Der 13. August 1961 darf nicht vergessen werden
Die vom sozialistischen DDR-Regime errichtete Mauer in Berlin und die Zerschneidung Deutschlands liegt nun bereits 61 Jahre zurück, doch wir sollten die Teilung unseres Landes nicht vergessen. Ja, die Mauer ist nun bereits länger Geschichte als sie Bestand hatte, und dies verdanken wir einem Glücksfall. Im Kreml regierte 1989 Michail Gorbatschow – weder ein Nikita S. Chruschtschow noch ein Wladimir Putin. Damit eröffnete sich die Chance auf eine Wiedervereinigung der Bundesrepublik Deutschland mit der DDR. Der Eiserne Vorhang lüftete sich in Europa. Wenn Putin heute wieder von der Größe des Sowjetreichs träumt und die Grenzen verschieben möchte, wie sein Angriff auf die Ukraine belegt, dann ist es umso wichtiger, die Situation in den 1960er Jahren nicht aus den Augen zu verlieren. Die SED-Führung zerschnitt mit einer nahezu unüberwindlichen Grenze – mit Schießbefehl, Minen und Selbstschussanlagen – Gemeinden oder Regionen und zerriss Familien. Unfreiheit sollte nach dem Willen der damaligen Herren im Kreml und in Ost-Berlin über die Freiheit siegen – doch sie haben verloren!
Mauern gegen den Freiheitswillen
Noch am 15. Juni 1961 hatte der damalige DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht in einer Pressekonferenz verkündet: “Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!” Leider handelte es sich dabei um eine echte Fake News, eine politische Lüge des SED-Chefs, um von den längst laufenden Vorbereitungen für den Mauerbau in Berlin und die Verstärkung der Grenzanlagen auf voller Länge zwischen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und der Bundesrepublik Deutschland abzulenken. Das sozialistische Regime riegelte am 13. August 1961 den Ostteil Berlins hermetisch ab und errichtete dort in den folgenden Wochen eine Mauer – ganz Deutschland wurde nun noch brutaler geteilt! Ulbricht hatte bereits seit längerer Zeit auf eine Abriegelung der Grenze hingearbeitet, um die eigenen Bürger, die mit ihren Füßen abstimmten und gen Westen drängten, zu stoppen. Chruschtschow, Erster Sekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, versuchte mit politischem Druck die westlichen Alliierten zu einem Rückzug aus Berlin zu bewegen: „Chruschtschow wollte jedoch die freie Bewegung zwischen den Sektoren nicht aufheben, die bestehen geblieben war, als Stalin 1952 die DDR gegen die Bundesrepublik abgeriegelt hatte. Die gewaltsame Zerreißung einer Stadt, auf welche die Weltöffentlichkeit blickte, würde einen fatalen Eindruck machen und überdies den Anspruch des Sozialismus auf Überlegenheit entkräften“, so Gerhard Wettig in seinem Beitrag ‚Die UdSSR und die Berliner Mauer‘ auf der Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung. Als die Abwanderung zunahm und gerade auch die USA zurecht auf ihrer Position in Berlin beharrten, von der u. a. eine ehemalige Abhörstation zeugt, gab Chruschtschow grünes Licht für den Bau zusätzlicher Grenzanlagen.
Die Zonengrenze wurde im SED-Jargon zum „antifaschistischen Schutzwall“ stilisiert, in Wahrheit allerdings war sie ein perverses sozialistisches Bollwerk gegen den Freiheitswillen der eigenen Bürger. Familien wurden auseinandergerissen, Dorfgemeinschaften und Stadtteile zerschnitten: Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) versuchte, den Strom der Menschen zu stoppen, die in den freien Teil Deutschlands flüchteten, was ihr gelang – auf Kosten der Menschenrechte! Deutschland wurde auf Geheiß der SED-Führung geteilt, um das eigene politische und wirtschaftliche Unvermögen zu beschönigen: Politische Unterdrückung und wirtschaftliche Rückständigkeit ließen viele Bürgerinnen und Bürger am SED-Staat zweifeln. Durch eine tödliche Grenze sollte der Aderlass beendet werden. Die SED-Chefetage dachte nicht an Reformen, um die Menschen im Land zu halten, sondern machte aus der DDR einen Kerker. Und wer sich durch Mauern und Zäune auf fast 1400 km, durch über 250 Beobachtungstürme, 144 Bunker und 260 Hundelaufanlagen nicht abschrecken ließ, der wurde unter Beschuss genommen. Mehrere Hundert Menschen haben – je nach Quelle – an dieser Grenze den Tod gefunden, Tausende wurden abgefangen und wanderten ins Gefängnis. In Bautzen sperrte die SED-Justiz Andersdenkende in die gleichen Zellen, in denen schon die Nationalsozialisten und danach die sowjetische Geheimpolizei unschuldige Bürger inhaftierten und quälten.
Schönredner leugnen den Unrechtsstaat
Die DDR-Führung vermochte es in den Jahrzehnten ihrer Herrschaft nicht, Reformen im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereich zuzulassen, die zu mehr Freiheit und Wohlstand geführt hätten. Das Gerede von der Überlegenheit des Sozialismus legte sich wie ein Eispanzer über die Gesellschaft, den die Bürgerschaft 1989 abzuschütteln vermochte, als Gorbatschow selbst auf Reformen drängte und nicht wie am 17. Juni 1953 sowjetische Panzer den Volksaufstand niederwalzten. Als am 9. November 1989 die Mauer fiel, war die sozialistische DDR wirtschaftlich und politisch am Ende – die Umwelt zerstört. Michail Gorbatschow machte als Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und Staatspräsident den Weg frei für die Wiedervereinigung. Helmut Kohl nutzte als Bundeskanzler das kurze Zeitfenster und tat auf bundesdeutscher Seite alles politisch Vertretbare, um die Wiedervereinigung zu vollziehen. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was geschehen wäre, wenn Angela Merkel oder gar Olaf Scholz damals Kanzlerin bzw. Kanzler gewesen wären! Die Chance wäre vertan gewesen. Dank der Milliardenzahlungen der Steuerbürger in West und Ost – ‚Solidaritätszuschlag‘! – konnte der größte Teil des SED-Unrats zwischenzeitlich beseitigt werden, doch die Herrschaft des Sozialismus entfaltet bis heute ihre Zerstörungswirkung in manchen Denkstrukturen.
Die politische und juristische Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen in der DDR kam zu kurz, dies empfinden gerade die Mitbürgerinnen und Mitbürger in besonderer Weise, die zu Opfern des sozialistischen Unrechtsstaats wurden. So blieben Bespitzelung, unrechtmäßige Inhaftierungen, Kindesentzug aus politischen Gründen und Erschießungen an der innerdeutschen Grenze zumeist folgenlos. Unrecht wird jedoch nicht zu Recht, wenn man es unter den Teppich kehrt. Und der Linkspartei, die aus der Asche der SED entstand, wurde es so leichtgemacht, ihre Wurzeln zu vertuschen. ‚Die Linke‘ tut sich bis heute schwer mit ihrer eigenen Herkunft, denn sie ist nun mal die Nachfolgeorganisation der SED. Der Ministerpräsident von Thüringen Bodo Ramelow betonte: „Die DDR war eindeutig kein Rechtsstaat“. Gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe fuhr er einschränkend fort: „Der Begriff ,Unrechtsstaat‘ aber ist für mich persönlich unmittelbar und ausschließlich mit der Zeit der Nazi-Herrschaft und dem mutigen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer und seiner Verwendung des Rechtsbegriffs ,Unrechtsstaat‘ in den Auschwitz-Prozessen verbunden.“ Ein nicht ungeschickter Winkelzug, denn jeder, der widerspricht setzt sich dem Verdacht aus, das Unrecht in der DDR und während der Nazi-Diktatur gleichsetzen zu wollen. Darum geht es aber nicht: Die Nationalsozialisten haben den Völkermord an Millionen jüdischer Mitbürger auf dem Gewissen, und wir alle tragen schwer an dieser Schuld. Dennoch war auch die DDR ein Unrechtsstaat!
Selbst bei manchen SPD-Politikern beginnt die Wortklauberei, wenn es um die DDR geht. Dies gilt zuvorderst für die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, die viel zu lange mit Gazprom Händchen haltend eine fragwürdige Stiftung ins Leben rief. Schwesig betonte zwar: „Die DDR war eine Diktatur. Es fehlte alles, was eine Demokratie ausmacht: Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Demonstrationsfreiheit, freie Wahlen, das Recht auf Opposition“. Doch dann lehnte sie den Begriff “Unrechtsstaat” ab: “Der Begriff Unrechtsstaat wird von vielen Menschen, die in der DDR gelebt haben, als herabsetzend empfunden. Er wirkt so, als sei das ganze Leben Unrecht gewesen. Wir brauchen aber mehr Respekt vor ostdeutschen Lebensleistungen”. Da dürften nicht nur viele SED-Opfer den Kopf schütteln. Es geht gewiss nicht darum, die Lebensleistung unserer Mitbürger in Zweifel zu ziehen, die ohne ihr Zutun in der sozialistischen Diktatur leben mussten. Ganz im Gegenteil! Wie soll man denn den Freiheitswillen der Menschen hervorheben, die aufbegehrten und dafür im Gefängnis landeten, wenn es gar kein Unrechtsstaat war? Was sagt Manuela Schwesig Familien, denen die Kinder entrissen wurden, weil die Eltern sich nicht SED-konform verhielten? Wenn völlig unschuldige Menschen auf Geheiß der SED-Regierung an der Grenze erschossen werden, dann kann doch der entsprechende Staat nur ein Unrechtsstaat sein!
Der Kampf für die Freiheit
Verständlicherweise wollten viele Menschen nach dem Mauerfall und dem Verschwinden des Todesstreifens nicht täglich an die Mauer, an Stacheldraht und Kolonnenwege erinnert werden, und so sind diese zumeist verschwunden. Aber noch immer gibt es Orte, an denen die deutsch-deutsche Trennung bis heute deutlich spürbar ist. In Berlin haben sich die meisten Narben im Stadtbild geschlossen, Mauerreste erheben sich nur noch an wenigen Stellen aus dem Alltagsleben, so z. B. an der East Side Gallery. Die damalige Situation allerdings lässt sich in Mödlareuth bis heute gut erkennen: Der Westteil dieser kleinen Gemeinde lag in Bayern, der Ostteil in Thüringen und zwischen den Ortsteilen verlief nicht nur der schmale Tannbach, sondern urplötzlich auch eine Mauer. „Little Berlin“, tauften es die US-Amerikaner. Gerade in solch einer kleinen Kommune bleibt der Widersinn des sozialistischen Mauerbaus selbst nach Jahrzehnten deutlich erkennbar. Zu häufig wird in politischen Kommentaren nur von der Berliner Mauer gesprochen, doch das Unrechtsregime der SED hatte aus der ehemaligen Demarkationslinie ein fast unüberwindbares ‚Bollwerk‘ gemacht, das so manches Mal mitten durch Häuser verlief. In Berlin ließ die SED die Versöhnungskirche wenige Jahre vor dem Zusammenbruch der DDR sprengen, um freies Schussfeld zu schaffen. Perverser geht es kaum!
Den Bau der Berliner Mauer vor mehr als 60 Jahren und die Abriegelung der Grenze zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland dürfen wir nicht vergessen, denn es ging damals auch darum, Menschen den Weg in den freiheitlichen Westen zu versperren. Der Eiserne Vorhang hatte sich auf Wunsch der Kreml-Herren gesenkt und Europa geteilt. Der Freiheitswille der Bürgerinnen und Bürger war jedoch stärker als die Knute der sozialistischen und kommunistischen Herrscher, die sich aus dem Erbe von Karl Marx ein krudes Weltbild zusammengebastelt hatten. Diese Herrschaften gehören der Vergangenheit an, doch Wladimir Putin hat sich als Hobbyhistoriker aufgemacht, die Grenzen Russlands wieder denen des Sowjetreichs anzunähern. Wenn die Mehrheit der demokratischen Staaten heute den Freiheitskampf der Ukraine unterstützt, ist das nur folgerichtig, denn ansonsten dürfte Putin versuchen, die alten Grenzlinien wieder herzustellen, und dann läutet das Sterbeglöckchen für die Freiheit in weiten Teilen Europas. Wer dafür stritt, dass sich der Eiserne Vorhang hob und die Mauern in Europa verschwinden konnten, der muss – zusammen mit der jüngeren Generation – die Freiheit auch jetzt gegen einen geschichtsrevisionistischen Kremlherrscher wie Wladimir Putin verteidigen. Der Kampf für Freiheit, Frieden, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und die Einhaltung der Menschenrechte geht weiter.
Eine Antwort auf „DDR: Als Mauer und Stacheldraht Deutschland zerschnitten“