Seifenblasen von Olaf Scholz und Christian Lindner
Politiker sind einfallsreich, besonders wenn es darum geht, Budgetmittel aufzutun, und dies trotz Schuldenbremse oder leerer Kassen. Da greift Olaf Scholz (SPD) noch als Vizekanzler zur „Bazooka“ und verspricht mit Milliardenhilfen einen „Wumms“ für die notleidenden Gewerbetreibenden. Alles selbstredend auf Kredit, und die Schuldenbremse ließ sich mit der todbringenden Coronapandemie leicht überwinden. 60 Milliarden bleiben von der angedachten Schuldenaufnahme mindestens übrig, die nun flugs für den Klimaschutz umgewidmet werden, verantwortet vom Gespann Olaf Scholz und Christian Lindner, der nun einen „Booster“ für die Wirtschaft in die Welt hinausposaunt. Er möchte dem „Wumms“ von Scholz nicht nachstehen. Natürlich sind Hilfen für darbende Unternehmen wichtig, wenn sie beim Kampf gegen die weltweite Seuche nicht auf der Strecke bleiben sollen, und wer hätte etwas gegen Finanzmittel, um dem Klimawandel Paroli zu bieten und so die Erderwärmung zu bremsen? Es geht somit nicht um die politischen Ziele, sondern um die Vorgehensweise. Taschenspielertricks sollten sich in solchen Größenordnungen von selbst verbieten! Und Seifenblasen aus Politikermund platzen meist sehr schnell.

Hütchenspieler im Ministeramt
Bisher zeichnete sich die deutsche Finanzpolitik durch eine gewisse Stabilität aus, die leider in vielen anderen Staaten abhandengekommen ist. Musterbeispiele sind seit Jahren Italien und zunehmend Frankreich. Aber jetzt scheinen die Hütchenspieler die Regierungsämter auch in deutschen Landen zu stürmen. Und zu denen zählt ausgerechnet der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner, der als Oppositionspolitiker mit Verve solche Pläne attackiert hätte. Doch jetzt sitzt er selbst strahlend im Dienstwagen, um die Schuldenbremse trickreich mit Vollgas zu umfahren. Allein ist er dabei nicht, denn in Baden-Württemberg hat die grün-schwarze Regierung ebenfalls 2021 tüchtig in den Kredittopf gegriffen, und die gegen Corona nicht benötigten Mittel möchte nicht nur der grüne Finanzminister Danyal Bayaz im nächsten Jahr benutzen, um dann mit stolz geschwellter Brust verkünden zu können, man komme ohne neue Kredite aus. Und natürlich hoffen Politiker dann, wir Bürger hätten längst vergessen, dass sie im Vorjahr einen tüchtigen Schluck aus der Pulle genommen hatten.

Aber nun zurück nach Berlin. Ausgerechnet der Streiter für die Schuldenbremse, die er in den Koalitionsverhandlungen eifrig verteidigte, will diese nun umgehen und bekommt Beifall von seinen Liberalen, von SPD und Grünen. Natürlich hat der Bundestag das Budgetrecht, und dies ist eines der wichtigsten Rechte eines Parlaments, doch das kann nicht heißen, dass Mittel der Steuerzahler oder Kredite nach Gutdünken hin und her geschoben werden dürfen. So ist es folgerichtig, dass die oppositionelle CDU/CSU das Bundesverfassungsgericht den freizügigen Umgang mit Geldern durch die gerade ins Amt gekommene Ampelkoalition überprüfen lässt. Um es nochmals zu unterstreichen, der Kampf gegen Corona machte Kreditaufnahmen nötig, um die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen abzumildern, und dafür wurde die Schuldenbremse außer Kraft gesetzt. Wenn nun Kreditvolumina nicht benötigt werden, können diese nach meiner Meinung nicht kurzerhand umgewidmet und dem Energie- und Klimafonds zugeschlagen werden. Wer das tut und dann behauptet, es tangiere die ab 2023 wieder geltende Schuldenbremse nicht, ist aus meiner Sicht auf dem Holzweg. So bin ich, wie viele andere, auf ein Urteil des obersten deutschen Gerichts gespannt. Es ist ja auch nicht so, dass am Jahresende Mittel aus Steuereinnahmen übrigbleiben würden, sondern es werden Kreditermächtigungen einfach mit einem neuen Label versehen.

Seifenblasen in der Politik
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) kritisiert die aktuellen Schuldenpläne der Ampel scharf. Es geht beim Zweiten Nachtragshaushalt 2021 allemal nicht um die durch Hilmar Kopper berühmt gewordenen „Peanuts“. „Notlagen-Schulden“ – gedacht für die Bekämpfung von Corona – wolle sich die Bundesregierung „in dieser Höhe sichern und deren Zweck umwidmen“. BdST-Präsident Reiner Holznagel unterstreicht: „In der Haushaltspolitik leistet sich die Ampel einen Fehlstart“. Und er fährt fort: „Die neue Regierung baut den bereits bestehenden Klimafonds zu einem gigantischen Schuldenfonds mit zusätzlichen 60 Milliarden Euro Kredit aus. Dieser Vorgang ist verfassungsrechtlich bedenklich und nicht zustimmungsfähig im Bundestag!“ Leider verhallt die Stimme des Bundes der Steuerzahler – wie auch die Stimmen der Rechnungshöfe – meist ungehört in weiten Teilen der Politik.
Vielleicht ist der lockere Umgang mit anderer Leute Geld oder noch besser mit Schulden, die dann uns alle drücken, und den wir von der Europäischen Zentralbank (EZB) und von der Europäischen Union kennen, jetzt gleichfalls auf den Bundestag übergesprungen. Ich hoffe es nicht, doch verwundert es mich sehr, dass sich Christian Lindner diese Umwidmung aufs Panier geschrieben hat. Der Ritter, der die Schuldenbremse verteidigte, das freizügige Schuldenmachen aus der Opposition heraus zurecht anprangerte und Transparenz bei den Finanzen – ebenfalls zurecht – einforderte, wird doch nicht so schnell zum Raubritter mutiert sein? Ich kann mich nur der Forderung von Reiner Holznagel anschließen: „Die Regierung sollte den Nachtragshaushalt zurückziehen und eine vernünftige Finanzierung ihrer Wunschprojekte im Zuge des regulären Haushaltentwurfs für 2022 präsentieren!“ Für uns alle ist es von größter Bedeutung, dass die Klimapolitik finanziell unterfüttert und aktiv umgesetzt wird, doch darf diese Aufgabe nicht durch eine intransparente Finanzierung gefährdet werden. Eines ist bereits jetzt klar: Christian Lindner als liberaler Streiter für die Transparenz in den öffentlichen Finanzen war eine Seifenblase. Sie ist geplatzt – kaum, dass die neue Regierung vereidigt war! Und „Bazooka“-Olaf hat es mit seinem „Wumms“ schon vorgemacht, denn der kam bei zahllosen Gewerbetreibenden oder Kunstschaffenden überhaupt nicht an.
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So gefallen Seifenblasen Jung und Alt: wie auf der Brücke zwischen dem sächsischen Görlitz und dem polnischen Zgorzelec – bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs eine Stadt. Heute kann man wieder ohne Kontrolle von einer Seite zur anderen gehen. (Bild: Ulsamer)
2 Antworten auf „Nachtragshaushalt: Vom „Wumms“ zum „Booster““