Der Tankrabatt als Drama in zehn Akten
Als die Spritpreise in die Höhe schnellten, dachten Regierungen in vielen Staaten über Tankrabatte, Steuersenkungen, Zuschüsse für Pendler usw. nach. Nicht nur die Bundesregierung machte sich ans Werk, um die Folgen des brutalen Angriffskriegs innenpolitisch abzumildern, den Wladimir Putin gegen die Ukraine vom Zaun gebrochen hatte. Nun gibt es langsame Entscheidungsprozesse nicht nur in der Politik, das musste ich bei so manchem Projekt erleben, und es gibt immer noch einen langsameren Entscheider im Geleitzug, doch diese Bundesregierung scheint mit ihrer Behäbigkeit ins ‚Guinness Buch der Rekorde‘ kommen zu wollen. Beste Chancen hat sie bereits! Dabei denke ich an die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ebenso wie an den weit banaleren Tankrabatt. Die irische Regierung, die nicht gerade für zackige Beschlüsse bekannt ist, beschloss eine Steuersenkung bei Benzin und Diesel bereits am 9. März, und das gleiche Thema dümpelte sage und schreibe zwei Monate später noch im Bundestag vor sich hin.

Bundesregierung ohne Schwung
Die Bundesregierung aus SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP benötigt für den nicht gerade sehr komplexen Beschluss zur zeitweiligen Reduzierung der Spritpreise durch einen Steuernachlass über 60 Tage länger als die irische Regierung, die seit Jahren nicht in der Lage ist, Wasserabgaben von Privathaushalten einzuziehen. Diese Diskrepanz fiel uns besonders auf, weil wir im März im irischen Kerry fast ungläubig die relativ ‚niedrigen‘ Benzinpreise bestaunten, während gleichzeitig an deutschen Tankstellen die 2-Euro-Schwelle locker genommen wurde. Was treiben eigentlich Sozialdemokraten, Grüne und Liberale in Berlin? Von Entscheidungsfreude keine Spur! Im Bundeskanzleramt hat sich die Behäbigkeit einer Angela Merkel mit Olaf Scholz potenziert! In noch erschreckenderer Weise zeigt sich diese Schwerfälligkeit bei der Unterstützung der ukrainischen Bürgerschaft. Zuerst wird über Waffen, dann schwere Waffen für die Ukraine gestritten, und so manche Aussage aus den Koalitionsparteien stellt eindringlich die Führungskraft von Bundeskanzler Olaf Scholz in Frage. Hätten andere Staaten gleich zögerlich gehandelt, hätte die russische Armee mit Sicherheit noch größere Gebiete des Landes erobert und noch mehr zerstörte Häuser, Kinderkliniken, Schulen und Brücken hinterlassen – von den Massengräbern ganz zu schweigen.

Wenn man in der Politik Verbesserungen oder Erleichterungen für die Menschen erreichen möchte, dann kommt es auf zügiges Handeln an. In der Republik Irland wurde die Steuer Anfang März auf unverbleites Benzin um 20, auf Diesel um 15 Cent und auf Agrardiesel um zwei Cent reduziert. Nun kann man generell über die längerfristige Sinnhaftigkeit einer solchen Maßnahme streiten, denn die irische Regierung begrenzte die Reduktion erstmal bis Ende August, die Bundesregierung will drei Monate auf Steueranteile verzichten. Wer endlos diskutiert, der vergibt die Chance, zwischenzeitlich weit gewichtigere Fragen anzugehen und zu lösen. Kann es sein, dass Spekulanten die Preise im Energiebereich treiben, und dies gilt auch für Nahrungsmittel – wie Weizen aus der Ukraine bzw. Russland? Was ist zu tun, wenn die Märkte angesichts einer Vielzahl politischer Einflüsse nicht funktionieren? Die Gaspreise verdoppelten sich für viele Haushalte – für uns gleichfalls – bereits vor dem Krieg in der Ukraine, obwohl das Angebot noch nicht mit zusätzlichen Risiken behaftet war. Wie kann es sein, dass die Benzinpreise insbesondere in Deutschland im EU-Vergleich an der Spitze liegen?

Dynamik statt Behäbigkeit
Die FDP wollte die Pendler unterstützen, dafür bekamen die Grünen ein 9-Euro-Ticket für drei Monate: Eingeführt werden soll es zum 1. Juni, doch gut zwei Wochen vorher gibt es noch keinen definitiven Beschluss. Dasselbe trifft für den Tankrabatt zu. Längst geht es in der Bundesregierung nicht mehr um die beste, um eine innovative oder eine nachhaltige Lösung, sondern letztendlich tut sie das, was andere Regierungen in gleicher Weise tun – nur eben schneller. Zu wenig Gedanken machen sich die politischen Entscheider allerdings zur näheren und ferneren Zukunft, denn Dreimonatslösungen bringen keine ernsthafte Entlastung, was in besonderer Weise für die Ukrainekrise gilt, denn Putin wird wohl kaum in kurzer Zeit das russische Militär in die Kasernen zurückbeordern und den Wiederaufbau des von ihm zerstörten Landes unterstützen. Ganz im Gegenteil: Wir müssen damit rechnen, dass Putin & Konsorten weiter zündeln, sei es in Moldawien oder Südossetien – einer abtrünnigen Provinz Georgiens. Und schon wird der Strom für Finnland aus russischen Kraftwerken abgestellt, weil die Finnen in die NATO flüchten wollen.

Bundeskanzler Olaf Scholz und sein Kabinett müssen gemeinsam mit den sie tragenden Fraktionen zu einer sachgerechteren und zügigeren Entscheidungsweise finden, was nicht nur für Tankrabatte oder 9-Euro-Tickets gilt. Ein wenig Dynamik, verbunden mit konkreten Aussagen, vermitteln noch Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck, doch insgesamt erinnert mich die Truppe aus Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen nach kurzer Regierungszeit bereits an das letzte Horrorkabinett Angela Merkels. Die Welt wartet nicht auf Deutschland! Entscheidungen können auch mal falsch sein, aber sie müssen zeitnah und sachorientiert getroffen werden! Irgendwie riecht es doch sehr tranig aus dem Kanzleramt. Ohne Schwung, dafür mit viel Behäbigkeit und verschwurbelten Reden, so steht sich Olaf Scholz leider selbst im Weg. Und der Tankrabatt, ein Drama in zehn Akten, ist da nur ein kleines Beispiel.
2 Antworten auf „Langsam, langsamer, Bundesregierung“