Mario Draghi und die Europäische Zentralbank im Zocker-Fieber
Die Konjunktur in der Europäischen Union beginnt zu lahmen: Eigentlich kein Wunder, wenn man das Brexit-Chaos und den Zoll-Wüterich im Weißen Haus einbezieht. Und das Wirtschaftswachstum verläuft nun mal in Zyklen. Das sollte eigentlich auch die Europäische Zentralbank (EZB) unter ihrem Präsidenten Mario Draghi wissen. Aber der geldpolitische Kurs der EZB wird seit Jahren von Nullzinspolitik, Geldschwemme und Inflationsbegeisterung geprägt. Wem dient dieses Verhalten, das den Kämmerer einer deutschen Kommune längst vor den Kadi gebracht hätte? Den Zockern, reformunwilligen Staaten und nicht wettbewerbsfähigen Unternehmen. Allen ehrlichen Sparern, vorausschauenden Unternehmern, auf Sicherheit setzenden Lebensversicherern und Pensionskassen hängt die von Mario Draghi propagierte Geldpolitik dagegen wie ein Mühlstein am Hals. Die EZB hat in den wirtschaftlich guten Jahren ihr Pulver verschossen, die Stabilität des EURO ausgehöhlt, den Steuerzahlern Billionen-Lasten aufgebürdet und die Sparer beraubt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) eilt der EZB schon mal mit obskuren Vorschlägen zur Hilfe: Wenn die Zinsen auf Geldanlagen nicht weiter gesenkt werden können, dann könnte man doch auch den Bargeldbesitz abwerten.

Draghis Gelddruckmaschine ist heiß gelaufen
Die EZB-Strategen und ihre willfährigen Helfershelfer in den EURO-Mitgliedsstaaten zocken jedoch nicht nur mit unserem Ersparten, sondern sie gefährden auch die gesamte EU – die Mitgliedsstaaten mit und ohne EURO. Von der Notenbank des EURO-Raums hätte ich mir gewünscht, dass sie auf Stabilität in der europäischen Gemeinschaft setzt und die Basis des EURO nicht zerrüttet, nur um einzelnen Mitgliedsstaaten und Unternehmen Einschnitte und Reformen zu ersparen.
Lange wurde uns von Mario Draghi versprochen, dass die Null bei den Zinsen und der Ankauf von Staatsanleihen mit einem Volumen von 2,5 Billionen EURO dazu dienen, die schwächelnden EURO-Staaten über Wasser zu halten. Dabei dachte der Italiener Draghi sicherlich gerade auch an sein Heimatland Italien. Doch die Italo-Connection bringt nichts, denn Italien steht weiterhin am finanzpolitischen Abgrund. Die faulen Kredite schlummern in den Kellern der Banken, und diese haben ebenfalls über Gebühr Staatsanleihen angekauft. So wurden die Banken zu einer Stütze des Systems anstatt Altlasten abzubauen und sich auf die Zukunft auszurichten. Und zu allem Überfluss tanzt uns allen die italienische Regierung aus der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der fremdenfeindlichen Lega auf der Nase herum. Von Sparen und Schuldenabbau keine Spur, dafür werden neue Wohltaten unters Volk verteilt.

Geldschwemme dient Zockern und Reformgegnern
Billionen-Geldschwemme und Nullzinspolitik haben daher in Italien und in einigen anderen Staaten die Reformen nicht wirklich vorangebracht, sondern das Gegenteil ist eingetreten: Wenn Schulden nicht mehr so durch die Zinslast drücken, dann kann man sich ja gemütlich wieder an ein schattiges Plätzchen setzen und den Tag genießen. Apropos genießen: Auch die Bundesregierung und einige deutsche Landesregierungen haben es sich ebenfalls recht wohlig eingerichtet. Echter Schuldenabbau und eine konsequente Ausgabenkritik unterbleiben, denn auch ohne diese lässt sich eine schwarze Null im Bundes- oder Landeshaushalt erreichen, allein durch höhere Steuereinnahmen und niedrige Zinslast. Wolfgang Schäuble und Olaf Scholz halten sich daher zu Unrecht zu Gute, den Staatshaushalt auf Vordermann gebracht zu haben, und das Sparkommissar-Gehabe ist lediglich aufgesetzt. Deshalb erhebt kaum ein Regierungsmitglied in den EURO-Staaten das Wort gegen Mario Draghis fatale Zinspolitik, denn sie alle fahren die politischen Vorteile ein. Und die Sparer haben das Nachsehen.
Die scheinbar gut gefüllte Haushaltskasse des Bundes verleitet Regierung und Teile der Opposition gleichermaßen dazu, mehr Geld ausgeben zu wollen. Mal darf es ein Zuschlag für den Verteidigungsbereich sei, mal soll ein höheres Rentenniveau finanziert werden. Und welch ein Glück für Angela Merkel, die hohen Zusatzbelastungen für die Migranten ließen sich auch noch dank sprudelnder Steuereinnahmen unterbringen. Dies stimmt, doch nur auf den ersten Blick: Würde der Bund für seine aufgehäuften Schulden wie in früheren Jahrzehnten zur Kasse gebeten, dann würde schnell aus einem schwarzen wieder ein rotes Vorzeichen beim Haushaltsabschluss. Eine auf die Zukunft orientierte Haushaltspolitik sieht für mich anders aus: Die Zusatzlasten werden auch dann bleiben, wenn die Zinsen mal wieder ansteigen sollten.

Ist der nächste EZB-Präsident wiederum ein Zocker?
Ja, wenn! Zwar sind Mario Draghis Tage an der Spitze der Europäischen Zentralbank gezählt, doch es steht zu befürchten, dass sein Nachfolger aus ähnlichem Holz geschnitzt ist: Es ist nun mal leichter, mit billigem Geld die Märkte zu überschwemmen als rechtzeitig zu bremsen und die Zinsen wieder auf ein normales Niveau anzuheben. Und die Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel schaut dem finanzpolitischen Treiben zu: Kein Wunder, ist sie doch der Nutznießer, denn die Staatsschulden drücken weniger. Und wer gehofft hatte, Angela Merkel würde sich dafür stark machen, dass Jens Weidmann, Chef der Bundesbank, das Nachfolgerennen gewinnen und als EZB-Präsident ab Herbst 2019 eine realistische und sachgerechte Politik einleiten könnte, der sieht sich getäuscht. Die Bundeskanzlerin möchte lieber Manfred Weber (CSU) als Nachfolger des müden und glücklosen Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionspräsidenten durchsetzen.
Natürlich geht es auch anders, dies beweist die US-Notenbank Fed. Die Federal Reserve hat den Wirtschaftsaufschwung längst genutzt, um moderat die Zinsen zu erhöhen, und sich so für mögliche weitere Finanzstörungen zu rüsten. Ganz anders die Europäische Zentralbank unter Mario Draghi. Sie verspielt Zukunftschancen und gefährdet unser aller Alterssicherung. Jerome Powell gehört mit seiner stringenten Geldpolitik zwar nicht zu den Freunden Donald Trumps, doch er ließ sich bisher nicht von seinem zukunftsorientierten Kurs abbringen. Der US-Präsident hätte in Mario Draghi einen willigen Handlanger, denn der pumpt lieber Billionen EURO in die Märkte als eine sachgerechte Finanzpolitik einzuleiten. Das wäre schon ein Duo in ihren Spendierhosen, der Mario und der Donald!

IWF: Bargeld mit Strafzinsen entwerten
Was aber tun, wenn die Wirtschaft in der EURO-Zone in einen Abwärtstrend geraten sollte? Der Spielraum der EZB ist dann denkbar gering, denn bei den derzeitigen Null-Zinsen würde es in der jetzigen Denkart der Notenbank-Truppe nur noch negative Zinsen für alle geben: Sprich für das angelegte Geld müsste die Kunden auch noch mit entsprechenden Strafprozenten bezahlen. So würde das Kapital nicht nur durch die Inflation langsam aber sicher aufgezehrt, sondern durch die Strafzinsen weiter entwertet. Dies könnte viele Menschen dazu verführen, ihr Sparvermögen abzuheben und das Bargeld an einem sicheren Ort zu verwahren. Damit wäre der Traum von Draghi & Co. ausgeträumt, die Menschen zu zwingen, ihr Vermögen auszugeben und so die Wirtschaft anzukurbeln. Aber schon haben emsige Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds einen neuen Vorschlag entwickelt, der auch Bargeld mit Strafzinsen belegen würde.
Das werden Finanzmarkt-Zocker gerne hören. Ruchir Agarwal und Signe Krogstrup kamen auf die famose Idee, Bargeld könnte ja im gleichen Maße abgewertet werden wie das Kapital auf dem Bankkonto durch Strafzinsen vermindert wird. Wenn man in unseren Tagen noch niemand daran hindern kann, sein Konto aufzulösen und das Geld in einen Tresor zu schleppen oder wieder unter der Matratze zu verstecken, dann könnte man es dem Bürger doch so vermiesen, sein Geld vor weiteren Zugriffen zu schützen. Solcherlei Vorschläge werden im Übrigen nicht von Verschwörungstheoretikern publiziert, sondern unter dem Titel ‚Cashing In: How to Make Negative Interest Rates Work‘ auf der Intern-Seite des Internationalen Währungsfonds.

Nullzinspolitik zerstört Alterssicherung
Seit 2008/09 sind die von der EZB festgelegten Leitzinsen in den Keller gestürzt und mit ihnen purzelte so mancher ehrliche Sparer hinterher. Das scheint Mario Draghi allerdings nicht zu interessieren. Die Bundesregierung unter Angela Merkel machte dies nicht zum Thema, sondern fordert ihre Bürgerinnen und Bürger nur unverdrossen auf, für das Alter auch privat vorzusorgen. Aber wo sollen bei erträglichen Risiken auskömmliche Renditen herkommen? Wenn in Deutschland angesehene Lebensversicherer das Problem haben, unter der Nullzinspolitik die zugesagten oder zumindest von den Kunden erwarteten Renditen zu erwirtschaften, dann ist dies ein Alarmzeichen. Wie sollte das auch gehen, wenn die Lebensversicherungsgesellschaften gehalten sind, nur in sichere Anlagen zu investieren? Diese werfen aber zu wenig ab, um die Alterssicherung vieler Menschen zu sichern, und eben gerade dieser Absicherung dienen viele Lebensversicherungen.
Doch auch eine Anlage in Bundesanleihen oder allerlei andere Sparformen bringen nichts mehr ein, und dies zerstört bei vielen heutigen Rentnerinnen und Rentnern den einst gehegten Traum, das angesparte Kapital würde über Zinsen im Alter die staatliche oder betriebliche Rente ergänzen. Und wer soll guten Gewissens heute in die eigene Alterssicherung investieren, wenn er befürchten muss, dass die von Mario Draghi herbeigewünschte Inflation seine Ersparnisse auffrisst? Aber Mario Draghi und vielen anderen, die ihm in der Politik Beifall klatschen, kann das bei mehr als auskömmlichen Minister-, EU- oder Abgeordneten-Pensionen egal sein. In Sonntagsreden ist dann immer noch Zeit, der Rentnerin oder dem Rentner mit einer Mini-Rente einige warme Worte mit auf den Weg zu geben.

Absturz in die Altersarmut
So richtig ins Gewicht fällt die scheinbar unendliche Nullzinsphase à la Draghi bei vielen Sparerinnen und Sparern erst in jüngster Zeit, denn ihre langfristigen – höher verzinsten – Geldanlagen sind inzwischen ausgelaufen: „Allerdings wurde die reale Rendite eines solchen Portfolios am Anfang des Jahres negativ“, so der Bundesbankchef und Mitglied des EZB-Rats Jens Weidmann. Nicht nur das private Ersparte verliert an Wert, sondern auch Lebensversicherungen oder betriebliche Rentensysteme können die notwendigen Mittel ebenfalls nicht mehr erwirtschaften. „Die Niedrigzinspolitik hat für die Altersvorsorge fatale Nebenwirkungen. Sie führt dazu, dass wir unseren Lebensstandard im Alter trotz betrieblicher und privater Altersvorsorge nicht werden halten können“, so Peter Schneider, der Präsident des baden-württembergischen Sparkassenverbands in der Stuttgarter Zeitung.
Diskussionen über Altersarmut oder beschwörende Aufforderungen, sich selbst für das Alter abzusichern, klingen hohl und verlogen, wenn nicht gleichzeitig auch die Grundlagen dafür geschaffen werden, dass Eigenvorsorge Früchte trägt. Welchen Sinn soll privates Sparen oder die Beteiligung an Vorsorgemodellen denn machen, wenn die Zinserträge ausbleiben? Und so manche Rentnerin und so mancher Rentner werden sich heute fragen, warum sie von ihrem bescheidenen Einkommen noch etwas fürs Alter zurückgelegt haben. Das kleine Kapital wirft über Zinsen nichts mehr für den Lebensunterhalt ab und es reicht nicht mal mehr für den Zoobesuch mit den Enkeln!

Der Griff in unseren Geldbeutel
Der beständige Zugriff auf unser Erspartes durch die Nullzinspolitik der EZB ist jedoch kein Einzelfall: Politiker greifen mit Vorliebe anderen Menschen in den Geldbeutel. Und selbstredend sind nicht nur die Finanzminister der Staaten, sondern auch Mario Draghi als EZB-Präsident, sowie gleichfalls die Führung des Internationalen Währungsfonds unter Christine Lagarde dieser Politik zuzuordnen. Alle diese Personen und Institutionen greifen gerne auf unser Geld zurück und dazuhin gibt es noch den Trend, die kleinen Cent-Münzen einzusparen oder Geldgeschäfte mit Barem zu begrenzen.
Sprichwörter verdeutlichen oft die Einstellung, die Menschen zu bestimmten Gegenständen oder kulturellen Entwicklungen haben. Ein Musterbeispiel ist der Satz ‚Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert‘. Diese Aussage passt auch auf unsere heutigen Zahlungsmittel Cent und EURO. Aber in der Politik nimmt die Zahl derer zu, die meinen, man könne gut auf die Ein- und Zwei-Cent-Münzen verzichten. Jüngst setzte sich Oliver Krischer, der Fraktionsvize von Bündnis90/ Die Grünen im Deutschen Bundestag, diesen alten Hut auf. Er verwies auf die hohen Materialkosten und die Energie, die für die Prägung der Münzen aufgebracht werden müsse. Und er betonte gegenüber der Saarbrücker Zeitung: „Die Münzen sind komplett überflüssig und hauptsächlich ein Ärgernis in der Geldbörse.” Nur gut, dass die Grünen jetzt sogar wissen, was mich in meiner Geldbörse ärgert! Wenn Krischer sich zu sehr ärgert, dann soll er die Münzen doch in die Spendenbüchsen werfen, die allenthalben neben Ladenkassen stehen. Gerne darf er auch einige höhere Münzwerte dazulegen. Und dann gibt es noch Ingeborg Gräßle, für die CDU im Europaparlament, die Bargeldzahlungen nur noch bis 5 000 EURO zulassen möchte. Die Angriffe auf das Bargeld nehmen zu, und letztendlich geht es vielen Politikerinnen und Politikern darum, die letzten Freiheiten im Zahlungsverkehr einzuschränken. Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, ob ich jemals Bargeschäfte über 5 000 EURO getätigt hätte, es geht hier allein um die prinzipielle Freiheit, selbständig über das eigene Geld verfügen zu können.

Lasst unser Geld in Ruhe
Eine Nullzinspolitik über Jahre, wie sie die EZB unter Mario Draghi betriebt, ist eine kalte Enteignung des Sparers. Dazu treibt die EZB mit ihrer Geldschwemme die Erosion des EURO voran. Wenn nun auch noch vom Internationalen Währungsfonds Ideen in die Welt gesetzt werden, die auf eine Abwertung des Bargeldbestands parallel zu den Strafzinsen auf Geldanlagen abzielen, dann droht neues Ungemach. Aus der so eifrig gelobten Sozialen Marktwirtschaft wird mehr und mehr ein Schatten ihrer selbst.
Völlig abwegig ist es, wenn deutsche Politiker über Alterssicherung palavern, ohne auch nur einmal den Zinsraub durch die Europäische Zentralbank anzusprechen. Kleine Sparvermögen werden durch Inflation und Nullzinspolitik aufgefressen. Dies dürfte nicht gerade zur Verminderung der Altersarmut beitragen. Aber schwarze und rote Finanzminister – Wolfgang Schäuble oder Olaf Scholz – freuen sich über niedrige Zinsen für die Staatsschulden und vermelden ein ausgeglichenes Budget. Dies jedoch auf Kosten der enteigneten Sparer! Wenn Pensionskassen und Lebensversicherer aufstöhnen, da sie die zugesagte Verzinsung nicht mehr aufbringen können, dann hört die Politik gerne mal weg.
Lasst endlich unser Geld in Ruhe, hört auf in unseren Geldbeutel zu greifen! Dies möchte ich den Politikern zurufen. Doch ich habe den Eindruck, dass sie den Unmut erst dann verstehen, wenn sich die Straßen mit Menschen füllen, die gelbe oder auch mal orangene Westen tragen. Leider wurde die Ignoranz bei nicht wenigen Entscheidungsträgern inzwischen zu einer Gefahr für Europa.
3 Antworten auf „EZB: Wann wird Ignoranz zur Bedrohung für Europa?“