gerade Vögel haben keine Chance, ihren Durst zu stillen. In Städten und Gemeinden ist es höchste Zeit, die Zugänglichkeit von Brunnen für Wildtiere zu verbessern. Dürreperioden nehmen zu, und umso wichtiger ist es, dass die gefiederten Freunde auf Straßen und Plätzen, in Parks oder Grünanlagen, aber auch in privaten Gärten mehr Wasserstellen finden. Verdolte Bäche oder trockengelegte Vernässungen haben den Vögeln ihre natürlichen Wasserquellen genommen, daher müssen wir Menschen helfen, denn ansonsten werden wir immer seltener das Zwitschern der Vögel hören. Mehr dazu in: ‚Unsere gefiederten Freunde leiden Durst. ‚Schöne‘ Brunnen nutzen Vögeln wenig‘. Im ländlichen Raum sieht es meist nicht besser aus, denn Tümpel wurden zugeschüttet und Regenwasser wird von landwirtschaftlichen Flächen und im Forst möglichst schnell abgeleitet. In den zurückliegenden 50 Jahren sind 75 % der Kleingewässer in Deutschland verschwunden und mit ihnen viele Tiere und Pflanzen. Ergänzende Informationen finden Sie in meinem Artikel ‚Von Pfützen, Tümpeln, Weihern und Seen. Die kleinen Paradiese sind bedroht‘. Kröten, Frösche, Molche oder Libellen fehlt der Lebensraum, und gerade in Dürreperioden finden viele Tiere – wie Insekten, Vögel, Igel oder Eichhörnchen – keine Wasserstelle mehr. Auf Flurbereinigungen, die zu einer ausgeräumten Landschaft – ohne Hecken, Steinmauern und Gebüschinseln – beitrugen, folgte eine immer stärkere Intensivierung der Landwirtschaft. Ihr fielen zahllose Tümpel, Weiher, Teiche und kleine Seen, aber auch vernässte Wiesen und Moore zum Opfer. Angesichts des Klimawandels mit längeren Hitze- und Dürreperioden bekommen Kleingewässer eine noch größere Bedeutung, die lokal zu einem ausgeglicheneren Wasserhaushalt beitragen können. Wir müssen die noch vorhandenen Wasserflächen sichern, wo immer es geht, frühere Tümpel oder Weiher renaturieren und neue Seen oder Teiche anlegen. Jede sachgerechte Chance sollte genutzt werden, um mehr Gewässer in unserem Land zu schaffen und z. B. Bächen wieder mehr Freiraum zu lassen. Unsere Landschaft muss wieder vielfältiger werden! Das ist im Sinne von uns Menschen und den Wildtieren.

Dramatischer Vogelschwund
„Die Populationen von Vögeln im Agrar- und Offenland sind in knapp 40 Jahren um mehr als die Hälfte zurückgegangen“, so der 2024 von Christian Wirth, Helge Bruelheide, Nina Farwig, Jori Maylin Marx und Josef Settele herausgegebene ‚Faktencheck Artenvielfalt‘, der die Gefährdung von Tieren und Pflanzen in Deutschland beschreibt. Das ist im Grunde nicht neu, doch diese Studie zeigt in bedrückender Weise einmal mehr, dass es bisher keine Trendwende in Sachen Natur in unserem Land gibt. Dass sich Vögel mit der Aufzucht ihrer Küken schwertun, ist nicht verwunderlich, denn die Biomasse der Insekten hat sich von 1989 bis 2016 um bis zu 75 % reduziert, wie der Entomologische Verein Krefeld in einer Langzeitstudie erkannte. Auch in den Nachfolgejahren war keine Besserung festzustellen. Schwebfliegen haben sich – nach Beobachtungen der Forschungsstation Randecker Maar auf der Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg – in einem halben Jahrhundert um 97 % reduziert, da ist der Tisch für Vögel immer ärmlicher gedeckt! Weiterhin habe ich den Eindruck, dass die Politik nicht den Mut aufbringt, beherzt dem Schwinden der Biodiversität entgegenzutreten. Auf diese traurige Entwicklung bin ich bereits mehrfach eingegangen, u. a. in meinem Beitrag ‚Tieren und Pflanzen beim Aussterben zusehen? Rote Listen: Die Biodiversität schmilzt dahin‘.

Wir bieten ganzjährig Futter und Wasser für Vögel und andere Wildtiere in unserem kleinen Gärtchen an, wie viele andere Vogelfreunde ebenfalls. Das ist wichtig für die Stärkung der Vogelpopulationen. Eine generelle Verbesserung der Situation allerdings lässt sich nur erreichen, wenn wir die Landnutzung in allen Bereichen naturnäher gestalten. Bisher lassen sich jedoch kaum Tendenzen zu Naturnähe und Nachhaltigkeit erkennen, obwohl diese nicht nur von den Naturschutzverbänden eingefordert wird. Die EU-Agrarförderung bleibt eine grünlackierte Geldverteilmaschine, die Subventionen in großem Maße nach der Fläche verteilt, auch wenn damit Insekten, Vögel, der Reichtum an Pflanzen und die Natur insgesamt unter den Pflug geraten. EU-Förderung darf es zukünftig nur noch für Landwirte geben, deren Arbeitsweise Natur und Umwelt zugutekommt. Im Städtebau und bei Verkehrswegen hat sich gleichfalls die Erkenntnis zu wenig durchgesetzt, dass die Minimierung negativer Einflüsse auf die Natur Priorität haben muss.

Wir müssen den Rückgang der Biodiversität stoppen, denn das Artensterben ist mindestens so dramatisch für uns Menschen wie der Klimawandel. Der Vogelschwund lässt sich mit Sicherheit nur bremsen, wenn die gefiederten Freunde wieder mehr Insekten für sich selbst und die Aufzucht der Küken fangen können. Samen von Wildpflanzen kommt eine große Bedeutung zu, und natürlich muss der Zugang zu Wasser erleichtert werden. Dazuhin brauchen Vögel ein Plätzchen für den Nestbau in Hecken, auf Bäumen, an Gebäuden, in wilden Gärten oder Parks, auf Brachflächen, im Moor oder an Gewässern usw. Vögel sind zumeist nicht sonderlich anspruchsvoll und können im Umfeld von uns Menschen überleben, wenn wir ihnen etwas Freiraum zubilligen. Es ist an uns Natur- und Vogelfreunden, die Politiker anzutreiben, damit sie, statt Sonntagsreden über Biodiversität zu halten, endlich handeln und diese schützen! Vögel haben ein Lebensrecht, welches es zu verteidigen gilt, ansonsten wird ihr Zwitschern an immer weniger Orten zu hören sein! Der andauernde Rückgang der Vogelpopulationen ist eine Folge des Politikversagens in Deutschland und der EU.

Zum Beitragsbild
Amsel & Co. können schon froh sein, wenn sie in unserer ausgeräumten und zubetonierten Landschaft noch ein Plätzchen für den Nestbau finden. Weitere Informationen finden Sie hierzu in meinem Blog-Beitrag ‚Unseren Spatzen fehlen Nistplätze, Sämereien und Insekten. Der Sperling ist längst kein Allerweltsvogel mehr‘. (Bild: Ulsamer)
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Ich bin es so leid, in unserem Reihenhausviertel die letzten Bäume verschwinden zu sehen. Versuche, und sogar Anzeigen gegen eine verbotene Fällung nutzen nichts. Und Wiederaufforstung im privaten Raum kennt man in meiner Stadt wohl nicht.
Neubauviertel werden grundsätzlich in Schotterwüsten verwandelt.
Ich bin es so satt !
Es muß ein Gesetz her, was der Begriff ´ Garten ´ bedeutet und Bestimmungen, was in diesen hineingehört.
Bitte werdet tätig !
Liebe Grüße Renate Gerhards