Das Vertrauen in Demokratie und Rechtsstaat wird zerstört
Im Vergleich zu manchen Staaten auf unserem Planeten leben wir auf der Insel der Seligen, dessen bin ich mir bewusst: Dennoch oder gerade deswegen müssen wir alles tun, damit die Politik nicht das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger verliert. Ich zweifle allerdings daran, dass sich unsere gewählten Vertreterinnen und Vertreter wirklich bewusst sind, in welchem Ausmaß sie das Vertrauen schon verspielt haben. Und wohlfeile Entschuldigungen nach dem Tritt ins nächste Fettnäpfchen bringen dann auch nichts mehr. Die Rückgewinnung verloren gegangenen Vertrauens ist für mich ein wichtiges Thema – gerade auch am Tag der deutschen Einheit. Selbstredend trifft meine Kritik nicht auf all die politisch Aktiven zu, die sich wirklich um die Weiterentwicklung unseres Landes nach Kräften bemühen. Natürlich sind wir alle nur Menschen, und bei unserem Handeln kommt es auch zu Fehlern, wer wüsste dies nicht, doch zu häufig treffen wir in der Politik auf Uneinsichtigkeit und einen spürbaren Realitätsverlust.
Der Widerspruch: Pariser Klimaabkommen und Braunkohle-Verfeuerung
Manchmal scheint uns die Bundesregierung aus Union und SPD auch für dümmer zu halten, als wir Wählerinnen und Wähler es sind. Ansonsten könnten uns doch Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Ministerschar nicht gleichzeitig predigen, wir müssten dem Klimawandel entgegenwirken, und gleichzeitig müsse die Braunkohle noch Jahre gefördert und zur Stromerzeugung verfeuert werden. Dieser Widerspruch fällt auch Politikern in Land und Bund auf, doch es folgen keine konsequenten Handlungen. Das Problem Braunkohle liegt seit Jahren auf den Kabinettstischen, doch statt mutiger und zukunftsweisender eigener Entscheidungen wird das Ausstiegsdatum einer Kohlekommission übergeben. Und nicht nur die Bundeskanzlerin gibt den Kommissionsmitgliedern mit auf den Weg, zuerst müsste geklärt sein, welche neuen Tätigkeiten den Kumpeln geboten werden können, erst dann sei ein Ausstieg denkbar.
„Die Prämisse, unter der die entsprechende (Kohle-)Kommission arbeitet heißt: Erst Zukunftschancen, dann die Frage, wann wird ausgestiegen aus der Braunkohle.“ Diese Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel halte ich für einen Beitrag zu einem üblen politischen Verwirrspiel: Die Beschäftigten im Braunkohletagebau brauchen Zukunftsperspektiven, aber der Klimawandel lässt sich nicht mit jahrzehntelangen Denk- und Handlungspausen aufhalten. Seit Jahr und Tag sollte doch jedem Politiker klar sein, dass das Ende der Steinkohlebergwerke nur ein erster Schritt sein konnte. Alternative Erwerbstätigkeiten hätten längst auch für die Braunkohleregionen erarbeitet werden müssen! Warum hat die Bundeskanzlerin nicht die letzten drei Amtsperioden für einen Richtungswechsel genutzt? Arbeitnehmer und Natur dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Donald Trump mit seinen simplen Ansichten und Aussagen noch besser zu ‚verstehen‘ ist: Er leugnet den Klimawandel und schippt eifrig Kohle in die Kraftwerke, so handelt er widerspruchsfrei, allerdings auch falsch. Die kognitive Dissonanz, die entsteht, wenn zwei Erkenntnisse konträr sind, lässt sich aber nicht beseitigen, indem man das Klimaabkommen preist und gleichzeitig den Hambacher Forst den Schaufelradbaggern überlässt. Wir brauchen eine in sich konsistente Politik, und dies setzt eindeutige Festlegungen in Bundes- und Landespolitik voraus. Aber gerade daran mangelt es.
Deutsche Rentenversicherung nur für uns Bürger?
“Die Rente ist sicher”, betonte Norbert Blüm bereits im Wahlkampf 1986 und wiederholte diesen häufig zitierten Satz als Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung am 10. Oktober 1997 im Deutschen Bundestag. Bezogen hat sich Blüm dabei auf die gesetzliche Rentenversicherung, doch bis heute frage ich mich, warum dieses System für die von uns gewählten Abgeordneten nicht die Alterssicherung ihrer Wahl ist? Bei den gewählten Volksvertretern reicht die Bandbreite von Altersentschädigungen über Zuschüsse für eine private Alterssicherung oder Pensionen bis zum Ehrensold des Bundespräsidenten. So mancher Einzahler in die Deutsche Rentenversicherung fragt sich da zurecht, warum die Abgeordneten von Bundestag und Landtagen nicht auch ganz eifrig in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlen?
Über die Irrungen und Wirrungen in Sachen Alterssicherung im baden-württembergischen Landtag habe ich bereits berichtet, doch auch hier docken die Parlamentarier nicht bei der Deutschen Rentenversicherung an, sondern flüchten sich in ein Versorgungswerk für Landtagsabgeordnete. Warum wohl?
Ein kurzer Blick zurück: Einsicht hatten die Abgeordneten im Jahre 2008 gezeigt und in Stuttgart beschlossen, dass sich die Parlamentarier selbst um ihre Altersversorgung kümmern müssen. So wurden ja auch die Bürgerinnen und Bürger seit Jahren belehrt: Sorge selbst und rechtzeitig für dein Alter vor! Die Regelung trat dann 2011 in Kraft, und damit kein Abgeordneter am Hungertuch nagen muss, bekommen sie alle auch einen finanziellen Zuschlag von über 1700 EURO für die Alterssicherung. 2017 merkten auch die Abgeordneten, dass die Nullzinspolitik des Zinsräubers Mario Draghi ihre private Alterssicherung gefährdet – und im Eilverfahren ergriffen sie die Chance, wieder eine staatliche Absicherung zu erhalten! Natürlich ohne Zinsrisiko!
Erst der laute Aufschrei in Bürgerschaft und Medien ließ Grüne, CDU und SPD innehalten: Das bereits beschlossene Gesetz wurde zurückgezogen und nach allerlei Windungen – inklusive einer Kommission und eines Bürgerforums – wird es jetzt wohl zu einem Anschluss an das Versorgungswerk der Landtage von Nordrhein-Westfalen und Brandenburg kommen. Für mich ist es keine Frage, dass unseren Volksvertretern auch eine sachgerechte Alterssicherung zusteht, doch finde ich es im höchsten Maße ärgerlich, wenn stets die Deutsche Rentenversicherung in Sonntagsreden gelobt wird, doch für die eigene Alterssicherung scheint sie nicht die erste Wahl zu sein. Eine ergänzende private Absicherung würde im Übrigen durch den genannten Zuschlag problemlos ermöglicht, da dieser deutlich über dem Höchstbetrag zur gesetzlichen Rentenversicherung liegt.
Die Nullzinspolitik der EZB schafft Altersarmut
Dass die Nullzinspolitik des Mario Draghi, seines Zeichens Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) und der größte Zinsräuber aller Zeiten, den Landtagsabgeordneten in Baden-Württemberg auf den Magen schlug, das kann ich verstehen. Wenig Verständnis habe ich allerdings dafür, dass die Bundesregierung über die Alterssicherung und Altersarmut philosophiert, ohne deutlich auszusprechen, dass bei einer Nullzinspolitik alle Alterssicherungssysteme ins Wanken kommen müssen. Und dies gilt insbesondere dann, wenn durch eine beispiellose Geldschwemme unter Mario Draghi der EURO entwertet und von der EZB ganz bewusst auf eine höhere Inflation – mindestens zwei Prozent – gesetzt wird. Der Aufschrei in der Bundesregierung bleibt natürlich aus, da der Wegfall von Zinszahlungen den Haushalt entlastet und man sich – ohne eigenes Tun – mit einer schwarzen Null brüsten kann: Wolfgang Schäuble und Olaf Scholz stehen sich hier in nichts nach!
Die Nullzinspolitik trifft bereits heute ältere Menschen, die sich ihre Rente durch die Zinsen aus ihrem Ersparten aufbessern wollten und nun feststellen müssen, dass die Zinsen dank Mario Draghi ausbleiben. Aber die Probleme werden durch diese jahrelange Nullzinspolitik in der Zukunft noch spürbarer sein: „Die Niedrigzinspolitik hat für die Altersvorsorge fatale Nebenwirkungen. Sie führt dazu, dass wir unseren Lebensstandard im Alter trotz betrieblicher und privater Altersvorsorge nicht werden halten können“, so Peter Schneider, der Präsident des baden-württembergischen Sparkassenverbands in der Stuttgarter Zeitung. Nicht nur das private Ersparte verliert an Wert, sondern Lebensversicherungen oder betriebliche Rentensysteme können die notwendigen Mittel ebenfalls nicht mehr erwirtschaften.
Und die Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel schaut zu: Kein Wunder, ist sie doch der Nutznießer, denn die Staatsschulden drücken weniger. Und wer gehofft hatte, Angela Merkel würde sich dafür stark machen, dass Jens Weidmann, Chef der Bundesbank, das Nachfolgerennen gewinnen und als EZB-Präsident eine realistische und sachgerechte Politik einleiten könnte, der sieht sich getäuscht. Die Bundeskanzlerin möchte lieber Manfred Weber als Nachfolger des müden und glücklosen Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionspräsidenten durchsetzen.
Die EZB hat unter Mario Draghi ihr Pulver verschossen
Es geht jedoch nicht nur um die Zinsen für uns Sparer, sondern auch um die finanziellen Spielräume für den Fall neuer Turbulenzen im EURO-Raum. Hier hat Mario Draghi das Pulver verschossen, um nicht zuletzt das reformunwillige Italien nicht abstürzen zu lassen. Neuen Krisen kann die EZB mit einer Null bei Zinsen und Strafzinsen auf hohe Einlagen nicht entgegenwirken! Ganz anders die US-Zentralbank: Die Federal Reserve hat den Wirtschaftsaufschwung längst genutzt, um moderat die Zinsen zu erhöhen, und sich so auch für mögliche weitere Finanzstörungen zu rüsten. Ganz anders die Europäische Zentralbank unter Mario Draghi. Sie verspielt Zukunftschancen und gefährdet unser aller Alterssicherung.
Das ganze Gerede über die Altersarmut oder die Notwendigkeit, sich selbst für das Alter abzusichern, klingt hohl und verlogen, wenn nicht gleichzeitig auch die Grundlagen geschaffen werden, dass Eigenvorsorge Früchte trägt. Welchen Sinn soll privates Sparen oder die Beteiligung an Vorsorgemodellen denn machen, wenn die Zinserträge ausbleiben? Ja, da ist es schon besser, wenn man als Bundeskanzlerin oder Minister später eine staatlich finanzierte Pension bekommt!
Ministerin von der Leyen: Feuerwehrfrau oder Brandstifterin?
Für mich war es schon ein echtes Rätsel, warum Ursula von der Leyen nach der letzten Bundestagswahl wieder als Verteidigungsministerin am Kabinettstisch sitzen durfte. Aber vielleicht hilft es, wenn man seit einiger Zeit mit der Bundeskanzlerin auf einer Wellenlänge funkt. Den blamablen Ausrüstungsstand der Bundeswehr machte der Moorbrand in Meppen wieder deutlich. Bei einem Raketentest sprang der Funke zwar nicht im militärischen Sinne über, aber er setzte das völlig ausgetrocknet Moor in Brand. Zwei Raupenfahrzeuge der Bundeswehr zur Brandbekämpfung waren Totalausfälle, und die Alarmierung der zivilen Feuerwehr ließ auch auf sich warten. Im gleichen Zeitraum machte sich die Ministerin laut Gedanken über einen möglichen Einsatz der Bundeswehr in Syrien. Da frage ich mich schon, wie weit der Realitätsverlust bei Ursula von der Leyen bereits vorangeschritten ist?
Nun hat der Moorbrand auf den ersten Blick nichts mit Syrien zu tun, aber es ist doch symptomatisch, dass sich die Gerätschaften der Bundeswehr im Ernstfall nicht in Bewegung setzen. So betont der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels im Wehrbericht für das Jahr 2017: „Die ‚Trendwende‘ von der Verwaltung des Mangels hin zur materiellen Vollausstattung läuft ebenfalls sehr zäh.“ Mag Ursula von der Leyen hin und wieder bei all den negativen Meldungen lieber abtauchen wollen, selbst dies ist der Ministerin nicht vergönnt: „Auch von den sechs deutschen Unterseeboten war Ende des Jahres kein einziges betriebsfähig.“ Na gut, wer braucht schon ein U-Boot, könnte man fragen, aber wie steht es denn dann in der Luft? Nehmen wir mal den A400M: „Zum Ende des Berichtsjahrs stand zeitweise keine der in Dienst gestellten 14 Maschinen für den Einsatz bereit.“ Das klingt ja auch nicht besser. „Wenn es allerdings zwei Jahre dauert, um die deutsche Rüstungsindustrie überhaupt einmal zu beauftragen, 100 gebrauchte LEOPARD-Kampfpanzer, die bereits auf dem Hof der Industrie stehen, im Kampfwert zu steigern, ist das kein Beleg für problembewusstes Rüstungsmanagement“, so nochmals der Wehrbericht.
„Ob’s brennt oder kracht, Ministerin von der Leyen lacht“, so war einer meiner vorhergehenden Blog-Beiträge betitelt, doch bis heute scheint die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen der bitteren Realität nicht ins Auge schauen zu wollen. Selbst an passenden Klamotten für die Soldatinnen und Soldaten fehlt es. Hauptsache, die Bundesministerin für Verteidigung ist immer gut gekleidet! Dies hilft bei der Gewinnung von Nachwuchskräften aber leider nicht. Mit dem Löschen von Feuern hapert es in Ursulas Reich, doch sie würde wohl gerne in Syrien noch mit zündeln. Ursula von der Leyen ist für mich ein Musterbeispiel für Realitätsverlust in der Bundespolitik, und die Leidtragenden sind die Soldatinnen und Soldaten, die mit Ausrüstungsmängeln zu kämpfen haben.
Die Bürger aus den Augen verloren
In ganz besonders drastischer Weise hat das Geschacher um Hans-Georg Maaßen die Distanz zum Bürger gezeigt. Wie konnten denn allen Ernstes die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD glauben, dass sie Volkes Wille erfüllen, wenn sie den Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen zum – besser besoldeten – Staatssekretär im Bundesinnenministerium machen? Darf es wahr sein, dass Angela Merkel, Andrea Nahles und Horst Seehofer erst durch den Aufschrei der Bürgerschaft und der Medien erkannten, dass sie sich verrannt hatten? Wie weit abgehoben sind denn Teile der Politikerkaste in unserem Land? Sind wir doch schon eine Bananenrepublik? Kleinlaute Entschuldigungen und ein ungeordneter Rückzug können den Schaden nicht wiedergutmachen, den die drei ‚erfahrenen‘ PolitikerInnen angerichtet haben.
Leider ist das Gerangel um Hans-Georg Maaßen, der nun als Sonderberater Bundesinnenminister Seehofer zur Seite stehen darf, kein Einzelfall. Die selbstsüchtige Neuorientierung der Alterssicherung im Landtag von Baden-Württemberg – getragen von Grünen, CDU und SPD – erforderte auch eine Rolle rückwärts, die aber in einem neuen Fettnapf endete. Dies mögen kleine Beispiele sein, die nun sicherlich nicht die Weltordnung erschüttern, doch den Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl vermitteln, die Top-PolitikerInnen hätten sich längst in ihr Wolkenkuckucksheim zurückgezogen.
Rotkäppchen und der Wolf
Kaum streichen einige Wölfe durch die deutschen Lande, da wird der Isegrim aus den Fabeln erneut zum Bösewicht stilisiert. „Wir werden nicht dabei zusehen, wie Kindergärten und Schafsherden weiträumig umzäunt werden, damit der Wolf in Freiheit leben kann“, so Dirk Toepffer, der Fraktionsvorsitzende der CDU im niedersächsischen Landtag. Nun möchte ich auch nicht, dass meine Enkelkinder von einem Wolf belästigt werden, doch ganz ehrlich, da gibt es doch akutere Gefahren, deren Eindämmung des Schweißes der Edlen wert wären. Aber die CDU scheint längst vergessen zu haben, dass der Naturschutz einst ein wichtiges Anliegen des eher konservativen Bürgertums war. Unter Angela Merkel allerdings sind ohnehin alle Wertvorstellungen dem Machterhalt geopfert worden.
“Lebensministerium”, so möchte Julia Klöckner ihr Ministerium benannt wissen. Das klingt gut als Bezeichnung für das Landwirtschaftsministerium im Bund, aber was soll dann die ständige Forderung nach der Dezimierung der wenigen Wölfe? Und selbst die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, reihte sich bei den Wolfsgegnern ein: Vielleicht hätte sie zur Vorbereitung auf ihr neues Amt im Sinne von Bildung nach „Rotkäppchen“ noch ein weiteres Buch über den Wolf lesen sollen! Und die Forschungsergebnisse zu den Wölfen haben die Forschungsministerin wohl leider auch nicht erreicht. Wir brauchen nicht weniger Wölfe, sondern eine Weidetierprämie für Schäfer und Landwirte – wie sie in 22 anderen EU-Staaten bezahlt wird. Genau da wollten aber Union und SPD im Bundestag nicht mitziehen und lehnten entsprechende Anträge ab.
Weidetierhalter brauchen Förderung
Die Weidetierhalter haben die Förderung der Bundes- und Landespolitik sowie der Europäischen Union mehr als verdient, denn im Zuge der Industrialisierung der Landwirtschaft sind viel zu viele Tiere dauerhaft in Ställen eingesperrt. Ich glaube, viele Rinder und Schweine aus Massentierhaltung oder Hühner aus Legebatterien würden gerne das Risiko, einem Wolf zu begegnen, auf sich nehmen, wenn sie dafür den Großteil des Jahres an der frischen Luft leben dürften. Schutzmaßnahmen gegen Wölfe – vom höheren Zaun bis zum Herdenschutzhund – sollten generell aus öffentlichen Haushalten getragen werden. Eine Entschädigung bei Wolfsrissen muss unbürokratisch bezahlt werden. Und die Weidetierprämie muss gerade auch für Wanderschäfer eingeführt werden, die keine EU-Fördergelder über eigene Flächen erhalten.
Das Gezeter um den Wolf lenkt nur davon ab, dass wir eine Neuorientierung der Landwirtschaft an Ökologie und Nachhaltigkeit brauchen. Und wer heute den Wolf zum Abschuss freigeben möchte, der bejagt demnächst auch den Luchs oder den Bären. Biber gehören nach Meinung mancher Politiker ohnehin in den Kochtopf und nicht in unsere Natur. Immer häufiger habe ich gerade bei Unions-Politikern den Eindruck, dass sie Tiere nur hinter Zäunen ein Lebensrecht zubilligen und die Natur eine Art gepflegter Park sein soll. Und selbst Insekten haben unter Glyphosat-Politikern zu leiden!
Afghanistan: Zu gefährlich für Einheimische?
Vor fast 20 Jahren begann die Intervention westlicher Truppenverbände unter Leitung der USA in Afghanistan, und was wurde erreicht? Die islamistischen Taliban haben heute eher mehr Einfluss als damals, das afghanische Militär wird der Gewalt nicht Herr, und die westlichen Truppen schwanken zwischen Ausbildungseinsatz und aktiver Mitwirkung. Ich glaube, dass ein Krieg nur dann zu gewinnen ist, wenn auch die einheimische Bevölkerung gegen die Islamisten Front macht und ihnen dadurch die logistische Basis entzieht. Aus meiner Sicht ist es eine völlige Fehleinschätzung, wenn westliche Politiker glauben, mit unseren Methoden in einem solchen Land eine kriegerische Auseinandersetzung gewinnen zu können. Rein von der Topographie hat Vietnam mit Afghanistan nichts gemein, und bergige Felswüsten haben gewiss nichts mit tropischen Wäldern zu tun, aber damals wie heute zeigt es sich, ein Sieg ist von westlich geprägten Soldaten nicht zu erstreiten. Und dies schon gar nicht gegen große Teile der Bevölkerung.
Welchen Sinn macht dann ein militärischer Einsatz in Afghanistan? Aus meiner Sicht: Keinen! Vielleicht hätten sich die Militärstrategen und Politiker mal eine Ausstellung über die menschenfeindlichen Gebirgsregionen anschauen sollen, die weite Teile des Landes charakterisieren. Dies hätte ihnen die Augen geöffnet! Meiner Frau und mir war angesichts spektakulärer Photographien der atemberaubenden, zerklüfteten, deutlich wasserarmen Bergregionen Afghanistans, die wir vor Jahren bei einer Ausstellung im Institut für Auslandsbeziehungen (IfA) in Stuttgart bestaunten, eines sofort klar: Dort können sich Guerillakämpfer, die Land und Leute kennen und mit einem Minimum an Ausrüstung und Nachschub auskommen, auch gegen deutlich besser gerüstete Truppen durchsetzen! Und so war das auch in Vietnam. Dann sollte aber auch die Politik erkennen, wann es Zeit ist, ein solches Debakel zu beenden. Selbst die sowjetischen Besatzer, die es mit menschenverachtender Brutalität versucht hatten, waren in den 1980er Jahren gescheitert.
Völlig abwegig ist es, junge Männer im wehrfähigen Alter in Deutschland als Flüchtlinge anzuerkennen und gewissermaßen im Gegenzug gleichaltrige deutsche Soldatinnen und Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Wenn die einheimischen Bürger nicht willens sind, dem Feind entgegen zu treten, dann schafft auch ausländisches Militär keinen Umschwung. Und wie kann es für straffällig gewordene afghanische Migranten in ihrem Heimatland zu gefährlich sein – denn ansonsten könnte man sie ja abschieben – doch für deutsche Soldatinnen und Soldaten passt das schon? Vertrauen in die Glaubwürdigkeit unserer Politik kann so nicht entstehen.
Abschiebungen ins Potemkin‘sche Dorf
Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich nicht glaube, mit einer Politik der offenen Tür könnten wir die Probleme dieser Welt lösen. Die schiere Größe Afrikas und die ständig wachsende Bevölkerungszahl machen klar, dass Deutschland nicht als eine Art Überlaufventil für den Bevölkerungsüberschuss dienen kann. Helfen können hier nur solidarische Hilfe vor Ort und gerechte Handelsbeziehungen. Und ich halte auch das Aushebeln der Dublin-Abkommen durch Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jahre 2015 für einen zentralen politischen Fehler: Ohne die unkontrollierte Flüchtlingswelle würde die AfD bis heute ein Schattendasein führen. Und mit „Wir schaffen das“ und „Ich wüsste nicht, was wir anders machen sollten“, ist es eben nicht getan – auch wenn Bundeskanzlerin Merkel uns dies so immer wieder vorkaut.
Auf der anderen Seite verspielt die Bundesregierung jedoch weitere Glaubwürdigkeit, wenn sie beständig von irgendwelchen Übereinkünften zur Rücknahme von Migranten berichtet, die bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben. Erstens handelt es sich um relativ wenige Personen und zweitens beginnt dann im Regelfall erst der ‚Tauschhandel‘: Für einen von Italien zurückgenommenen Asylbewerber übernimmt Deutschland als Ausgleich einen anderen Flüchtling. Migranten sind Menschen und keine Ware, die nach Belieben hin und her geschoben werden können! Hätte ich an einem anderen Ort das Licht der Welt erblickt, dann wäre ich vielleicht auch nach Deutschland aufgebrochen! Die Flüchtlinge leiden unter solchen Tauschprozessen und die deutschen Bürger werden mit diesen kosmetischen Veränderungen an der Flüchtlingspolitik nur an der Nase herumgeführt. Dass dies nicht mehr klappt, das sieht man an den Wahlergebnissen oder Umfragen mit der ‚Sonntagsfrage‘, die uns alle aufhorchen lassen müssen. Als Beruhigungspille sollen sicherlich auch Abschiebungen dienen, doch jede von einem Gericht geforderte Rückholung macht deutlich, dass auch in diesem Bereich die Behörden durch die schiere Zahl der Flüchtlinge überfordert sind. Längst fehlt der politische Wille, ausreisepflichtige Personen auch auszuweisen. Doch die Bundesregierung möchte dies nicht zugeben und versucht daher krampfhaft, den Deckel auf dem kochenden Topf zu halten und redet Probleme beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und der Integration klein.
Mehr Ehrlichkeit erwarte ich gerade auch von der CDU in Sachen Flüchtlingspolitik. Gilt nun, dass Menschen, die aus ihrem Land fliehen müssen, auf Zeit geholfen wird? Oder hat Wolfgang Schäuble in seinem Interview mit der ‚Welt am Sonntag‘ den Kurswechsel vorgegeben: „Wir sollten uns klar machen, wie schwer es ist, im Einzelfall abzuschieben. Deswegen sollten wir auch nicht allzu stark die Hoffnung schüren, dass wir die Großzahl dieser Menschen zurückführen können.“ Und der Bundestagspräsident fuhr fort: „Eher sollten wir alle Kraft dafür aufbringen, sie in unsere Gesellschaft zu integrieren.“ Auch ich glaube, dass wir eine große Zahl der Migranten integrieren können, aber wir sollten uns dann auch Rechenschaft darüber ablegen, wohin sich unsere Gesellschaft entwickeln wird. Bisher sind wir in Deutschland dieser Diskussion gerne aus dem Weg gegangen, doch sie stellt sich ganz von alleine, ob dies Grüne, SPD, FDP, CDU und Linke wollen oder nicht. Vertrauen in die Politik entsteht durch offene und kontroverse Debatten, durch gemeinsame Werte und Zukunftsorientierungen. Man möge mir dies verzeihen, aber ein Bisschen ‚Scharia‘ passt nicht in unsere Kultur, die nun mal christlich-jüdisch geprägt wurde. Auch wenn man davon häufig nur noch wenig bemerkt.
Integriert werden können natürlich nur die Integrationswilligen. Und diese, nicht selten haben sie bereits einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, müssen auch dauerhaft in Deutschland bleiben dürfen. Die ganze Migrationspolitik ist durch zu viel Unehrlichkeit geprägt, denn Ausweisungen und zurückgewiesene Migranten schlagen nicht wirklich zu Buche. Immer mehr Wählerinnen und Wähler haben dies erkannt und wenden sich der AfD zu: Es ist an der Zeit, dass die Bundesregierung das Potemkin’sche Dorf verlässt und eine realitätsbezogene Migrationspolitik betreibt. Das angepeilte Einwanderungsgesetz, dessen Eckpunkte jetzt vorliegen, könnte hierzu in der Tat Ansätze bieten.
Bauen ohne Flächenverbrauch – ein neues Wunder?
Millionen Zuwanderer brauchen ein Dach über dem Kopf, dies wird niemand in Frage stellen. Die Wohnbedürfnisse der Deutschen haben sich in den letzten Jahren ebenfalls verändert. Dies alles erfordert mehr Wohnraum. Die Binnenwanderung lässt in den neuen Bundesländern und anderen wirtschaftlich zurückfallenden Regionen Leerstände entstehen und in den industriellen Ballungszentren die Mieten explodieren. Und fast alle, die seit Jahr und Tag die Reduzierung des Flächenverbrauchs gefordert haben, werden immer stiller und Bundeskanzlerin Merkel geriert sich mit angestrebten 1,5 Millionen neuer Wohnungen als Herbergsmutter der Nation. Selbstverständlich brauchen wir neue Wohnungen, aber dann muss doch der Ehrlichkeit halber das Ziel ‚Minimierung des Flächenverbrauchs‘ ins Museum der vergessenen politischen Grundsätze gehängt werden. Dies würde ich zumindest von ehrlichen Politikern erwarten.
Im Angesicht des Klimawandels – der zurückliegende Sommer spricht Bände – kann es auch nicht darum gehen, das letzte Grün in den Städten zuzubauen, denn dann lassen bald die Hitzetoten grüßen. Auch hier gibt es paradoxerweise Oberbürgermeister, die von Nachhaltigkeit palavern, aber gleichzeitig grüne Luftschneisen zum Baugebiet machen wollen. Ein Beispiel ist das angedachte Baugebiet Greut in Esslingen am Neckar, über das ich bereits berichtet habe.
Regionalpolitik muss Chancen besser verteilen
Viele Menschen in den neuen Bundesländern fühlen sich abgehängt. Und dies trotz der umfassenden Investitionen in die Infrastruktur. Doch eine Umgehungsstraße oder eine moderne Kläranlage ersetzen nicht die soziale und emotionale Einbindung. Ausgerechnet unter einer Bundeskanzlerin Merkel oder dem früheren Bundespräsidenten Gauck – beide in Mecklenburg-Vorpommern sozialisiert – haben wir in Deutschland zu wenig Energie aufgebracht, um soziale Barrieren zwischen den alten und nicht mehr so neuen Bundesländern zu überwinden. Wer allerdings heute über niedrigere Verdienste in den neuen Bundesländern schimpft, der sollte auch mal die Mieten in industriellen Ballungszentren gegenrechnen.
Wir brauchen ohne Zweifel eine neue Regionalpolitik, die auf eine bessere Verteilung der wirtschaftlichen und sozialen Chancen abzielt. Überlaufende Städte mit starker wirtschaftlicher und industrieller Basis entwickeln zwar eine enorme Sogwirkung, doch das Wohnungsangebot kann mit der Nachfrage nur mithalten, wenn auch die letzten Grünflächen verschwinden. Und die Verkehrsbelastung ist ebenfalls nicht mehr zu bewältigen, selbst wenn sich mehr Menschen aufs Rad schwingen und der ÖPNV ausgebaut wird.
Wenn wir einer einseitigen Lokalisierung von Unternehmen entgegenwirken wollen, dann müssen wir Anreize dafür schaffen, bestimmte Arbeitsplätze in Regionen anzusiedeln, die von Strukturschwächen und Abwanderung gekennzeichnet sind. Kein vernünftiger Mensch wird davon ausgehen, dass industrielle Großunternehmen umziehen, denn vielfache Milliardeninvestitionen und damit verbundene Arbeitsplätze können im Regelfall nicht an andere Orte verschoben werden. Es wird jedoch darum gehen, neue Cluster von Firmen in die schwächelnden Kommunen zu ‚locken‘. Ganz bewusst spreche ich nicht von einzelnen Betrieben, sondern von Netzwerken, die in bestimmten Themengebieten forschen oder Dienstleistungen erbringen. Hier können sich Fühlungsvorteile ergeben, wenn sich dank der in Deutschland dezentralen Hochschulstruktur auch entsprechende Institute in der Nähe befinden.
Menschen werden immer mit den Füßen abstimmen, wenn sie in ihrem Heimatort keine befriedigenden wirtschaftlichen Chancen erkennen können – und dies gilt für die Binnenwanderung ebenso wie für Migranten aus ferneren Ländern, interessanterweise durch alle Jahrtausende der Menschheitsgeschichte hindurch! Und das DDR-Regime baute Mauern und Zäune, um die Menschen am Wechsel in den freiheitlichen Westen zu hindern. Jammern hilft zwar nicht, auch nicht in den neuen Bundesländern, doch wir müssen die Signale viel ernster nehmen und echte Zukunftsperspektiven gemeinsam erarbeiten. Und dies gilt – um es nochmals zu unterstreichen – auch für Migranten aus Afrika, Syrien oder Afghanistan. Vertrauen in die Zukunft und das politische Handeln ist auch bei der Frage der (Binnen-) Wanderung der Schlüssel zum Erfolg.
Demokratie lebt vom Vertrauen
Ohne das Vertrauen der Bürgerschaft in die Politik ist eine Demokratie längerfristig nicht überlebensfähig. Das Musterbeispiel in unserer eigenen Geschichte ist die Weimarer Republik, die unter schwierigsten Bedingungen startete, dann aber nicht das notwendige Vertrauen der Menschen in die eigene Regierung bzw. die demokratischen Parteien insgesamt aufbauen konnte. Nutznießer waren die Nationalsozialisten, die am Ende ein verbrecherisches Regime errichten konnten. Nun sind wir meiner Meinung nach weit entfernt von Weimarer Verhältnissen, aber dennoch ist es elementar, das Vertrauen in Demokratie und Rechtsstaat wieder zu stärken.
Nicht nur ich erwarte mehr Realitätsbezug in der Politik unseres Landes: Und dies gilt für die Migration ebenso wie für Innere Sicherheit, Wohnungsbau oder Umwelt. Mit einem ‚Öffnen‘ der Grenzen ist die Migrationsfrage eben nicht zu lösen und schon gar nicht mit „Wir schaffen das“-Parolen. Wir Wähler wünschen uns auch eine konsistente Politik statt widersprüchlichen Parolen: Das Pariser Klimaabkommen sollte eben nur dann unterzeichnet werden, wenn auch im eigenen Land keine Braunkohle verstromt wird! Oder umgekehrt: wenn Deutschland sich zu den Zielen des Abkommens bekennt, dann muss die Braunkohle-Verstromung beendet werden.
Geschacher bringt unser Land nicht voran, dies haben Angela Merkel, Andrea Nahles und Horst Seehofer bei der Beförderung Hans-Georg Maaßens zum Staatssekretär leider zu spät erkannt, auch wenn sie dann zurückruderten und den Verfassungsschutzpräsidenten zum Sonderberater im Bundesministerium des Innern machten. Es ist ein Trauerspiel, dass erst der Aufschrei in Medien und Bevölkerung diese drei führenden PolitikerInnen wachrüttelte. Wie abgehoben sind diese Leute eigenlich inzwischen?
Weniger Selbstbezogenheit bei vielen Politikern würde auch als vertrauensbildende Maßnahme geschätzt! Wenn es um die eigene Alterssicherung oder die Parteienfinanzierung geht, da haben manche Spitzenpolitiker jeglichen Anstand verloren.
Vertrauensvorschuss fällt immer schwerer
Bei jeder Wahl geben wir mit unserem Stimmzettel bestimmten Parteien und Persönlichkeiten einen Vertrauensvorschuss, denn ohne diesen kann eine parlamentarische Demokratie nicht funktionieren. Von Jahr zu Jahr fällt es mir schwerer, mein Vertrauen mit dem Stimmzettel gewissermaßen in die Wahlurne zu werfen. Zu oft habe ich das Gefühl, dass Politikerinnen und Politiker sehr schnell vergessen, wer ihnen die Möglichkeit bietet, Politik zu gestalten: Wir, die Bürgerinnen und Bürger, geben Abgeordneten, aber auch jedem Bürgermeister, Macht auf Zeit. Und dies ist gut so. Aber wir müssen wieder stärker spüren können, dass Ehrlichkeit und Gemeinschaftssinn im Mittelpunkt stehen und nicht Geschacher und Eigennutz.
Wenn viele Wählerinnen und Wähler ihr Vertrauen missbraucht sehen, dann ist es nicht verwunderlich, wenn AfD und Linke davon profitieren. Wir brauchen bei Union und SPD die Erkenntnis, dass es ohne eine Rückbesinnung auf die einstigen Grundwerte keinen Weg in die Zukunft geben kann. Natürlich müssen sich Parteigrundsätze fortentwickeln, doch dies darf nicht zu einem inhaltlichen Vakuum führen. Und auch bei Grünen und FDP würde ich mir mehr Wertebezug wünschen.
Vertrauen ist der Treibstoff der Politik. Immer häufiger stottert der Motor, da Realitätsverlust, Geschacher, Palaver und Selbstsucht die Zuleitung verstopfen. Es ist bei Union und SPD an der Zeit für eine Rückbesinnung auf die Grundwerte der Parteien. Aus ihrer Geschichte müssen sie stimmige Impulse für die Zukunft entwickeln. Beliebigkeit führt nicht zu höheren Zustimmungswerten! Die Menschen wollen wissen, wohin die Fahrt gehen soll, und dazu gehören Dialog, Werte und Überzeugungen sowie Orientierung.
Eine Antwort auf „Deutschland: Politik zwischen Realitätsverlust, Geschacher und Selbstsucht“