Mit der Zunge waschen hilft auch
Langsam reicht es wirklich! Ja, die wohlfeilen Ratschläge mancher Politiker zum Energiesparen haben ein Niveau erreicht, das kaum zu unterbieten ist. Aber politischen Entscheidungsträgern mit fünfstelligem Monatseinkommen fällt vermutlich noch mehr Tiefschürfendes ein, damit Familien, die bereits jetzt jeden Euro umdrehen müssen, sparen können. Das Wortgeklingel vom Einsatz des „Waschlappens“ statt einer Dusche aus dem Mund des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann war in meinen Ohren noch nicht verklungen, als ich bereits die Lösung all dieser Probleme entdeckte. Auf der Schafweide vor unserem Haus hatte ein Wildkaninchen mit der Morgentoilette begonnen und erledigte diese mit Bravour ganz ohne Dusche. Da wird sich der erklärte Kaltduscher Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck freuen! Auch das Händewaschen, das uns Jens Spahn als Gesundheitsminister ans Herz gelegt hatte, wurde bestens erledigt, und dabei blieb der Wasserhahn zu. Zurück zur Natur!
Waschlappen oder gleich die Zunge?
Wer, wie das Wildkaninchen, gelenkig genug ist, der kann selbst auf den Waschlappen des grünen Kretschmann verzichten, denn unerreichbar scheinende Körperpartien werden mühelos geputzt. Die Wasserversorgung wird nicht tangiert, weil ein Bisschen Spucke reicht. Und wenn doch mal eine Ganzkörperdusche an der Zeit wäre, dann kommt früher – oder dieses Jahr eben später – ein Regenschauer, und alles ist erledigt. Da kann der gleichfalls grüne Habeck echt aufatmen und vielleicht später mal ein weiteres Kinderbuch über Wildkaninchen schreiben. „Ich halte mich an das, was mein Ministerium empfiehlt. Meine Duschzeit habe ich noch mal deutlich verkürzt“, so Wirtschaftsminister Habeck. Wäre es nicht eine Lösung, wenn sich Habeck und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Regen – sollte er mal wieder aufs Land prasseln – kurz rausstellen und sich abduschen lassen? Dann hätte sich gleichzeitig die Frage nach der individuell gewünschten Temperatur erledigt. Das Wildkaninchen macht’s vor. Wolfgang Kubicki von der FDP, der zwar auf Habecks Vorschläge meinte, er dusche bis er fertig sei, hatte sich zuvor als Kaltduscher geoutet. Das wollte ich schon lange wissen! Oder doch eher nicht?
In unserer Vogeltränke zeigen die Badegäste ebenfalls, wo noch eingespart werden kann: Hopp, hopp, und schon nehmen die Familienmitglieder gemeinsam in der Wanne Platz, und es geht auch nacheinander – wie in der guten alten Zeit. Selbstredend mit Waschlappen. Die uralte Kulturtechnik des Händewaschens, die Jens Spahn in seiner unseligen Amtsperiode als Gesundheitsminister, als ‚Neuheit‘ in unsere Gesellschaft trug, darf nur noch greifen, wenn der warme Hahn zugedreht bleibt. Dabei hatte ich als Kind immer zu hören bekommen, ich solle auch warmes Wasser und Seife nehmen! Nun gut, einige Tropfen kaltes Wasser sollen jetzt genügen. So ändern sich die Zeiten. Wenn die Politik wie bei der Bekämpfung der Coronapandemie und der Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest oder der Sicherung der Gasversorgung versagt, dann bleibt mangels Wasser in Dürrezeiten auch das kalte Nass demnächst weg. Da lobe ich mir doch wieder das Wildkaninchen, das von all diesen Weisheiten philosophierender Politiker nichts erfährt und trotzdem sein Leben meistert.
Absurdistan
Wildkaninchen und andere Tiere sorgen selbst für einen Unterschlupf, wenn man sie lässt. Sie brauchen weder Wohngeld oder eine Wohnungsbauförderung, sondern graben sich ihren Bau ganz einfach in Eigenregie. Sie stehen nicht bei der EU auf der Matte und fordern höhere Agrarsubventionen, sondern begnügen sich mit Grashalmen und den Kräutlein am Rande der Felder, wenn es sie dort noch gibt. Ganz perfekt sind Wildkaninchen als Staatsbürger aber doch wieder nicht, denn sie bezahlen keine Steuern: damit nehmen sie den Politikern den Stoff für ihre Arbeit, weil Umverteilung ihnen allen am Herzen liegt – egal aus welcher Partei sie kommen.
So ein Wildkaninchen hat allerdings kein leichtes Leben, denn in Deutschland fielen im Jagdjahr 2020/21 über 77 500 der Jagdleidenschaft zum Opfer. In der vorhergehenden Periode waren es sogar mehr als 88 700. Da mag sich das Wildkaninchen ganz besonders hervortun, um mit dem eigenen Waschlappen den Körper zu reinigen und beim Duschen auf den nächsten Regen zu warten, doch es wird ihm nicht vergolten – höchstens mit einer Kugel. So darf man eigentlich mit den neuen Vorbildern nicht umgehen! Aber im Grunde mögen Politiker Bürger oder Untertanen nicht, die die Probleme selbst lösen, denn auf diese Weise verlören sie ihre Berechtigung, uns alleweil in die Suppe zu spucken. Eigeninitiative scheint nicht gefragt zu sein, daher bekommen wir zwar kein warmes Duschwasser mehr, dafür aber lauwarme Ratschläge, die längst die Grenze zur Satire und zum Absurden überschritten haben.
Wer nicht daheim ist, der braucht auch keine Heizung
Auf die Ratschläge bestens dotierter Spitzenpolitiker kann ich getrost verzichten, wenn es um Duschzeiten, Waschlappen oder Händewaschen geht, darauf bin ich bereits in meinem Blog-Beitrag „Von wohlfeilen Ratschlägen der Politiker habe ich genug. Händewaschen, kurz duschen und in der Kälte sitzen“ eingegangen. Und apropos richtige Beheizung der Räumlichkeiten: selbst hier weiß Kretschmann Rat: „Wir heizen in der Regel nur ein Zimmer“, betonte er in einem Interview mit der Südwestpresse. Das Wildkaninchen ist hier noch sparsamer, denn es kommt ganz ohne Heizung über den Winter. Als Ministerpräsident spielt die Heizung daheim eher für die Ehefrau oder Kinder und Enkelkinder eine Rolle, der hochrangige Politiker sitzt zumeist im Ministerium oder im Dienstwagen bzw. bei Konferenzen. Welche Temperatur ist dort vorgesehen? Bei Robert Habeck bleibt das letzte Zimmer unbeheizt, so im ‚Spiegel‘: „Als Minister habe ich ein Gehalt, von dem andere nur träumen. Außerdem komme ich spät nach Hause, stehe um sechs auf und bin um sieben Uhr schon wieder weg. Da muss man im Winter gar nicht heizen.“ Wurde nicht gerade empfohlen, im Homeoffice zu arbeiten? Darf denn dort geheizt werden oder bekommt jeder Bürger jetzt einen Schlafsack per Post von der Bundesregierung?
Wir dürfen alle mal gespannt sein, wie das Wohnungsinventar und ganze Gebäude in einigen Jahren aussehen, wenn nicht geheizt wird. Als Minister, der sich auch um den Klimaschutz kümmert, geht Habeck wohl davon aus, dass es keine kalten und feuchten Winter mehr geben wird – und ihn der Schimmel nicht erreicht. Und Ex-Bundespräsident Joachim Gauck betonte, man müsse “für die Freiheit auch einmal frieren“. Davon kann das Wildkaninchen schon mal ein Lied singen, denn wenn es im Winter so richtig kalt und feucht ist, dann muss es sich ganz schön quälen. Gauck ist noch nicht aufgefallen, dass manche Mitbürgerinnen und Mitbürger schon seit geraumer Zeit die Frage plagt, ob sie heizen oder Esswaren einkaufen sollen.
Heute an Morgen denken
Danke, liebe Politikerinnen und Politiker, für all die wohlfeilen Ratschläge, die uns nicht wirklich weiterbringen, sondern Alarmzeichen dafür sind, dass die politischen Entscheider über zwei Jahrzehnte eine verkorkste Energiepolitik betrieben haben – und daran waren CDU/CSU, SPD, Bündnis90/Die Grünen und die FPD in wechselnden Konstellationen in der Bundesregierung mit dabei. Wer sich jetzt nur an Gerhard Schröder – dem unbeirrbaren Kumpel von Wladimir Putin – abarbeitet, der springt zu kurz! Der Ausreden haben wir genug gehört, es wäre eine Politik gefragt, die Probleme löst und nicht ständig neue schafft. Mit Tankrabatt, 9-Euro-Ticket und Gasumlage können wir die Zukunft nicht meistern!
Nun ist das Wildkaninchen mit der Morgentoilette vor unserem Fenster fertig. Und es war wirklich eifrig. Ganz anders klingt es laut ‚Focus‘ aus dem Mund der grünen Umweltsenatorin, Bettina Jarasch, in Berlin: „Ich mache morgens nur Katzenwäsche.“ Davon hielt das Wildkaninchen vor unserem Haus nichts, denn es weiß, dass es ohne gesundes Fell nicht über den Winter kommt.
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Das Wildkaninchen kommt bei der Morgentoilette sogar ohne den von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis90/Die Grünen) empfohlenen „Waschlappen“ aus. (Bild: Ulsamer)
2 Antworten auf „Das Wildkaninchen – der perfekte Staatsbürger“