Christine Lagarde – neue Präsidentin, alte Strategie
Die Europäische Zentralbank (EZB) ist von ihrer Definition her die Hüterin der Währungsstabilität im Euroraum, und sie ist für die Währungs- und Geldpolitik zuständig. Bei diesem Aufgabenspektrum kommt es für mich immer auf den vorbeugenden Brandschutz an, um im Bild zu bleiben. Doch unter dem selbstgefälligen italienischen Ex-Notenbankchef Mario Draghi betätigte sich die EZB eher als Brandstifter. Mit Billionen-Krediten überschwemmt die EZB die Euro-Staaten und hält so reformunwillige Länder und nicht wettbewerbsfähige Unternehmen am Leben. Spekulanten klatschen sich vor Begeisterung auf die Schenkel. Aber mit ihrer Nullzinspolitik raubt die EZB den Sparern nicht nur die Zinsen, sondern bringt auch Pensionsfonds, Lebensversicherungen und Sparkassen in Bedrängnis. So ist es abstrus, wenn der Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB) Luis de Guindos neuerdings über die negativen wirtschaftlichen Folgen der eigenen fehlgeleiteten Währungs- und Geldpolitik klagt. Wer hat denn die Brandherde in der Alterssicherung, im Immobilienbereich, am Aktienmarkt oder bei der Überschuldung gelegt, wenn nicht die EZB? Für mich ist es mehr als skurril, wenn die Brandstifter bei der EZB jetzt über Rauch und Feuer klagen!

Billiges Geld für Spekulanten und reformunwillige Politiker
Aus politischen Gründen war ein schnelles Ende der Nullzinspolitik nach der Amtsübergabe an Christine Lagarde weder zu erwarten noch finanzpolitisch denkbar. Aber ich erwarte eine Zinswende ohnehin nur, wenn sich die Bürger in den Euro-Staaten deutlicher zu Wort melden. Die Mehrheit der Politiker bevorzugt ausgetretene Wege, auch wenn diese sich als Sackgasse herausstellen. Die Regierungen im Euro-Raum wollen natürlich – wie jeder Schuldner – ungern höhere Zinsen für die angehäuften Kredite bezahlen. Das klingt schon mal für Sparer nicht berauschend. Dazu kommt, dass Christine Lagarde als bisherige Chefin des Internationalen Währungsfonds keiner Bank im eigentlichen Sinne vorstand, sondern einer Einrichtung, die klamme Staaten vor dem Absturz bewahren soll. Das lässt wenig Gutes erahnen, denn so hat sich auch Mario Draghi verstanden: Dem letzten reformunwilligen Staat oder nicht wettbewerbsfähigen Unternehmen wird zu Lasten der Allgemeinheit und im Besonderen der Sparer das billige Geld hinterhergeworfen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) eilte der EZB im Übrigen während der Amtszeit von Christine Lagarde schon mal mit obskuren Vorschlägen zur Hilfe: Wenn die Zinsen auf Geldanlagen ins Negative gesenkt werden sollen, dann könnte man doch den Bargeldbesitz ebenfalls in jeweils gleicher Höhe wie die Negativzinsen abwerten. Damit könnten Sparer ihre Anlagen nicht vor Strafzinsen in Sicherheit bringen und wie in – schlechten – alten Zeiten unter das Kopfkissen legen. Klingeln denn bei den deutschen Politikern nicht alle Alarmglocken? Aber auch in Deutschland gilt: Wenn wir uns nicht wehren, dann bleiben die Zinsen auf das kleine Ersparte auch in Zukunft aus. Irgendwie hat der alte Sponti-Spruch doch seine Berechtigung: ‚Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.‘

Freunde des billigen Geldes bedrängen Kritiker
Wir dürfen uns auch nicht mit lahmen Erklärungen abspeisen lassen, und dazu gehört das Palaver über Nebenfolgen der EZB-Politik. Da suchen Christine Lagarde und Luis de Guindos doch nur Schuldige, wenn die ‚Nebeneffekte‘ das Finanzsystem an den Rand des Kollapses bringen sollten. Und die Schuldigen sollen dann nicht in der EZB gesucht werden, sondern außerhalb des Zinsräuber-Gremiums. Als gewiefte Politikerin hat Lagarde diese reflexhafte Verhaltensweise verinnerlicht. Die Kritik an der EZB-Politik wurde zumindest im Kreis der Sparkassen lauter und dies zurecht. So schrieb der Präsident des Sparkassen- und Giroverbands, Helmut Schleweis, in einem Offenen Brief in ‚Bild‘ noch an den scheidenden Mario Draghi: „Was Sie aber machen ist falsch. Seit Jahren werfen Sie immer mehr Geld auf den Markt. Sie haben den Zins abgeschafft. Und Sie haben in unvorstellbaren Größenordnungen hoch verschuldeten Staaten Geld geliehen.“ Manche Banken in Europa sind deutlich kleinlauter, da sie am Tropf des billigen Geldes hängen und zahllose Privatkunden längst das Weite gesucht haben.
Zu den Freunden des billigen Geldes gehören auch Teile der Wirtschaft, der Politik und einzelne Forschungsinstitute. Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), schlug sich auf die Seite der EZB. „Der Wirtschaftsboom in Deutschland hat Millionen neuer Jobs geschaffen und Lohnsteigerungen ermöglicht, die ohne die Geldpolitik nicht möglich gewesen wären“, irrlichtert Fratzscher im Berliner ‚Tagesspiegel‘. Das würde ja bedeuten, dass wirtschaftliche Erfolge nur dann möglich sind, wenn unablässig Billionen-Kredite ausgelobt werden. Das Gegenteil ist richtig: Es kommt auf die Ideen an, die sich in Produktlösungen umsetzen lassen, und dann findet sich auch das notwendige Kapital. Und der DIW-Chef meint weiter: „Die Ankäufe waren effektiv, um die Kreditvergabe an Unternehmen und Bürger zu verbessern, auch wenn diese immer weniger effektiv werden.“ Warum müssen denn dann die Kreditinstitute ständig nicht benötigte Milliarden bei der EZB bunkern und Negativzinsen entrichten, wenn das Geld doch angeblich in der Wirtschaft gebraucht werde? Es gibt doch zu viel Geld und nicht zu wenig im Finanzkreislauf. Manchmal frage ich mich schon, welchen Nutzen für unsere Gesellschaft Institute bringen, die die Politik noch in die Sackgasse treiben?

Immobilienblase bläht sich weiter auf
Wirtschaftswachstum lässt sich nicht mit Billigkrediten generieren, das hat die Vergangenheit bewiesen. Dies gilt gerade auch für ein nachhaltiges Wachstum, das nicht in allerlei Finanzblasen endet. Der Überfluss an Finanzmitteln lässt sich besonders am Immobilienmarkt ablesen, denn die Preise haben sich längst von einer wertbezogenen Basis gelöst, was zumindest für die wirtschaftlich prosperierenden Ballungszentren gilt. Die regionalen Verzerrungen werden dadurch noch vertieft: Regionen verlieren Menschen, und Wohnungen stehen leer, während andernorts die letzte Grünfläche bebaut werden soll. Immobilienspekulanten bauen oder kaufen Wohnungen, die als Spekulationsobjekt leer stehen – Mieter nicht erwünscht! Wenn diese Immobilienblase platzt, dann werden vor allem Privatinvestoren Probleme bekommen, die die Wohnung oder das Eigenheim nicht selbst bewohnen.
Luis de Gindos weiß ‚Rat‘ für Banken und Sparkassen, die über zu geringe Margen klagen: „There are too many banks“. Weniger Kreditinstitute hätten nach seiner Meinung auch höhere Gewinnchancen. Irgendwie passt dies aber nicht dazu, dass die EZB mit Billigkrediten in Billionen-Höhe gerade schwächelnde Banken am Leben hält. Gleichzeitig werden die in ihrem regionalen Raum durchaus erfolgreichen Sparkassen oder Volksbanken in Bedrängnis gebracht, da man sie über Negativzinsen zur Kasse bittet. Mir ist es schon lange ein Rätsel, warum die deutschen Kreditinstitute brav ihre nicht benötigten Finanzmittel bei der EZB parken und sich dafür auch noch mit Strafzinsen überziehen lassen! Es ist an der Zeit, an Alternativen zu arbeiten.

Wir Sparer sind der Kollateralschaden der EZB-Politik
Wenn risikoarme Anlagen keine Zinsen mehr bringen, dann werden mehr und mehr Menschen in riskante Investments gehen. Und dies kann auch nach Ansicht von Luis de Gindos Gefahren mit sich bringen: „Excessive risk-taking may adversely affect the ability of non-banks to absorb shocks, especially if economic conditions deteriorate.“ Das klingt irgendwie nach vorbeugender Schuldverschiebung zu denen, die riskante Investitionen eingehen. Aber ganz ehrlich: Wer treibt Versicherungen oder Investmentfonds, und auch die Kleinanleger in riskante Anlagen? Die Europäische Zentralbank mit ihrer Nullzinspolitik und der Kreditschwemme in Billionen-Höhe! Die EZB weist auf Gefahren hin, die sie selbst verschuldet und tut so, als wäre sie nicht der Urheber der Malaise!
„Wir sind uns voll und ganz bewusst, dass unsere Geldpolitik einige Nebeneffekte verursacht hat und dass die Nebeneffekte auf dem Vormarsch sind“, so Christine Lagarde. Das klingt so, wie wenn Militärs nach einem Raketenangriff von Kollateralschaden sprechen. Dieses Mal sind allerdings wir alle der Kollateralschaden! Wer mit billigem Geld Unternehmen am Leben erhält, die in Wirklichkeit nicht wettbewerbsfähig sind, der handelt fahrlässig, denn in einer echten Krise kann es zu massenhaften Zusammenbrüchen kommen. Die EZB-Geld-Jongleure werden sich dann vom Acker machen und viele Bürger dürften ihrem Unmut dadurch Luft verschaffen, dass sie extreme Parteien wählen. Aber die einstigen Volksparteien CDU und SPD scheinen kein Herz mehr für den Sparer zu haben, denn aus ihren Reihen kommen kaum warnende Hinweise an die EZB. Dies wird sich rächen!

Christine Lagarde ist Macrons Protegé
In naher Zukunft werden auch die eifrig verteilten Billionen-Kredite und Anleihekäufe nicht mehr reichen, um reformunwillige Staaten vor dem Niedergang zu bewahren. Billiges Geld ist – dauernd verabreicht – wie die tägliche Antibiotikadosis: Wenn es mal ernst wird, dann helfen bei einer schweren Krankheit selbst höhere Antibiotikagaben nichts mehr, und so ist das mit Krediten: Wer schon in der Billionen-Flut der EZB ertrunken ist, dem nutzen weitere Kredite ebenfalls nichts mehr.
Statt sich um Innovationen und weniger Regulierungen zu bemühen, möchte sich Christine Lagarde auch noch ums Klima kümmern. Das hat gerade noch gefehlt, ist aber typisch für Politiker! Wenn das eigentliche Aufgabenspektrum selbstverschuldet zum Minenfeld wird, dann suchen sich Politiker gerne ein anderes Hobby! Und aus diesem Sektor kommt die EZB-Präsidentin und Nicht-Bankerin Lagarde. Sie rutschte auf dem Ticket des Blenders aus dem Élysée-Palast ins Euro-Spitzenamt. Genau dieser Emmanuel Macron, der im Europaparlament verhinderte, dass einer der Spitzenkandidaten zum Kommissionspräsidenten wurde, hievte auch Lagarde auf den Chefsessel bei der EZB in Frankfurt. Macron, der ein „neues Europa“ fordert und schon mal den „Hirntod“ der NATO verkündet, der setzt seinen Willen mit einem Lächeln und brachialer Gewalt durch. Armes Europa, kann ich da nur sagen! Das haben wir alle nicht verdient.

Die EZB-Brandstifter stoppen!
Wir brauchen Freiräume für kreative Denker, Forscher, Erfinder und Unternehmer, damit wir endlich auch bei der Digitalisierung, bei Mobilität, Internet-Dienstleistungen, Batteriezellen und Wasserstofftechnologie sowie regenerativer Energie und deren Speicherung vorankommen. Da helfen aber keine Billionen-Kredite, die ohnehin in den Taschen von Spekulanten und reformunwilligen Regierungen versacken oder letztendlich wieder bei der EZB geparkt werden. Nein, wir brauchen ein Umdenken der Politik und der EZB in Europa – und kein schnelles Geld! Den internationalen Wettbewerb gewinnt nicht die Region, die am schnellsten die Notenpresse laufen lässt, sondern die mit den kreativen und innovativen Ideen und deren Umsetzung.
Die Brandstifter von der EZB bringen keine blühende Blumenwiese des Ideenreichtums zustande, sondern ertränken Neues mit ihrer Geldflut. Billiges Geld gelangt so nicht zum Start-up, sondern hält das Alte, das Überkommene und die Ewiggestrigen am Leben. Es ist an der Zeit, dass wir alle gemeinsam den EZB-Brandstiftern die Fackel aus der Hand nehmen, mit der diese unsere Vorräte an Vermögen und Ideen abfackeln!
3 Antworten auf „EZB: Wenn die Brandstifter über das Feuer klagen“