SPD, Grüne und FDP in Bayern und Hessen im Abschwung vereint
Nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen haben manche Politikerinnen und Politiker von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP versucht, das Debakel kleinzureden, doch sie wirkten sichtlich angezählt. Die älteste demokratische Partei Deutschlands, die SPD, brachte es in Bayern gerade mal auf 8,4 % der Wählerstimmen, in Hessen, das 40 Jahre als ‚rotes‘ Bundesland galt, auf 15,1 %. Was ist nur aus der einstigen Volkspartei geworden? Zugkraft konnte Bundesinnenministerin Nancy Faeser jedenfalls nicht entwickeln, die laut ‚Vorwärts‘ bekannte „Hessen ist meine Heimat und mein Herzensland“. Das mag wohl sein, doch hätte sie verdeutlichen müssen, dass sie auch bei einer Niederlage in ihrem „Herzensland“ bleiben würde. Sie hatte allerdings vorab bei Schaffner Olaf die Rückfahrkarte nach Berlin gelöst! Die FDP flog mit drei mageren Prozentpunkten hochkant aus dem bayerischen Landtag, und die Liberalen schoben sich recht schwerfällig in Hessen so eben noch über die fünf Prozent Hürde. Der Höhenflug der Grünen ist nicht nur bei Umfragen bundesweit durch eigenes Tun gestoppt, sondern in beiden Bundesländern legten die lange erfolgsverwöhnten ‚Umwelt- und Klimaschützer‘ den Rückwärtsgang ein. Dafür können sich die jeweiligen Landesgrünen beim Klimaminister Robert Habeck bedanken, der mit den Querelen um das Heizungsgesetz ein im Grunde wichtiges Thema verstolperte. Und SPD, Grünen und FDP nimmt die Wählerschaft übel, dass es der Ampelregierung nicht gelungen ist, die erneut anschwellende Migration zu steuern. Olaf Scholz & Co. scheinen aus 2015, dem Jahr der offenen Tür von Angela Merkel, nichts gelernt zu haben. Das Unvermögen der Ampel, die wohl an einem Wackelkontakt leidet und nur noch ab und zu ein flackerndes Licht von sich gibt, kam in erster Linie der AfD zugute, die sich nicht nur stabilisierte, sondern deutlich zulegte. Dies lässt wenig Gutes für die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Herbst 2024 erwarten.
Ampelparteien schmelzen dahin
Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen, so lautet ein altes Sprichwort. Doch um ‘Spott’ geht es mir keinesfalls: Mich stimmt es traurig, wenn Sozialdemokraten, Grüne und Liberale, die die Ampelregierung tragen, dahinschmelzen wie die Gletscher in den Alpen und es der Union nicht gelingt, die enttäuschten Wählerinnen und Wähler an sich zu binden. Die AfD hat in Bayern und Hessen, wo sie zweitstärkste Partei geworden ist, ihre Wählerschaft deutlich erweitert, und in Bayern haben zusätzlich die Freien Wähler zugelegt. AfD und Freie Wähler scheinen es sich in Bayern rechts von der CSU gemütlich einzurichten, obwohl seinerzeit Franz Josef Strauß 1987 meinte, als sich die rechtsextremen Republikaner breitmachen wollten, „dass es rechts von der CDU/CSU keine demokratisch legitimierte Partei geben darf!“ Da hat der frühere Übervater der CSU auch heute noch recht. Strauß hatte gleichzeitig verdeutlicht, dass es nicht darum gehen kann, den letzten „rechtsradikalen Narren“ einzufangen, sondern konservativ denkenden Menschen eine politische Heimat zu geben. Weil sich heute mehr Parteien am Wählerkuchen gütlich tun, wird es immer schwerer – wenn nicht gar unmöglich – eine eigenständige Mehrheit zu erringen, und die Zusammenarbeit eines recht unterschiedlichen Trios in der Ampelregierung zeigt täglich, dass es knirscht und ächzt im Gebälk. In Hessen und Bayern bieten sich tragfähige Koalitionen unter Führung von CDU bzw. CSU an, die vermutlich ihre bisherige Zusammenarbeit fortsetzen werden, doch in den nicht mehr so neuen Bundesländern könnte es im kommenden Jahr schwer werden, Koalitionen der politischen Mitte zu bilden.
Die Liberalen dümpeln nicht nur vor sich hin, sondern sie lassen mit ihrem Polit-Kahn kaum eine Klippe aus, und so verloren sie ihre Sitze in den Landtagen in Niedersachsen und Bayern oder im Saarland und in Berlin, und wenn sie vom Wähler nicht ganz des Parlaments verwiesen werden, so wurden die Regierungen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein ohne die dahinsiechenden Liberalen gebildet. Da die FDP sich schon freuen muss, wenn sie in Bremen mit 5,1 % und in Hessen mit 5 % ins Parlament rutscht, dann lässt das nichts Gutes erwarten. Christian Lindner scheint zwar ungefährdet als Parteivorsitzender, doch es reicht nicht, chic gekleidet und wortgewandt zu sein. Viele Alternativen hat die FDP zugegebenermaßen nicht, denn setzt sie sich in der Ampel vehement für die Anliegen ihrer Wähler ein, dann empfinden dies viele Bürger als Dauerstreit, marschiert sie im Gleichschritt mit SPD und Grünen, stellt sich die Frage, ob man die FDP überhaupt braucht.
Noch mehr Wähler scheinen sich allerdings zu fragen, ob Die Linke eigentlich einen Mehrwert im Parteiensystem bringt. Ausgerechnet in einer Zeit von Wohnungsnot und wachsenden Schlangen vor Tafelläden, schmierte die Linke in Bayern mit 1,5 % weiter ab, aber auch in Hessen reichte es gerade mal zu 3,1 %. Wie sich eine Partei selbst zerlegt, das zeigt die Linke im Dauerstreit mit ihrem prominentesten Mitglied Sahra Wagenknecht. Umso verwunderlicher ist es, wenn die Flüchtlingsaktivistin Carola Rackete in der TAZ meinte: „In der Situation, in der wir hier in Deutschland sind, fehlt der Bewegung auf der Straße die Verknüpfung zu einer starken parlamentarischen linken Kraft.“ Diese ‚starke parlamentarische Kraft‘ ist für Rackete die Linke, denn auf ihrer Liste kandidiert sie zur Europawahl.
Migrationsthema zielstrebiger angehen!
Zwar ist die Bundesinnenministerin federführend in Sachen Migration unterwegs, doch nicht nur gegen die Sozialdemokratin Nancy Faeser oder Bundeskanzler Olaf Scholz richtet sich der zunehmende Unmut vieler Bürgerinnen und Bürger, sondern gerade auch gegen die Grünen, was nicht verwunderlich ist, weil Bündnis 90/Die Grünen als Bremsklotz am politischen Zug hängen, wenn die Migration besser gesteuert werden soll. Hat Nancy Faeser einen wackeligen Kompromiss zur Verteilung von Migranten und zum Schutz der EU-Außengrenzen erreicht, lassen die Grünen prompt verlauten, man werde im Europaparlament alles tun, um den mehrheitlichen Vorschlag der EU-Regierungen zu verändern, sprich zu verwässern. So mancher Politiker der Grünen hat bis heute nicht begriffen, dass sich die Zuwächse der AfD nur bremsen lassen, wenn die Migration in geregelte Bahnen gelenkt werden kann. Ich habe Verständnis für Menschen, die sich in ein anderes Land aufmachen, weil sie in ihrem Geburtsland keine Chancen für sich sehen, denn man könnte selbst ja auch in einem Boot sitzen und zu neuen Gestaden aufbrechen. Doch kann das nicht bedeuten, dass alle Fluchtwilligen dieser Welt nach Deutschland oder Europa kommen können. Und wenn die Ampelregierung – gemeinsam mit der Union – nicht in der Lage sein sollte, die Migrationswellen abzufangen, dann werden die Prozente der AfD bei der Europa- bzw. den Landtagswahlen im kommenden Jahr weiter nach oben zeigen. Es macht keinen Sinn, die Wähler zu schelten, die der AfD ihre Stimme geben, sondern die Probleme müssen gelöst werden.
Die CSU in Bayern und die CDU in Hessen können mit Markus Söder und Boris Rhein eine neue – vermutlich die alte – Regierung bilden. Dies gibt der Union zwar Auftrieb, doch die Stimmanteile könnten höher sein, wenn es gelingen würde, mehr Wählerinnen und Wähler an sich zu binden, die von der Ampelregierung enttäuscht sind. Hier hätte ich mehr Präsenz vom CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz erwartet, denn hin und wieder ein schriller Zwischenruf, ein Aufschrei beim Zahnarzt, das reicht fürwahr nicht. Politiker zu kritisieren ist natürlich deutlich einfacher, als zukunftsorientierte Entscheidungen zu treffen, dessen bin ich mir bewusst. Vielfach geht es bei der Ampelregierung um die richtigen Themen, aber die Antworten gehen im Streit der Ampel unter oder die Umsetzung ist handwerklich schlecht. Musterbeispiel: Heizungsgesetz. Mehr dazu in meinem Blog-Beitrag ‚Ampelregierung und EU als Elefanten im Porzellanladen. Im Kampf gegen den Klimawandel fehlt es an Kommunikation‘.
Alle demokratischen Parteien sind aufgefordert, die Migration einzudämmen, wozu Entwicklungsprojekte in den Flucht- und Transitländern ebenso beitragen müssen wie Abkommen mit den entsprechenden Staaten zur Rücknahme abgelehnter Asylsuchender. Grenzkontrollen sind unerlässlich – entweder an den EU-Außengrenzen oder zwischen den EU-Staaten -, denn nur dann ist klar, wer ins Land kommt. Wer als Asylsuchender abgelehnt oder kriminell wird bzw. sich gegen die freiheitliche Ordnung in Deutschland stellt, der muss das Land umgehend verlassen. Hätte die Ampelregierung hier mehr Dynamik entwickelt, anstatt sich zu streiten, wären die Wahlen in Bayern und Hessen mit Sicherheit für SPD, Grüne und FDP besser gelaufen. Wenn das Licht dieser Ampel nur noch spärlich und unkoordiniert flackert, dann tragen dafür die beteiligten Parteien selbst die Schuld.
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Was flackert denn da in Berlin? Wackelkontakt oder auch mal Stromausfall: Die Ampelregierung von SPD, Grünen und FDP kann sich immer schwerer zu einer eindeutigen politischen Linie durchringen. Verunsicherung bis Frust sind die Folgen in der Wählerschaft. Olaf Scholz sollte mal an den sozialdemokratischen Reichspräsisenten Friedrich Ebert denken und handeln statt zu schwurbeln. (Bild: Ulsamer)
Sehr geehrter Herr Dr. Ulsamer,
Ihre Feststellung, dass das Ampellicht flackert gibt zumindest etwas Hoffnung. Noch ist es nicht erloschen und der Wackelkontakt lässt sich vielleicht doch noch beheben.
Sie haben natürlich recht, Aufgabe der Politik ist es Probleme zu lösen. Dazu gehört für mich zunächst, diese in ihrer Bedeutung besser zu gewichten.
Die Migration stellt eine schwierige und wichtige Aufgabe dar. Gleichwohl gibt es größere Herausforderungen. Insbesondere die Klimaveränderung, die noch viele Menschen in naher Zukunft aus ihrer Heimat vertreiben wird. Der Schwerpunkt bei der Migrationsfrage kann deshalb nicht darin liegen, dass die Parteien einen Wettbewerb betreiben, wie Zuwanderung am besten verhindert werden kann und abgelehnte Asylbewerberinnen und Asylbewerber abgeschoben werden können.
Die nicht radikalen Parteien müssen bei ihren Plänen den rechtlichen Rahmen und einen Mindeststandart an Mitmenschlichkeit beachten.
Es wäre deshalb gut, den Schwerpunkt nicht auf Zuwanderungsverhinderung sondern Gestaltung zu richten.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Walter
Sehr geehrter Herr Walter,
Ihren Ausführungen kann ich nur zustimmen.
Ja, es kommt auf die Gestaltung der Zuwanderung an. Und diese muss so erfolgen, dass die AfD keinen weiteren Zulauf bekommt.Humanität und Ordnung müssen gesichert werden.
Mit besten Grüßen
Lothar Ulsamer