Erlebt der Weltspartag seinen 100. Geburtstag?

EZB-Nullzinspolitik zerstört das Sparvermögen

Erinnern Sie sich noch, dass Sie selbst oder mit Kindern und Enkelkindern ein Sparschwein geöffnet haben? Schon Kindern wurde fleißig vorgerechnet, was sie sich kaufen können, wenn sie Pfennig auf Pfennig legen und damit das hungrige Sparschwein füttern. Kaum wurde der Pfennig durch den Cent, die D-Mark durch den Euro abgelöst, da bekamen die Zinsen die Schwindsucht. Nicht nur in der Euro-Zone, sondern weit darüber hinaus halten sich viele hochverschuldete Staaten nur dank niedriger Zinsen über Wasser. Sparer sind die Leidtragenden genauso wie Lebensversicherungen und Pensionsfonds, aber zunehmend auch die Privaten Krankenversicherungen. Die Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Banken ließen bisher den Weltspartag nicht entschlummern, so dass er in diesem Jahr seinen 95. Geburtstag feiern kann. Doch die Chancen stehen schlecht, dass er unter dem Druck der Nullzinspolitik noch viele Festtage feiern kann.

Kleines Häufchen von Cent-Münzen.
‚Wer den Pfennig nicht ehrt, ist den Taler nicht wert‘. Gilt diese Aussage nicht mehr, nur weil es heute um Cent und Euro geht? Nach meiner Meinung ist es weiterhin wichtig, die Sensibilität auch für geringe Beträge zu erhalten. Manch einer muss mit jedem Cent rechnen, ein grüner Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Fraktionsvorsitzender wie Oliver Krischer selbstredend nicht, der die Cent-Münzen gerne abschaffen möchte. Ähnliche Überlegungen gibt es auch bei der EZB und der EU-Kommission. (Bild: Ulsamer)

Im Schuldensumpf verirrt

Selbstredend kann man auch in unserer von Schuldenbergen geprägten Welt noch gewinnbringend Geld anlegen, das steht außer Frage. Allerdings steigen dabei im Regelfall die Risiken, denn nicht nur einfache Spareinlagen, sondern auch deutsche Staatsanleihen bringen keine Erträge. Und ob man jüngere Kinder ans Sparen heranführen kann, indem man ihnen von ihrer Beteiligung an einem Weltkonzern berichtet, das wage ich dann doch zu bezweifeln. Das heute oft belächelte ‚einfache‘ Sparbuch hatte den Charme, dass man als Kind beim nächsten Weltspartag gleich ‚prüfen‘ konnte, ob die Zinsen und Zinseszinsen vermerkt wurden. Kinder und Jugendliche sahen ihr kleines Vermögen aus gespartem Taschengeld förmlich steigen! Heute: Fehlanzeige! Volatile Kurse dürften nicht den gleichen Reiz in jungen Jahren bieten.

Besserung für Sparer wird es mittelfristig nicht geben, denn schon vor der Corona-Pandemie hatten sich klamme Staaten, die über ihre Verhältnisse leben, sowie Spekulanten und Dauerschuldner in der Welt ohne Zinsen häuslich eingerichtet. Bestens betreut wurden die Schuldenmacher in der Euro-Zone durch den Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, den ich für den größten Zinsräuber aller Zeiten halte. Aber nicht nur sein Herz schlug für Staaten und Unternehmen, die durch eigenes Zutun und Misswirtschaft in den Schuldensumpf stolperten, sondern Christine Lagarde, seine Nachfolgerin im EZB-Chefsessel, tat es ihm gleich. Lagarde sattelte umgehend noch eine Billion Euro an Kreditvolumen drauf. Mal ist es die Finanzkrise, jetzt die Corona-Pandemie, doch die Kreditfluten lösen die grundlegenden Strukturprobleme in einigen Mitgliedsstaaten nicht. Durch die Ankaufprogramme wurden im Gegenteil die Verkrustungen in Staat und Wirtschaft nur übertüncht, was auf jeden Fall für Italien gilt, aber auch Emmanuel Macron ist mit seiner Reformpolitik im Grunde gescheitert. So gleitet die Euro-Zone immer tiefer in den Schuldensumpf. Und die Briten haben sich mit ihrem Pfund davongemacht! Die Billionen-Kreditflut hilft uns nicht weiter! Wir müssen unsere europäische Wirtschaft wieder auf gesunde Beine stellen, und dies gelingt nur mit Erfindertum, Reformwillen und nachhaltigem Denken.

Screenshot aus der Sparkassen-Internetseite zum Weltspartag.
Sparen halte ich – wie die Sparkassen und andere Finanzinstitute – für wichtig. Doch der Weltspartag hat zum 95. Geburtstag wenig zu lachen: Die Nullzinspolitik macht gerade das Sparen kleiner Beträge durch Kinder und Jugendliche wenig reizvoll. (Bild: Screenshot, sparkasse.de, 28.10.2020)

Sparer wieder stärken

Die nachwachsenden Generationen bekommen auf Erspartes nicht nur keine Zinsen, sondern sie müssen später die Schulden abtragen, die die Politik heute anhäuft. So sind sie gleich zweifach die Gekniffenen, aber das scheint weder die Europäische Zentralbank zu stören noch die Bundesregierung unter Angela Merkel, die dem ganzen Treiben zuschaut, ohne auf Solidität zu achten. Vielleicht ist ihr die Verdoppelung der Fläche des Bundeskanzleramts eben wichtiger! Und Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat ohnehin eine fragwürdige Einstellung zum Geld anderer Leute. „Wir können uns das leisten“, betonte er großspurig bei der Auslobung von Corona-Hilfsgeldern, die er aber nicht aus der Kasse holen kann, sondern über Kredite finanziert. „Wir haben genug Geld, wir können allen helfen und tun das auch“, unterstrich der SPD-Finanzminister bei Maybrit Illner und vergaß dabei ganz, dass der Steuerzahler die ‚Kohle‘ ranschaffen muss, die er mit vollen Händen unters Volk bringt.

Schon am 31. Oktober 1925 ging es beim Weltspartag darum, für das Sparen gerade auch kleiner Beträge zu werben. Im Übrigen keine urdeutsche Erfindung, sondern dies wurde beim Internationalen Sparkassenkongress in Mailand als ‚World Thrift Day‘ aus der Taufe gehoben. Bis heute sollen gerade Kinder als Sparer gewonnen werden, die schon früh das Sparen lernen, um sich dann einen größeren Wunsch erfüllen zu können. Im Sparkassen-Internet-Portal wird mit einem historischen Zitat daran erinnert, Sparen „ist eine Tugend und eine Praktik, die grundlegend ist für den gesellschaftlichen Fortschritt eines jeden Einzelnen, einer jeden Nation und der gesamten Menschheit!“ So sehe ich dies ebenfalls – fast ein Jahrhundert später. Aber in einer Epoche, in der Kredite als Allheilmittel für Bankrotteure in Politik und Wirtschaft angesehen werden, verliert Sparen seinen Reiz. Mögen die Deutschen und andere Staatsbürger derzeit noch fleißig Geld zurücklegen, so wird dies bei einer Überschuldung zahlreicher Staaten zunehmend fragwürdig. Wenn das EZB-Schuldengebäude zusammenbrechen sollte, reißt dies nicht nur die Europäische Zentralbank mitsamt dem Euro in den Abgrund, sondern die beteiligten Staaten gleichermaßen – und die sparfreudigen Bürger.

Es geht nicht nur darum, dass der Weltspartag seinen 100. Geburtstag erlebt, sondern auch um eine Neuorientierung der EZB-Politik, denn ohne Solidität und Verlässlichkeit lässt sich die Zukunft nicht nachhaltig gestalten.

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