Delfine – bedroht von Fischernetzen, Lärm und Müll

Meerestiere brauchen mehr Schutz

Delfine gleiten wie schwerelos durch die Meere, und zeigen so, wie gut sie an ihren Lebensraum angepasst sind. Das stimmt auch, doch die vom Menschen verursachten Einflüsse machen den Delfinen das Leben schwer. Ich hätte diese Zeilen nicht geschrieben, wenn mich nicht die zunehmende Zahl toter Delfine an den Stränden in Kerry aufgeschreckt hätte. In engmaschigen Kunststoffnetzen von gewaltigen Ausmaßen sterben zahlreiche Delfine und werden tot wieder ins Meer geworfen. Nur in seltenen Fällen werden diese Beifänge gemeldet. Aber auch Plastikmüll oder offshore-Windkraftanlagen und der zunehmende Schiffsverkehr werden zu tödlichen Gefahren, denen hunderttausende von Delfinen weltweit zum Opfer fallen. Und die Überfischung raubt gerade auch Delfinen ihre Nahrungsgrundlage.

Ein toter silbrig glänzender Delfin zwischen abgerundeten Steinen am Meer.
Wann immer ich einen toten Delfin am Strand sehe, erfasst mich Traurigkeit. Natürlich bin ich mir bewusst, dass alle Lebewesen auch mal sterben, aber die Zahl toter Delfine hat nach meiner Meinung in den vergangenen 25 Jahren an den Stränden im irischen Südwesten zugenommen. (Bild: Ulsamer)

Akustische Vermülllung der Ozeane

Gehen wir an sturmfreien Tagen am Strand entlang, dann haben wir den Eindruck tiefer Stille, wenn man vom Plätschern auflaufender Wellen einmal absieht. Doch Delfine erleben die Meere heute gänzlich anders: „Delfine leben in einer Welt des Schalls. Für sie hat sich die in den letzten 20 Jahren stark gestiegene akustische Meeresverschmutzung zu einem gravierenden Problem entwickelt. Militärs setzen taktische Hoch- und Mittelfrequenzsonare zur U-Boot-Suche ein, Ölkonzerne gehen mit höllisch lauten Druckluftpulsern auf die Suche nach im Meeresboden verborgenen Lagerstätten. Es gibt immer größere, lautere und mehr Schiffe.“ Nicht nur die Delfine, sondern auch andere Walarten sind von dieser akustischen Vermüllung betroffen: manche Wale finden ihre Artgenossen nicht mehr, da ihre Laute im technischen Lärm untergehen.

Eine Unzahl von Windkraftanlagen, die weiß zu sehen sind, aif dem blauen Meer.
Der Bau von Windfarmen, vielleicht auch ihr Betrieb, hat Auswirkungen auf Delfine und andere Wale. (Bild: Ulsamer)

Wenn wir den Übergang von einer Welt, in der Kohle, Öl und Gas für Strom, Wärme und Mobilität sorgten, in das Zeitalter der regenerativen Energieträger schaffen wollen, dann brauchen wir gerade auch die Windenergie. Besonders interessant sind Windparks vor den Küsten, da hier seltener Flaute herrscht als im Binnenland. Und im Regelfall ist auch der Widerstand gegen diese Windkraftanlagen deutlich geringer.  „Rammarbeiten für die Fundamente von Offshore-Windkraftanlagen können Schalldrücke von 225 dB und mehr erzeugen“, betont die Gesellschaft zur Rettung der Delphine. Kein Mensch würde sich in einer solchen Umgebung aufhalten wollen, und Delfine, die über Echoortung ihre Beute finden, sind noch stärker betroffen.

Ein angeschwemmtes Kunststoffnetz als Knäuel am Strand.
Dieses losgerissene Netz ist zum Glück am Ventry Beach im Südwesten Irlands gelandet – und konnte sachgemäß entsorgt werden. Selbst Teile solcher Kunststoffnetze stellen eine tödliche Gefahr für viele Meerestiere dar. (Bild: Ulsamer)

Engmaschige Netze sind des Delfins Tod

Zahllose Trawler mit starken Maschinen ziehen Netze durch die Ozeane, um die unersättliche Nachfrage nach Fisch zu stillen. Und ich muss gestehen, dass ich selbst gerne Fisch esse, aber es kommt auch hier auf das Maß an. Dies beziehe ich auf mich, und zugleich auf die Fangmethoden. Mit immer engmaschigeren und ultra-stabilen Netzen machen sich Fischer ans Werk, wobei das Problem nicht bei den kleinen Fischerbooten zu sehen ist, sondern beim industriellen Fischfang. Längst fahren französische oder spanische Trawler nicht mehr in den Heimathafen zurück, sondern entladen ihren Fang z. B. im irischen Dingle, wo bereits die Kühl-Lkw warten, die den im Nordatlantik gefangenen Fisch schnellstmöglich auf den Teller der Touristen in Spanien, Portugal oder Südfrankreich liefern. Dies spart Zeit, trägt aber auch zu immer intensiverer Befischung bei. In anderen Regionen verarbeiten schwimmende Fischfabriken in ihren Schiffsbäuchen gewaltige Mengen an Fisch. So fehlen nicht selten Delfinen, aber auch Basstölpeln und anderen Seevögeln die Fische, um den eigenen Hunger, oder den ihrer Jungen zu stillen.

Ein Delfin springt aus dem Wasser durch die Luft.
Der Lebensraum der Delfine darf nicht weiter zerstört werden. (Bild: Ulsamer)

Die Zahl der bereits in diesem Jahr an französischen Stränden aufgefundenen Delfine geht in die Hunderte, so die Beobachtungsstelle Pelagis. Dies muss uns ein Anstoß sein, gegen die Überfischung der Ozeane energischer vorzugehen, und alle Möglichkeiten beim Fischfang zu nutzen, um Delfine nicht zu gefährden. Die französische Regierung will gegen den Beifang von Delfinen sogenannte Pinger einsetzen. Die Delfine sollen durch akustische Signale von den Netzen der Fischer ferngehalten werden. Ob dies wirklich funktioniert, muss sich noch zeigen, aber jede technische Chance sollte aufgegriffen werden, um Delfinen einen qualvollen Tod in Fischernetzen zu ersparen. „Im Jahr 2019 wurden       11 300 Delfine an der französischen Atlantikküste getötet, und weniger als 10 ‚versehentlich‘ gefangene Delfine wurden von Fischern gemeldet“, so die Tierschutzaktivisten von ‚Sea Shepherd‘. Viele tot angespülte Delfine tragen nach Aussagen der Wissenschaftler Wunden, die ihnen durch die Netze zugefügt wurden. Die Mehrheit der getöteten Delfine dürfte auf den Meeresgrund absinken und so auch in keine Zählung eingehen.

Rest einer Plastikflasche auf Tang.
Selbst kleine Reste von Kunststoffflaschen können zur Gefahr für Meerestiere werden. (Bild: Ulsamer)

Bald mehr Müll als Fische

In beängstigender Weise hat die Vermüllung der Ozeane mit Plastik, Chemikalien, Öl und Abwässern zugenommen, und dies betrifft alle Meereslebewesen. Immer mehr Robben oder Wale werden mit Plastikteilen im Magen aufgefunden. Kunststoffe haben den Nachteil, dass sie sich in der Natur nicht zersetzen und gefahrlos auflösen, sondern sie zerfallen in immer kleinere Teile und gelangen so in den Verdauungstrakt der Tiere und letztendlich auch in uns Menschen als letzten in der Nahrungskette. Laut NABU zersetzt sich, „eine Plastiktüte in 25 Jahren, eine Plastikflasche in 450 Jahren, ein Fischernetz in bis zu 600 Jahren.“

Doch nicht nur die Langlebigkeit von Plastik wird zur Gefahr: „Delfine und Fische verfangen sich in alten Netzen, Tauwerk oder Folien und ersticken jämmerlich“, so der NABU. „Bis zu einer Million Seevögel sterben Jahr für Jahr. Wie auch Meeresschildkröten verwechseln sie Tütenfetzen oder Spielzeug mit ihrer natürlichen Nahrung. Sie verhungern mit vollem Magen oder sterben an inneren Verletzungen.“ Rund 10 Prozent der Plastikabfälle, die ins Meer gelangen, haben ihren Ursprung in der Fischerei. Dazu tragen kilometerlange Fischernetze bei, die wegen Beschädigungen illegal ins Meer versenkt werden oder sich bei Stürmen losreißen. „In einer Studie der Welternährungsorganisation ist von 25.000 Netzen die Rede, die allein in den europäischen Meeren jährlich auf diese Weise verloren gehen“, so Greenpeace. Solche riesigen Netzgeflechte – Geisternetzen gleich – verselbständigen sich und treiben durch die Ozeane. Nicht nur sie sind tödliche Gefahren für Meerestiere, sondern auch ihre Zerfallsprodukte. Eigentlich müssten nach den EU-Fischereiregelungen verlorene Netze gemeldet und geborgen werden. Doch hier fehlt es bisher an durchgängigen Aktivitäten.

Zwei tote Delfine zwischen Plastikmüll am Küstensaum.
So sollten Delfine nicht enden müssen. (Bild: Ulsamer)

Vermeidung und Recycling von Kunstoffen intensivieren

Wenn im Jahr 2014 rd. 26 Mio. Tonnen Kunststoffabfälle alleine in der EU angefallen sind, und davon nur 30 % recycelt wurden, ist dies ein Armutszeugnis. Und wenn in der Europäischen Union jährlich 200 000 bis 500 000 Tonnen Kunststoffe in die Meere gelangen, dann muss selbstverständlich gehandelt werden. Schnell! Aber die Politik hechelt nicht nur hier hinter dieser Entwicklung her, sondern auch beim Thema Mikroplastik: Erschreckende 75 000 bis 300 000 Tonnen Mikroplastik gelangen pro Jahr in die EU-Umwelt. Im globalen Maßstab liegt Europa zumindest beim Plastikmüll nicht an der Spitze: Weltweit landen rd. 5 bis 13 Mio. Tonnen Kunststoffe jedes Jahr im Meer. China nimmt hier über den Jangtsekiang einen fragwürdigen Spitzenplatz ein. Die Forscher des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung (UFZ) „haben zudem berechnet, dass die zehn Flusssysteme mit der höchsten Plastikfracht (acht davon in Asien, zwei in Afrika) – in denen zum Teil hunderte Millionen Menschen leben – für rund 90 Prozent des globalen Plastikeintrags ins Meer verantwortlich sind.“ Dies heißt selbstredend nicht, dass wir uns zufrieden zurücklehnen könnten, ganz im Gegenteil! Jedes Plastikteil, das nicht im Meer oder in Flüssen landet, trägt zu einer besseren Umwelt bei. Und natürlich ist das beste Einmal-Plastikteil das, das erst gar nicht hergestellt wurde.

„Von den jährlich 78 Millionen Tonnen der weltweit gebrauchten Plastikverpackungen gelangen 32 Prozent unkontrolliert in die Umwelt, wie zum Beispiel in die Meere“, so der WWF. „Zudem gelangen auch Mikroplastikpartikel in Gewässer und die Ozeane. Im Meer sind gerade diese kleinen Partikel ein großes Problem, da sie von den Meerestieren mit Nahrung, zum Beispiel Plankton, verwechselt werden. So konnten in Muscheln, die Planktonfiltrierer sind, diese kleinen Plastikpartikel nachgewiesen werden.“

Eine Gruppe von Delfinen (Schule) springt aus dem Wasser.
So sehe ich Delfine natürlich am liebsten! Wir müssen mehr für ihren Schutz und das gesamte Ökosystem Meer tun. (Bild: Ulsamer)

Natur- und Umweltschutz stärken

Wenn wir an irischen Stränden entlangwandern, dann frage ich mich manchmal, warum die einfachen Möglichkeiten, den Plastikmüll zu reduzieren, so wenig genutzt werden. Ein hohes Flaschenpfand könnte dafür sorgen, dass sich die Zahl leerer Plastikbehältnisse – oder deren Teile – deutlich reduzieren lassen würde. Aber wie soll dies eine Regierung durchsetzen, die noch nicht einmal Wassergebühren einführen konnte? Die Regierung unter Premierminister Leo Varadkar hatte dem Druck der Straße nachgegeben und die Wassergebühren annulliert. Vergleicht man den Zustand an europäischen Stränden mit Regionen, wo der Müll in Flüsse und das Meer geschüttet wird, dann zählen wir nicht zu den größten Verschmutzern, aber auch bei uns gibt es noch viel zu tun. So muss das gesamte Aufkommen an Verpackungsmüll zukünftig in Deutschland recycelt werden, einen Export ‚Gelber Säcke‘ darf es unter keinem Deckmäntelchen mehr geben. Dazuhin sollte das Flaschenpfand deutlich erhöht werden. Es gilt, Natur- und Umweltschutz zu stärken, um den Lebensraum Ozean mit allen Tieren und Pflanzen nachhaltig zu sichern.

Delfin-Schule, die gerade durch die Dünung gleitet.
Wie schwerelos gleiten die Delfine durch die Fluten. Vermüllung und Überfischung zählen zu den Bedrohungen für Delfine. Aber auch der Klimawandel wird Auswirkungen auf die Walpopulationen haben. (Bild: Ulsamer)

Die Plastikstrategie der EU hat gute Ansätze, aber kommunikativ war der Start eher blamabel: Da wurde über Plastikgabeln und Ohrstäbchen palavert, statt die bereits erwähnten Plastikflaschen, Kanister oder Folien aller Art in den Mittelpunkt zu rücken. Aber Schwamm drüber, wichtig ist, dass die politischen Beschlüsse zügiger als bisher auch in die Realität umgesetzt werden. Delfinen oder Robben, Fischen und Seevögeln nutzen politische Reden nichts, wenn sie umgeben von Müll ihr Dasein fristen müssen. Und für die Wale – darunter auch die Delfine – ist es von besonderer Bedeutung, die akustischen Störungen zu beschränken, damit sie ihre Beute oder ihre Partner wieder besser finden können.

 

Zwei Delfine springen aus dem Wasser, zwei sind bereits wieder untergetaucht, aber die Wasserspritzer sind noch zu sehen.
Verschmutzung und Überfischung bedroht auch die Delfine und andere Meerestiere. Und Delfine gehören in die Ozeane und nicht in Delfinarien als dressierte ‘Ausstellungsstücke’. (Bild: Ulsamer)

 

 

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