Filigrane Eiskunstwerke am naturnahen Bach

Renaturierung von Gewässern benötigt Priorität

Bei einer Wanderung im Schwarzwald fiel mir mal wieder auf, wie wichtig es ist, dass kleine Bäche und Flüsse ihren naturnahen Lauf behalten oder zurückbekommen. Ein auf den ersten Blick unbedeutendes Bächlein, das der Haslach – einem Nebenfluss der Wutach – entgegen plätschert, hatte einige Nadelbäumchen und andere Pflanzen in eine winterliche Eiswelt verwandelt. Als Folge der klimatischen Veränderungen können wir solche filigranen Eiskunstwerke in unseren Breiten immer seltener bestaunen, doch jeder Bach wird wegen der Erderwärmung ganzjährig an Bedeutung zunehmen. Die begradigten und häufig in ein enges Bett gezwängten Bäche und Flüsse müssen befreit und wieder mehr Raum in unserer Landschaft erhalten. Wer Wasser für Dürrezeiten sichern und Überschwemmungen vermeiden möchte, der muss den Gewässern in unserem Land mehr Naturnähe zubilligen.

Wasser eines kleinen Bachs ist auf Pflanzen - wie z. B. kleine Fichten - gespritzt und ist dort in bizarren Formen festgefroren.
Ein kleines Kunstwerk aus Eis kann nur ein Bach kreieren, der noch munter durch die Landschaft plätschert und mit seinen Spritzern Pflanzen erreichen kann. Selbst kleine Bäche tragen zum Wasserhaushalt bei und bieten lebenswichtiges Nass für unsere tierischen Mitbewohner. Mehr dazu in: ‚Wenn das Wasser fehlt: Tiere im Überlebenskampf! Dürre macht Tieren, Pflanzen und uns Menschen zu schaffen‘. (Bild: Ulsamer)

Gebt Bächen und Flüssen mehr Raum

Glitzernde Eiskristalle können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich nach Angaben des Umweltbundesamts lediglich acht Prozent der deutschen Flüsse und Bäche in einem guten oder sehr guten ökologischen Zustand befinden. Viel zu lange wurden nicht die landwirtschaftlichen Anbauflächen oder Grundstücke für Wohnen und Gewerbe dem Verlauf von Gewässern angepasst, sondern Fließgewässer wurden in ein enges Korsett gezwängt und Gebäude rückten immer näher an die Ufer von Bächen und Flüssen heran. Die Folgen bekamen Bewohner nicht nur im rheinland-pfälzischen Ahrtal oder im baden-württembergischen Braunsbach zu spüren, sondern auch bei den jüngsten Flutwellen in weiten Regionen Niedersachsens, Thüringens, Nordrhein-Westfalens oder Sachsen-Anhalts. Wo früher mal ein Müller direkt am Bach wohnte, um die Wasserkraft zu nutzen, da erstrecken sich heute Wohn- und Industriegebiete. Die steuernde Hand der Politik vermisse ich bei sachgerechten Bebauungsplänen schon lange, und eine Pflichtversicherung für Gebäude gegen Schäden bei Überschwemmungen fehlt in weiten Teilen Deutschlands. Flussauen sind zu einer Rarität geworden, Überflutungsflächen wurden eingedeichten Flüssen genommen, und rollt eine Flutwelle heran, dann wird die Schuld vorschnell auf den Klimawandel geschoben. Die Erderwärmung und in deren Zuge Dürren und Starkregen verändern unser Leben, doch bisher sind Flutkatastrophen zumeist ‚hausgemacht‘ und alles andere als überraschend. Dies lässt sich an Einkerbungen an mittelalterlichen Bauwerken erkennen, die nicht selten sehr weit oben an den Mauern über die Höchststände berichten. Mehr dazu in meinem Blog-Beitrag ‚Naturkatastrophen‘ aus Menschenhand. Die Natur braucht mehr Raum‘.

Eiskristalle haben sternförmige Strukturen und spitze Stacheln auf Ästen gebildet, die in und an einem kleinen Rinnsal liegen.
Im Zeichen des Klimawandels werden wir solch zauberhafte Eiskristalle – selbst im Schwarzwald – immer seltener zu Gesicht bekommen. (Bild: Ulsamer)

Die schlechte ökologische Beurteilung vieler Fließgewässer resultiert in Deutschland – neben der Überdüngung – gerade auch aus der Struktur der Flüsse und Bäche. Durch ihre Begradigung, das Einzwängen in kanalähnliche Formen oder die Unterbrechung durch Wasserkraftwerke und Staustufen fehlen naturnahe Räume für Tiere und Pflanzen. Naturnahe Bäche sind selten geworden, sogenannte Wildflüsse in Deutschland kaum noch zu finden, wenn man von der Oberen Isar in Bayern oder der Wutach in Baden-Württemberg absieht. Das Rad der Zeit lässt sich nicht zurückdrehen, was zumeist auch gut so ist, doch bei unseren Flüssen und Bächen müssen wir konsequenter als bisher auf Renaturierung setzen. Im Zeitalter des Klimawandels und der dringend notwendigen Energiewende wird niemand auf die Stromerzeugung aus Wasserkraft verzichten wollen, allerdings muss die Durchgängigkeit für Fische und andere Lebewesen weiter verbessert werden. An Fließgewässern, die bisher noch naturnah erhalten geblieben sind, verbietet sich der Bau zusätzlicher Sperren oder Kraftwerke. An kleineren Flüssen und Bächen übernimmt die Renaturierung gerne auch ein emsiger Mitarbeiter, der kostenlos die Landschaft wieder naturnäher gestaltet: der Biber. Erhaltenswerte Bäume können mit Drahtgeflecht vor den Nagezähnen des Bibers geschützt werden. Die Renaturierung der Gewässer muss eine höhere Priorität bei Bund, Ländern, Landkreisen und Kommunen bekommen!

Wasser eines kleinen Bachs fließt zwischen Pflanzen hindurch, an denen sich das Wasser als Eis festgesetzt hat.
In den vergangenen Jahren wurden die Dürreperioden länger, und damit wird noch deutlicher, dass die Wasservorräte auch in Deutschland deutlich besser geschützt werden müssen. Auf diese Herausforderung bin ich in meinem Artikel ‚Trinkwasser: Jeder Tropfen zählt‘ eingegangen, denn Bäche, Flüsse, Seen und Tümpel sind ein kostbarer Schatz. (Bild: Ulsamer

Unsere ausgeräumte Landschaft hat in den vergangenen Jahren durch menschliche Eingriffe nicht nur Hecken, Lesesteinriegel, Bauminseln und Trockensteinmauern verloren, sondern es wurden auch Tümpel trockengelegt, mäandrierende Bäche begradigt, und die Flüsse wurden ihrer Auen beraubt. Unser Land braucht wieder mehr Natur! Und dazu gehören auch die Rinnsale, Pfützen und Teiche oder Bäche, die munter durch Wälder und Wiesen gluckern, gurgeln und murmeln. Kommen Minusgrade hinzu, dann gestaltet ein solcher Bach auch eine vergängliche Zauberwelt aus Eis!

 

Die Äste eines kleinen Nadelbaums sind mit Eis überzogen, das verschiedene Formen angenommen hat.
Aus zahllosen kleinen Kristallen entstehen wahre Eiskunstwerke. (Bild: Ulsamer)

 

Eine mehrere Meter lange Pfütze ist zugefroren. Eis hat jeweils ovale Formen mit weißem Rand.
Jede Pfütze zählt, denn sie bietet Lebensraum für Molche. (Bild: Ulsamer)

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