Die Verteidigungsministerin pinselt am Vermächtnis von Angela Merkel
Bei Maybrit Illner palaverte Ursula von der Leyen im ZDF von der „Kanzlerin mit großer Autorität im Ausland“ – die Verteidigungsministerin und CDU-Vizechefin meinte Angela Merkel. Das mag punktuell stimmen, doch sollte auch von der Leyen inzwischen begriffen haben, dass Wahlen in Deutschland entschieden werden. Zumindest gilt dies nach meiner Meinung – noch. Oder hat Ursula von der Leyen schon völlig abgehoben? Allerdings müsste die Verteidigungsministerin lange in ihrem Verantwortungsbereich suchen, denn kaum ein Flugzeug fliegt, also mit dem Abheben oder Untertauchen wäre das so eine Sache. Aber Ursula kann doch nichts gegen Angela sagen, die sie in jedem Kabinett unterbrachte und seit Jahren ihre schützende Hand über die Ministerin hält, obwohl diese zumindest im Verteidigungsressort eine völlige Fehlbesetzung ist.
Und dann merkte Ursula von der Leyen auch noch an, die Bundeskanzlerin habe Deutschland „durch die Migrationskrise sicher geleitet“. Da bleibt ja kein Auge trocken: Wer hat denn 2015 das Dublin-Abkommen ausgehebelt und eine ungeordnete Flüchtlingswelle zugelassen? Die „Wir schaffen das“-Kanzlerin hat doch nicht das Migrationsproblem gelöst, sondern dieses über uns alle hereinbrechen lassen. Und dem Fass schlägt es seither den Boden aus, wenn Merkel gebetsmühlenartig die Welt wissen lässt „Ich wüsste nicht, was wir anders machen sollten“.
CDU hat frühere Stärken verloren
Selbstredend gibt es keinen Politiker oder keine Politikerin, die nicht auch Fehler machen würde. Und dies verbindet sie mit uns allen. Aber dann wäre es wichtig, aus den Fehlern die richtigen Schlüsse zu ziehen. Warum hat denn die CDU – und mit ihr auch die CSU – an Zustimmung bei der Wählerschaft verloren? Doch nicht, weil alles richtig gemacht wurde. Es ist an der Zeit, dass die Union wieder zu einer klaren und in sich konsistenten Politik zurückfindet. Von der CDU hatten die Wähler in etwas zurückliegenden Zeiten immer den Eindruck, dass sie über wirtschaftliche Kompetenz verfügt und für die innere und äußere Sicherheit ein besonderes Gespür besitzt. Doch davon ist nicht viel übriggeblieben. Wenn CDU-Politiker von der sozialen Marktwirtschaft sprechen, dann schütteln gerade viele mittelständische UnternehmerInnen nur noch den Kopf. Es mag banal klingen, doch schon 2009 setzte die CDU-Bundeskanzlerin im Bereich der Krankenversicherungen nicht auf mehr Markt, sondern auf einen Gesundheitsfonds, der notleidenden Krankenkassen das Überleben sicherte. Statt Konsolidierung und Marktbereinigung – sprich weniger und schlagkräftigere Kassen – wurde so in spätsozialistischer Manier der Budgettopf vergrößert.
Und bis zur Migrationskrise glaubten zumindest noch manche WählerInnen der CDU, diese Partei würde die ordnende Macht des Staates unterstützen. Aber weit gefehlt: Mit „Wir schaffen das“-Parolen wurde die Flüchtlingswelle kaschiert, und dies trieb zahllose BürgerInnen zur AfD. Dabei geht es nicht um die Frage, ob wir Menschen helfen wollen, die unter Krieg und Gewalt leiden, denn diese Frage kann nach meiner Meinung nur mit einem Ja beantwortet werden. Vielmehr erlebten die früheren CDU-WählerInnen, dass Migranten unkontrolliert nach Deutschland kamen. Besonders ulkig oder schon leicht absurd empfand ich es, dass ich bei der Rückkehr aus Irland – immerhin einem EU-Staat – meinen Personalausweis am Flughafen Hahn vorlegen musste, obwohl gleichzeitig Hunderttausende gänzlich ohne Ausweis die deutschen Grenzen überschritten. Dann musste ich auch noch meine geliebte Mütze abnehmen, damit der Bundespolizist mein Foto im Personaldokument besser mit meinem aktuellen Erscheinungsbild vergleichen konnte. Gut, auch dies tat ich, denn Ordnung muss ja wohl sein! Aber irgendwie blieben in mir Zweifel, ob nicht doch bei der Ankunft in unserem Heimatland mit zweierlei Maß gemessen wurde. Und wenn ich dann mit einem selbstgerechten Lächeln die Verteidigungsministerin erklären höre, die Bundeskanzlerin habe uns „durch die Migrationskrise sicher geleitet“, dann frage ich mich schon, in welcher Welt Ursula von der Leyen lebt?
Die CDU-Vizechefin wusste auch zu berichten, dass dank der Politik von Bundeskanzlerin Merkel deutlich weniger Flüchtlinge nach Deutschland kämen. Dabei hat sie aber ganz vergessen zu erwähnen, dass wir dies den dafür gescholtenen Nachbarn im Südosten verdanken, die die Balkanroute dicht machten. Lob erhielten sie dafür von der „Wir schaffen das“-Kanzlerin nicht, ganz im Gegenteil. Und der mehr als fragwürdige Helfer in der Not, Recep Tayyip Erdogan, lässt Migranten nicht mehr von der türkischen Grenze aus in See stechen, aber deswegen wird der türkische Präsident noch lange nicht zum mustergültigen Demokraten. Letztendlich verlagern sich die Flüchtlingsströme jetzt in Richtung Spanien, doch auch dies ist nur eine Verschiebung des Problems – keine Lösung.
Auch wenn nichts funktioniert …
Ganz flau wird mir, wenn dann ausgerechnet die Spezialistin für nicht funktionierende Flugzeuge, Helikopter, Schiffe und U-Boote betont „Die Kanzlerin ist sich selbst treu geblieben.“ Das mag ja sein, aber was nützt das, was bringt es für unsere Gesellschaft? Auch auf der Titanic – so lässt es uns die Hollywood-Verfilmung wissen – spielte die Kapelle noch zum Untergang. Aber wer wird denn mal wieder so apokalyptische Sätze schreiben, wo wir uns doch – so Ursula von der Leyen – über eine „Arbeitslosigkeit, die kaum noch messbar ist“ freuen könnten. Dabei war mir gar nicht bewusst, dass die Bundeskanzlerin dafür verantwortlich ist, denn auch der müde EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte die neuen Arbeitsplätze in der jährlichen Rede zur Lage der EU schon für sich reklamiert, und auch der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, schreibt sich den wirtschaftlichen Aufschwung zu. Dabei dachte ich immer, das Lob gebühre den UnternehmerInnen und ArbeitnehmerInnen! Selbstverständlich spielt hier auch die Bundespolitik eine Rolle, aber manchmal habe ich den Eindruck, dass die Wirtschaft trotz der Politik in unserem Land floriert!
Nochmals zurück zu unserer Verteidigungsministerin, die es trefflich versteht, alle Probleme wegzulächeln. Hoffentlich bin ich nicht nur neidisch, denn dies würde mir nicht gelingen, wenn ich mitten im Morast stecke! Besonders bedrückend ist es, wenn es im Wehrbericht für das Jahr 2017, der im Februar 2018 vorgestellt wurde, hieß: „Die ‚Trendwende‘ von der Verwaltung des Mangels hin zur materiellen Vollausstattung läuft ebenfalls sehr zäh“. Eine Folge ist, dass nicht nur für die Auslandseinsätze, sondern auch für Großmanöver Material in allen Kasernen eingesammelt werden muss, damit zumindest die beteiligten Soldatinnen und Soldaten halbwegs ausgerüstet sind.
Wenn nun der Bundesrechnungshof beklagt, zahllose Berater seien ohne Ausschreibung an ihre Aufträge gekommen, dann wirft dies zusätzliche Fragen auf. Doch das Berater-Unwesen hat wohl auch nicht zur Perfektion bei Ausschreibungen beigetragen. „Wenn es allerdings zwei Jahre dauert, um die deutsche Rüstungsindustrie überhaupt einmal zu beauftragen, 100 gebrauchte LEOPARD-Kampfpanzer, die bereits auf dem Hof der Industrie stehen, im Kampfwert zu steigern, ist das kein Beleg für problembewusstes Rüstungsmanagement.“ Dies klingt für mich nach einer glatten Sechs für Ursula von der Leyen, die immer wieder als potentielle Nachfolgerin von Angela Merkel gehandelt wurde. Nicht vergessen darf man, dass – so der Bundesrechnungshof – von den „244 vorhandenen Fahrzeugen nur 95 einsatzbereit sind“ – gemeint ist wieder der LEOPARD. Dabei ist der Leopard doch für seine Schnelligkeit bekannt, aber wohl nur, wenn er auf vier Pfoten unterwegs ist! Ungerührt verkündete die Ministerin dagegen jüngst erneut, es sei doch alles nicht so schlimm, sondern nur eine Frage des Stichtags. Dabei ging es um den Panzertyp Puma, der – kaum ausgeliefert – auch nicht rollen will. Da würde mich mal interessieren, welcher Stichtag Ursula von der Leyen für eine Bestandsaufnahme genehm wäre.
Rückzug als Parteivorsitzende – nur ein erster Schritt
Gerade noch rechtzeitig hat Angela Merkel erkannt, dass sie beim Hamburger Parteitag nicht nochmals nach der CDU-Krone greifen kann. Doch darf dies nur der erste Schritt sein, denn ein Rückzug als Bundeskanzlerin erst in drei Jahren kann den Absturz der Union in der Wählergunst mit Sicherheit nicht stoppen. In Hessen und Bayern, aber schon bei der Bundestagswahl im Herbst 2017 haben die WählerInnen doch nicht Angela Merkel als CDU-Vorsitzende abgestraft, sondern als Regierungschefin.
Im Jahr 2019 werden die WählerInnen vielfältige Gelegenheiten haben, ihren Unmut über die Politik von Bundeskanzlerin Merkel per Stimmzettel auszudrücken: Wahlen zum Europaparlament, zur Bürgerschaft in Bremen, zu den Landtagen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen sowie Kommunal- und Regionalwahlen in zehn Bundesländern. Nur ganz unpolitisch denkende Menschen können annehmen, dass das Pendel wieder in Richtung CDU ausschlägt, wenn die Grundgegebenheiten ähnlich bleiben. Und es wäre politisch geradezu verhängnisvoll, wenn nicht Europa, landes- oder kommunalpolitische Fragen im Vordergrund bei den Wahlentscheidungen stünden, sondern wieder die inhaltliche Politik und der Politikstil von Angela Merkel. Ganz nebenbei sollten auch SPD und CSU ihre Folgerungen aus den Wahldebakeln ziehen, ansonsten sind unsere angestammten Volksparteien allesamt akut bedroht – und dies wäre nicht gut für unsere Gesellschaft.
Was wäre wenn?
Drei Interessenten für die Nachfolge von Angela Merkel im CDU-Vorsitz kamen schnell aus der Deckung – und dies ist gut so. Nicht verwunderlich ist es, dass Annegret Kramp-Karrenbauer, die frühere saarländische Ministerpräsidentin und jetzige CDU-Generalsekretärin ihr Interesse an einer Nachfolge von Angela Merkel als CDU-Vorsitzende erklärte, und sie ist die Lieblingskandidatin der jetzigen Parteichefin. Jens Spahn hielt auch mit seinem Interesse nicht hinter dem Berg: er gilt als Vertreter des eher konservativen Flügels, was sich mir bisher in marktwirtschaftlichen Fragen (Thema Krankenversicherungen) allerdings nicht erschlossen hat. Und seine Äußerungen zu den Hartz VI-Sätzen ließen vermuten, dass sein soziales Gewissen eher unterentwickelt ist. Eine Bereicherung ist es zweifellos, dass Friedrich Merz, der einstige Fraktionsvorsitzende der Union im Deutschen Bundestag seinen Hut in den Ring geworfen hat. Ihm würde ich eine Stärkung der sozialen Marktwirtschaft zutrauen, wovon gerade auch der Mittelstand profitieren könnte.
Kaum verwunderlich war das Aufstöhnen auf der linken Seite des politischen Spektrums: Friedrich Merz gehe doch gar nicht, denn er habe in den letzten Jahren die Aktivitäten von BlackRock in Deutschland als Aufsichtsrat überwacht, und dieses Unternehmen sei doch eine Fondsgesellschaft, der weltgrößte unabhängige Vermögensverwalter. Damit sei er ja für alle Zukunft ein Lobbyist des Großkapitals. Wer hätte sich eigentlich aufgeregt, wenn Friedrich Merz Gewerkschafter wäre? Vermutlich kaum einer! Für mich ist es dagegen positiv, dass Friedrich Merz zu den Politikern gehört, die ihren Lebensunterhalt auch außerhalb von Parlamenten und Polit-Organisationen bestreiten können. Und etwas mehr wirtschaftlicher Sachverstand könnte unserer Bundesregierung nicht schaden. So mancher Kritiker hatte noch Emmanuel Macron gefeiert, der die Rechtspopulistin Le Pen geschlagen und so zum französischen Präsidenten gewählt wurde. Von Haus aus ist Macron Investmentbanker!
Merkel hat Europa eher gespalten
Der Eifer, mit dem Ursula von der Leyen bereits jetzt am politischen Vermächtnis von Angela Merkel pinselt, ist wirklich frappierend. Für mich geht es nicht darum, die politischen Erfolge der Bundeskanzlerin schlecht zu reden, aber der Bezug zur Realität scheint bei der CDU-Vize von der Leyen völlig abhandengekommen zu sein: „Die Kanzlerin hat hohe Anerkennung und Autorität im Ausland.” Das sehe ich anders: Selbstredend scheuen viele unserer Partner im Ausland den offenen Konflikt, doch von tiefer Zuneigung ist Angela Merkel weit entfernt. Darüber dürfen auch die Küsschen von Emmanuel Macron nicht hinwegtäuschen. Angela Merkel hat Europa eher geteilt, denn zusammengeführt.
Die Verwerfungen zwischen den mittel-ost-europäischen Staaten und Deutschland haben gewiss in den 13 Merkel-Jahren nicht abgenommen. Und die von Angela Merkel zugelassene ungeordnete Migration hat die auf Abschottung bedachten Parteien in diesen Ländern gestärkt. Der anschließende Versuch, die ‚Gäste‘ dann per Zwangsquote umzuverteilen, hat alte Ressentiments in Ungarn oder Polen, um nur diese beiden Staaten zu nennen, verstärkt. Zwischen Nord und Süd ist das Verhältnis auch nicht inniger geworden, und dies hat auch mit der deutschen Politik gegenüber Griechenland und Italien zu tun. Selbst unter proeuropäischen Briten nahm die Zurückhaltung gegenüber der EU zu, da diese eine zeitweise Beschränkung der Migration ablehnte. Und wer war da wieder in der ersten Reihe: Angela Merkel! Der Brexit hätte wahrscheinlich bei mehr Kompromissbereitschaft gegenüber den Briten verhindert werden können. Die „hohe Anerkennung“ kann ich leider nirgendwo entdecken, und dies gilt auch, wenn ich über Europa hinausschaue.
Als der FDP-Chef bei Maybrit Illner das Weltbild Ursula von der Leyens etwas in Richtung Realität zurechtrücken wollte, da meinte diese, Christian Lindner wolle Deutschland schlecht reden. „Ich weiß nicht, in welchem Land Sie leben. Aber wenn man Ihnen folgt, dann sind wir kurz vor dem Zusammenbruch“, so die CDU-Vizechefin. So ist das mit Ministerin von der Leyen: Kritik ist schlechtreden und die Realität wird verdrängt. Dies gilt für ihr eigenes Ressort, aber auch ihre ersten Pinselstriche am Polit-Gemälde mit Angela Merkel auf dem Thron. Wer die Wirklichkeit verdrängt – und dies gilt zunehmend für Ursula von der Leyen und Angela Merkel -, der verliert den Kontakt zu den Menschen und die politischen Fehlentscheidungen häufen sich. Die CDU braucht einen personellen und sachorientierten Neustart!