Nahrung im Herbst und Winter für gefährdete Tierarten
Gibt es im Herbst kaum noch Blüten, dann zieht der Efeu Schmetterlinge, Bienen und Wespen magisch an, und im Winter sind die herangereiften blauschwarzen Früchte ein Energiespender für Amseln und Drosseln. Aber auch Schwebfliegen, Marienkäfer oder Ameisen laben sich an den Efeublüten. Seit Jahrzehnten gibt es immer weniger Insekten in Deutschland, da kommt es wirklich auf jede Blüte an. Und im Winter finden viele Vögel in einer Landschaft ohne Hecken und überjährigen Blühstreifen zunehmend weniger Nahrung. Efeu kann einen Beitrag dazu leisten, den dramatischen Schwund bei Insekten und Vögeln zu bremsen, wenn man die Pflanze nur ranken lässt.

Insekten und Vögel sind bedroht
Die Biomasse der Insekten hat sich um bis zu 75 % reduziert, wie der Entomologische Verein Krefeld in einer Langzeitstudie von 1989 bis 2016 feststellte. So ist der Tisch für Vögel jahraus jahrein ärmlicher gedeckt, besonders für Vögel, die ohne Insekten zumeist ihre Küken nicht aufziehen können. Und leider zeigen neuere Studien, dass sich das Insektensterben beschleunigt hat. Bleiben die Schnäbel leer, dann verschwinden selbst frühere ‚Allerweltsarten‘ unter den Vögeln. Mit Efeu im privaten Garten oder in Parkanlagen kann natürlich der Verlust an Lebensraum für Insekten und Vögel auf landwirtschaftlichen Flächen und betonierten Städten nicht ausgeglichen werden, doch jede Blüte hilft mit Pollen und Nektar, und jede Frucht am Efeu kann einen hungrigen Vogelmagen füllen.

Auf den gravierenden Schwund an Insekten und Vögeln bin ich in mehreren Blog-Artikeln eingegangen, so z. B. in ‚Vögel: hungrig, durstig, wohnungslos. Die industrielle Landwirtschaft befeuert den Vogelschwund‘ oder ‚Galoppierender Insektenschwund und lahmende Politiker. Rückgänge um bis zu 97 % bei Schwebfliegen‘. Der am 1. Oktober 2024 erschienene ‚Faktencheck Artenvielfalt‘, an dem 350 Autoren und Gutachter mitgewirkt haben, bestätigt leider den negativen Trend: „Die Populationen von Vögeln im Agrar- und Offenland sind in knapp 40 Jahren um mehr als die Hälfte zurückgegangen.“ Die Autoren des ‚Faktencheck Artenvielfalt‘ fahren fort: „Die Intensivierung der Landwirtschaft hat negative Effekte in fast allen Lebensräumen, nicht nur im Agrar- und Offenland, und bietet damit den größten Hebel für biodiversitätsschützende Ansätze.“ Doch gerade im Bereich der industrialisierten Landwirtschaft kommen Veränderungen hin zu einer ökologischeren und nachhaltigeren Landnutzung nur zögerlich voran. „Zur Intensivierung zählen die Aufgabe von Fruchtfolgen, der vermehrte Maisanbau und Einsatz von Dünger, Pflanzenschutzmitteln und schweren Maschinen auf Ackerflächen, der Anbau von Kulturgräsern im Grünland und der Rückgang der extensiven Beweidung.“ Im Grunde können diese Hebel nur genutzt werden, wenn sich die politischen Entscheidungsträger endlich dazu aufraffen, eine Neuorientierung der EU-Agrarförderung vorzunehmen.

Mehr Blüten und Früchte
Wir müssen daher alle gemeinsam politischen Druck auf die Politik ausüben, damit bedrohte Tiere und Pflanzen endlich mehr Fürsprecher in EU, Bundestag, Landtagen oder Kommunen und Regionen finden. Parallel dazu geht es darum, kleine Refugien für Insekten, Vögel und andere Wildtiere – wie den Igel – im eigenen Garten oder in Parks und städtischen Grünanlagen, auf Weiden, Wiesen, Äckern und in Wäldern zu schaffen. Jede einheimische Blühpflanze, die Nektar und Pollen spendet, ist wichtig, jede Wasserstelle zählt und jede Hecke! Brombeerhecken, die häufig achtlos zerstört werden, sind wegen ihrer Blüten und Beeren wichtig, an letzteren können sich z. B. die Stare stärken, ehe sie die gefährliche Reise in ihre Winterquartiere antreten. Mehr zu den Staren finden Sie in meinem Beitrag ‚Der Star – vielseitiger Sänger und Formationsflieger. Ein früherer ‚Allerweltsvogel‘ ist bedroht‘. Vögel wie die Amsel, die die kalte Jahreszeit bei uns verbringen, finden Nahrung im späteren Winter, wenn die Früchte des Efeus reif sind und ansonsten frische Kost Mangelware ist.

Bienen und Schmetterlinge, Schwebfliegen, Wespen und Hornissen erhalten beim spät blühenden Efeu ein letztes Gnadenbrot, ehe der Winter kommt, und später laben sich Amseln und Drosseln an den Früchten des Efeus. Manchmal stehen diesem freundlichen Bild jedoch Bürokraten im Weg, die sich in der kommunalen Kantine bedienen können und nicht auf Nektar, Pollen oder Früchte des Efeus angewiesen sind. So erreichte uns ein unfreundlicher Brief der Stadtverwaltung in Esslingen am Neckar, wir sollten unsere Efeuhecke zurückschneiden – obwohl auf dem Gehweg locker Platz für einen Zwillingskinderwagen, einen Rollstuhl oder ein Schülergrüppchen geblieben war! Kein Träger von Ärmelschonern schien sich dagegen am aufgehäuften Müll neben den Altglascontainern ganz in der Nähe zu stören, doch Efeuranken mit Blüten oder Früchten für Insekten bzw. Vögel, das ging selbstredend gar nicht. Mehr zu diesem unerquicklichen Aspekt lesen Sie in meinem Artikel ‚Esslingen am Neckar: Wenn der Amtsschimmel die Efeuhecke frisst. Kleingeistige Bürokraten gegen Bienen und Amseln‘. Geradezu berührend war es, als uns ein kleiner Junge ansprach und fragte, warum wir denn die Hecke zurückgeschnitten hätten. Wir erläuterten ihm unser Tun. Er konnte die Stadtverwaltung nicht verstehen, denn nun würden den Bienen seines Vaters wieder Blüten in erreichbarer Umgebung fehlen.

Efeu ist dank seines Nektars und seiner Pollen bzw. den späteren Früchten ein kleines Paradies für Insekten und Vögel. Wo immer möglich, sollte Efeu dazu beitragen, die Nahrungsgrundlage für Schmetterlinge und Bienen, Schwebfliegen oder Hornissen zu verbessern, aber auch für Amseln, Drosseln und weitere Vogelarten den Tisch zu decken.


