Le Familistère de Guise: Wohnen und Arbeiten in Gemeinschaft

Godin – französischer Sozialreformer und Unternehmer im 19. Jahrhundert

In der frühen industriellen Revolution war die Arbeiterschaft meist den kapitalistischen Unternehmern ausgeliefert, die wenig Sinn für soziale Reformen hatten. Natürlich gab es Ausnahmen. Zu denen zählten ab 1800 u.a. Robert Owen mit ‚New Lanark‘ in Schottland, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Arnold Straub mit seiner Baumwollspinnerei in Württemberg, sowie Jean-Baptiste André Godin mit seinem ‚Familistère‘ im französischen Guise. Alle drei verbesserten in ihren Fabriken die Arbeitsverhältnisse, sorgten für Schulunterricht und schufen Wohnraum für die Beschäftigten. Zu ihren Lebzeiten vermochten sie es, wirtschaftlichen Erfolg und soziale Besserstellung der Arbeiter und ihrer Familien zu sichern. Am weitesten ging Godin mit seiner Arbeitersiedlung ‚Le Familistère‘, denn er brachte die Wohn- und Fabrikanlagen in eine Genossenschaft ein, an der sich seine Arbeiterinnen und Arbeiter beteiligen konnten. Zwar wird immer wieder betont, dass sich Godin, um dessen Projekt es in diesem Beitrag geht, an sozialistischen Gedanken orientierte, doch der von ihm eingeschlagene Weg führte letztendlich zu staatlichen Sozialreformen, die den Ausgleich zwischen Kapital und Arbeit anstrebten und im Sinne einer sozialen Marktwirtschaft in weiten Teilen umsetzten. Je offener Staat und Gesellschaft, Gewerkschaften und Unternehmerschaft für Kooperation statt Konfrontation waren, je besser die Arbeits- und Wohnbedingungen wurden, desto weniger Interesse fand ‚Le Familistère‘: Die Genossenschaft löste sich 1968 auf, die Wohnungen gingen in Einzelbesitz über, das für seine gusseisernen Öfen bekannte Unternehmen ‚Godin‘ wurde übernommen. Das noch bestehende Ensemble der Wohngebäude, ein Schwimmbad und ein Theater können besichtigt werden, und ein Besuch lohnt sich daher im kleinen Städtchen Guise, das im Département Aisne in der Region Hauts-de-France liegt.

Eine dunkle Metallskulptur zeigt Godin im Mantel gehend. Er hält ein Buch und eine Feder in der Hand.
Jean-Baptiste André Godin entwickelte nicht nur innovative gusseiserne Öfen, für die er sein erstes Patent erhielt, und gründete sein Unternehmen ‚Les Cheminées Godin‘, sondern war ein wichtiger Sozialreformer des 19. Jahrhunderts. In der Dritten Französischen Republik vertrat er von 1871 bis 1876 als Parlamentsabgeordneter das Département Aisne. (Bild: Ulsamer)

Konkrete Verbesserungen erreicht

Das von Jean-Baptiste André Godin errichtete Gebäudeensemble überrascht den Besucher heutzutage umso mehr, da er es in der mit 4 500 Einwohner recht kleinen Stadt Guise mit der niedrigen Bebauung kaum erwartet hätte. Das zentrale Gebäude, der sogenannte ‚Sozialpalast‘ aus dem Jahre 1864, mit seinen beiden Flügeln soll ganz bewusst an ein Schloss erinnern, allerdings hatten in diesem Backsteinkomplex die Arbeiter, ihre Familien und natürlich Godin als wirtschaftlicher und philosophischer Ideengeber das Sagen. Godin wurde in Esquéhéries, einem Dorf, nur wenige Kilometer von Guise entfernt, geboren und arbeitete dort zusammen mit seinem Vater in der familieneigenen Schlosserei. Von 1835 bis 1837 begab sich Godin als junger Schlosser mit seinem Cousin auf Wanderschaft, die sie nach Paris, Bordeaux, Toulon, Marseille und Lyon führte. Godin machte sich nicht nur mit der Verhüttung und Weiterverarbeitung von Eisen vertraut, sondern er erlebte hautnah die miserablen Arbeitsbedingungen in den damaligen Fabriken. Ohne ausreichendes Licht und in schlechter Luft schufteten die Arbeiter in der Regel im 19. Jahrhundert in den Betrieben, und ihre Wohnverhältnisse waren meist nicht besser. Godin las die Werke von Charles Fourier, einem Frühsozialisten, der sich eine Zukunft der Menschen in Phalansterien erträumte, in denen sie in freier Gemeinschaft leben und arbeiten. Seine Kapitalismuskritik verband Fourier mit teilweise wütenden antisemitischen Ausfällen.

Backsteinwände, hinter denen Wohnungen liegen, umschließen einen Innenhof mit einem Glasdach, durch das Licht einfällt.
Die Wohnungen im Sozialpalast sind um einen lichtdurchfluteten Innenhof angeordnet, den ein Glasdach abschließt. So konnte der Innenhof bei jedem Wetter – z. B. für Zusammenkünfte – genutzt werden. (Bild: Ulsamer)

Im Gegensatz zu Fourier, der im persönlichen Leben – wie Karl Marx – scheiterte, vermochte es Godin, in seiner ‚Familistère‘ für die damalige Zeit recht komfortable Wohnungen mit fließendem Wasser zu schaffen und sichere Arbeitsplätze anzubieten. Godin initiierte Freizeitaktivitäten, die von der Bücherei bis zum Theater, von Gärten- und Parkanlagen bis zu einem Musikpavillon reichten. Besonders wichtig war es ihm, dass in einem bis heute erhaltenen Gebäude Wäsche gewaschen und getrocknet sowie Bäder genommen werden konnten. In einem angegliederten Hallenbad, das bereits über einen Hubboden verfügte, erlernten die Bewohner von ‚Le Familistère‘ sogar das Schwimmen. Das heiße Wasser wurde direkt aus der etwas höher gelegenen Gießerei zugeleitet, in denen die Belegschaft gusseiserne Öfen und Geräte für den Haushalt hergestellte. So konnte die ganzjährig entstehende Wärme genutzt werden. Godin war somit nicht nur ein sozialer und wirtschaftlicher Vordenker, sondern hatte obendrein Ökologie und Nachhaltigkeit im Sinn, wenn das auch zu jener Zeit nicht so benannt wurde. Frisches Wasser war im 19. Jahrhundert in Wohnquartieren alles andere als ein normales Gut. Daher war es Godin ein Anliegen, dieses zu sichern, sei es fürs Waschen, Kochen oder Trinken. Es ging nicht um Luxus, sondern um Hygiene und adäquates Wohnen. Im ‚Sozialpalast‘ wurde nicht nur durch ein entsprechendes bauliches Konzept für Belüftung gesorgt, sondern ein gläsernes Dach ließ Licht in den Innenhof zwischen den Gebäudeteilen mit Wohnungen und Werkstätten einfallen. Während Charles Fourier und Karl Marx über die Verbesserungen der Lebensumstände philosophierten, trieb Godin diese in seinem ‚Familistère‘ voran. Arbeit und Wohnen sowie Kinderkrippe, Schule und Versorgung brachten das Leben aller Beteiligten auf ein höheres Niveau.

Ein helles Fabrikgebäude, das etwas in die Jahre gekommen ist. GODIN steht in Großbuchstaben in einer roten Flamme. Rechts ist CUISINE und links CHAUFFAGE zu lesen.
Die wirtschaftliche Voraussetzung für Godins sozialreformerisches Projekt ‚Le Familistère‘ schufen gusseiserne Öfen von hoher Qualität, die durch Kochgeschirr – ebenfalls aus Gusseisen – ergänzt wurden. Godin hat bewiesen, dass wirtschaftlicher Erfolg und verbesserte Arbeits- und Wohnbedingungen kein Gegensatz sein müssen, sondern sich im Grunde gegenseitig bedingen. Dies ist auch ein Grundsatz der sozialen Marktwirtschaft. 1929 arbeiteten in der Fabrik in Guise über 2 000 Personen, heute sind es knapp 300, in Laeken waren es 460, dort steht jetzt ein Einkaufszentrum. (Bild: Ulsamer)

Utopie wurde Realität

‚Le Familistère‘ in Guise entwickelte sich zu einem Erfolg, nicht zuletzt durch die technologisch hochentwickelten Öfen, die Godin und seine Mitarbeiter schufen. Godin hatte bei einer Phalansterie – im Sinne Fouriers – in Texas, die er finanziell unterstützte, Lehrgeld bezahlt, und brachte ab 1856 seine neuorientierten Ideen in Guise ein. Godin zeichnete die Pläne für seine Wohngebäude selbst, die – auf der gegenüberliegenden Seite der Oise – die Fertigungshallen ergänzten. Im Grunde war offensichtlich, dass kopfstarke Belegschaften in Guise und dem ländlichen Umfeld nur gewonnen und gehalten werden konnten, wenn diese entsprechenden Wohnraum finden. Godins genossenschaftliche Ansätze reichten über das reine Verbinden von Wohnen und Arbeiten hinaus, doch wirtschaftlich wäre der Erfolg der Ofenproduktion ohne ein Wohnangebot nicht denkbar gewesen. 1889 wurden über 1 200 Mitarbeiter in der Fabrik beschäftigt, 110 Personen waren in den Servicebereichen der Arbeitersiedlung tätig. Bemerkenswert ist, dass Jean-Baptiste André Godin und seine langjährige Partnerin und Assistentin Marie Moret in einer Wohnung des Sozialpalasts lebten und nicht – wie ansonsten im 19. Jahrhundert üblich – in einem eigenen Gebäude des Unternehmers. Bei der Grundeinstellung Godins war das zu erwarten, doch damit hob er sich von den Fabrikanten mit ihren Villen ab. Die unterschiedlich großen Apartments im Sozialpalast und weiteren Wohngebäuden wurden nicht nach der Stellung im Betrieb, sondern entsprechend der Familiengröße vergeben. Bis 1889 stieg die Zahl der Wohnungen durch zwei Neubauten auf 490, in denen 1 750 Bewohner lebten. Godin war sich bewusst, dass der Wohlstand gemeinsam geschaffen wurde und wollte diesen immer mit allen Mitarbeitern und deren Familien teilen. So war es folgerichtig, dass er eine Kinderkrippe mit 50 Plätzen und eine Schule für über 400 Kinder einrichtete. Wer seine Kinder nicht in die Schule schickte, der konnte entlassen werden! Bei Godins ‚Le Familistère‘ zeichnete sich somit die Schulpflicht ab, die es Kindern endlich ermöglichte, für die Zukunft zu lernen, und nicht länger im Kindesalter in der Fabrik schuften zu müssen. Hier verbinden sich die Aktivitäten von Godin, Owen und Straub, denn sie alle hatten die Bedeutung einer guten Schuldbildung erkannt.

Ein Modell von Le Familistère und den Fabrikanlagen (rechts). Getrennt sind beide Teile durch den Gluss Oise, der blau dargestelt ist. Zu sehen sind die Gebäude aus Backsteinen mit den Wohnungen, aber auch die Gebäude mit Schwimmbad, Theater bzw. Läden.
Das in der Ausstellung gezeigte Modell gibt einen Überblick über die von Godin errichteten Gebäude. Links der Sozialpalast mit den Wohnungen der Mitarbeiter und rechts der Oise der weitläufige Fabrikbereich. Schwimmbad, Theater, Schule, Kinderkrippe, eigene Läden, Gärten und Park ergänzten das Ensemble. (Bild: Ulsamer)

Über andere sozial orientierte Unternehmer ging Godin hinaus, der am 13. August 1880 eine ‚Genossenschaft von Kapital und Arbeit‘ gründete, und so die Angestellten zu Unternehmern machte, indem er sie am Betrieb beteiligte. Mitarbeiter konnten Miteigentümer von ‚Le Familistère‘ und der Fabrikanlage werden. Als Jean-Baptiste André Godin am 15. Januar 1888 verstarb, wurde er mit Blick auf den Park von ‚Le Familistère‘ beigesetzt. Marie Moret, die Godin 1886 geheiratet hatte, übernahm seine Aufgaben. Im belgischen Laeken wurde der zweite Standort seiner ‚Familistère‘ 1889 fertiggestellt. Die beiden Weltkriege und wirtschaftliche Verwerfungen überstand das Gebäudeensemble in Guise mit Schäden, doch sie konnten behoben werden. Ausgerechnet im Jahre 1968 löste sich die Genossenschaft in Guise auf, als weltweit in der Studentenbewegung eher sozialistische Ideen wieder en vogue waren. Inzwischen hatten sich jedoch die Arbeits- und Wohnbedingungen im ganzen Land dramatisch verändert, so dass ‚Le Familistère‘ nicht mehr als die Spitze des sozialen Fortschritts galt, sondern in einer eher ökonomisch abgehängten Region um die wirtschaftliche Existenz kämpfte. Das ändert andererseits nichts daran, dass Godin eine Utopie zur Realität werden ließ und dass Wohnen und Arbeiten mit relativ hohem Standard im 19. Jahrhundert möglich war, wenn es denn ernsthaft gewollt wurde. Die Produktion übernahm 1970 Le Creuset, nach eigenen Angaben Marktführer für gusseisernes Kochgeschirr. Les Cheminées Philippe übernahm 1988 die Fabrik in Guise. Die Wohnungen konnten einzeln erworben werden.

Skulptur, die den Oberkörper von Marie Moret, der Ehefrau von Godin darstellt.
Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielte für die Entwicklung von ‚Le Familistère‘ und die Veröffentlichung der Schriften Godins seine zweite Frau Marie Moret, die Tochter seines Cousins Jacques-Nicolas Moret, mit dem Godin in jungen Jahren auf Wanderschaft war, um neue Techniken kennenzulernen. Marie Moret (1840-1908) kehrte nach einem Internatsaufenthalt 1860 nach Guise zurück, übernahm verschiedene Aufgaben im wachsenden ‚Le Familistère‘ und wurde zu Godins Assistentin. Im November 1863 bezichtigte Esther Godin-Lemaire ihren Mann Jean-Baptiste André Godin des Ehebruchs und löste, so heißt es auf der Internetseite ‚familistere.com‘, einen Skandal aus. Der Rechtsstreit zog sich bis 1877 hin. Marie Moret kümmerte sich in ‚Le Familistère‘ gerade auch um die Schule und weitere Bildungsthemen, sie betreute die Veröffentlichungen ihres Mannes und war selbst als Schriftstellerin aktiv. Dank ihrer englischen Sprachkenntnisse machte sie Godin Publikationen aus dem angelsächsischen Raum zugänglich. 1886 heirateten Godin und Marie Moret. Nach Godins Tod übernahm Marie Moret-Godin 1888 für einige Monate die Leitung des Gesamtprojekts, doch sie konzentrierte sich anschließend wieder auf die publizistischen Themen, so z. B. die Zeitung ‚Le Devoir‘, die allerdings nur über wenige Abonnenten verfügte und somit ein Zuschussgeschäft war. (Bild: Ulsamer)

Seit 1991 sind der ‚Sozialpalast‘ und die weiteren zu ‚Le Familistère‘ gehörigen Gebäude als historische Monumente gelistet, ab der Jahrtausendwende wurden die Gebäude mit Unterstützung der EU restauriert und ‚Le Familistère‘ in den Jahren 2006 bis 2014 Schritt für Schritt zum Museum umgewidmet. Die bereits erwähnte Baumwollspinnerei in New Lanark, die der Sozialreformer Robert Owen zu einem Vorzeigebetrieb in der frühen Industrialisierung entwickelt hatte, trägt zurecht den Titel einer UNESCO-Welterbestätte. Verdient hätte dies auch ‚Le Familistère‘. Aus meiner Sicht wäre es sinnvoll, frühe Arbeitersiedlungen und dazugehörige Betriebe als staatenübergreifende Gruppe für eine Auszeichnung durch die UNESCO vorzuschlagen. Jean-Baptiste André Godin hat viel für seine Beschäftigten getan, was für die Arbeitsplätze ebenso wie für die Wohnsituation zutrifft. Die ganze Lebenssituation haben Godin und seine genossenschaftlichen Mitstreiterinnen und Mitstreiter mit Kinderkrippe und Schule, mit Theater und eigenen Läden verbessert. ‚Le Familistère‘ ist ein wichtiger historischer Ort, an dem die sozialen Reformen greifbar werden, die Godin anregte und umsetzte.

Ein schlanker gusseiserner Ofen, dahinter ein Schwarz-Weiss-Foto mit der Belegschaft.
Die wirtschaftliche Voraussetzung für Godins sozialreformerisches Projekt ‚Le Familistère‘ schufen gusseiserne Öfen von hoher Qualität, die durch Kochgeschirr – ebenfalls aus Gusseisen – ergänzt wurden. Godin hat bewiesen, dass wirtschaftlicher Erfolg und verbesserte Arbeits- und Wohnbedingungen kein Gegensatz sein müssen, sondern sich im Grunde gegenseitig bedingen. Dies ist auch ein Grundsatz der sozialen Marktwirtschaft. 1929 arbeiteten in der Fabrik in Guise über 2 000 Personen, heute sind es knapp 300, in Laeken waren es 460, dort steht jetzt ein Einkaufszentrum. (Bild: Ulsamer)

Manche Leserin und mancher Leser mag sich fragen, was – außer einem ganz persönlichen Interesse – mich, als Autor dieses politischen Blogs, wohl bewogen haben könnte, der „Familistère“ einen Artikel zu widmen. Häufig zeigen Entwicklungen in der Vergangenheit und sehr wohl auch in unseren Tagen in eine falsche, nicht-soziale, ökologisch fragwürdige Richtung, was sehr wohl anzuprangern ist. Dagegen kommen oftmals positive Projekte, damals wie heute, zu kurz.

 

Ein Gebäude aus rotem Backstein, das einen rechten Winkel bildet. Auf dem Platz das Denkmal für Godin.
Im linken Flügel wohnte und arbeitete Godin mit Marie Moret-Godin auf zwei Stockwerken in einem eher großbürgerlichen Wohnumfeld. Er hatte es stets abgelehnt, wie im 19. Jahrhundert üblich, in einer Fabrikantenvilla zu leben. Godin war ein Sozialreformer, der auch durch Vorleben inspirieren wollte. Die von Godin errichteten Gebäude gelten als wichtiger Schritt zum sozialen Wohnungsbau der Moderne. Le Corbusier und andere Architekten griffen manche der realisierten Ideen ein halbes Jahrhundert später wieder auf. (Bild: Ulsamer)

 

Eine hölzerne Schulbank mit Tisch, eine große Schiefertafel und das Foto einer Schulklasse.
Der französische Sozialreformer und Unternehmer Jean-Baptiste André Godin (1817-1888) legte großen Wert darauf, dass die Kinder der Beschäftigten Schulunterricht erhielten und nicht – wie in den Tagen der frühen Industrialisierung zumeist üblich – in den Fabriken mitarbeiten mussten. Eine generelle Schulpflicht wurde in Frankreich per Gesetz vom 28. März 1882 eingeführt. (Bild: Ulsamer)

 

Ausstellungstische und dahinter eine Badewanne. An der weißen Wand steht in französischer und englischer Sprache, dass Hygiene eine soziale Frage sei.
Hygiene war für Godin eine soziale Frage, und daher legte er größten Wert auf ausreichenden Platz, saubere Luft, reichlich Licht und fließendes Wasser für alle Beschäftigten. Selbst ein Hallenbad wurde gebaut, in dem die Bewohner von ‚Le Familistère‘ Schwimmen lernen konnten. Wannenbäder waren ebenso vorhanden wie Möglichkeiten, die Wäsche zu waschen und zu trocknen. Das heiße Wasser kam aus der nahegelegenen Gießerei, wo die benötigte Wärme nebenbei anfiel. Die Nutzung von Abwärme, über die heute aus ökologischen Gründen eifrig diskutiert wird, hatten Godin und seine Mitstreiter schon vor 150 Jahren realisiert. (Bild: Ulsamer)

 

Das Theater von Le Familistère befindet sich in einem roten Ziegelbau.
Bildung lag Godin sehr am Herzen, und er selbst hat bewiesen, dass man trotz eines frühen Schulabgangs sich umfassendes Wissen aneignen und dieses für soziale Reformen, wirtschaftliche und technologische Innovationen nutzen kann. Neben einer Bücherei ließ Godin auch ein Theater errichten. (Bild: Ulsamer)

 

Zum Beitragsbild

Ein Gebäude aus roten Bachsteinen, drei Stockwerke hoch. In der Mitte des Vorplatzes steht eine Skulptur aus Metall, sie zeigt Jean-Baptiste André Godin.10 Mio. Backsteine wurden ab 1859 für den sogenannten ‚Sozialpalast‘ verbaut, das zentrale Gebäude von ‚Le Familistère‘ im französischen Landstädtchen Guise. Hier wohnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ofenfabrik Godin in – für das 19. Jahrhundert – relativ komfortablen Wohnungen. Der rechte Flügel wurde nach dem Ersten Weltkrieg wieder aufgebaut und dabei mit Balkonen versehen. (Bild: Ulsamer)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert