Deutschlands Integrationsfähigkeit ist begrenzt
Während 2015 Hunderttausende von Flüchtlingen unkontrolliert die deutschen Grenzen überschritten, herrschte bei manchen Deutschen noch eine gewisse Hochstimmung: Eine von vielen Medien und Politikern zur ‚Willkommenskultur‘ hochstilisierte Begeisterung brach sich am Münchner Hauptbahnhof und an anderen Orten Bahn. Manche Bilder ähnelten den Szenen nach dem Mauerfall im Jahre 1989. Den Begeisterungsstürmen folgte dann doch eine gewisse Ernüchterung – in beiden Fällen. Es zeigte sich, dass die Arbeit nicht endet, wenn sich Menschen in die Arme fallen, sondern dann erst beginnt. Deutlich wurde aber auch sehr schnell, dass mit der Wiedervereinigung zumindest ein politisches Problem gelöst wurde, denn die durch die DDR-Führung zerschnittene Gemeinschaften fanden wieder zueinander, Bürgerinnen und Bürger aus allen Teilen Deutschlands gehörten wieder einem Staat an. Gewaltige wirtschaftliche Aufgaben waren zu meistern, DDR-Umweltsünden zu beheben, aber es zeigt sich heute, dass große Erfolge erzielt werden konnten.
Ganz anders die Situation bei der Migration, die zwar seit 2015 über 1,5 Millionen Menschen aus Syrien, Afghanistan, weiteren asiatischen und afrikanischen Ländern nach Deutschland brachte, die letztendlich aber keine politischen Probleme löst, sondern neue schafft und alte nicht beseitigt. Dies mag brutal klingen, aber hat sich denn in Afrika durch den Exodus etwas geändert? Hat sich in Afghanistan die Lage verbessert? Und wenn es in Syrien und im Irak eine etwas positivere Lage gibt, dann hat dies nichts mit der Flüchtlingsbewegung zu tun, sondern mit dem Zurückdrängen des Islamischen Staats und dem brachialen Einsatz des russischen Militärs auf Seiten des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Insbesondere aus Afrika werden neue Migrationswellen nach Europa kommen, wenn sich die Lage dort nicht deutlich verbessert.
Probleme der Welt nicht auf deutschem Boden lösbar
Aber darum gehe es doch nur in zweiter Linie, so werden Kritiker aufstöhnen, es gehe doch um bedrängte Menschen, die sich auf der Flucht befinden. Damit haben sie recht, zumindest teilweise. Auch ich kann den Anblick verängstigter Kinder kaum ertragen, die sich auf viel zu kleine Flüchtlingsboote drängen oder früher über die Balkanroute marschierten. Daher ist es auch eine Selbstverständlichkeit, dass politisch Verfolgte in Deutschland Asyl erhalten müssen, wenn sie persönlich bedroht werden. Aber ich halte es schlicht für einen Irrglauben, dass wir auf deutschem Boden die Probleme dieser Welt mal ganz nebenbei lösen können. Bestürzend ist es für mich, dass es bis heute ein Sakrileg ist, die Schwierigkeiten öffentlich anzusprechen, die sich durch den Zuzug von Hunderttausenden, ja Millionen von Menschen ergeben, die ihre ursprüngliche Heimat aus den unterschiedlichsten Gründen verlassen haben.
Vielleicht hätte ich mich ja selbst aufgemacht, wenn zuhause die wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen deutlich schlechter sind als im medial vermittelten ‚Paradies‘ Europa. Somit macht es auch keinen Sinn, seinen Unmut an Flüchtlingen auszulassen, denn sie tragen keine Schuld an der in meinen Augen verfahrenen Situation. Wir dürfen die Politik in Deutschland und Europa, aber auch in Staaten wie Russland, China und den USA nicht aus der Verantwortung entlassen. Und dies gilt auch für die EU-Kommission, die mit ihrer fragwürdigen Quotenpolitik zur Flüchtlingsumverteilung den Spaltpilz eifrig düngt, der die Rest-EU – nach dem Austritt der Briten – vollends sprengen könnte. Wer langsam aber sicher die Europäische Einigung nur an der Verteilung von Flüchtlingen misst, der handelt fahrlässig, setzt das gesamte Einigungswerk aufs Spiel.
Die Angela schwätzt, die anderen schaffen?
„Wir schaffen das“ hat Angela Merkel uns Deutschen, den Flüchtlingen und der Welt verkündet, aber bisher kamen keine klaren Aussagen zum ‚Wie‘ aus ihrem Mund. Und an Einsicht fehlt es ihr leider ohnehin, denn auch nach der letzten Bundestagswahl blieb sie halsstarrig: „Ich kann nicht erkennen, was wir jetzt anders machen müssten.“ Realitätsfern ist noch ein gelinder Begriff für eine solche Einstellung nach einer krachenden Wahlschlappe und nachdem in Sachsen die AfD der CDU den ersten Platz abgenommen hatte.
Mit Merkels „Wir schaffen das“ habe ich mich vom ersten Augenblick an schwergetan, denn Integration ist keine mechanistische Aufgabe, die sich mit Geld bewältigen ließe. Aber ohne ausreichende Budgetmittel und qualifiziertem Personal geht es auch nicht. „Willkommen“-Begeisterte können im Regelfall ihr Engagement nicht über Jahre aufrechterhalten und Kitas, Kindergärten, Schulen und Jugendhilfe stehen vor zusätzlichen Aufgaben. Gerade in diesen Einrichtungen fehlt seit Jahren ohnehin Personal, und auch die Inklusion bringt neue Herausforderungen. Pensionierte Lehrkräfte wurden reaktiviert, aber auch hier sind die Ressourcen endlich.
Flüchtlinge: Bildungsnotstand wird verstärkt
Nur in der Politik gibt es die Meinung, man könne soziale Systeme unendlich belasten. So halte ich es auch für einen Irrglauben, dass Deutschland ohne Probleme jährlich 200 000 Migranten aufnehmen könne, die aus anderen Kulturkreisen kommen und häufig nur über eine rudimentäre Bildung verfügen oder gar Analphabeten sind. Zu Beginn der Flüchtlingswelle geisterten noch Angaben durch die Medien, die bei jedem zweiten Migranten Abitur oder Hochschulstudium vermuten ließen. Leider ist dies aber nicht die Realität, und ganz ehrlich, wer wird sich denn als Hochschulprofessor oder anerkannter Mediziner aus Afrika durch die Sahara und über das Mittelmeer nach Europa aufmachen und sich brutalen und geldgierigen Schleppern ausliefern? Diese besonders qualifizierten Personen werden immer eine Chance finden, sich legal nach Europa zu bewegen.
Wenn wir in Deutschland eine Zuwanderung in den Arbeitsmarkt verstärkt ermöglichen und dafür klare gesetzliche Regelungen treffen, dann entsteht auch hier ein zusätzlicher Bedarf an Wohnraum und an Kindergartenplätzen und Schulen. Fachleute gehen davon aus, dass auch in diesem Bereich eine Zuwanderung von 200 000 Arbeitskräften mit ihren Familien sinnvoll wäre. Und dies dann plus 200 000 Flüchtlingen, die Asyl anstreben oder subsidiären Schutz erhalten?
Mehrere Großstädte pro Jahr bauen?
Politiker geraten leider oft die Größenverhältnisse etwas durcheinander, daher hier einige Annäherungsversuche: Eine Zuwanderung von 200 000 Menschen pro Jahr entspricht der Einwohnerschaft von Kassel, Rostock oder Erfurt. So viele Menschen kamen 2017 mindestens als Flüchtlinge nach Deutschland. Im Vorjahr sollen es ca. 400 000 gewesen sein, dies entspricht einer Stadt wie Duisburg. In typisch deutscher Manier wird bis heute über Flüchtlingszahlen gestritten, und dies gilt besonders auch für 2015. Aber welche Rolle spielt es wirklich, ob es eine Million Flüchtlinge waren oder wie später die Bundesregierung mitteilte 820 000 registrierte Migranten. Ich neige eher zur höheren Zahl, da ich sehr viele Flüchtlinge, die noch nicht registriert waren, direkt aus einer Bedarfsorientierten Erstaufnahmestelle in Richtung Bahnhof ziehen sah – und dies täglich. Allemal liegen wir dann innerhalb weniger Monate 2015 bei einer Zuwanderung, die den Einwohnern von Frankfurt (730000 Einwohner, 2015) oder Köln (1,06 Mio. Einwohner, 2015) entspricht. Solche Vergleiche machen nach meiner Ansicht deutlich, dass es mit „Wir schaffen das“ nicht getan ist. Sollen wir denn jedes Jahr in Deutschland eine Großstadt bauen?
Wenig Gedanken scheinen sich Angela Merkel und andere Politikerinnen und Politiker – gerade auch bei Grünen und Linken – über die Probleme zu machen, die viele Flüchtlinge mitbringen. Dies beginnt – wie bereits angesprochen – beim teilweise minimalen Bildungsstand, reicht aber bis zu gänzlich anderen Wertvorstellungen: Frauen werden oft nicht als gleichwertig angesehen und andere Religionen aggressiv abgelehnt. Nicht verwunderlich sind daher gerade auch Übergriffe auf Frauen oder auf unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Dass nicht nur Lämmchen zu uns kommen, sondern auch Terroristen und Gewaltverbrecher, dies war ein Tabu-Thema und auch heute hagelt es Angriffe, wenn solche Fragen thematisiert werden.
„Nafris“ und die Wortklauberei
So stritten nicht wenige Politiker eifrig über den Begriff „Nafris“, als in der Silvesternacht 2016 Männer mit nordafrikanischer Herkunft mit diesem Kürzel bedacht wurden. Deutlich weniger Aufregung herrschte im Jahr zuvor als es in Köln im Umfeld des Doms zu hunderten von sexuellen Übergriffen und Nötigungen gegenüber Frauen durch Männer aus Nordafrika kam. Hier ein längeres Zitat aus der „Zeit“ (22.6.16), die die Vorgänge an Silvester 2015/16 aufarbeitete: „Von den 183 Beschuldigten der Silvesternacht gelten 55 Personen als Marokkaner, 53 als Algerier, 22 als Iraker, 14 als Syrer, 14 als Deutsche. 73 Beschuldigte sind Asylsuchende, 36 hielten sich zur Tatzeit illegal in Deutschland auf, 11 hatten eine Aufenthaltserlaubnis. Es gibt also einen klaren Schwerpunkt: Täter mit nordafrikanischer Herkunft. Diesen Eindruck haben auch die zahlreichen Gespräche bestätigt, die das Reporterteam geführt hat. Die meisten Täter entstammen einem Milieu, das sich ziemlich genau eingrenzen lässt: junge Marokkaner, Tunesier und Algerier, die im Sommer oder Herbst 2015 nach Deutschland kamen auf der Suche nach einer wirtschaftlich besseren Zukunft.“ Ich kann nun keinen großen Unterschied zwischen Nordafrikanern und Nafris erkennen, statt Wortklauberei erwarten die Frauen in unserem Land – und wohl auch die Mehrheit der Männer -, dass sie sich sicher im öffentlichen Raum bewegen können.
Leicht abwegig ist es für mich auch, dass in Köln durch die Stadtverwaltung im Vorfeld von Silvester 2017 Armbändchen verteilt wurden, die zu einem respektvollen Umgang auffordern. Letztendlich hat die hohe Präsenz der Polizei und eisiger Regen für Ruhe gesorgt, denn ob sich sexuelle Nötigung durch ein Armbändchen abwenden lässt, das wage ich zu bezweifeln. Generell frage ich mich schon, welche Politik auch die Oberbürgermeisterin vertritt, die selbst von einem Messerstecher lebensgefährlich verletzt wurde. Doch Henriette Reker wusste nach den Silvester-Attacken Abhilfe für bedrängte Frauen: Sie sollten “eine Armlänge Distanz“ zu Männern halten, die sie bedrängen. Tolle Idee, insbesondere wenn die Nafris wie damals gleich zu Hunderten auftreten. Und jetzt noch ein flottes Bändchen mit „Respect“, da fällt mir echt nichts mehr dazu ein. Welchen Unfug darf eine Oberbürgermeisterin eigentlich in die Welt setzen?
Mediale Selbstbeschneidung
Nicht nur bei den Übergriffen in Köln wurde sehr zögerlich über die Herkunft der Täter berichtet, sondern auch bei anderen Fällen. So informierte die „Tagesschau“ 2016 zuerst nicht über die Festnahme eines Tatverdächtigen im Fall der in Freiburg vergewaltigten und in der Dreisam ertränkten Medizinstudentin Maria L., obwohl andere zentrale Medien berichteten, es handle sich um einen Flüchtling aus Afghanistan. Damals galt Hussein K. noch als Jugendlicher, heute wissen wir, dass er bereits als Erwachsener nach Deutschland einreiste. Und in Griechenland hatte er zuvor eine andere junge Frau von einer Klippe geworfen, die nur durch viel Glück überlebte. Nun kann die „Tagesschau“ nicht über jeden Mord, der in Deutschland begangen wird, berichten, wie sich die Redaktion verteidigte, aber es bleiben doch Zweifel an der Objektivität eines zentralen Mediums. Das Interesse an diesem Mordfall war besonders groß, da in der gleichen Region, in Endingen am Kaiserstuhl, wenig später eine junge Joggerin vergewaltigt und brutal erschlagen wurde. Es stellte sich heraus, dass diesen Mord ein rumänischer Lkw-Fahrer begangen hatte, dem ebenfalls in Österreich ein weiterer Mord vorgeworfen wird.
Natürlich ist die Freizügigkeit innerhalb der EU ein wichtiges Gut, das auch ihr sehr schätze, doch kommt es dann auch auf einen konsequenten Informationsaustausch zwischen den Polizeibehörden in Europa an. Geradezu abwegig ist es, dass deutsche Mautdaten bis heute nicht für die Klärung von Gewaltverbrechen herangezogen werden dürfen, obwohl eben solche Mautdaten von unseren österreichischen Nachbarn maßgeblich zur Festnahme des rumänischen Kraftfahrers im Endinger Mordfall beigetragen haben.
Nicht viel dazu gelernt haben die Verantwortlichen der „Tagesschau“, was sich zeigte, als ein Flüchtling aus Afghanistan die 15jährige Mia in Kandel erstach. Dieses Mal betonte die „Tagesschau“-Redaktion in ihrem Blog, man habe nicht berichtet, da es sich um eine „Beziehungstat“ gehandelt habe. Auch beim Täter in Kandel stellt sich die Frage nach dem Alter, denn Abdul D. sei – wie Hussein K. in Freiburg – als unbegleiteter Jugendlicher eingereist. Der einzige Unterschied ist das Herkunftsland: Ghana. Haben wir Bürger eigentlich nur noch ein eingeschränktes Informationsrecht? Will die „Tagesschau“ die Berichterstattung demnächst „Facebook“ und „Twitter“ überlassen? Dann brauchen wir eigentlich auch keinen öffentlich-rechtlichen Rundfunk mehr.
Problemgruppen tanzen uns auf der Nase herum
In immer mehr Kommunen zeigt es sich, dass trotz des vorhandenen guten Willens bei Stadtverwaltung, Hilfseinrichtungen und freiwilligen Helfern bestimmte Gruppen unter den Flüchtlingen fast unlösbare Schwierigkeiten aufwerfen. „Vergesst doch bitte mal die Illusion, dass Flüchtlinge keine eigenen Probleme machen. Im botanischen Garten waren die Vergewaltiger und Drogendealer so gut wie alle Flüchtlinge. Das hat das Sicherheitsgefühl vieler Menschen stark verändert. Wer das ignoriert, macht sich mit schuldig an einer Stimmung, die sich gegen Geflüchtete wendet“, so Boris Palmer, grüner Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen. Er setzt sich vor diesem Hintergrund für mehr Videoüberwachung ein. Aus Mannheim meldete sich der SPD-Oberbürgermeister, Peter Kurz, weil Jugendliche aus Nordafrika Jugendhilfeangebote kategorisch ablehnten und nicht zu bewegen seien, sich an Recht und Ordnung zu halten. Weit ist es gekommen, wenn Peter Kurz einen Brandbrief an den baden-württembergischen Innenminister, Thomas Strobel, schreiben muss, weil jugendliche Flüchtlinge Hilfe vom Jugendamt ablehnen und stattdessen auf Diebestour gehen. Andere Kommunen haben die gleichen Probleme mit der hohen kriminellen Energie bestimmter Flüchtlingsgruppen: Eine Unterbringung in geschlossenen Einrichtungen ist gerade bei Jugendlichen rechtlich schwierig. Und letztendlich hat es im Taumel der Willkommenskultur auch an einer sachgerechten Einschätzung der Herausforderungen gefehlt, und daher werden viele Institutionen auch unvorbereitet getroffen.
Kritisch hinterfragt wird nach den Morden in Freiburg und Kandel auch der Einsatz von Jugendhilfeeinrichtungen. Haben sich diese intensiv genug um die Flüchtlinge gekümmert? Dies müssen die Behörden vor Ort beurteilen, aber generell möchte ich anmerken, dass professionelle Betreuer für jugendliche Flüchtlinge – wenn sie es denn sind – nicht auf den Bäumen wachsen! Deutlich über 70 000 unbegleitete Jugendliche leben derzeit in Deutschland – eine solche Zahl kann nicht aus dem Stand heraus optimal betreut werden. Das BAMF berichtet sogar von Inobhutnahmen von unbegleiteten Jugendlichen alleine für 2015/16 in einer Höhe von über 87 000. Wenn etwas schiefläuft, dann liegt dies auch und gerade an der Politik.
Zahl der Gefährder sprengt Überwachungsrahmen
Obwohl es mir selbst schwerfällt, denn es geht nicht um eine Kriminalisierung von Flüchtlingen, muss zumindest noch der Anschlag von Anis Amri auf den Berliner Weihnachtsmarkt im Jahr 2016 erwähnt werden. Er ist ein Beleg dafür, dass Behörden durch eine Vielzahl zu überwachender Gefährder überfordert waren – oder sind – und letztendlich auch kein Entscheider bei Polizei oder Staatsanwaltschaft sich dem Verdacht aussetzen wollte, überhart gegen einen Flüchtling vorzugehen. Amri wurde schon 2011 in seinem Heimatland Tunesien wegen Raub- und Drogendelikten festgenommen, in Italien legte er in einem Flüchtlingslager Feuer und landete im Gefängnis. In Deutschland startete er dann seine dritte Verbrecherkarriere und bewegte sich mit mehreren Identitäten durch die deutschen Bundesländer: Mehrere Staatsanwaltschaften ermittelten, mal wurde er observiert, mal nicht. Als er in Abschiebehaft landete, wurde er wegen fehlender Papiere wieder freigelassen. Letztendlich konnte er unbehelligt einen polnischen Lkw-Fahrer ermorden und mit dessen Fahrzeug seine blutige Spur durch den Weihnachtsmarkt ziehen: 12 Menschen starben. Und – es sei nur am Rande erwähnt – Bundeskanzlerin Merkel brauchte ein Jahr, um Zeit für ein Treffen mit den Angehörigen der Getöteten und den damals Verletzten zu finden.
Die Überforderung mancher Institutionen resultiert in weiten Bereichen aus der großen Zahl der zu überwachenden Personen: Die Polizei kann nicht alle islamistischen Gefährder rund um die Uhr überwachen, dafür ist die Zahl zu hoch. Und durch den Zuzug von Flüchtlingen, aber auch die Rückkehr von IS-Kämpfern wird eine Absicherung noch schwieriger.
Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) rutschte schon mal ein deutscher Unteroffizier aus Offenbach durch und ihm wurde subsidiärer Schutz zugebilligt. Aber der Ausgangspunkt für die Bearbeitung ist auch nicht einfach, denn: „Etwa 60 Prozent der Asylbewerber kommen ohne Papiere“, so die Präsidentin des Amtes, Jutta Cordt, in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden gerne umfassender auf Daten aus den Smartphones zurückgreifen: „Uns geht es darum, die Herkunft der Schutzsuchenden solide zu bestimmen. Das neue Gesetz von Anfang 2017 erlaubt uns, gewisse Daten auszulesen. Technisch aber wäre es möglich, die Herkunft noch genauer zu bestimmen. Ich darf ja derzeit ein Foto nicht sehen, sondern erfahre nur, wo und wann es gemacht wurde: Damaskus, 15. Juli. Das gibt uns einen Anhaltspunkt, ich erkenne aber nicht, ob auf dem Foto auch tatsächlich der Schutzsuchende zu sehen ist.“ Auch dies ist für mich ein eigentümliches Phänomen: 60 Prozent der Flüchtlinge haben keine Papiere, aber zumindest nahezu alle männlichen ein Smartphone. Da drängt sich schon der Eindruck auf, dass die Dokumente aus gutem Grund nicht vorgelegt werden, so z.B. um den BAMF-Mitarbeitern eine gute Geschichte erzählen zu können und allemal eine Abschiebung zu verhindern. Zumindest alle Flüchtlinge ohne Papiere hätten grenznah untergebracht werden müssen – bis zur Klärung ihrer Identität.
Das vielgescholtene BAMF hat nach einem Personalaufbau auch einen Zahn zugelegt, doch nun schwappt die Welle der zu entscheidenden Fälle direkt in die Verwaltungsgerichte. So berichtete die Neue Osnabrücker Zeitung im November: „Die Zahl der an Verwaltungsgerichten anhängigen Asylverfahren hat sich binnen eines Jahres fast verfünffacht.“ Und fuhr fort: „Demnach verzeichneten die Gerichte zum Stichtag 30. Juni dieses Jahres insgesamt mehr als 320.000 Verfahren. Ein Jahr zuvor waren es noch knapp 69.000.“ Bei solchen Fakten wird aber auch klar, dass Entscheidungen Jahre dauern können, denn der Rechtsweg ist lang und Personal ist knapp. Und wie soll es funktionieren, wenn Flüchtlinge dann in fünf Jahren zurückgeschickt werden?
Familiennachzug für Flüchtlinge zwischen Moral und Machbarkeit
Das anfängliche Negieren der Probleme durch viele Politiker und Journalisten führt dazu, dass die Gesamtheit der Flüchtlinge nun immer kritischer in der Bevölkerung betrachtet wird. Der ‚Willkommenskultur‘-Nebel hat dazu geführt, dass vielfach in der Politik die Orientierung verloren wurde: Dies lässt sich auch an der Diskussion um den Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz erkennen. Die vorhandenen Schwierigkeiten haben wir nicht im Griff, aber weite Teile der Politik wollen einen weiteren Zustrom ermöglichen. Und wieder dreht sich die Diskussion um Zahlen: Kommen auf einen Flüchtling ein oder zwei oder mehr Nachzügler? Niemand kann dies so genau wissen, aber nicht selten wird nur von einer nachziehenden Person gesprochen. Dies halte ich – wenn ich die entsprechenden Familienstrukturen betrachte – für viel zu niedrig.
Ich möchte auch an dieser Stelle nochmals unterstreichen, dass ich unter moralischen Gesichtspunkten einen Familiennachzug positiv sehe, aber es gibt auch übergeordnete soziale Gesichtspunkte: Die Integrationsfähigkeit einer Gesellschaft ist beschränkt, und wenn ich immer mehr Belastung in die Gesellschaft hineintrage, dann kommt es zu politischen Verwerfungen. Wollen wir denn ein weiteres Anwachsen populistischer Kräfte, wollen wir eine Ghettobildung, wollen wir ein weiteres Zurückfallen schulischer Leistungen …?
Offene Grenzen oder Grenzzaun?
Deutschland oder auch Europa kann nicht als Insel der Seligen in einer Welt existieren, in der Hunger und Bürgerkrieg in vielen Regionen herrschen. Aber dann müssen wir alles tun, um vor Ort den bedrängten Menschen zu helfen. Eigentlich war dies doch die Aufgabe der Entwicklungshilfe, moderner wirtschaftlicher Zusammenarbeit – oder nicht?? Sicherlich wurde viel getan, aber nicht genug! Was nicht selten gerade aufgebaut worden war, fiel dem nächsten kriegerischen Konflikt zum Opfer. Hunderten Millionen von Menschen geht es dramatisch schlecht und hier müssen wir ansetzen.
Der in München lehrende Philosoph Julian Nida-Rümelin, Kulturstaatsminister im Kabinett von Gerhard Schröder, umriss in einem Interview mit dem Deutschlandfunk (23.3.17) die Situation: „Auch diejenigen, die eine Politik der offenen Grenzen befürworten, machen sich, glaube ich, kein klares Bild von den Weltverhältnissen. Wir haben gegenwärtig 720 Millionen Menschen auf der Welt, die chronisch unterernährt sind. Übrigens zur gleichen Zeit: Die Welt insgesamt leidet unter Nahrungsmittelüberschüssen, weiß gar nicht wohin damit, die EU und auch Nordamerika. Das ist ein wirklicher Skandal. – Oder knapp über 600 Millionen haben keinen Zugang zu Trinkwasser. Das muss man sich mal alles klarmachen, um dann zu erkennen, dass eine Politik der offenen Grenzen die Elendsten der Welt natürlich nicht in Europa mit einer Perspektive versehen wird, weil die Elendsten der Welt können nicht Tausende von US-Dollar aufbringen, um etwa von Ghana nach Lampedusa zu kommen.“
Offene Grenzen können bei den von Nida-Rümelin genannten Dimensionen die Probleme nicht lösen, daher müssen wir bei den wirklichen Ursachen der Migrationswellen ansetzen. Und hier wird Afrika von besonderer Bedeutung sein, denn die große Gruppe z.B. der Flüchtlinge aus Syrien sollte nach Syrien zurückkehren und ihr Land wieder aufbauen.
Agrar- und Wirtschaftspolitik umpolen
Wenn Menschen in ihren Heimatländern ein Auskommen finden sollen, dann müssen wir unsere Agrar- und Wirtschaftspolitik neu justieren, aber auch weit deutlicher als bisher mit den politischen Führungscliquen in manchen afrikanischen Staaten, aber auch in Afghanistan, Irak und Syrien reden.
Zuerst müssen wir dabei natürlich vor der eigenen Türe kehren: Es kann nicht sein, dass in der EU nicht absetzbare Hühnerschlegel zu Dumpingpreisen in afrikanische Märkte gedrückt werden und dann lokale Anbieter ihre Hühner nicht mehr verkaufen können. Völlig abwegig ist es auch, dass in Süditalien eingedoste oder frische Tomaten in Ghana billiger angeboten werden als dort geerntete Tomaten! Und dann landen die ursprünglich selbständigen Bauern aus Afrika als Flüchtlinge in Italien, um dort Tomaten zu pflücken, die dann wieder in ihrem früheren Heimatland verkauft werden. Da kann ich nur sagen: Wie pervers ist das denn? So trägt unsere EU-Agrarpolitik zur Migration vieler Menschen bei.
Korruption und kriminelle Geldtransfers bekämpfen
Aber nicht nur wir selbst sind aufgerufen, unsere Agrar- und Wirtschaftspolitik zu ändern, sondern wir müssen auch weit aufmerksamer darauf schauen, welche Geldströme z.B. zwischen Afrika und Europa fließen. Korrupte Regierungen und ihre Anhänger schaffen nicht nur die unglaublich hohen Gewinne aus der Ölförderung, z.B. Nigeria, oder aus dem Schürfen wichtiger Metalle, z.B. Kongo, ins Ausland, anstatt damit den Aufbau ihrer Staaten voranzutreiben, sondern sie sind gewissermaßen auch eine Geldwechselstation: „Durch die Entwicklungshilfe sind in den letzten 50 Jahren zwei Billionen US-Dollar nach Afrika geflossen, davon kamen 1,6 Billionen US-Dollar wieder zurück nach Europa“, so Asfa-Wossen Asserate aus Äthiopien in der „Stuttgarter Zeitung“ (16.6.17) und die Machthaber und ihre Vasallen aus den entsprechenden afrikanischen Staaten haben „Schlösser und Luxuswohnungen gekauft oder ihre Konten in der Schweiz aufgefüllt.“ Auch wenn dies nicht immer zur Beliebtheit der deutschen oder europäischen Politik beiträgt, hier müssen wir energisch gegensteuern. Zu den Gewinnern könnte dann China zählen, denn deren Regierung setzt auf Rohstoffsicherung und den Kauf von Agrarflächen überall in Afrika, auch wenn dabei die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Und die von ihrem Boden vertriebenen Flüchtlinge werden ihr Heil dann kaum in China, sondern wieder in Europa suchen.
Wenn ‚offene Grenzen‘ für jedermann und Grenzzäune auf Dauer nicht helfen werden, dann müssen wir dafür Sorge tragen, dass eine solide Entwicklung in mehr Staaten dieser Welt – von Afghanistan bis Afrika – stattfindet. So fordert Alberto Acosta, der frühere Energie- und Bergbauminister Ecuadors: „Ich plädiere dafür, gleichzeitig die Entwicklungshilfe und die Steuerparadiese abzuschaffen. Bis 120 Milliarden Dollar fließen jährlich an Entwicklungshilfe in die sogenannte Dritte Welt, 310 Milliarden Dollar aus den Dritte-Welt-Ländern in die Steuerparadiese. Geld, das aus Steuerhinterziehung, Korruption, Misswirtschaft kommt.“ (kontinente, 4/2017).
Diese Ideen sollten wir zumindest als Leitgedanken berücksichtigen, wenn wir eine Politik vorantreiben wollen, die wirklich zu einer Verbesserung in weniger entwickelten Staaten beiträgt. Dabei müssen die Menschen in ihren Regionen jeweils eigene Wege finden, denn das europäische Wirtschafts- und Staatsmodell kann nicht einfach übertragen werden.
Flüchtlinge: Politikversagen gefährdet die Zukunft
Migration gehört zu unserem Leben, und welche große industrielle Produktion in Deutschland wäre denn ohne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus anderen Staaten denkbar? Längst sind die Zuwanderer aus früheren Zeiten auch in den Führungsetagen angekommen. Italienische, griechische oder türkische Mitbürgerinnen und Mitbürger gehören – wie auch Menschen aus vielen anderen Regionen – zu Deutschland. Das Problem vor dem wir heute stehen, ist eine ungesteuerte Flüchtlingswelle und damit verbunden ein akutes Politikversagen, das bis heute anhält.
Integration in dem jetzt notwendigen Maß und bei der Unterschiedlichkeit der Kulturen halte ich schlichtweg nicht für möglich, insbesondere wenn Jahr für Jahr in einem hohen Umfang Menschen mit gänzlich anderen Wertvorstellungen und Bildungsvoraussetzungen in einer Stärke ins Land kommen, die mehreren Großstädten entsprechen. Möglich ist es, dass wir dann in einzelnen Gruppen nebeneinander her leben, aber wohl kaum eine Integration im eigentlichen Wortsinne. Wollen wir eine Ghetto-Bildung in Deutschland?
Bei einer Integration muss ja auch klar sein: Wohin? Für mich bietet hier die christlich-jüdische Kultur die Basis, aus der sich in Europa auch die Aufklärung, die Trennung von Staat und Religion entwickelt hat. Letztendlich resultiert aus dieser auch die hart umkämpfte Gleichstellung von Mann und Frau. Dazu gehört auch die deutsche Sprache und Kultur.
Das Politikversagen, ich hoffe, dies wurde deutlich, begann schon vor der Flüchtlingswelle durch eine falsche Entwicklungs-, Agrar- und Wirtschaftspolitik, die z.B. manchen afrikanischen Staaten mehr schadet als nützt. Zu lange haben wir auch korrupte Machthaber toleriert, doch diese sehen es nicht ungern, wenn wir ihre heimischen Probleme in Europa lösen.
Die überzogene „Willkommenskultur“, bei der sich manche Deutsche eher selbst applaudierten als den Neuankömmlingen, und die Politik der ‚offenen Grenzen‘ von Angela Merkel haben einen Sog verstärkt, der Flüchtlinge unter großen Anstrengungen und mit Hilfe krimineller Schlepper nach Deutschland und Europa zieht. Auch wenn Angela Merkel und Jean-Claude Juncker gegen die Abschottung polemisiert haben, letztendlich waren sie wohl froh, dass andere europäische Staaten Zäune gezogen haben, um den nicht mehr beherrschbaren Zustrom zu stoppen. Und dann auch noch ein Pakt mit dem türkischen Präsidenten Erdogan: Wer auf solche Hilfe angewiesen ist, der hat eigentlich schon verspielt.
Hundertausende, ja Millionen Menschen zuwandern zu lassen, ohne auch umfassend die Voraussetzungen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, bei Polizei und Justiz, im Bildungs- und Ausbildungsbereich, bei der Jugendhilfe, im sozialen Wohnungsbau usw. zu schaffen, der handelt schlicht fahrlässig. Und dies fällt nicht zuletzt auch auf die Flüchtlinge selbst zurück, denn die integrationswilligen und integrationsfähigen Menschen werden dann nur allzu schnell in den gleichen Topf mit kriminellen Flüchtlingen geworfen. Dies darf unter keinen Umständen passieren!!
Und dieses Politikversagen, das muss ich leider sagen, laste ich gerade auch der geschäftsführenden Bundeskanzlerin Angela Merkel an, denn mit „Wir schaffen das“-Sprüchen können komplexe Probleme nicht gelöst werden. Und leider fehlt es auch an der Offenheit, um aus eigenen Fehlern zu lernen, denn nur so ist ja wohl ihre Aussage „Ich kann nicht erkennen, was wir jetzt anders machen müssten.“ zu erklären. Vielleicht sollte sie mal die Bürgerinnen und Bürger fragen, die ihr die Stimme bei der letzten Wahl verweigert haben. „Dass wir uns wieder stärker bewusst werden, was uns im Innersten zusammenhält, dass wir wieder deutlicher das Gemeinsame in den Vordergrund stellen, dass wir uns bemühen, wieder mehr Achtung vor dem anderen zu haben, und zwar Achtung im umfassenden Sinne – aufmerksam sein, wirklich zuhören, Verständnis aufbringen -, das sind meine Wünsche für das neue Jahr“, so Angela Merkel in ihrer Neujahransprache für 2018.
Da könnte ich zustimmen und würde es auch gerne tun, aber hat die amtierende Bundeskanzlerin denn „aufmerksam sein, wirklich zuhören“ so plötzlich gelernt? Da habe ich bei Tricky Angie so meine Zweifel – gerade auch beim Thema Flüchtlinge. Hätte Angela Merkel in den letzten 12 Jahren – immerhin drei Legislaturperioden – nicht genügend Zeit für ein Einwanderungsgesetz gehabt, das klare Leitlinien für die Zuwanderung geben könnte?
28 Antworten auf „Flüchtlinge zwischen ‚Willkommenskultur‘ und Grenzzaun“