Coronavirus 8: Kurioses, Skurriles und Bedrückendes

Wie weltfremd sind manche Politiker?

Im Regelfall stehen in meinem Blog Analysen und Kommentare im Vordergrund, doch einige absonderliche und auch mal traurige Meldungen passten so gar nicht in meine bisherigen Artikel zur Corona-Pandemie. Und so gebe ich mein Unverständnis darüber und auch so manches ‚mulmige‘ Gefühl, das mich beschlich, im Folgenden weiter. Meine bisherigen Meinungsäußerungen wollte ich hier nicht wiederholen, doch sie lassen sich in meinem Blog leicht finden, einige habe ich auch verlinkt. Generell habe ich den Eindruck, dass viele unserer politischen Entscheidungsträger mit dieser Seuche völlig überfordert sind, da nicht rechtzeitig entsprechende Vorkehrungen zur Gefahrenabwehr getroffen wurden. Warnende Stimmen gab es genügend, und sie reichen vom Robert Koch Institut über ein Fraunhofer Institut bis zu Bill Gates. Leider wurden die Mahner nicht gehört, und dies erinnert mich auch an die Bedrohung von Natur und Umwelt oder die Migration. Die Politik hinkt jeweils hinter der Entwicklung her!

Gedränge in einem Lift. Ärzte im weißen Kittel und Politiker, alle mit Schutzmasken, aber bei engstem Körperkontakt.
Wie war das nochmal mit der Abstandsregel? Ach ja: 1,50 Meter! Aber das gilt selbstredend nicht für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Ministerpräsident Volker Bouffier oder Kanzleramtsminister Helge Braun! (Bild: Screenshot, Facebook, 14.4.20)

Jens Spahn: Händewaschen als Qualifikation fürs Ministeramt?

Nach meiner Ansicht liegt der Bundesgesundheitsminister mit seinen Aussagen und Handlungen besonders oft daneben, doch Jens Spahn scheint dies nicht zu stören. Vielleicht liegt es an der mangelnden Lernfähigkeit, die ich nicht nur bei Corona diagnostiziere. Er meinte ja auch, von den Hartz-IV-Sätzen könne man gut leben, denn sie würden jedem geben „was er zum Leben braucht“. Ausprobieren wollte er das Leben nach Hartz-Kriterien dann doch nicht. Eigentlich schade! Spahn hört bei Covid-19 auch nicht auf seine Bundeskanzlerin, denn Angela Merkel mahnte „Wir dürfen jetzt nicht leichtsinnig sein“, und schon quetschte er sich mit dem hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier, Kanzleramtsminister Helge Braun – ein Arzt! – und weiteren Personen in einen Aufzug. „Abstand halten“, das gilt wohl nur für uns Bürger, aber nicht für politische Entscheidungsträger. Diese können sich weder auf mehrere Liftfahrten verteilen noch die Treppe nehmen. Und als wir alle brav zuhause blieben, da reiste Jens Spahn zu einer Kabinettssitzung der baden-württembergischen Landesregierung nach Stuttgart. Aber wer so wichtig ist wie der Bundesgesundheitsminister, der kann sich selbstredend weder per Telefon noch Video zuschalten.

Jens Spahn in einem ZDF-Post. "Für übertriebene Sorge gibt es keinen Grund" - zur Corona-Pandemie im Januar.
„Für übertriebene Sorge gibt es keinen Grund”, betonte Jens Spahn am 28. Januar und schon schlitterten wir in einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Stillstand! Brauchen wir wirklich einen solchen Bundesgesundheitsminister und seine Berater? (Bild: Screenshot, Facebook, 14.4.20)

Jens Spahn ist eben der Spezialist fürs Händewaschen, doch eine sachgerechte Risikoeinschätzung ist nicht sein Ding.  Im Januar meinte der Bundesgesundheitsminister noch „Für übertriebene Sorge gibt es keinen Grund“, und schon rauschten wir in einen weitgehenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Stillstand. Hätten Spahn & Co. doch bereits 2013 die Bundestagsdrucksache 17/12051 gelesen: „Pandemie durch Virus Modi-SARS“, so der Titel des Szenarios des Robert-Koch-Instituts, das wohl niemand gelesen hat. Unvorbereitet in eine Seuche stolpern und dann das Coronavirus auch noch unterschätzen, das sollte dem Bundesgesundheitsminister mit all seinen Beratern nicht passieren.

Ein Mann mit Zopf sitzt auf einer Bank in den Weinbergen und liest ein Buch. Im Hintergrud Industrieanlagen.
Ein Leser auf einer Bank in den Weinbergen. Nur gut, dass er nicht in Bayern, sondern in Baden-Württemberg seinen Leseeifer auslebte. In Corona-Zeiten bekäme er ansonsten Besuch von der Polizei. (Bild: Ulsamer)

Im Verhältnis zu den französischen und italienischen Bürgern können wir uns zumindest noch durch Wald und Flur bewegen, wenn auch nur zu zweit oder mit im gleichen Haushalt lebenden Familienmitgliedern. Nur wenn wir uns auf eine Bank setzen, dann wird es kritisch, und wer dann in Bayern gar noch ein Buch lesen möchte, der bekommt Besuch von der Polizei. Generell hat mich das Krisenmanagement von Ministerpräsident Markus Söder überzeugt, doch zur Jagd auf einsame Leser auf einer Parkbank sollte nicht geblasen werden! Da macht es dann auch nicht wirklich Sinn, wenn Buchhandlungen wieder öffnen dürfen.

Boris Palmer mit Bart. Titel der TAZ: "Quarantäne? Nur für Alte ud Kranke, meint der Tübinger Oberbürgermeister Palmer".
Alte und Kranke möchte der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer in Dauer-Quarantäne schicken. Bei diesen Aussagen hängt mal wieder der Haussegen bei den Grünen schief, und sein Vater, der sich als Bürgerrechtler verstand, dreht sich vermutlich im Grab herum. (Bild: Screenshot, Facebook, 13.4.20)

Boris Palmer: Ältere kasernieren?

Mit 67 Jahren gehöre ich zu den Älteren in der Gesellschaft, das ist sonnenklar. So spreche ich Pro domo, wenn ich die Frage aufwerfe, wie lange ältere Menschen wohl isoliert bleiben dürfen? Aber so mancher Politiker bringt ja auch die eigenen Interessen ein: Seine grünen Fraktionskollegen beispielsweise ließen im Bundestag Konfetti über Volker Beck regnen, als er mit der Ehe für alle Erfolg hatte. Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer ist also vorgeprescht und forderte, Ältere weiterhin zu isolieren, und dies natürlich, um sie zu schützen. „Die extreme Altersdiskriminierung, die das Virus ausübt, zwingt uns also auch als Gesellschaft, über differenzierte Reaktionen nachzudenken.“ So schreibt er in Facebook am 8. April und erläutert, wie er sich den Umgang mit den Älteren vorstellt: „Baden-Württemberg zeigt gerade in den Pflegeheimen, wie es geht. Dort ist jetzt ein faktisches Kontaktverbot erlassen worden, damit das Virus nicht mehr in die Heime gelangen kann. Die Pflegekräfte müssen künftig regelmäßig getestet und mit Schutzmasken ausgestattet werden. Das ist eine extreme Form, aber sie ist machbar. Für Menschen, die sich gut selbst versorgen können, würde das heißen: Kein physischer Kontakt zu der Gruppe derjenigen, die wieder voll arbeiten, die Schule besuchen oder die Kita. Das ist bitter, aber es würde eine effektive Barriere einziehen. Einkaufen können Jüngere erledigen, Übergabe an der Tür. Wir haben dafür eine riesige Bereitschaft in ehrenamtlichen Strukturen. Spazieren als Ehepaar mit 80 im Wald ist natürlich kein Problem. Aber in der Innenstadt ein Schwatz auf dem Markt, das geht dann nicht mehr.“

Post über eine Frau, die ihren 105. Geburtstag wegen Corona alleine feiern muss.
Den 105. Geburtstag ohne Kinder, Enkel und Urenkel und deren Familien feiern zu müssen, das ist hart. Eine Isolierung der alten Mitbürger kann daher nicht ewig dauern. (Bild: Screenshot, Facebook, 12.4.20)

Palmer verkennt die Situation vieler Menschen in Alten- und Pflegeheimen, die eben nicht – wie er schreibt – als Ehepaar in den Wald gehen können: Häufig ist der Partner verstorben oder der Mann lebt im Pflegeheim, doch die Frau kann ihn nicht besuchen, obwohl sie die einzige Person ist, die er wegen einer Demenzerkrankung noch erkennt. Eine 105-jährige geistig fitte Seniorin feierte ihren Geburtstag alleine im Pflegeheim, obwohl sie mit ihren Kindern und Enkeln sowie deren Partnern und den Urenkeln einen Saal füllen könnte. Natürlich würde in der jetzigen Corona-Phase niemand zu einem großen Fest einladen, doch sollte in Schutzbekleidung der eine oder andere Besuch möglich sein. Ich hoffe sehr, dass jeder auch noch den nächsten Geburtstag erlebt, aber welchen Sinn macht denn die Kasernierung der Alten in einer Gesellschaft für eine nicht überschaubare Zeit, wenn sie dann ohne persönliche Kontakte den Rest ihrer Tage verbringen? Generell ist nicht einmal ein ‚Geburtstagsständchen‘ draußen vor der Tür der Einrichtung zulässig – was für eine Farce! Schutz besonders gefährdeter Personen klingt immer gut, sollte allerdings nicht in Schutzhaft enden. Bei diesem Thema hätte Boris sicherlich heftige Diskussionen mit seinem Vater Helmut, einem Bürgerrechtler und Obsthändler, geführt. Und ganz nebenbei: Für viele Behinderte, die in entsprechenden Werkstätten arbeiten, vermittelt diese Tätigkeit dem Leben Struktur! Sollen sie auf Monate oder Jahre hinaus ihres Lebensinhalts oder sozialer Kontakte beraubt werden?

Paul McCartney in blauem Sakko mit grau-melierten Haaren. Er fordert ein Ende für die Wildtiermärkte in China.
Paul McCartney, Sir und Ex-Beatle, kritisiert scharf die Wildtiermärkte in China, denen in Wuhan wohl auch das Coronavirus entsprang. Der englische Begriff für diese Märkte des Todes – „wet market” – weist nicht auf den fleißigen Gebrauch von Wasser hin, sondern eher auf das überall fließende Blut. (Bild: Screenshot, Twitter, 15.4.20)

Der Kotau vor der chinesischen Führung

Was mich wirklich irritiert, das ist die Politik des ewigen Kuschens vor der kommunistischen Partei in China, denn diese – und nicht die Bürger – regiert das bevölkerungsreichste Land auf unserem Globus. Bundeskanzlerin Merkel verhandelt mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping, der ganz nebenbei auch Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas ist, über Schutzmasken, da wir uns in Deutschland und Europa in eine unheilige Allianz mit China begeben haben. Die chinesische Staatsführung hat nicht nur die ersten Meldungen zu Covid-19 unterdrückt, sondern versucht auch jede Nachfrage zum Ursprung als unredlich einzustufen. Mag das Coronavirus aus einem Wildtiermarkt entsprungen oder aus einem Forschungslabor in Wuhan entfleucht sein, der ‚Heimatort‘ dieser Epidemie ist klar. So ist es auch abstrus, wenn Donald Trump sofort von manchen Medien abgewatscht wird, wenn er von einem ‚chinesischen Virus‘ oder dem ‚Wuhan-Virus‘ spricht. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Der jetzige US-Präsident ist eine einzige Fehlbesetzung, dennoch muss es noch erlaubt sein, die Quelle des Coronavirus zu bestimmen. Bis heute hat auch niemand die Hongkong-Grippe umgetauft, die von dort aus um die Welt ging, oder die Spanische Grippe, die eigentlich von US-Soldaten nach Europa gebracht wurde. Aber über China wird seit Jahren eine Glocke des Schweigens gestülpt: Besser nichts zur völkerrechtswidrigen Annexion Tibets sagen, um die kommunistische Führung nicht zu verärgern.

Zumindest Paul McCartney, der Ex-Beatle hat den Mumm, nicht zu buckeln und die Wildtiermärkte anzuprangern, denen das Coronavirus in Wuhan vermutlich entsprungen ist. Es kann doch nicht sein, dass dort geschützte Wildtiere nicht nur gehandelt, sondern auch kurzerhand gekillt werden. Kein Wunder, wenn von Fledermäusen oder Schuppentieren das Coronavirus auf die Käufer überging. Blut, Eingeweide, Fleisch und noch lebende Tiere in einem wilden Hexenkessel, das kann nur ins Desaster führen. Die Chinesen sollten aufhören, alles zu verspeisen, was flattert, krabbelt oder bellt! Hat denn kein Politiker mehr den Mut, dies Xi Jinping mal deutlich zu sagen?

Der Präsident des RKI im Januar: "Insgesamt gehen wir davon aus, dass sich das Virus nicht sehr stark auf derv Welt ausbreitet."
Wer auf die Idee kommen konnte, Lothar H. Wieler zum Präsidenten des Robert-Koch-Instituts zu machen, das wird mir immer ein Rätsel bleiben. So meinte er Ende Januar: “Insgesamt gehen wir davon aus, dass sich das Virus nicht sehr stark auf der Welt ausbreitet.” Und als die Seuche auch in Deutschland voll zuschlug, da betonte der oberste deutsche Seuchenschützer „Wir alle sind in einer Krise, die ein Ausmaß erreicht hat, das ich mir selber nie hätte vorstellen können.” Schade, dass er das von seinem Institut erarbeitete Szenario „Pandemie durch Virus Modi-SARS” wohl nie gelesen hat, das 2013 sogar als Bundestagsdrucksache 17/12051 Eingang in unser Parlament fand. (Bild: Screenshot, Facebook, 12.4.20)

Pandemie-Vorbereitungen verpennt!

Zur Abteilung ‚Kurioses‘ gehört der nicht nur in Deutschland geäußerte Hinweis, man möge doch besser mit dem Auto oder dem Fahrrad fahren, da man sich im ÖPNV eher mit dem Coronavirus anstecken könne. Wer hätte eine solche Aussage noch im vergangenen Jahr von sich gegeben?

Hinweis im Internet: "Sie müssen zur Arbeit? Nehmen Sie das Fahrrad oder das Auto. In Bus und Bahn kann man sich leichter anstecken"."
Wer hätte noch im letzten Jahr gedacht, dass uns zum Auto statt zum ÖPNV geraten wird! (Bild: Screenshot, Facebook, 13.4.20)

Politiker palavern über Mund-Nasen-Schutz und lehnten diesen zuerst ab, dann hören wir zunehmend zögerlich neutrale Aussagen und am 15. April schlussendlich scheinen sich Bundesregierung und Länderchefs einig zu sein: Ein solcher Schutz sei wichtig, so z.B. beim Einkaufen oder im ÖPNV – zumindest auf freiwilliger Basis. Ach wären doch alle Entscheidungsträger ehrlich! Dann würden sie sagen, dass man diesen gerne vorschreiben würde, wenn er denn in ausreichender Zahl zur Verfügung stünde, wie zumindest Winfried Kretschmann das jetzt andeutet. Doch die Politik hat jahrelang die Vorbereitungen auf eine Pandemie schleifen lassen, obwohl es genügend Warner gab, und nun sind keine Schutzmasken vorhanden – weder für das medizinische Fachpersonal noch für die Allgemeinheit. Die Entscheidungsträger pennen, und wir Bürger dürfen dann die fade Suppe auslöffeln, so ist dies auch bei Covid-19!

 

 

Zwei ganzseitige Zeitungsanzeigen von Edeka und Lidl mit Dank an die Kunden und die MitarbeiterInnen.
Ich hoffe, dass unser aller Dank an die MitarbeiterInnen im Handel, aber auch im medizinischen und pflegerischen Bereich anhält und sich in entsprechenden Einkommensverhältnissen niederschlägt. (Bild: Ulsamer)

 

Collage aus einer kleineren Zeitungsbeilage und einer Zeitungsseite. Inhalt bitte Bildtext.
So schnell können Medien vom Coronavirus überrannt werden. Da wurde in der Stuttgarter Zeitung ausgerechnet am 21. März noch ausführlich unter dem Titel „Zwischen Leben und Tod” über „Nahtoderfahrungen” berichtet, als in Italien schon viele Menschen Covid-19 zum Opfer fielen, und in der TV-Beilage wurde über Freizeitparks – „Adrenalin und Abenteuer” – informiert, obwohl auch Achterbahnen zum Stillstand gekommen waren. Aus eigener Erfahrung kenne ich natürlich die Vorlaufzeiten bei Druckerzeugnissen, aber hier lagen die Medienmacher wirklich daneben. (Bild: Ulsamer)

 

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