Was macht Hochmoortorf in der Blumenerde?
Über Jahre kaufen wir bei Dehner-Gartencentern Blumenerde und hatten auch immer ein gutes Gewissen. Jeder Sack Erde war nicht nur preislich in Ordnung, sondern bestand auch aus den Überresten von Anpflanzerde usw. So weit, so gut. Aber eines Tages ist die Palette, zu der ich immer mit meinem Einkaufswagen eile leer, bis auf einen aufgeplatzten Sack. Den nehme ich dann doch lieber nicht mit. Aber gleich auf der nächsten Palette stapeln sich einladend weitere Säcke im flotteren Design, die Hausmarke, natürlich teurer. Zuhause warten schon die Pflanzen, also ein Griff und noch einer. Sack auf Sack wird dann verarbeitet, doch beim letzten fällt mein Blick auf die Rückseite: 92% Hochmoortorf als Ausgangsstoff! Erstaunen, Entsetzen! Das darf doch nicht wahr sein: Im Hauptberuf habe ich mich für ein großes Renaturierungs-Projekt des NABU in Baden-Württemberg eingesetzt, das von der Daimler AG mit einer Million Euro unterstützt wird und jetzt schütte ich – ohne es zu wissen – Hochmoortorf in unseren Garten! Hätte ich doch besser aufgepasst!
Moorverlust für Gartenpracht?
Die Wiederherstellung geschädigter Moore macht natürlich langfristig immer Sinn, so binden sie nicht nur CO2, sondern bilden auch die Grundlage für eine einzigartige Vielfalt an Pflanzen und Tieren, die eben nur in Mooren überleben können. Aber die Renaturierung eines Hochmoors, z.B. in Hinterzarten im Schwarzwald – so wichtig es auch ist – wird in seiner Bedeutung relativiert, wenn wir allein in Deutschland jährlich zehn Millionen Kubikmeter Torf verbrauchen, wie dies der NABU berichtet: „Zwei Drittel davon kommen im Erwerbsgartenbau zur Verbesserung der Böden und zur Pflanzenaufzucht zum Einsatz, der Rest bei Hobbygärtnern.“
Und in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage heißt es zum Torfabbau: „In Deutschland werden auf über 20.000 ha bzw. rund acht Prozent der Hochmoore Torf gewonnen. Im Durchschnitt der Jahre 2002 bis 2009 betrug die Menge des gewonnenen Hochmoortorfes etwa 8,2 Millionen Kubikmeter, diese Produktionsmenge wurde auch im Jahr 2012 erreicht (DESTATIS Fachserie 4, Reihe 3.1 Produzierendes Gewerbe).
Über Jahrhunderte wurden Moore mit Gräben durchzogen, um sie zu entwässern: Flächen für die Land- oder Forstwirtschaft sollten gewonnen werden, auch für das gesundheitsfördernde Moorbad oder den Torfabbau wurden Moore zerstört. In manchen Regionen werden noch heute Öfen oder Kamine mit Torf beheizt. Und es ist noch nicht lange her, da wurden z.B. in Irland im großen Stil Heizkraftwerke damit befeuert.
Torfabbau stoppen
Natürlich werde ich beim nächsten Einkauf noch stärker darauf achten, die richtige Erde oder Kompost in unseren Garten zu schleppen, aber wäre es nicht auch an der Zeit, den Einsatz von Torf politisch zu stoppen? Nachhaltiges Handeln, der Erhalt der Biodiversität, der Schutz eines wichtigen Lebensraums für die dort lebenden Pflanzen und Tiere, dies muss uns allen am Herzen liegen. Die Moore speichern nicht nur Wasser, sondern binden auch Kohlenstoff – zwei Gesichtspunkte, die noch stärker in die politische Diskussion einfließen sollten. Wer vom Klimaschutz spricht, der muss auch gleichzeitig den Abbau von Torf einfordern!
„Allein die landwirtschaftliche Nutzung von Moorböden als Acker- und Grünland verursacht Emissionen von 37 Millionen t CO2-Äq, das entspricht etwa vier Prozent der gesamten deutschen Treibhausgas-Emissionen“, so heißt es in einer bereits zitierten Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage unter dem Titel „Schutz der Moore – Beitrag zum Natur- und Klimaschutz“ (Drucksache 16/6927). Da die Zuständigkeit für den Moorschutz bei den Bundesländern liegt, kommt es auf eine intensive Zusammenarbeit aller Beteiligten an.
Und dies gilt auch für die Europäische Union (EU), die sich ja gerne um Fragen kümmert, die an anderer Stelle besser behandelt würden. Aber hier sind EU-weite Regelungen notwendig, denn „in zahlreichen düngemittelrechtlichen Regelungen der EU-Mitgliedsstaaten ist Torf ein zulässiger Ausgangsstoff“, so die Bundesregierung. Dieser würde es gut zu Gesicht stehen, hier initiativ zu werden.
Gartenmärkte: Angebot überdenken!
Sicherlich ist es auch an der Zeit, dass Gartenmärkte ihr Angebot überdenken und Blumenerde, die weit überwiegend aus Torf besteht, aus dem Programm nehmen. Es geht eben nicht nur um die Blumenvielfalt im eigenen Garten, sondern auch um Schilfrohr und Rohrkolben, die Gemeine Moosbeere oder die Lorbeerrose. Amphibien und Libellen brauchen Rückzugsräume, Goldregenpfeifer, Kornweihe oder die Bekassine werden es uns danken, wenn wir ihr Brutgebiet nicht zerstören. „Eine reich gedeckte Tafel finden in unberührten Mooren auch Sumpfrohrsänger, Wachtelkönig, Wiesenpieper, Graugänse und Kraniche“, so der NABU.
Was meint denn nun die Firma Dehner zum Hochmoortorf in der Gartenerde?
Antwortmail vom 24.4.2017
Sehr geehrte Kundin,
sehr geehrter Kunde,
vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, sich mit uns in Verbindung zu setzen.
Wir legen sehr viel Wert auf Ihre Zufriedenheit, insbesondere, wenn es um unsere Serviceleistungen geht.
Gerne bestätigen wir Ihnen den Erhalt Ihrer Mail und versichern Ihnen, dass wir uns umgehend um Ihr Anliegen kümmern werden.
Sie hören schnellstmöglich von uns, je nach Rechercheaufwand jedoch spätestens innerhalb einer Woche.
Und die nächste Mail am 29.4.2017
Wir haben Ihnen versprochen, innerhalb von einer Woche zu antworten.
Es tut uns sehr leid, aber aufgrund des hohen Mailaufkommens müssen wir Sie heute leider noch um etwas Geduld bitten.
Sobald uns eine verbindliche Information zu Ihrem Anliegen vorliegt, kommen wir unaufgefordert auf Sie zu.
Wir bitten Sie, ein Thema nicht mehrmals anzufragen und bedanken uns für Ihr Verständnis.
Freundliche Grüße aus der Blumenstadt
Ihr Team vom Dehner Kundenservice
Dehner Gartencenter GmbH & Co. KG
Donauwörther Straße 3-5
86641 Rain
Na, die Antwort muss aber schwierig sein, wenn nun schon wieder zwei Wochen um sind!!!!
17. Mai 2017 Mail von Dehner
Die Fachabteilung scheint ander Antwort auf meinen Artikel zu basteln, dann bin ich ja mal gespannt:
Guten Tag, sehr geehrter Herr Ulsamer,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihren Post auf unserer Facebook-Seite.
Zunächst möchten wir uns für die enorm späte Rückmeldung bei Ihnen entschuldigen.
Wir haben Ihr Anliegen bereits an unsere Fachabteilung weitergeleitet – hier warten wir aktuell noch auf die finale Rückmeldung.
Herr Ulsamer, bitte haben Sie noch etwas Geduld.
Wir werden alles dafür tun, Ihnen schnellstmöglich die benötigten Informationen zukommen zu lassen.
Freundliche Grüße aus der Blumenstadt Rain am Lech
i. A. Simone Segnitzer
Kundenservice
Dehner Gartencenter GmbH & Co. KG
Donauwörther Straße 3-5
86641 Rain
Und hier nun die Antwort der Firma Dehner Gartencenter auf meinen Artikel in Sachen Hochmoortorf in der Blumenerde:
Guten Tag, sehr geehrter Herr Ulsamer,
vielen Dank für Ihre aufgebrachte Geduld.
Soeben haben wir die finale Rückmeldung von unserem Expertenteam erhalten.
Selbstverständlich erhalten Sie unserem Sortiment bereits eine Vielzahl an torffreien Bio-Erden.
Ebenfalls sind in unserem Sortiment Erden erhältlich, welche aus unserem eigenenen Wertstoffen (z. B. Grünabfällen von unseren Märkten) bestehen (z. B. unsere Dehner Pflanzerde).
Alternativ bieten wir auch Erden an, die mit Zuschlagstoffen wie z. B. Rindenhumus oder Kompost versehen werden (z. B. unsere Gute Wahl Erden).
Es gibt jedoch auch Anwendungsgebiete, die nachweislich mit Erden aus Torf erheblich besser funktionieren und bei denen die Kunden ausdrücklich nach derartigen Erden verlangen – dies ist vor allem bei der Balkonbepflanzung der Fall.
Wie überall, gibt es auch zum Thema Torfabbau verschiedene Ansichten.
Einerseits werben Naturschutzverbände, dass Hochmoorflächen vernichtet werden, andererseits argumentiert die Torfproduktion, dass
ausschließlich auf Flächen abgebaut wird, die seit Jahrzenten bereits von der Landwirtschaft genutzt werden
Es handelt sich hierabei also um Flächen, die seit langer Zeit trocken sind und die Funktion eines Moors nicht erfüllen können. Zusätzlich sind die Torfbetriebe verpflichtet, die abgebaute Flächen zu renaturieren, d.h. unter Wasser zu setzen, damit daraus wieder ein Moor entsteht.
Auch wird die Ökobilanz widersprüchlich diskutiert, wenn zum Beispiel Torfersatzstoffe wie Kokosfasern aus „Drittländern“ eingesetzt wird.
Sie können versichert sein, dass wir von Dehner die Situation genau betrachten und im Sinne der Umwelt und unserer Natur entscheiden wollen.
Sicherlich werden Sie auch festgestellt haben, dass unser Sortiment an torfreduzierten und torffreien Erden in den letzten Jahren zugenommen
hat und torfhaltige Erden reduziert wurden.
Wir hoffen, dass wir Ihre Bedenken ein wenig zerstreuen konnten und wünschen einen guten Start ins Wochenende.
Freundliche Grüße aus der Blumenstadt Rain am Lech
i. A. Simone Segnitzer
Kundenservice
Dehner Gartencenter GmbH & Co. KG
Donauwörther Straße 3-5
86641 Rain
Mail vom 19. Mai 2017