Wo einst die Hämmer klopften, da wandern heute Touristen
Vor rd. 4 500 Jahren gruben unsere Vorfahren auf dem irischen Ross Island bei Killarney nach Kupfer und läuteten damit unter anderem den Übergang von der Steinzeit zum Bronzezeitalter ein. Somit sind dies die ältesten, bisher bekannten Kupferminen auf den Britischen Inseln. Aber auch in späteren Epochen – bis ins 19. Jahrhundert – schürfte man direkt an den Killarney Lakes mit wechselndem Erfolg nach Kupfer, Blei, Zink, Silber und Kobalt. Zuerst im Tagebau, später dann in niedergebrachten Schächten, jagten unterschiedlichste Generationen nach wichtigen Metallen. Auf einer Wanderung über die frühere Insel, die heute mit dem Festland verbunden ist, waren wir auf den Spuren des Kupferbergbaus in Kerry unterwegs.

Mögen die Dimensionen auch deutlich kleiner sein als im walisischen Parys Mountain, so ergeben sich doch interessante Verbindungen nach Wales. Nicht nur Kupfererz aus dem gigantischen Tagebau in Parys Mountain, sondern auch von Ross Island wurde im 19. Jahrhundert in walisischen Hüttenwerken weiterverarbeitet. Heute gehört Ross Island nicht nur zum National Park – nicht zu verwechseln mit einem Nationalpark im deutschen Sinne -, sondern ist zugleich wichtiger Bestandteil eines der beiden irischen Biosphärenreservate. Neben dem in Kerry gelegenen Killarney National Park zählt das Dublin Bay Biosphere Reserve dazu. Weil sich viele Deutsche nicht mit dem Begriff ‚Reservat‘ anfreunden konnten, heißen diese von der UNESCO anerkannten Regionen bei uns ‚Gebiete‘. So z.B. das Biosphärengebiet Schwarzwald, über das ich bereits berichtet habe.

Eindringendes Wasser behindert den Kupfer-Abbau
Als wir durch die selbst zu touristischen Stoßzeiten recht stillen Wälder mit einem ansehnlichen alten Baumbestand – gerade auch knorrige Eichen, Eiben, Scots Pines – am Loch Leane wanderten, konnten wir uns kaum vorstellen, dass hier vor Jahrtausenden mit Steinhämmern und Feuer versucht wurde, das Gestein aufzubrechen, um so an die Schätze der Erde zu gelangen. Mühten sich die Menschen der Bronzezeit noch in Tagebauen ab, so drangen ihre Nachfahren im 18. und 19. Jahrhundert auch mit Schächten in die Gesteinsschichten vor. Zumeist genügten hier Schächte mit einer Tiefe bis zu 15 Metern, da das Kupfererz relativ nahe an der Oberfläche zu finden war. Bei Muckross auf der benachbarten Halbinsel erreichten die Mineure sogar eine Tiefe von 65 Metern, allerdings ohne die ertragreiche Kupferader wirklich zu finden, die sie sich erhofften.
Die Erträge ließen im 18. und 19. Jahrhundert zumeist zu wünschen übrig, da das Schürfen des Kupfererzes mit erheblichen Kosten verbunden war. Das hat in diesem Explorationsgebiet seinen Grund nicht zuletzt im Grundwasser, das in die Schächte eindrang und dem schwankenden Wasserspiegel des Sees. So errichteten die unterschiedlichen Unternehmen Dämme gegen das Hochwasser des Loch Leane und versuchten mit Pumpen, den Wasserstand möglichst niedrig zu halten. Die Meinungen gingen jedoch bereits damals auseinander, ob in erster Linie natürliche Unbill wie das eindringende Wasser oder Fehler der Betreiber die Hauptursache für den wirtschaftlichen Niedergang der Bergwerksaktivitäten waren. So schrieb Isaac Weld 1804 den Grund eindeutig dem Missmanagement oder dem fehlenden Einvernehmen der beteiligten Parteien zu.

‚Baron Münchhausen‘ als Chef-Berater
Zu den Beratern der Minenbetreiber auf Ross Island gehörte im 19. Jahrhundert im Übrigen auch der deutsche Bibliothekar, Mineraloge und Schriftsteller Rudolf Erich Raspe. Sicherlich fällt einem nicht immer sofort ein, dass er ‚Die Abenteuer des Baron Münchhausen‘ geschrieben hat – und hoffentlich ähnelten seine Beraterleistungen nicht seinem ‚Lügenbaron‘ . Aber als Universalgelehrter konnte Raspe damals noch bei jedem Thema dienlich sein. Im Auftrag des Industriellen Matthew Boulton, der gemeinsam mit James Watt ein Unternehmen in Großbritannien leitete, betätigte sich Raspe auch im Bergbau in Cornwall. Seine Aktivitäten erstreckten sich ebenso auf Schottland und dann auf Irland. Am 16. November 1794 ereilte ihn sein Schicksal, und er starb im irischen Muckross an Scharlach, manche Quellen geben Typhus an. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Friedhof in Killegy/Killarney in einem namenlosen Grab.
Im Zeichen der industriellen Revolution stieg die Nachfrage nach Kupfer, und so wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts zwischen 150 und 500 Mitarbeiter beschäftigt, nicht wenige hatten bereits in Cornwall Erfahrungen im Bergbau gemacht. Von Ross Island gelangte das Erz über den Landweg nach Tralee und dann per Schiff um die Südküste Irlands herum ins walisische Swansea zur Verhüttung. In Holywell in Nordwales finden sich noch heute interessante Spuren der Weiterverarbeitung von Kupfer aus unterschiedlichen Abbaugebieten.

Frühe Industriekultur ist längst verweht
Alle Versuche, das Wasser aus dem Loch Leane zu stoppen, scheiterten im 19. Jahrhundert: Auch immer höhere Dämme und noch leistungsfähigere Dampf-Pumpen, die die Ross Island Company und die Hibernian Mining Company einsetzten, nutzten auf Dauer nichts, und so sind heute alle Tagebaue oder Schächte und Stollen geflutet. Dennoch vermittelt ein Rundgang auf gut ausgeschilderten Wegen einen eindrucksvollen Einblick in den Kupferbergbau vergangener Zeiten. Und wer sich nicht für den Kupferabbau interessiert, der ist auf Ross Island dennoch gut aufgehoben, denn die Wanderung am Ufer des Loch Leane entlang mit dem artenreichen Waldbestand, die herrlichen Ausblicke auf den See und die Berge im National Park lohnt sich allemal.
Natürlich bietet sich an den Killarney Lakes auch ein Besuch von Ross Castle oder – ganz in der Nähe – von Muckross House an, wo der interessierte Besucher Einblicke in die Geschichte der Region, das Handwerk und das Leben der adligen Familien erhält. So stellen wir erstaunt fest: Nicht nur in Wales, sondern auch im irischen Süden können wir noch heute auf den Spuren der Kupfererz-Förderung wandeln und es umweht uns zumindest ein Hauch der frühen industriellen Aktivitäten.





2 Antworten auf „Irland: Ross Island – von der Kupfermine zum UNESCO-Biosphärengebiet“