Moorschutz braucht weltweit eine höhere Priorität
In Deutschland haben wir den Vorteil einer guten und sicheren Wasserversorgung. Und dies gilt zumindest bisher auch in trockenen Sommern. Aber es gibt keinen Zweifel: Der Klimawandel schreitet voran und bedroht so u.a. die Wasserversorgung. Wir wohnen in Esslingen am Neckar und beziehen unser Wasser aus dem Bodensee, einem bisher unerschöpflich scheinenden Reservoir. Immerhin beziehen vier Millionen Menschen im Südwesten ihr Trinkwasser aus dem Bodensee. Einbezogen in das 1700 Kilometer lange Wassernetz sind 320 Städte und Gemeinden auf der Schwäbischen Alb, im Schwarzwald, am Neckar und in den nördlichen Teilen Baden-Württembergs. Den in Europa deutlich zu warmen und zu trockenen Sommer haben wir allerdings in Irland verbracht, und dort wurde uns doppelt bewusst, wie wichtig der sorgsame Umgang mit Trinkwasser ist. In manchen Regionen der irischen Republik versiegten die Wasserreservoire, die Tiefbrunnen schwächelten, in den Flüssen herrschten Niedrigstände: das Trinkwasser musste mit Tankwagen zum Abnehmer gekarrt werden. Das Wassernetz in der Republik Irland ist marode, und wenn dann der ansonsten übliche Regen auf der grünen Insel ausbleibt, dann wird es ernst.
Das Moor rettete die Wasserversorgung
Bei all den Alarmmeldungen in den Medien machten wir uns in Kerry auf und wanderten zu ‚unserem‘ Wasserreservoir. Längst war der Einsatz des Gartenschlauchs verboten worden, um Wasser zu sparen, und so mancher Garten sah ganz un-irisch und sehr vertrocknet aus. Doch dann konnten wir zumindest für einige Zeit aufatmen: Der Mount Eagle Lake (auch mal Lough genannt) war so voll wie immer, und dies nach wochenlanger Trockenheit. Die Möwen tummelten sich auf dem kleinen See und wuschen sich das Salz aus den Federn. Auch in Irland geschehen keine Wunder in Sachen Wasser, daher musste die noch befriedigende Versorgungslage in unserer Region einen Grund haben.
Und die Ursache liegt auf der Hochebene des Mount Eagle, der den kleinen See überragt. Hier gibt es nicht – wie im Bodensee – einen im Regelfall wasserreichen Zufluss, den Rhein, sondern höchstens ein kleines Rinnsal. Aber selbst dieses war kaum noch zu erkennen. Woher kam also das Wasser für unseren Trinkwasserspeicher? Zwar ist das Hochmoor am Mount Eagle zum Teil in den vergangenen Jahrhunderten teilweise abgebaut worden, doch die verbliebenen Reste haben uns gewissermaßen über den Sommer gebracht. Das Regenwasser des letzten Winters und Frühjahrs wurde in der Moorlandschaft gespeichert und diente dann als letzte Reserve. Nun ist es keine Neuheit, dass Moore Wasser speichern und so ausgleichend auf den Wasserhaushalt wirken, doch plötzlich wurde die Theorie durch die tägliche Realität untermauert und richtiggehend greifbar.
Irland: Wassergebühren nach Bürgerprotesten wieder abgeschafft
Sollten sich die regenlosen Monate weiter ausdehnen, dann wird dies auch im Südwesten Irlands zu dramatisch zunehmender Wasserknappheit führen. Daran würden dann letzte verbliebene Moore nichts mehr ändern können. Die bei uns noch funktionierende Wasserversorgung war Mutter Natur geschuldet und nicht Irish Water, denn der Wasserversorger verliert nach eigenen Angaben die Hälfte des aufbereiteten Wassers auf dem Weg zum Kunden. Dies liegt nicht am Wasserversorger selbst, sondern an maroden Wasserrohren und mangelnden staatlichen Investitionsmitteln.
Die eingeführten Wassergebühren nahm die irische Regierung unter Premierminister Leo Varadkar wieder zurück, und so flatterte auch uns ein Scheck ins Haus mit den erstatteten Gebühren! Nicht nur mir fällt dabei ein Begriff ein, den ich eigentlich auf die Politik in Deutschland gemünzt hatte. So schrieb Ivan Yates im ‚Irish Independent‘: „Despite having the wettest climate of any European country adjoinig the Atlantic, we can’t organise nationwide 24-hour supply. Southern Mediterranean countries Spain, France, Greece and Portugal with a fraction of our rainfall, manage, while our banana republic runs dry.“ Da hat der Autor den Finger in die Wunde gelegt, die Wasserversorgung liegt ausgerechnet dort im Argen, wo der Regen zumindest in bestimmten Jahreszeiten reichlich vom Himmel fällt. Und da ist sie, die „banana republic“, mal in Irland, mal bei anderen Themen in Deutschland!
Moore brauchen Schutz
Nun aber nochmals zurück zu den Mooren, die in unserer Welt noch immer zu stiefmütterlich behandelt werden. Viel zu häufig werden auch in Deutschland Moore weiter abgebaut und der Torf landet sackweise in den Gärten. Dies ist in unseren Tagen allemal ein Skandal. Aber auch in Irland wurde bis vor kurzem der Torf zur Stromerzeugung verwandt, und so mancher Kamin wird noch immer mit ‚peat briquettes‘ befeuert. Schön sieht dann das Kaminfeuer aus, doch unser ökologisches Gewissen hat dafür gesorgt, dass wir nur noch Holz im Ofen verbrennen.
Natürlich kommt Mooren nicht nur bei der Speicherung von Wasser oder CO2 eine große Bedeutung zu, sondern sie sind auch für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten unerlässlich. Nehmen wir als Beispiel Baden-Württemberg: Nur noch rd. ein Prozent der Landesfläche wird von Mooren eingenommen. Die Ausdehnung der Agrarwirtschaft – man denke nur an die industrielle Landwirtschaft oder die Flurbereinigung – hat durch Trockenlegung und Urbarmachung die Moore zu einem Randsegment werden lassen. Zerstörte Moore können kein CO2 mehr speichern, und wenn die Böden trockenfallen zersetzen Mikroorganismen den Torf, und es werden Methan und Kohlendioxid freigesetzt. Auch vor diesem Hintergrund müssen wir alles daransetzen, die letzten Moore zu erhalten und geeignete Flächen beispielsweise wieder zu vernässen.
Renaturierung geschädigter Moore ist möglich
Der NABU hat den Schutz und die Renaturierung von Mooren in einem Modellprojekt ‚Moore mit Stern‘ in Baden-Württemberg vorangetrieben. Unterstützt wurde das Vorhaben durch eine Spende der Daimler AG. Im Südschwarzwald wurde das Hinterzartener Moor und das ‚Bodenmöser‘ im Kreis Ravensburg zwischen Argenbühl und Isny einbezogen. Durch den Einbau von Sperren wurden die in der Vergangenheit gegrabenen Entwässerungskanäle verschlossen, um so dem Moor wieder das Wasser zu erhalten, das es für den Wiederaufbau braucht. Bei diesem Projekt geht es um die Sicherung der Lebensgrundlage von Pflanzen und Tieren, die in Moorgebieten leben. Ob Nieder- oder Hochmoor, sie alle haben eine Existenzberechtigung gerade in unserer Zeit des Klimawandels. CO2 wird gebunden, die Artenvielfalt erhalten, der Wasserhaushalt verbessert.
Diese NABU-Aktivitäten belegen, dass angegriffene Moore wieder zu echtem Leben erweckt werden können. Zum Erfolg hat auch beigetragen, dass das Hinterzartener Moor nicht wie geplant in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts für medizinische Zwecke abgebaut wurde, sondern lediglich Entwässerungskanäle gezogen worden waren. Es ist an der Zeit, dass sich die Politik im Bund und in den Ländern verstärkt dem Moorschutz zuwendet, und dabei reichen Sprechblasen nicht aus. Von großer Bedeutung ist es auch, den Eintrag von Schadstoffen, z.B. Nitrat aus landwirtschaftlichen Flächen, einzudämmen.
Nochmals zurück zu unserem Lake am Mount Eagle in der Nähe des irischen Ventry, und nur etwa 10 Kilometer vom Touristen-Hotspot Dingle gelegen. Das Speichern von Wasser in einem Hochmoor, das dann auch Einfluss auf die Versickerung des Regens hat und – wie in unserem Beispiel – Wasser in weiter unten liegende Schichten abgibt und letztendlich auf diesem Weg zur Trinkwasserversorgung beiträgt, belegt die Bedeutung von Mooren über den Biotop- und Artenschutz hinaus. Wie schnell trockengelegte Moore zu einer Gefahr werden können, das haben große Brände in Russland in den vergangenen Jahren belegt. Und auch der Moorbrand in Meppen, der durch einem Raketentest im Auftrag der Bundeswehr entstand, unterstreicht die vorhergehenden Aussagen.
Moore sind wie gewaltige Schwämme
Lebendige Moorlandschaften mit einem guten Wasserhaushalt sind unbedingt zu erhalten. Entwässerte Moore, die noch eine Chance für einen Aufbau der torfbildenden Vegetation haben, sollten geschützt und wieder vernässt werden. Schnelle Erfolge gibt es dabei nicht, denn Torfmoose bauen in einem Jahr nur einen Millimeter Torf auf. Der Abbau mit großen Baggern zerstört daher in Windesseile die Aufbauarbeit von Jahrtausenden: er muss auch in Norddeutschland endlich eingestellt werden!
Moore bestehen aus bis zu 95 % aus Wasser, daher verglich sie bereits der Naturforscher Alexander von Humboldt mit gewaltigen Schwämmen. Und wie ein Schwamm, so können die Moore das Wasser auch wieder abgeben und tragen damit zum Wasserhaushalt in der jeweiligen Landschaft bei. Moore können bei starkem Regen bis zu einem Meter aufschwimmen und gewaltige Wassermassen binden. Wären die Moore durch die industrielle Landwirtschaft, den Straßen- und Siedlungsbau beispielsweise nicht so zusammengeschrumpelt, dann könnten sie deutlich mehr zur Vermeidung von Überschwemmungen beitragen. Aber auch dies ist ein Grund, sorgsam mit den verbliebenen Mooren umzugehen und möglichst frühere Moorflächen, die nicht abgebaut, sondern nur entwässert wurden, wieder zu renaturieren. Gerade im Angesicht des Klimawandels müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, um einen möglichst ausgeglichenen Wasserhaushalt zu gewährleisten – und ganz nebenbei stärken wir dann auch die Artenvielfalt.
3 Antworten auf „Klimawandel: Ohne ein Moor wären wir auf dem Trockenen gesessen“