Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat sich zweimal verzockt
Es ist gewiss kein Zuckerschlecken, aus einer abseits gelegenen US-Luftwaffen-Basis einen gut frequentierten Airport für zivile Fluggesellschaften zu machen. In Ansätzen war das im rheinland-pfälzischen Frankfurt-Hahn gelungen. Ja, die ersten Etappen wurden gemeistert, doch dann verlor die Landesregierung unter Malu Dreyer die Lust an diesem Projekt, und die EU spezialisierte sich darauf, dem interessanten regionalpolitischen Vorhaben Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Mit grenzenloser Naivität verscherbelten Malu Dreyer & Co. den ‚Hahn‘ zweimal nach China: zuerst an eine Briefkastenfirma ohne Geschäftsbetrieb – SYT aus Shanghai -, dann an den Mischkonzern HNA, der nun in die Pleite schlitterte. In China, dem Reich kommunistischer Funktionäre und kapitalistischer Milliardäre, wurden sogar HNA-Vorstandsmitglieder inhaftiert. Deutsche Steuergelder flossen in dreistelliger Höhe in den Flughafen mit Potenzial, doch nicht nur diese Finanzmittel sind verloren, sondern auch hunderte von Arbeitsplätzen stehen auf der Kippe. Was ist nur mit der rheinladpfälzischen Landesregierung los: Malu Dreyer lächelt und gewinnt Landtagswahlen, im realen politischen Handeln allerdings zeigen sich die Defizite mit aller Härte.
Der Hahn im Sinkflug
Ehe von Politikern die wohlfeile Ausrede geäußert wird, die aus dem chinesischen Wuhan stammende Corona-Pandemie habe den Flughafen Hahn in die Knie gezwungen: Schon vor der weltweiten Seuche, die den Tourismus teilweise auf null drehte, war im Hunsrück immer weniger los. Früher mussten wir einen Parkplatz vorbuchen, doch dann gab es diese im Überfluss, und selbst ein neues Parkhaus wurde stillgelegt. Von den angekündigten Millioneninvestitionen der HNA-Gruppe war nichts zu sehen, dafür gab es auf den Monitoren in den Abflughallen Unterhaltungssendungen in chinesischer Sprache, obwohl weit und breit kein einziger Gast aus dem fernen Land gesichtet wurde. Die ursprünglichen Versuche der Betreiberfirma, dem Hahn das Flair eines aufgelassenen Militärstützpunkts zu nehmen, waren längst verstolpert worden. Auch manche der angesiedelten Läden machten sich vom Rollfeldrand.
Der Flughafen im Hunsrück hat eine bunte Geschichte, denn 1951 begannen die Franzosen mit dem Bau, dann machten ihn ab 1952 die Amerikaner zur Hahn Air Base, dem zweitgrößten Stützpunkt der US-Luftwaffe auf deutschem Boden – nach Ramstein: rd. 10 000 Amerikaner bevölkerten den Hahn und seine Umgebung. Deutsche Zivilangestellte fanden dort Arbeit. Als 1991 die US-Luftwaffe den Airport verließ, da drohte der Absturz, denn die ganze Region ist gewerblich und industriell wenig profiliert. 1992 landete die erste zivile Passagiermaschine, und die Idee nahm Formen an, das Drehkreuz in Frankfurt am Main zu entlasten. Ganz passend machte der irische Billigflieger Ryanair ab 1999 den Flughafen im Hunsrück zu ‚seinem‘ Frankfurt-Hahn. Dieser Flughafen verfügt – im Gegensatz zum großen Bruder am Main – über eine 24-Stunden-Betriebsgenehmigung. Sprich, auch in nächtlichen Stunden sind gerade Frachtmaschinen willkommen. Doch die Fraport AG, die den Frankfurter Flughafen betreibt, gab im Streit über minimale Sonderzahlungen der Passagiere ihre Anteile ab. Mit diesen sogenannten ‚HahnTalern‘ sollte der Landeplatz aus den roten Zahlen geflogen werden. Zurück blieben zwei recht ratlose staatliche Anteilseigner, das Land Rheinland-Pfalz mit 82,5 % und Hessen mit einem Anteil von 17,5 %. Wo der Staat wirtschaftlich aktiv ist, da steht es meist nicht zum Besten, so auch am Hahn. Die Mannschaft am Flughafen strampelte sich ab, die Defizite schwankten zwar, letztendlich dominierten aber rote Zahlen. 2008 verzeichnete der Flughafen Hahn noch fast vier Millionen Fluggäste, doch bis 2019 war die Zahl auf rd. 1,5 Mio. gesunken. Auch die Luftfracht konnte den Hahn nicht aus den Miesen fliegen: so manche Airline hatte sich nach Frankfurt abgesetzt.
Landesregierungen haben versagt
Die Landesregierungen unter Malu Dreyer suchten das Heil bei chinesischen ‚Geldgebern‘ – mit und ohne Zaster! „Das Land Rheinland-Pfalz hatte den Flughafen in den Jahren 2014/2015 mit 122 Millionen Euro Steuergeld entschuldet“, so Die Rheinpfalz, „bevor es seine Anteile in Höhe von 82,5 Prozent verkauft hat.“ Und man glaubt es kaum, nachdem der erste chinesische ‚Käufer‘ seinen Obolus schuldig geblieben war, entrichtete HNA wohl 15 Mio. Euro. Den kleinen feinen Unterschied zwischen den Steuermitteln, die insgesamt in den Hahn flossen, und dem Kaufbetrag der Chinesen, wollte die rheinland-pfälzische Landesregierung ungern vorgehalten bekommen. Hessen blieb dem Hunsrück-Airport zumindest treu, doch Malu Dreyer und Volker Bouffier hatten es versäumt, ein tragfähiges Konzept entwickeln zu lassen.
Für mich als Steuerzahler und langjährigen Nutzer des Flughafens in Hahn ist es eine regionalpolitische Katastrophe, in welch unzulänglicher Art und Weise die rheinland-pfälzische Landesregierung die Chancen des Projekts genutzt hat. Mit Steuergeldern bestimmte Vorhaben starten, und dann den Flughafen Hahn an chinesische Firmen verhökern, das kann nicht die Lösung sein! Die Leerstände in den Ladenzeilen, die deprimierende Atmosphäre im ungenutzten zweiten Terminal, die riesigen Parkflächen ohne Autos, die Stille auf dem Vorfeld, das alles zeigt die Trostlosigkeit einer verfehlten Regionalpolitik. Wer A sagt, der muss auch B sagen, und dies hätte eine Bahnverbindung zwischen Frankfurt am Main und dem Flughafen Hahn bedeutet. Zumindest die Hochmoselbrücke hat eine bessere Straßenanbindung der Gesamtregion gebracht und ergänzt die ausgebaute Bundesstraße 50 von der A61 her. Doch ein ‚halbherziges‘ Engagement bedeutet nur die Verschwendung von Steuergeldern. Und ganz ehrlich: Es war ein Witz, dass weiter Betriebszuschüsse flossen, obwohl ein chinesisches Unternehmen ohne Strategie und ausreichende Investitionen den Hahn gegen die Wand flog. In Deutschland und der EU fehlt eine innovative Regionalpolitik, die es vermag, neue wirtschaftliche Schwerpunkte zu setzen.
Investoren genauer unter die Lupe nehmen
In einer globalisierten Welt gehört es zum Alltag, dass Investoren aus fernen Ländern ihre Aktivitäten nach Deutschland ausdehnen, das ist für mich völlig klar. Aber dann müssen die gleichen Spielregeln auch in China angewandt werden. Ausländische Investoren gelten vorschnell als Heilsbringer, doch die Schwarzwaldhochstraße ist ein beredtes Beispiel dafür, dass dies nicht immer zutreffen muss: Leerstehende frühere Luxushotels säumen die einstige ‚Prachtstraße‘, nicht selten als Ruinen. Ihre Käufer stammen zumeist aus Staaten am osteuropäischen Rand, die sich nicht um ihre Schnäppchen kümmern, sondern sie oft in trostlosem Zustand vor sich hinvegetieren lassen. Oder sie kommen wiederum aus China wie bei der leerstehenden Kurklinik in Bad Rippoldsau, einem Komplex mit 300 Betten. Die Ideen sind verwelkt, auf den Balkonen wachsen Bäumchen und der chinesische Investor sucht mangels eigener Mittel einen neuen Käufer.
Rheinland-Pfalz hat einschlägige Erfahrungen mit der Verschwendung öffentlicher Gelder und problematischen Investoren: Ich nenne nur mal das Nürburgring-Debakel. Kurt Beck häufte als SPD-Ministerpräsident 330 Mio. Euro Schulden aus Steuergeldern an und flüchtete dann mit Höchsttempo aus der Landespolitik. Seine Parteifreundin und Nachfolgerin, Malu Dreyer, hat es bisher vermocht, die erneute Bruchlandung am Hahn von sich weg zu drücken, doch die Ministerpräsidentin muss sich schon fragen lassen, warum sie zweimal auf chinesische Investoren setzte, die weder über sinnvolle oder innovative Strategien noch über die notwendigen Mittel verfügten, um den Flughafen Hahn aus den roten Zahlen zu fliegen. Gemeinsam mit dem Land Hessen und Fraport hätte man sich die Bälle so zuspielen müssen, dass zumindest mehr Fracht über den Hunsrück abgewickelt wird und so die lärmgeplagten Anwohner des Frankfurter Flughafens entlastet worden wären.
Regierungsmitglieder müssen die Verantwortung für ihre Fehlentscheidungen, für ihr Unterlassen und mangelhaftes Management übernehmen, und dies gilt auch für den Flughafen Hahn. Wer sich bedenkenlos Freiern aus China an den Hals wirft, der tut sich, dem Land Rheinland-Pfalz, den Steuerzahlern und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Hahn keinen Gefallen.
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Auf dem Flughafen Frankfurt-Hahn im Hunsrück machten sich die Flugzeuge schon vor Corona rar. (Bild: Ulsamer)
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