Torf gehört weder in den Ofen noch in den Garten
Heiße und zu trockene Sommer scheinen ebenso zuzunehmen wie Starkregenereignisse: Wenig erfreuliche Entwicklungen, die uns alle immer häufiger plagen werden. Natürlich kommt daher allen Bemühungen große Bedeutung zu, die den Klimawandel zumindest bremsen. Doch wir werden nur in vielen verschiedenen Schritten den CO2-Ausstoß vermindern können. Damit kommt gerade auch dem Erhalt der schwindenden Moorflächen eine wichtige Bedeutung zu. Moore binden nicht nur das klimaschädliche CO2, sondern sie speichern auch unglaubliche Mengen an Wasser, und eine große Vielfalt an Pflanzen und Tieren finden dort eine Heimat. Trotz dieser Vorteile der Moore verschwinden sie noch immer als Torfbriketts in Kaminen und Öfen oder landen auf Flächen für den Gemüseanbau oder in Gärten.
Wenig Fläche – viel Kohlenstoff gespeichert
Moore bedecken zwar nur noch drei Prozent der Landfläche auf unserem Globus, aber „sie speichern ein Drittel der erdgebundenen Kohlenstoffvorräte“, so der NABU. Alle Wälder zusammen bringen es im Übrigen nur auf die Hälfte dieses Volumens. Wenn Moore abgebaut werden, dann macht sich der gebundene Kohlenstoff beim Verbrennen auf in die Atmosphäre, doch bereits bei der vorhergehenden Entwässerung droht Gefahr: „72 Prozent der globalen Lachgasemissionen stammen aus entwässerten Mooren. Das bestätigt das Wissenschaftler-Team um Professor Ülo Mander von der Universität Tartu in Estland in der Zeitschrift ‚Nature‘. Die Lachgasemissionen aus degradierten Mooren wurden in ihrer Bedeutung für den Klimawandel lange unterschätzt“, so der NABU.
„Neben Kohlenstoff speichern Moore auch erhebliche Mengen an Stickstoff, werden sie entwässert, setzen sie das Distickstoffmonoxid, Lachgas, frei. Ein Grund zur Sorge, denn das Treibhausgaspotenzial von Lachgas ist 298-fach höher als das von Kohlendioxid.“ Wenn wir solche Zahlen lesen, dann müsste doch alles getan werden, um die noch vorhandenen intakten Moore zu schützen und geschädigte Flächen – wo immer möglich – zu renaturieren.
Zögerliche politische Reaktionen
Selbstredend sind diese Fakten auch den für Umweltfragen zuständigen Politikerinnen und Politikern nicht unbekannt, doch es wird nur zögerlich oder gar nicht reagiert. Es ist für mich frappierend mit welcher Vehemenz der Kreuzzug gegen Dieselfahrer geführt wird und dies ohne Rücksicht auf Millionen von Arbeitsplätzen: Grenzwerte für Pkw, Transporter und Lkw werden immer strenger, während um die Ecke der Torfabbau weiter voranschreitet. Zwar geht die in Deutschland gewonnene Torfmenge zurück, doch es gibt große Lieferungen z. B. aus dem Baltikum. Ich vermisse da die lautstarken Grenzwert-Propagandisten, die vor lauter Autos die Abbaubagger in den Moorgebieten nicht zu sehen scheinen.
„Allerdings hat dieser Torf einen hohen Preis für die Umwelt, denn sein Abbau zerstört die jahrhundert- bis jahrtausendalten Moore und mit ihm den Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere. Auch fürs Klima ist der Torfabbau schlecht: Durch die Entwässerung der Feuchtgebiete entweicht CO2, außerdem entfällt ein wertvoller Speicher für das Treibhausgas“, so das Umweltbundesamt. Völlig zurecht fordert das Umweltbundesamt daher dazu auf, Gartenerde ohne Torf zu verwenden. Doch gerade auch die Gartenbaubetriebe nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa setzen auf Torf: Und so bekommen auch die Gurken aus Spanien oder die Tomaten aus Holland früh Kontakt mit Torf aus den baltischen Staaten. Zwar dürfen weder in Deutschland noch in anderen EU-Staaten weitere Moore entwässert werden, doch der Schutz gilt nicht für bereits trockengelegte Moore. So sind zwar neue Abbaulizenzen ein rares Gut für die Torfindustrie geworden, doch die riesigen Bagger und Fräsen laufen weiter, denn es finden sich noch genügend entwässerte Gebiete. Nur wenige PolitikerInnen scheinen den Gedanken in die Tat umsetzen zu wollen, dass auch geschädigte Moore in vielen Fällen renaturiert werden könnten.
Moore als Wasserspeicher
Der letzte Sommer war nicht nur in Deutschland extrem heiß und viel zu trocken, und auch die bisherigen Regenmengen in 2019 liegen überwiegend unter dem langfristigen Durchschnitt. Zwar verdorrten im Sommer 2018 viele Felder, doch die Wasserversorgung machte zumindest in Deutschland noch nicht schlapp. Ganz anders in manchen Regionen der irischen Republik, um ein Beispiel aus einem EU-Staat zu nennen, der nicht gerade für permanenten Sonnenschein bekannt ist. Dort versiegten die Wasserreservoire, die Tiefbrunnen schwächelten, in den Flüssen herrschten Niedrigstände: das Trinkwasser musste mit Tankwagen zum Abnehmer gekarrt werden. Das Wassernetz in der Republik Irland ist marode, und wenn einmal der ansonsten übliche Regen auf der grünen Insel ausbleibt, dann wird es ernst. Wer schon in normalen Jahren die Hälfte des Wassers auf dem Weg zum Abnehmer verliert, der hat natürlich einen schlechten Stand.
Bei all den Alarmmeldungen in den Medien machten wir uns in Kerry auf und wanderten zu ‚unserem‘ Wasserreservoir. Längst war der Einsatz des Gartenschlauchs verboten worden, um Wasser zu sparen, und so mancher Garten sah ganz ‚un-irisch‘ und sehr vertrocknet aus. Doch dann konnten wir zumindest für einige Zeit aufatmen: Der Mount Eagle Lake (auch mal ‘Lough’ genannt) war so voll wie immer, und dies nach wochenlanger Trockenheit. Die Möwen tummelten sich auf dem kleinen See und wuschen sich das Salz aus den Federn. Auch in Irland geschehen keine Wunder in Sachen Wasser, daher musste die noch befriedigende Versorgungslage in unserer Region einen anderen Grund haben.
Und die Ursache liegt auf der Hochebene des Mount Eagle, der den kleinen See überragt. Hier gibt es nicht – wie im Bodensee – einen bisher wasserreichen Zufluss, den Rhein, sondern höchstens ein kleines Rinnsal. Aber selbst dieses war kaum noch zu erkennen. Woher kam also das Wasser für unseren Trinkwasserspeicher? Zwar ist das Hochmoor am Mount Eagle zum Teil in den vergangenen Jahrhunderten ebenfalls in großen Teilen abgebaut worden, doch die verbliebenen Reste haben uns gewissermaßen über den Sommer gebracht. Das Regenwasser des letzten Winters und Frühjahrs wurde in der Moorlandschaft gespeichert und diente dann als letzte Reserve. Nun ist es keine Neuheit, dass Moore Wasser speichern und so ausgleichend auf den Wasserhaushalt wirken, doch plötzlich wurde die Theorie durch die tägliche Realität untermauert und richtiggehend greifbar.
Torf in Kamin und Garten
Trotz der riesigen Bedeutung für einen ausgeglichenen Wasserhaushalt werden Moore in unserer Welt noch immer viel zu stiefmütterlich behandelt. Und viel zu häufig werden auch in Deutschland Moore weiter abgebaut und der Torf landet sackweise in den Gärten. Dies ist in unseren Tagen allemal ein Skandal. Aber auch in Irland wurde bis vor kurzem der Torf zur Stromerzeugung verwandt, und so mancher Kamin wird noch immer mit ‚peat briquettes‘ befeuert. Schön sieht dann das Kaminfeuer aus, doch unser ökologisches Gewissen hat dafür gesorgt, dass wir nur noch Holz im Ofen verbrennen.
Natürlich kommt Mooren nicht nur bei der Speicherung von Wasser oder CO2 eine große Bedeutung zu, sondern sie sind auch für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten unerlässlich. Aber: Nur noch rd. ein Prozent der Landesfläche wird in Baden-Württemberg von Mooren eingenommen. Die Ausdehnung der Agrarwirtschaft – man denke nur an die industrielle Landwirtschaft oder die Flurbereinigung – hat durch Trockenlegung und Urbarmachung die Moore zu einem Randsegment werden lassen. Zerstörte Moore können kein CO2 mehr speichern, und wenn die Böden trockenfallen, zersetzen – wie bereits erwähnt – Mikroorganismen den Torf, und es werden Methan und Kohlendioxid freigesetzt. Auch vor diesem Hintergrund müssen wir alles daransetzen, die letzten Moore zu erhalten und geeignete Flächen beispielsweise wieder zu vernässen.
Renaturierung geschädigter Moore ist möglich
Der NABU hat den Schutz und die Renaturierung von Mooren in einem Modellprojekt ‚Moore mit Stern‘ in Baden-Württemberg vorangetrieben. Im Südschwarzwald wurde das Hinterzartener Moor und das ‚Bodenmöser‘ im Kreis Ravensburg zwischen Argenbühl und Isny einbezogen. Durch den Einbau von Sperren wurden die in der Vergangenheit gegrabenen Entwässerungskanäle verschlossen, um so dem Moor wieder das Wasser zu erhalten, das es für den Wiederaufbau braucht. Bei diesem Projekt geht es um die Sicherung der Lebensgrundlage von Pflanzen und Tieren, die in Moorgebieten leben. Diese NABU-Aktivitäten belegen, dass angegriffene Moore wieder zu echtem Leben erweckt werden können. Zum Erfolg hat auch beigetragen, dass das Hinterzartener Moor nicht wie geplant in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts für medizinische Zwecke abgebaut wurde, sondern lediglich Entwässerungskanäle gezogen worden waren.
Nochmals zurück zu unserem Lake am Mount Eagle in der Nähe des irischen Ventry, und nur etwa 10 Kilometer vom Touristen-Hotspot Dingle gelegen. Das Speichern von Wasser in einem Hochmoor, das dann auch Einfluss auf die Versickerung des Regens hat und – wie in unserem Beispiel – Wasser in weiter unten liegende Schichten abgibt und letztendlich auf diesem Weg zur Trinkwasserversorgung beiträgt, belegt die Bedeutung von Mooren über den Biotop- und Artenschutz hinaus. Wie schnell trockengelegte Moore zu einer Gefahr werden können, das haben große Brände in Russland in den vergangenen Jahren belegt. Und auch der Moorbrand in Meppen, der durch einen Raketentest im Auftrag der Bundeswehr entstand, unterstreicht die vorhergehenden Aussagen.
Moore sind wie gewaltige Schwämme
Lebendige Moorlandschaften mit einem guten Wasserhaushalt sind unbedingt zu erhalten. Entwässerte Moore, die noch eine Chance für einen Aufbau der torfbildenden Vegetation haben, sollten geschützt und wieder vernässt werden. Schnelle Erfolge gibt es dabei nicht, denn Torfmoose bauen in einem Jahr nur einen Millimeter Torf auf. Der Abbau mit großen Baggern zerstört dagegen in Windesseile die Aufbauarbeit von Jahrtausenden: er muss auch in Norddeutschland endlich eingestellt werden!
Moore bestehen aus bis zu 95 % aus Wasser, daher verglich sie bereits der Naturforscher Alexander von Humboldt mit gewaltigen Schwämmen. Und wie ein Schwamm, so können die Moore das Wasser auch wieder abgeben und tragen damit zum Wasserhaushalt in der jeweiligen Landschaft bei. Moore können bei starkem Regen bis zu einem Meter aufschwimmen und gewaltige Wassermassen binden.
Moorschutz ist Menschenschutz
Wären die Moore durch die industrielle Landwirtschaft, den Straßen- und Siedlungsbau beispielsweise nicht so zusammengeschrumpelt, dann könnten sie deutlich mehr zur Vermeidung von Überschwemmungen beitragen. Aber auch dies ist ein Grund, sorgsam mit den verbliebenen Mooren umzugehen und möglichst frühere Moorflächen, die nicht abgebaut, sondern nur entwässert wurden, wieder zu renaturieren. Gerade im Angesicht des Klimawandels müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, um einen möglichst ausgeglichenen Wasserhaushalt zu gewährleisten – und ganz nebenbei stärken wir dann auch die Artenvielfalt.
Ob Nieder- oder Hochmoor, sie alle haben eine Existenzberechtigung gerade in unserer Zeit des Klimawandels. CO2 und Methan werden gebunden, die Artenvielfalt erhalten, der Wasserhaushalt verbessert. Es ist an der Zeit, dass sich die Politik im Bund und in den Ländern verstärkt dem Moorschutz zuwendet, und dabei reichen Sprechblasen nicht aus. Von großer Bedeutung ist es auch, den Eintrag von Schadstoffen, z.B. Nitrat aus landwirtschaftlichen Flächen, einzudämmen.
Wer heute Moore schützt, der tut dies nicht nur für Pflanzen und Tiere, sondern auch für uns alle: Moorschutz ist gerade in Zeiten der Klimabedrohung auch Menschenschutz!
Vielen Dank, dass Sie darauf hinweisen, dass Moore so wertvolle Biotope sind und viel CO2 und Lachgas speichern. Das Heizen mit Torf ist für mich nicht nachvollziehbar. Wir sollten alle Moore renaturieren und Torfabbau sorgfältig planen, falls es denn nötig ist.