Kommunikative Fehler führen zu Verunsicherung
Seuchen haben die Menschheit immer wieder vor gewaltige Herausforderungen gestellt, und daran hat sich über die Jahrhunderte wenig geändert. Dies galt für die Pest, die im 14. Jahrhundert aus Zentralasien von (Schiffs-)Ratten in die Welt getragen wurde oder genauso für die Spanische Grippe, die zwischen 1918 und 1920 die Menschen heimsuchte und deren Virus dem der Vogelgrippe ähnelt. Nun können wir alle nur hoffen, dass die schrecklichen Todesraten der genannten Pandemien nie wieder zutreffen werden, aber auch das Coronavirus trägt eine tödliche Dynamik in sich – wie wir derzeit erleben müssen. Wieder sind Tiere bei seiner Übertragung auf den Menschen im Spiel: Mögen es Fledermäuse oder Schuppentiere (Pangoline) sein, die Chinesen hätten diese besser nicht auf ihre Speisekarte gesetzt. Die medizinischen und insgesamt die wissenschaftlichen Möglichkeiten haben sich in den zurückliegenden Epochen deutlich verbessert, und dies wird hoffentlich dazu beitragen, dass wir Covid-19 einbremsen und letztendlich besiegen können. Das 21. Jahrhundert hat jedoch auch die medialen Voraussetzungen und die Kommunikationsansprüche verändert, aber dies scheint noch nicht allen Corona-Bekämpfern ganz klar zu sein.
Es gibt auch ‚amtliche‘ Fake News
Mit diesem Beitrag – wie mit meinen anderen – geht es mir gewiss nicht um Besserwisserei, sondern um konstruktive Kritik, auch wenn diese so mancher Entscheidungsträger nicht gerne hört. Doch das geht uns ja allen so: Wer möchte schon gerne kritisiert werden? Dennoch müssen kritische Analysen gerade in Seuchenzeiten möglich sein, denn Kontaktbeschränkungen in einem bisher in der Bundesrepublik Deutschland niemals dagewesenen Ausmaß dürfen nicht mit dem Gleichschritt im Denken einher gehen. So finde ich es bereichernd, wenn Politiker oder Virologen Probleme von unterschiedlichen Warten aus betrachten, doch sie alle müssen sich an der realen Lage im Gesundheitssystem, den Supermärkten oder unseren Haushalten messen lassen. Da beginnen meine Zweifel an so mancher Talkshow und Diskussionsrunde oder an den vielen Statements vom Präsidenten des Robert-Koch-Instituts, Lothar H. Wieler, über Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bis zu anderen Entscheidungsträgern. Ich erwarte ganz gewiss nicht, dass alle das gleiche Lied singen, aber auch Dissonanzen sollten ihre Grenzen haben. Und so mancher Politiker – wie Jens Spahn – schimpft über Fake News, die sich zwei Tage später als Vorgabe der Bundesregierung outen. Entweder hatte er keine Ahnung, was sich tut, oder er will uns verschaukeln.
So war es völlig daneben, als Jens Spahn am 14. März bei Facebook postete: „Achtung Fake News: Es wird behauptet und rasch verbreitet, das Bundesministerium für Gesundheit bzw. die Bundesregierung würde bald massive weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens ankündigen. Das stimmt nicht!“ Und nur zwei Tage später stellte Bundeskanzlerin Merkel ein umfassendes Programm mit deutlichen Restriktionen vor, die wir jetzt alle durchleben und die ich im Übrigen für richtig halte. „So sollen Einzelhandel-Verkaufsstellen, Theater, Museen und Sporteinrichtungen vorerst geschlossen werden.“ Waren dies denn für Jens Spahn keine weiteren Einschränkungen? Der Spezialist fürs Händewaschen trug so mit seinen Fake News zur Verunsicherung bei statt Vertrauen zu gewinnen.
Vorausschauendes Handeln Mangelware
Wenn bereits tausende Corona-Patienten in den Krankenhäusern liegen, wenn wir täglich in den Nachrichten das Sterben in Italien ‚miterleben‘ und mit erleiden, wenn dann unter Bezug auf Deutschland von der „Ruhe vor dem Sturm“ gesprochen wird, ist das absolut kein Highlight des Bundesgesundheitsministers! Inhaltlich mag dies ja richtig sein, aber von der Ausdrucksweise her ist es nicht zielführend. Wenn ein Sturm kommt, dann kann ich mich im Keller verbergen, so manchen Gegenstand in Sicherheit bringen, doch beim Pandemie- „Sturm“ gibt es noch nicht einmal ausreichend Schutzmasken für die im medizinischen und pflegerischen Bereich Tätigen, geschweige denn für alle BürgerInnen. Die Begriffe ‚Sturm‘ oder ‚Naturkatastrophe‘ als Begründung für die hohe Kreditaufnahme im Land Baden-Württemberg führen uns weg von der wahren Ursache der Pandemie – dem Verzehren von Wildtieren – und lenken ab von der mangelhaften Vorbereitung auf eine solche Pandemie. Darauf bin ich bereits in meinem Blog-Beitrag „Coronavirus 4: Das Undenkbare denken. Vorbereitung auf Seuchen in Deutschland unzureichend“ eingegangen. Hier geht es auch nicht um Verschwörungstheorien, ganz im Gegenteil: es geht um die Bundestagsdrucksache 17/12051 vom Januar 2013, die ein Szenario mit dem Titel „Pandemie durch Virus Modi-SARS“ wiedergibt. Ob dieses bedrückende Dokument viele Abgeordnete gelesen haben? Ich wage das zu bezweifeln, zumindest wurden nicht die richtigen Schlüsse gezogen.
Das genannte Szenario, das die heutige Situation in weiten Bereichen vorwegnimmt, stammt im Übrigen aus dem Robert-Koch-Institut und ist nach meiner Meinung in seiner Aussagekraft beindruckend. Es liest sich wie ein Drehbuch zur gegenwärtigen Pandemie in Deutschland, nur hat niemand die daraus resultierenden Vorbereitungen (Medikamente, Schutzbekleidung usw.) eingeleitet. Für mich ist es ein Rätsel, wie Lothar H. Wieler als Präsident des Robert-Koch-Instituts in einem Pressebriefing am 20. März sagen konnte: „Wir alle sind in einer Krise, die ein Ausmaß erreicht hat, das ich mir selber nie hätte vorstellen können.“ Hätte er doch mal das Szenario gelesen, das im eigenen Hause, allerdings vor seiner Amtsübernahme, entstanden ist. Aber so viel Blauäugigkeit kann ich beim Chef unserer obersten ‚Seuchen‘- Behörde wirklich nicht akzeptieren. Es fehlt in Deutschland nicht nur an Schutzmasken, sondern auch an der Bereitschaft, das Undenkbare zu denken und in politisches Handeln einzubeziehen.
„Bazooka“-Olaf zieht ins Gefecht
Politische Entscheidungsträger ließen in ihren Ministerien wohl nie ausreichend über mögliche Krisenszenarien nachdenken oder die Amtsführung war nicht bereit, sich mit solch unerfreulichen hypothetischen Perspektiven zu befassen. So meinte auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz, als er die Kassen für Corona-Hilfspakete öffnete: „Dafür gibt’s kein Drehbuch.“ Und um den Ernst der Situation zu charakterisieren, griff er zur „Bazooka“. Nun ist meine ganz persönliche militärische Vorbildung eher bescheiden, da ich ein Jahrzehnt als Helfer beim Technischen Hilfswerk (THW) mitarbeitete und daher nicht bei der Bundeswehr diente. Aber es gibt keinen Zweifel, dass die „Bazooka“ ein tragbarer Raketenwerfer zur Panzerabwehr ist. Explosion und Zerstörung, das charakterisiert die Bazooka. Da kann ich nur hoffen, dass die wirtschaftlichen Hilfen des Bundes nicht die gleiche Wirkung haben, und auf das totbringende Virus sollte man doch mit anderen Mitteln reagieren. Martialische Worte von Olaf Scholz, der als Erster Bürgermeister marodierende Banden des Schwarzen Blocks in Hamburg nicht zu stoppen vermochte, das ist mal was Neues, aber nicht zielführend. Die Wortwahl lässt mich nicht nur bei Olaf Scholz zweifeln, sondern auch beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der gegen das Coronavirus „Krieg“ führt. Er hat zuvor schon mal ein „neues Europa“ gefordert und die NATO für „hirntot“ erklärt. Zwar geht es in manchen Krankenhäusern in Frankreich bereits zu wie zu Kriegszeiten, und wir können nur hoffen, dass wir alle gemeinsam den Kampf gegen diese Pandemie bald gewinnen können. Aber es handelt sich um keinen „Krieg“ und auch nicht um eine „Naturkatastrophe“, sondern eine Pandemie, eine Seuche, die der Mensch hervorgerufen hat und auch überträgt.
Wer natürlich in dieser Reihung nicht fehlen darf, das ist Julia Klöckner, die frühere Weinkönigin, die mich immer wieder – fast – sprachlos zurücklässt. Und das will etwas heißen! Sie hetzt gerne gegen Wölfe oder zeigt sich mit dem Nestlé-Deutschland-Chef in einer Art Promotion-Video, und ganz nebenbei gibt sie sich als Bauern-Versteherin, ohne den bedrängten familiengeführten bäuerlichen Betrieben wirklich zu helfen! In der ‚Tagesschau‘ zeigte sie uns allen mal wieder, wie unsere Zukunft aussehen wird: „Wir werden nicht verhungern.“ Das hatte ich auch nicht erwartet, aber glaubt Bundesministerin Klöckner, dass sie mit solchen Parolen die zweibeinigen Hamster von weiteren Einkaufstouren abhalten kann? Das Gegenteil wird eintreffen. Und ist das Gehalt einer Bundesministerin nicht doch etwas zu hoch, und noch mehr die Pension, wenn nur solche Sätze generiert werden? Ich denke schon!
Skurrile Irrwege
Dem Fass den Boden schlägt der Landrat von Heinsberg in Nordrhein-Westfalen aus: Stephan Pusch schreibt an den chinesischen Staatspräsidenten und Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas Xi Jinping und macht den Vorschlag einer Partnerschaft zwischen Wuhan und Heinsberg. Nicht nur die Relationen geraten wohl etwas durcheinander, doch hat der Landrat in seinem nordrhein-westfälischen Covid-19-Hotspot keine anderen Sorgen? „Ich könnte mir allerdings gut vorstellen, dass in der Phase des ‚Wiederaufbaus‘ der Kreis Heinsberg und die Provinz Wuhan eine Partnerschaft eingehen. Das wäre der eindrücklichste Beweis dafür, dass eine Politik der Stigmatisierung und der Schuldzuweisung nur aus Dummheit geboren sein kann.“ Eigentlich hatte ich gedacht, Landrat Pusch würde der chinesischen Regierung die Rechnung für die entstandenen Kosten übermitteln, aber er bettelt geradezu um Anerkennung. Wer kam eigentlich auf die Idee, diesen Landrat zu wählen? Hätten in Wuhan nicht geschützte Schuppentiere, die aus Malaysia eingeschmuggelt werden, oder Fledermäuse auf der Speisekarte gestanden, dann würde – nach heutigem Kenntnisstand – der ganzen Welt unermessliches Leid erspart geblieben sein. Bei allem Wohlwollen, langsam frage ich mich schon, ob Deutschland wirklich zu einer Bananenrepublik geworden ist?
Aber nicht nur Entscheidungsträger in der Politik geben skurrile Dinge von sich, sondern auch der Chor der Virologen brilliert durch schrille Töne. Und dies ist nicht der Dynamik einer Pandemie geschuldet. Lange Zeit wurden Schutzmasken für alle Bürger als völlig zwecklos gescholten, obwohl ganz Asien sie zu tragen scheint, dann plötzlich erfolgt der Umschwung: Man solle sie doch besser tragen. Auf diese Diskrepanz ging die Stuttgarter Zeitung ein, indem sie zwei Zitate des Virologen Alexander Kekulé gegenüberstellte. Ende Januar meinte er bei Sandra Maischberger: „Panisch Schutzmasken zu kaufen ist völlig irrational. Außer, sie wollen nach Wuhan reisen.“ Und bei Markus Lanz dann zwei Monate später die Kehrtwende: „Immer wenn sie in einem geschlossenen Raum näher als zwei Meter an einen anderen Menschen herankommen, brauchen sie eine Maske.“ Mit diesem Gesinnungswandel steht Kekulé nicht alleine da, sondern er ist in ‚guter’ Gesellschaft mit anderen Virologen und Politikern. Nun gut, wer fordert in der Politik schon Schutzmasken für alle, wo sie nicht einmal für jeden Mitarbeiter im medizinischen Bereich, in der Pflege, bei der Polizei oder im Einzelhandel reichen? Da liegt das Problem: Die desolate Vorbereitung auf eine solche Seuche erlaubt es uns nicht, alle Möglichkeiten zur Eindämmung wirklich zu nutzen. Wenn schon das Szenario des Robert-Koch-Instituts in Vergessenheit geraten sein sollte, dann hätten warnende Stimmen aus dem Jahr 2020 gehört werden sollen. ‚Tagesschau.de‘ berichtet: „Die jetzige Knappheit an echter Schutzausrüstung – seien es Atem- oder Mund-Nasen-Schutzmasken, lastet Kühn der Politik an.“ Christian Kühn ist Sachverständiger für das Gesundheitswesen aus Schleswig-Holstein. „Die Bundesregierung und die Länder hätten die eigenen Pandemiepläne und Empfehlungen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe nicht befolgt. Sie hätten keine entsprechenden Reserven an persönlicher Schutzausrüstung für die Einrichtungen der kritischen Infrastruktur – etwa Kliniken und Rettungswesen – vorgehalten.“ Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Jens Spahn in der gleichen Nachrichtensendung, in welcher Mediziner über eintreffende Schutzmasken und bestellte Beatmungsgeräte berichten, über den dramatischen Mangel an Schutzbekleidung in ihren Krankenhäusern oder Praxen klagen. Auf die Nachfrage, wann denn die bestellten Beatmungsgeräte eintreffen, blieb der Bundesgesundheitsminister allerdings wortkarg.
Zwangsschutz für Ältere?
Bei einer Pandemie geht es nicht nur um die aktuelle Situation, sondern auch um die Frage, wie eine Gesellschaft wieder ins ‚normale‘ Leben zurückkehren kann. Da ruft Boris Palmer, grüner Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen, dazu auf, die Älteren länger zu isolieren, damit die jüngeren Bevölkerungsgruppen wieder in den Kindergarten, zur Schule oder zur Arbeit gehen können, und das hat schon was, obwohl ich mit 67 zu den Isolierten gehören würde. Aber trifft seine Begründung den Kern? „Dieses Virus verhält sich extrem altersdiskrimierend. Es sterben fast nur alte Menschen mit Vorerkrankungen. Auch die schweren Verläufe konzentrieren sich stark auf diese Gruppe.“ Am selben Tag berichtete die Nürtinger Chefärztin Tanja Kühbacher über vier Corona-Patienten, die intubiert und beatmet werden mussten, und sie waren zwischen 36 und 60 Jahren alt. Vom Tübinger Rathaus bis zur Medius-Klinik in Nürtingen sind es 32 Kilometer, also sollten die Aussagen doch zusammenpassen. Hier würde ich mir klarere Äußerungen auch vom Robert-Koch-Institut wünschen.
Nicht nur Oberbürgermeister Palmer, der seinen bundesweiten Bekanntheitsgrad seinen politischen Alleingängen verdankt, sprach sich für eine Dauer-Quarantäne der Älteren aus, sondern sein Düsseldorfer SPD-Kollege stimmte seinem Vorschlag „die Risikogruppe der Älteren“ zu isolieren, zu. Wenn es etwas nützt, dann müssen wir Älteren zurückstehen, das ist für mich klar. Doch wie passen das Baby in Illinois mit weniger als einem Jahr und die 16-jährige Schülerin aus Frankreich ins Palmer-Bild, die beide ohne Vorerkrankungen an Corona verstarben? Diskussionen sind wichtig, und wir brauchen auch Exit-Strategien für die Corona-Restriktionen, aber ich würde mir mehr Sachkunde bei manchen Politikern wünschen. In der Stuttgarter Zeitung meinte der Medizinethiker Professor Georg Mackmann in einem Interview: „Es wäre ja auch eine Möglichkeit, nicht das gesamte gesellschaftliche Leben herunterzufahren, sondern diejenigen Menschen zu schützen, die besonders gefährdet sind: ältere Menschen und chronisch Kranke.“ Leider hat der Interviewer Norbert Wallet die Frage vergessen, wie lang dies gelten sollte? So mancher Bürger würde dann – bei mehreren Corona-Wellen – die nächsten oder letzten Jahre in Einsamkeit verbringen. Vielleicht sollten sich Politiker und Wissenschaftler mal in Ruhe zusammensetzen, und erst nach einem intensiven Informationsaustausch die Öffentlichkeit mit ihren neuesten Ergüssen belämmern. Und in solche Diskussionsrunden sollten auch Praktiker integriert werden!
Daseinsvorsorge wurde sträflich vernachlässigt
„Seien Sie geduldig“ mahnt Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Medien, und damit hat sie recht. Nun bin ich gewiss kein erklärter Fan der Kanzlerin, doch ihre Äußerungen tragen zumindest einen kleinen Kern der Hinwendung zum Bürger in sich. Meine Geduld bezieht sich allerdings nur auf die eingeleiteten Beschränkungen bei den Kontakten, obwohl es mir schwerfällt, unsere Kinder und ihre Familien mit unseren Enkelkindern nicht zu sehen. Die miserable Vorbereitung auf Seuchen wie diese Corona-Pandemie werde ich aber nicht geduldig und kritiklos hinnehmen, und dies gilt auch für die unterschiedlichen Stimmen derer, die vorgeben, die Corona-Seuche zu bekämpfen! Hier ist nicht der Platz, um all die Aussagen zu zitieren, die sich nicht zu einem Mosaik fügen, sondern als Splitter durch die Medien geistern. Nun mögen wir – hoffentlich – in Deutschland noch besser vorbereitet sein als manch anderer Staat, doch das ist für mich kein Trost, wenn ich das Leid unserer Nachbarn in Europa und der Welt und der bereits Infizierten in Deutschland sehe.
Politik ist zu lange als Palaver und Geldverteilung an nahestehende Klientel bei schönem Wetter betrachtet worden, und in dieser Krise müssen wir zunehmend erkennen, dass die Daseinsvorsorge gelitten hat. Wenn Menschen Klopapier und Mehl, Hefe und Nudeln, verpacktes Brot und Milch horten, dann mag dies überzogen sein, doch es ist ein Ausdruck der Verunsicherung. Und diese Unsicherheit trägt auch der dissonante Chor aus Politik und Wissenschaft in die Bürgerschaft hinein. Ich betrachte die mangelhafte Vorbereitung auf eine Pandemie als ‚Organisationsversagen‘ und denke, über eine politische Diskussion ist auch eine juristische Prüfung angebracht.
Während einer sich dynamisch entwickelnden Pandemie wird es immer zu Dissonanzen kommen, doch würde ich mir wünschen, dass beispielsweise in Fernsehsendungen versucht wird, die Aussagen auf ihre Realitätsnähe abzuklopfen und die Suche nach inhaltlichen Gemeinsamkeiten voranzutreiben. Uns Bürgern nutzt es für die Einschätzung der Lage und zukünftiger Entwicklungen wenig, wenn eine Unzahl von Statements mit divergierenden Aussagen verbreitet werden, denn schließlich sind wir nicht alle Virologen. Immer häufiger habe ich den Eindruck, dass mancher Virologe besser in seinem Labor an Gegenmitteln arbeiten sollte, und nicht wenige Politiker wären gut beraten, uns nur mit Äußerungen zu bedenken, wenn sie auch einen Beitrag zur Problemlösung leisten. Dem Menschen zugewandte und sachgerechte Kommunikation ist gerade in Krisenzeiten von zentraler Bedeutung, aber hier hat nicht nur so mancher Minister noch Nachholbedarf.
Sehr geehrter Herr Dr. Ulsamer,
mit Gewinn habe ich Ihre Anmerkungen zur Corona-Krise gelesen. Da das Ende der Entwicklung offen ist und derzeit der Umfang und die Zeitdauer der notwendigen Abwehrbemühungen nicht abgeschätzt werden können, sollte allen Entscheidungsträger ein Recht auf Irrtum zugebilligt werden.
Allerdings unter der Auflage sich zurückzuhalten und nicht täglich, um in den Medien gesehen zu werden, neue sich widersprechende Empfehlungen abzugeben.
Zu einer sachdienlichen Kommunikation gehört auch Zurückhaltung.
Gerhard Walter, Immendingen
Sehr geehrter Herr Walter,
vielen Dank für Ihre freundliche Rückmeldung.
Sie haben es auf den Punkt gebracht! Derzeit geht gewissermaßen ein Wortgewitter über uns nieder, und es wird immer schwerer, darin die richtigen Informationen zu finden und für die eigene Orientierung zu nutzen.
Mit herzlichen Grüßen nach Immendingen
Ihr Lothar Ulsamer