Liegt Offenbach in Syrien?

Deutscher Oberleutnant als syrischer Flüchtling anerkannt

Lange habe ich überlegt, ob der Titel meines Blogs „Deutschland geliebte Bananenrepublik“ denn richtig gewählt ist: So richtig ist Deutschland vielleicht doch noch keine Bananenrepublik, zumindest gibt es auf unserem Globus noch schlimmere Situationen. Aber andererseits habe ich schon den Eindruck, dass wir uns auf dem Weg dorthin befinden. Wenn nun bereits ein Deutscher, dazu noch Oberleutnant bei der Bundeswehr, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als „Sohn eines syrischen Obstbauern“ Asyl beantragen kann und dann auch noch als solcher subsidiären Schutz erhält, dann passt der Begriff Bananenrepublik! Er bekam eine Unterkunft für Flüchtlinge in Bayern zugewiesen und kassierte Geld vom Staat. Da darf man sicherlich die Frage aufwerfen, was denn die Mitarbeiter dieses Amtes den Tag über so treiben oder ob die Politik auch den richtigen Rahmen für deren Arbeit gesetzt hat.

„Mustersoldat“ mit rechtsextremer Gesinnung?

Selbstverständlich muss auch die Frage beantwortet werden, was den Soldaten zu seinen Verwandlungskünsten gebracht hat, aber dies ist nur ein Fragenkomplex. Hatte er wirklich einen rechtsextremen und fremdenfeindlichen Hintergrund, dann hätte dies dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) eigentlich schon früher auffallen müssen. Immerhin diente er nicht in einer etwas abgeschiedeneren Kaserne und beobachtete Soldatinnen beim Stangentanz. Man erinnere sich nur an die Vorfälle in Pfullendorf. Nein, er war bei der Deutsch-Französischen Brigade im französischen Illkirch stationiert. Diese Brigade sollte von ihrer Gründung an auch die enge Kooperation von Frankreich und Deutschland symbolisieren.

Wie er das wohl so organisiert hat: Heute David Benjamin in der Flüchtlingsunterkunft in Bayern und morgen Franco A. auf seiner Stube – oder wo auch immer – beim Jägerbataillon 291. Aber laut SPIEGEL war Franco A. ein Mustersoldat, jüngst bei der Einzelkämpferausbildung, da klappt es auch mit zwei Identitäten und wohl auch mit der Präsenz beim Dienst.

Zackig auf „Syrer“ umgeschult?

Für schwerwiegend halte ich aber auch die Frage, wie ein Deutscher ohne oder mit rudimentären Arabischkenntnissen und vermutlich ohne jede Ortskenntnis in seiner angeblichen syrischen Heimat vom BAMF als Flüchtling anerkannt werden konnte. Seine Heimatstadt Offenbach hat ja nun mal nicht sehr viel mit seiner „Wahlheimat“ Damaskus zu tun. Wie wird denn abgeklärt, ob die Angaben zum Herkunftsland überhaupt stimmen oder ob diese unter Opportunitätsgesichtspunkten ausgewählt werden. Werden keine Details zur Herkunft benötigt? Kann sich eigentlich jeder als Asylbewerber vorstellen? Und bekommt dann auch noch Zahlungen?

„Bei den Asylanhörungen sind neben den Entscheidern und den Geflüchteten auch Dolmetscher anwesend“, so der Originalbildtext des BAMF. Einem arabischsprachigen Dolmetscher wäre sicherlich aufgefallen, dass Franco A. aus Offenbach und nicht aus Damaskus stammt. (Quelle: BAMF)

Dieser im höchsten Maße obskure und doch auch bezeichnende Missgriff des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge wirft nicht nur ein negatives Licht auf diese Institution, sondern ist ein weiterer Beleg dafür, dass ab einer bestimmten Menge an Fällen keine Organisation mehr für geordnete Abläufe Sorge tragen kann. Und das vorschnelle Gerede mancher Politiker, es handle sich selbstverständlich um einen Einzelfall, dient nur als Ablenkungsmanöver. Diese Nebelkerzen zünden aber nicht! Hundertausende von Fällen lassen sich in Wahrheit kaum geordnet abarbeiten, ohne dass Humanität, Systematik und Ordnung leiden.

Mit „Wir schaffen das“ ist es nicht getan! Leider haben dies Teile der Politik bis heute nicht akzeptiert. Wer wie Bundeskanzlerin Angela Merkel das Schengen-Abkommen aushebelt und die Grenze öffnet, der hätte sich auch vorab Gedanken über die Bearbeitung der „Fälle“ machen sollen. Auch eine Verdreifachung der Mitarbeiterzahl beim BAMF hilft da in Wahrheit nicht weiter, wenn es an den Qualifikationen mangelt. „Immer wieder kritisierten Mitarbeiter des BAMF auch gegenüber dem BR, dass die neuen Mitarbeiter überstürzt eingestellt und nicht ausreichend geschult wurden“, so Claudia Steiner u.a. in BR 24 (28.4.17)

Aufklärung statt Worthülsen gefragt

Postwendend erklärte die BAMF-Pressesprecherin Andrea Brinkmann nun, es habe keine systemischen Fehler gegeben (Evangelischer Pressedienst/BR 24). Toll, wenn man schon vor der Prüfung des Falles das Ergebnis kennt! Auch dies ist eine Antwort auf meine Eingangsfrage an mich selbst: Wenn die Offenheit fehlt, um politische und institutionelle Probleme wirklich in grundsätzlicher Art zu analysieren, dann ist die Bananenrepublik nicht mehr fern. Für mich reicht es weder, nur die politische Grundhaltung des Schein-Syrers aufzuarbeiten noch einen Sachbearbeiter als Schuldigen zu identifizieren. Das Mindeste sollte es sein, vergleichbar bearbeitete Fälle nochmals zu untersuchen, aber auch da erklingt bereits Widerspruch: Man könne doch nicht alte Fälle ohne begründeten Verdacht wieder aufrollen. Autsch, und wieder auf einer Bananenschale ausgerutscht!

Gut, dass unsere Nachbarn aufpassen

Franco A. aus Offenbach hätte sein Doppelleben weiterführen können, wäre ihm nicht die österreichische Polizei in die Quere gekommen, als er auf dem Wiener Flughafen eine Pistole aus dem Versteck holen wollte. Die nach Deutschland übermittelten Fingerabdrücke führten zum Schein-Syrer und dann zum echten Oberleutnant Franco A. Nur gut, dass unsere Nachbarn so aktiv sind! Ohne dies vergleichen zu wollen: Anis Amri, der Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt, konnte sich auch in Deutschland frei bewegen, nach der Tat durch halb Europa reisen und erst die italienische Polizei stoppte ihn. Kriminelle Energie muss rechtzeitig eingedämmt werden: Vielleicht müssen wir hier in Deutschland deutlich nachbessern.

„Das Ganze ist absolut skurril, wie ein Stück aus dem Tollhaus“, sagte der Linken-Politiker André Hahn. Hier hat er recht, wenn ich dies auch ansonsten nicht allzu oft bei Vertretern dieser Partei sagen würde. Franco A. behauptete gegenüber dem BAMF, er habe keine Ausweispapiere bei sich, wie dies zahllose andere auch taten, und dennoch unterblieb eine intensive Befragung mit Hilfe eines Dolmetschers in Arabisch. Da würde ich mal gerne einen Blick in andere Akten werfen …

Entscheidungen auf magerer Faktenlage

Aus meiner Sicht ist dieser Fall sicherlich nicht zu verallgemeinern, denn die Zahl der Deutschen, die unter falschem Namen Asyl im eigenen Land beantragen, dürfte gering sein, aber mein Misstrauen ist gegenüber dem Gesamtprozess gewachsen: Wie häufig wurden Menschen zu Syrern, weil es dann bessere Chancen auf Asyl oder subsidiären Schutz gibt, die gar nicht aus diesem Land stammen? In welchem Umfang basieren Entscheidungen auf falschen Tatsachen? Wird der am ehesten anerkannt, der sich am cleversten präsentiert (Syrer, Christ, verfolgt, keine Papiere) oder der, der den Schutz am nötigsten hat?

Dieses Versagen des BAMF bringt auch viele Flüchtlinge in Erklärungsnot, die aus Angst vor persönlicher Verfolgung zu uns gekommen sind: Organisationsversagen dieser Art schadet nicht nur dem jeweiligen Amt, sondern auch dem Ansehen schutzbedürftiger Menschen und es wirft ein schlechtes Licht auf die Arbeit deutscher Institutionen. Und hier müssen sich nicht nur das BAMF oder der MAD kritische Fragen stellen lassen, sondern auch die politisch Verantwortlichen.

 

 

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