Können Fasane dauerhaft Teil unserer Natur sein?
Der Deutsche Jagdverband vermeldete 85 832 abgeschossene Fasane im Berichtszeitraum 2018/19, doch leider ist nicht vermerkt, wie viele von ihnen ausgewildert wurden, nur um sie dann abschießen zu können. Generell lässt sich jedoch sagen, dass Fasane zwar aus Mittelasien stammen, über die Griechen und Römer in unsere Regionen kamen, aber die heutigen Populationen würden ohne die Aufzucht in Fasanerien und ‚Auswilderungen‘ kaum überleben. Der farbenprächtige Hahn und seine bräunlichen Hennen sind daher im Grunde keine Wildtiere, sondern entstammen der Massentierhaltung. Für mich ist es eine Perversion, wenn Tiere gezüchtet und in die Natur entlassen werden, um sie danach mit Hunden oder Treibern zum Auffliegen zu bringen – und dann kracht die Schrotflinte! Das ohrenbetäubende Getöse der Gewehre erleben besonders die Fasane im Vereinigten Königreich, denn dort werden sage und schreibe fast 50 Millionen Fasane pro Jahr aus den Käfigen entlassen, um sie anschließend mit Gewehrfeuer wieder vom Himmel zu holen. Und damit auch genügend Federträger unterwegs sind, werden gleich noch 10 Mio. Rothühner zusätzlich ausgesetzt. Während die Menschen an Weihnachten denken, krachen die Flinten und die Schrotkugeln zerfetzen das Federkleid, denn Fasane dürfen in Deutschland zwischen dem 1. Oktober und dem 15. Januar gejagt werden.
Fasane suchen Hecken und Schilf
In Deutschland habe ich schon lange keinen freilebenden Fasan mehr gesehen, doch im irischen Kerry war es uns im Sommer mal wieder vergönnt. Nach einer solchen Sichtung will ich einfach nicht glauben, dass Menschen diese Hühnervögel züchten, nur um sie nach dem ‚Auswildern‘ wieder abzuschießen! Viel zu picken haben die Fasane in der freien Natur ohnehin nicht mehr, denn die industrialisierte Landwirtschaft raubt ihnen nicht selten die Nahrungsgrundlage. Die Küken brauchen in den ersten Wochen insbesondere Insekten bzw. deren Larven oder Puppen. Und da geht es den Fasanen wie den anderen Vögeln, die immer mehr Probleme mit der Aufzucht ihrer Jungen bekommen, weil der Insektenschwund ein desaströses Ausmaß angenommen hat. Die herangewachsenen Fasane haben ein breiteres Nahrungsspektrum, das auch Schnecken und Würmer umfasst, doch in manchen Regionen regt sich selbst der Wurm immer seltener. Samen von sogenannten ‚Ackerunkräutern‘ schmecken den Fasanen ebenso wie Getreide oder grüne Pflanzen, Beeren und Eicheln. Doch wo Monokulturen angebaut und großflächig abgeerntet werden, da bleiben nur braune Äcker zurück: Futter und Deckung verschwinden gleichzeitig. Fasane benötigen regelmäßig einen Zugang zu Wasser, und daran fehlt es in unserer ausgeräumten Landschaft ebenfalls, denn zahllose Tümpel oder Weiher wurden trockengelegt und Bäche in Betonrinnen gedrängt. Wo sollen da Fasane oder andere Tiere in Dürremonaten noch etwas zu trinken finden?
Fasane konnten in Mitteleuropa bisher keine sich selbst erhaltenden Bestände aufbauen, weil sie nasskalte Perioden im Frühjahr oder schneereiche Winter nicht überstehen. Im Zuge des Klimawandels würden sich die Überlebenschancen vermutlich verbessern, doch es fehlen Feldgehölze und Hecken, die bereits vor Jahrzehnten den Flurbereinigungen zum Opfer gefallen sind. Vielgestaltige Wiesen und Felder sind Mangelware, und Gewässer mit einem Schilfgürtel muss man mit der Lupe suchen. Reichlich Deckung und daneben ein sonniges Plätzchen, um sich dort nach einem Regenschauer wieder das Gefieder trocknen zu können, oder sandige Böden, in denen die Tiere nach Steinchen scharren können, die sie für die Verdauung in ihrem Magen benötigen, dies alles gehört zu einem Lebensraum für Fasane. Die Verödung unserer Landschaft macht bekanntlich nicht nur dem Fasan zu schaffen: Eichhörnchen, Igel oder Feldhasen haben sich daher aus dem land- und forstwirtschaftlichen Bereich in Gärten und Parks geflüchtet. Und selbst ein Dachs und ein Baummarder haben jüngst unseren nur 30 m² großen Mini-Stadtgarten besucht. Vielleicht wäre die Migration in Städte auch für Fasane eine gute Idee, begrüßt würden sie in manchen Regionen durch Papageien, die in Freiheit kleine Bestände bilden konnten.
Fasane, Feldhasen und Füchse brauchen Schutz
Beim Deutschen Jagdverband heißt es über den Fasan: „Sein Bestand ist durch Verschlechterung bzw. Verringerung seines Lebensraumes und Zunahme der Fressfeinde regional rückläufig.“ Damit richtet sich der Blick, sprich: der Lauf des Gewehrs, auf die sogenannten „Fressfeinde“ des Fasans, womit sogleich die ‚Selbst-Legitimation‘ vorgenommen wird, Füchse und Marder zu schießen, und auch das Wildschwein wird nicht vergessen, da es Nester der Fasane plündert. So wird den Füchsen nachgestellt, weil sie neben Fasanen gerne Feldhasen oder Rebhühner jagen und verspeisen. „Füchse sterben zum Wohl des Feldhasen“, so lautete eine obskure Überschrift in der ‚Stuttgarter Zeitung‘: Wenn schon zum großen Halali geblasen werden soll, dann doch bitte nicht mit solch fadenscheinigen Begründungen! Die Statistik des Deutschen Jagdverbands enthüllt, dass der Schutz des Feldhasen – oder des Fasans – eine Fake-Nachricht ist, denn ansonsten dürften die Jäger doch 2018/19 nicht auch noch 191 854 Feldhasen geschossen haben! Erwähnen möchte ich aber ausdrücklich, dass bei weitem nicht alle Jäger auf Füchse oder Feldhasen, Fasane oder Rebhühner anlegen. Ich bin trotzdem der Meinung, dass die genannten Tiere besser geschützt werden müssen. Wer heute Füchse schießt, der sollte morgen nicht über eine Mäuseplage jammern, doch genau diese Wehklage ist in manchen Regionen zu vernehmen. Und der Rat von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner lautet – wie könnte es anders sein: Dann sollen die Mäuse eben vergiftet werden, auch wenn es die letzten Feldhamster mit erwischt. So geht das nicht: Wir müssen Natur und Umwelt ganzheitlich betrachten.
In Deutschland scheint die Begeisterung für das ‚Auswildern‘ von Fasanen nachzulassen, doch liegen keine exakten Zahlen vor. Im aktuellen Landesjagdgesetz von Nordrhein-Westfalen heißt es, dass es verboten ist „Fasanen und Stockenten später als acht Wochen vor Beginn der Jagdausübung auf diese Wildarten auszusetzen“. So haben die Tiere zumindest eine kleine Chance, sich noch ein Versteck zu suchen, wenn sie denn eines finden. Der NABU lehnt das ‚Auswildern‘ von Fasanen aus jagdlichen Gründen ab, da kann ich nur zustimmen. „Hinzu kommt, dass der Fasan in Deutschland ursprünglich nicht heimisch ist, ein Verschwinden der Art aus Naturschutzsicht also zu begrüßen wäre“, so der NABU weiter. Das sehe ich allerdings etwas differenzierter, denn der Fasan war schon in Mitteleuropa, die Kartoffeln kamen erst im 16. Jahrhundert aus Lateinamerika nach Spanien und England. Warum sollten Fasane in unseren Landen nicht leben dürfen, wenn sie es ohne ständige Zufuhr aus Fasanerien schaffen? Fasane und Rebhühner sollen auch Kartoffelkäfer vertilgen: Wenn es genügend gefiederte Helfer geben würde, könnte weniger Chemie aus der Hexenküche eingesetzt werden. Ein Neozoon – der Fasan – könnte sich den anderen ungeliebten Eindringling – den Kartoffelkäfer – vorknöpfen!
Feuer frei auf Fasane, Rebhühner und Waldschnepfen?
Während in Deutschland Fasane von lokalen oder regionalen Jägern geschossen werden, ist die Jagd auf Fasane und Rothühner in manchen britischen Landstrichen ein einträgliches finanzielles Geschäft. Jäger fliegen aus anderen Staaten ein, um das von Treibern aufgejagte Federvieh abschießen zu können. Und wenn geschossen wird, dann werden auch noch Auerhähne, Raufuß-, Birk- und Moorschneehühner anvisiert. Damit der Nachschub für Schießwütige nicht ausgeht, werden nach neuesten Informationen der Royal Society for the Protection of Birds (RSPB) im Jahr 57 Mio. Fasane und Rothühner ausgesetzt. Die RSPB wendet sich gegen das Aussetzen von Vögeln für die Jagd, die nicht natürlich auf den britischen Inseln vorkommen – wie Fasane -, und nimmt grundsätzlich Stellung gegen das Auftreiben der Tiere, um den Jägern den Abschuss zu erleichtern. Die Nachhaltigkeit soll zum Grundsatz der Jagd auf Hühnervögel werden, so die RSPB, doch dies kollidiert mit wirtschaftlichen Interessen. Ein konsequenteres Vorgehen fordert die britische Vereinigung für den Vogelschutz auch gegen den illegalen Abschuss von Greifvögeln, ein Verbot von bleihaltiger Munition und ein Ende des Abbrennens von Bewuchs auf Moorflächen. Schwer tut sich die Rest-EU mit dem Verbot von bleihaltiger Munition, die seit September 2020 nur für Feuchtflächen angepeilt wird. Natürlich gibt es in der EU eine Übergangsfrist von zwei Jahren. Julia Klöckner, die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, hatte sich für eine längere Frist eingesetzt. Kein Wunder, denn Julia Klöckner ist eine Art Säulenheilige für Landwirte und Jäger, Fleischverarbeitungsbetriebe und Pestizidhersteller, die auf Kosten von Tierwohl und Naturschutz ihr Unwesen treiben.
Während in Deutschland die Abschusszahlen von Fasanen zurückgehen, floriert im Vereinigten Königreich weiterhin das blutige Geschäft. „Im Jagdjahr 1936/37 (1. April bis 31. März) wurden noch mehr als eine Million der von Hunden aufgescheuchten und pfeilschnell über die Köpfe der Schützen abstreichenden Fasanenhähne erlegt – auf einen „Hahn zu Fuß“ oder eine Henne zu schießen gilt nicht als waidmännisch“, so die FAZ. In Deutschland wurden 85 832 Fasane in 2018/19 und 76 731 im Jagdjahr davor Opfer der Jagdleidenschaft. Wobei ich ein wenig daran zweifle, dass es sich um Jagd im engeren Sinne handelt, wenn man Tiere in der Massentierhaltung züchtet, dann ‚auswildert‘, sie mit Treibern und Hunden aus den Verstecken jagt, um sie abzuschießen. In unseren Forsten und verbliebenen Wäldern, in denen Bär, Wolf, Luchs und Wildkatze ausgerottet wurden und nur langsam zurückkehren, wird es ohne ein Eingreifen des Menschen vorläufig nicht gehen, aber die Zucht von Tieren, um sie als Jagdobjekt auszusetzen, lehne ich aus ethischen Grundsätzen ab. Die ausgesetzten Fasane sollten vom Abschuss verschont bleiben und eine Chance bekommen, einen eigenständigen Bestand zu bilden. Gelingt ihnen dies nicht in unserem geografischen Raum, dann werden die bunten oder braunen Federnträger wieder aus unserer Landschaft verschwinden. Ganz nebenbei: Wer heute noch Rebhühner (1928 in 2018/19) und Waldschnepfen (8442) abschießt, oder Fasane für die Jagd züchtet und ‚auswildert‘, der hat von Naturschutz, Ökologie und Nachhaltigkeit wohl noch nie etwas gehört.
Sehr geehrter Herr Dr. Ulsamer. Ich stimme mit Ihnen überein das Aussetzungen von Fasanen nur zum Zwecke der kurze Zeit später erfolgenden Jagd abzulehnen ist und, so hoffe ich, nach und nach auch der Vergangenheit angehören wird. Denn hierurch erleiden die Wildbstände des Fasan erheblichen Schaden durch Kreuzung mit nicht wildbahntauglichen Fasanen. Davon ausgenommen natürlich sind Wildbruten von autochtonen Beständen wie sie beim absuchen von Wiesen vor der Mahd anfallen.
Ich weiß nun nichts über ihren Wohnort aber hier wildlebende Fasanen zu sehen ist keine Kunst. In Sachsen-Anhalt kommen sie fast flächendeckend, mit Ausnahme des Hochharz und der Letzlinger Heide vor. Es gibt kaum ein Revier ohne selbsterhaltenden Fasanenbestand hier.
Gern können wir ein Treffen vereinbaren damit Sie sich mit eigenen Augen davon überzeugen können.
Das die Jäger den Fuchs ( und andere Beutegreifer) bejagen nur um ihn als “Konkurrenten” auszuschalten ist allerdings Naturschützerpolemik der Nachwendezeit.
Wie vielen anderen Arten hilft die Prädatorenbejagung die nicht dem Jagdrecht unterliegen?
Kiebitz, Feldlerche, Wachtel, Bekassine z.B als Bodenbrüter. Alle potentiell im Bestand gefährdet. Die Liste der Arten die durch Waschbär und Marder mit ihren Kletterkünsten gefährden ist um ein vielfaches größer.
Allein die Bemühungen der Jäger zum Erhalt und Verbesserung der Lebensbedingungen in den Revieren über einen unheimlichen positiven Effekt auf alle Arten aus. So legen wir allein in unserem Revier, mit Hilfe der Landwirte, Blühflächen und Hecken an und pflegen diese auch. Und das nicht mit Steuergeldern sondern aus eigener Tasche.
Sicher bejagen wir auch die Besätze von Hase und Fasan Nachhaltigkeit, wenn(und und dann!) die Zählung der Arten eine Bejagung zulässt.
Auch von der Winterfütterung der Fasane profitieren zahllose Singvögel wie Ammern, Sperlinge, Grünfinken usw.
Nicht alle Arten erreicht man mit dem Vogelhäuschen vor dem Küchenfenster, vor allem nicht in der Fläche.
Auskünfte dazu erteilen auch gern die jeweiligen Landesjagdverbände die als anerkannter Naturschutzverband auch Verantwortliche für Naturschutz und Biotophege haben.