Die SPD blinkt links und rechts gleichzeitig
Was ich mir bisher wirklich nicht vorstellen konnte: eine Partei straft einen ihrer führenden Politiker bei der Wahl zum Parteichef deutlich ab und hebt ihn dann als Kanzler-Kandidaten auf den Schild! Darauf konnte eigentlich nur die SPD kommen, die sich mit Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ein zweitklassiges Duo als Parteivorsitzende auserkoren und nun ausgerechnet Olaf Scholz als Spitzenmann für die Bundestagswahl 2021 wieder aus der Versenkung geholt hat. Wie soll denn das zusammenpassen? Zwei linksorientierte Parteivorsitzende, die gerne mal mit Hilfe der Linken und der Grünen weiterregieren wollen, und ein amtierender Bundesfinanzminister, der bisher nie nach links geblinkt hat und eher ein SPD-Zerrbild von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgibt. „Bazooka“-Olaf, der die Corona-Wirtschaftskrise mit panzerbrechenden Waffen angehen will, aber in seiner Zeit als Hamburgs Erstem Bürgermeister den Schwarzen Block beim G20-Gipfel nicht am Plündern hindern konnte, ausgerechnet ihn als Spitzenmann für den SPD-Wahlkampf auszusuchen, das kommt schon parteipolitischer Schizophrenie nahe!

Links blinken, rechts fahren?
Die SPD-Gremien haben vermutlich nur auf die Beliebtheitsskala deutscher Politiker gelinst, und da steht Olaf Scholz – warum auch immer – hinter Angela Merkel und Jens Spahn auf Platz drei. Ganz ehrlich, da schüttle ich nicht nur bei Olaf Scholz den Kopf, aber Demoskopen müssen es ja wissen! Wenn es um die Macht geht, scheint das SPD-Herz plötzlich nicht mehr links zu schlagen, und ausgerechnet Esken und Walter-Borjans, zwei weitere Sargnägel der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, loben Olaf Scholz in den Himmel, den sie gerade noch parteiintern abgesägt haben. Nun gut, das habe ich bisher wohl unterschätzt: Geradlinigkeit und Wertebezug sind nicht gefragt, wenn der Kampf um den Sitz im Berliner Kanzleramt in die heiße Phase eintritt.

Was die SPD-Mitglieder bewogen hat, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans an die Spitze von Deutschlands ältester demokratischer Partei zu wählen, müssen die Sozialdemokraten schon selber wissen: eine Bundestagshinterbänklerin wie Saskia Esken aus Baden-Württemberg und einen Ex-Finanzminister aus Nordrhein-Westfalen, der einen traurigen Rekord hält, denn er brachte das ‚Kunststück‘ fertig, drei Haushalte vorzulegen, die anschließend vom Verfassungsgerichtshof wegen zu hoher Verschuldung als verfassungswidrig kassiert wurden! Ein solches Spitzenduo muss man erst mal finden und dann auch noch wählen. Doch die SPD-Herzen schlugen wohl links, und da passte Olaf Scholz, der Bundesminister des Kassenbons für jede Brezel und jedes Brötchen nicht ins Bild!

Saskia Esken und die Antifa
Als Krawallmacher plündernd durch Stuttgart zogen, da erhob sich auch die Frage: Woher kommt die zunehmend feststellbare Verachtung, die den Polizistinnen und Polizisten entgegenschlägt? Ein Polizist wurde mit gestrecktem Bein in Kung-Fu-Manier attackiert, und die Umstehenden applaudierten! Bestärkt werden diese geistigen und sozialen Irrläufer, die die Polizei – im Einsatz für unseren Staat und seine Bürger – angreifen, auch von Politikern, die wie Saskia Esken einen „latenten Rassismus in den Reihen der Sicherheitskräfte“ entdeckt haben wollen. Kein Wunder, dass Polizisten bei Kontrollen von Einzelpersonen – so auch in Stuttgart – zunehmend aggressiver von Zuschauern als „Rassisten“ beschimpft werden. Und dann scheint der Weg nicht weit zu sein, die Polizisten nicht nur verbal, sondern auch mit Wurfgegenständen aller Art zu traktieren.
In meiner Geburtsstadt Stuttgart verfügte ein Gutteil der Randalierer über einen Migrationshintergrund, doch in anderen Städten machen Links- und Rechtsextremisten gerne mal mit deutschem Pass mobil. Wenn die Gewalttäter aus der linksextremen ‚Antifa‘ immer wieder Unterstützer finden oder sich besagte SPD-Bundesvorsitzende Esken bei Twitter mit „58 und Antifa. Selbstverständlich“ präsentiert, dann öffnet dies die Schleusen für Schläger wie in Leipzig-Connewitz oder in Berlin, die es der Antifa gleichtun. Und die Horden, die beim G-20-Gipfel durch ein fast schutzloses Hamburg marodierten, stammen aus dem gleichen politischen Lager. Wir sollten nicht vergessen, dass Olaf Scholz bei den bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen in Hamburg als Erster Bürgermeister gut beschützt in der Elbphilharmonie saß – gemeinsam mit Angela Merkel und Gästen aus aller Welt. So war Scholz gut beraten, sich nach Berlin abzusetzen!

„Bazooka“-Olaf und der Kassenbon
Lange war Bundesfinanzminister Olaf Scholz in Berlin eher als ‚Brötchen‘-Minister unterwegs, der einen Kassenzettel selbst für Minibeträge durchdrückte. In der Corona-Krise aber griff er zur „Bazooka“, um Industrie und Gewerbe zu beschützen. Zwar war mir die „Bazooka“ als Raketenwerfer zur Zerstörung von Panzern nicht unbekannt, so ganz einleuchten will mir diese Wortwahl allerdings nicht, wenn es um die Stabilisierung unserer Wirtschaft geht. Und wenn Olaf Scholz dann auch noch den Weg freimachen möchte in eine „neue Normalität“, dann fühle ich mich endgültig wie im falschen Film – oder besser: wie in George Orwells Buch ‚1984‘. Dort versucht sich die Regierung in „Neusprech“: aus Krieg wird Frieden, Freiheit ist Sklaverei und Unwissenheit wird zur Stärke. Wer Verschwörungstheoretikern nicht Tür und Tor öffnen will, der sollte besonders als Regierungsmitglied aufpassen, mit welch fragwürdigen Begriffen er uns Bürger traktiert.

„Wir können uns das leisten“, meinte Olaf Scholz, als er die Milliarden-Hilfen für die von der Corona-Pandemie durchgeschüttelte Wirtschaft vorantrieb – eine Floskel, die mich ebenso auf die Palme bringt wie seine „neue Normalität“. Ja, wir ‚müssen‘ diese Ausgaben ermöglichen, um die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abzumildern. Diese hunderte von Milliarden – in Europa Billionen Euro – werden uns selbst und die nachkommenden Generationen drücken und in ihren gestalterischen Möglichkeiten stark einengen. Großspurigkeit allerdings sollte gerade in der Krise keinen Politiker prägen, aber genau solch eine Haltung zeigte der Bundesfinanzminister mit seiner Aussage. Wer „Wir können uns das leisten“ in die Welt hinausposaunt, der musste sich nicht wundern, dass in der EU die Begehrlichkeiten wuchsen.

Saskia, Norbert und Olaf – ein Trio infernal
Olaf Scholz hätte sich besser um die krummen Cum-Ex-Geschäfte oder die kriminellen Wirecard-Transaktionen gekümmert, doch er setzte auf den Kassenbon, wollte auch mal die VHS-Kurse mit vollem Mehrwertsteuersatz belegen und die Kleinaktionäre schröpfen. Viel zu schnell vergessen wird darüberhinaus, dass Olaf Scholz die Grundrente mit einer europaweiten Transaktionssteuer auf Aktiengeschäfte zu finanzieren gedachte, obwohl seine Pläne in anderen EU-Staaten auf Ablehnung trafen. Und vom Bundesfinanzminister hätte ich mir auch klare Aussagen zu den Negativzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) gewünscht, die uns Sparer enteignet und die Alterssicherungssysteme zunehmend zerstört. Hier gleichfalls: Fehlanzeige! Wie sein CDU-Vorgänger Wolfgang Schäuble freut sich Olaf Scholz über niedrige oder gar negative Zinsen für deutsche Staatsanleihen, denn nur diese haben ihm bis zur Corona-Pandemie eine schwarze Null im Bundeshaushalt gesichert.

Manchmal frage ich mich, was würde wohl Friedrich Ebert zu seiner SPD sagen? Der SPD-Vorsitzende wurde zum ersten demokratisch gewählten Oberhaupt Deutschlands in schwierigen Zeiten gewählt. Reformen statt Revolution, konkrete Verbesserungen für die Menschen statt ideologischer Debatten, so könnte Eberts politische Einstellung zeitlebens überschrieben werden. Doch Esken und Walter-Borjans setzen eher auf Ideologie. Sie liebäugeln mit einer Koalition mit der Linken, die aber voraussichtlich nur mit Hilfe der Grünen 2021 eine Mehrheit bekommen könnte. Das wäre sicherlich eine amüsante Konstellation – und mitten drin Olaf Scholz. Ein wahrhaftes Trio infernal mit Olaf, Saskia und Norbert.
Auf den Bundestagswahlkampf dürfen wir gespannt sein: Esken, Walter-Borjans und Scholz – das passt nun mal politisch überhaupt nicht zusammen. Aber den drei Genannten scheint dies egal zu sein, denn Hauptsache in Amt und Würden! Amt, vielleicht ja, doch mit der Würde ist es nicht weit her. Erst lässt sich Scholz von Esken und Walter-Borjans mit Hilfe des Juso-Bundesvorsitzenden Kevin Kühnert im parteiinternen Gerangel übel anrempeln, und dann wird er von ihnen zum Kanzlerkandidaten gekürt. Mal sehen, was die CDU zu Wege bringt: Schlimmer geht immer, so ist es leider in der Politik. Oder sollten wir auch mal eine angenehme Überraschung erleben? Nochmals zur SPD: Einen Politiker wie Olaf Scholz als Kanzler anzubieten, den die eigene Partei noch nicht mal als Vorsitzenden wollte, das ist schon etwas grotesk!
Sehr geehrter Herr Dr. Ulsamer,
das Lesen Ihres Blog´s ist stets mit neuen Erkenntnissen verbunden. Trotzdem Ihrer Diagnose der Schizophrenie, als Krankheitsbild der SPD muss ich widersprechen. Die SPD verfügt über einen weiten Spannungsbogen, der manchmal schwer auszuhalten ist. Die Parteivorsitzenden und der mutmaßliche Kanzlerkandidat belegen dies. Vielleicht ist es die notwendige Balance, die wir anderenorts schmerzlich vermissen und nicht der Beleg für den Verlust der Gradlinigkeit.
Ohne Regierungsbeteiligung lassen sich sozialdemokratische Werte weder gradlinig noch in Kurven durchsetzen. Nachdem die große Koalition ausgedient hat und vermutlich bei den kommenden Wahlen auch keine Mehrheit mehr finden wird, ist Flexibilität für die SPD notwendig.
Zurecht beklagen Sie Krawalle, diese sind aber weder durch Frau Eskens Kommentare ausgelöst, noch verstärkt worden. Zuversichtlich bin ich, dass der Kandidat mit der Aufgabe wachsen wird und gespannt auf den Wahlkampf und noch mehr, wann vorgezogene Bundestagswahlen stattfinden werden. Wenn der SPD-Vorstand eine Entscheidung mit 100% trifft, ist es ein Alarmsignal und für den Kanzlerkandidaten Eile geboten.
Mit freundliche Grüßen aus Immendingen
Gerhard Walter
Sehr geehrter Herr Walter, ich hoffe, dass Ihre Einschätzung zutrifft, denn mir liegt sehr viel an der SPD als Deutschlands ältester demokratischer Partei. Ob es aber wirklich gelingen kann, aus Saskia Esken, Olaf Scholz und Norbert Walter-Borjans ein echtes Wahlkampfteam zu machen, das wage ich aus heutigen Sicht zu bezweifeln. Aber vielleicht erleben wir auch eine Überraschung. Zumindest hat die SPD schnell und ohne öffentliche Streitereien einen Spitzenkandidaten auf den Schild gehoben. Mit besten Grüßen Ihr Lothar Ulsamer