Biosphärengebiet Schwarzwald: Nachhaltigkeit wird großgeschrieben

Das 3. Biosphärenfest zog in Todtnau fast 6 000 Besucher an

Der große Zuspruch auch zum dritten Biosphärenfest in der Schwarzwald-Gemeinde Todtnau im Wiesental ist ein deutlicher Beleg dafür, dass das Biosphärengebiet gut in der Bürgerschaft verankert ist. Gerade dies halte ich bei Biosphärengebieten oder Nationalparks für besonders wichtig, denn sie können nur Erfolg haben, wenn die Menschen bei deren Entwicklung mitwirken können. Dies ist beim Biosphärengebiet Schwarzwald von Anfang an gelungen, denn die Initiative ging gerade auch von den beteiligten Gemeinden aus. Biosphärengebieten – in anderen Weltgegenden Biosphärenreservat genannt – kommt neben Nationalparken eine wichtige Funktion beim Schutz der Natur zu, allerdings steht bei den Biosphärengebieten die gleichgewichtige Entwicklung von Natur- und Kulturlandschaften im Mittelpunkt, sie sind Modellregionen für nachhaltige Entwicklung, wo gemeinsam mit den hier wirtschaftenden Menschen beispielhafte Konzepte für den Schutz und die Pflege von Natur- und Kulturlandschaft erarbeitet werden.

Das Wasser ergießt sich über steil abfallende Felsen. Links sind Pflanzen zu sehen.
Fast einhundert Meter stürzt das Wasser beim Todtnauer Wasserfall in zwei Stufen über eiszeitlich überformtes Grundgebirge in die Tiefe. Im Sommer bietet sich ein Rundweg an, der am Wasserfall entlang über Treppen nach oben führt und einen weiten Blick ins Tal ermöglicht. Zurück zum Fuß des Wasserfalls geht es auf dem gleichen Weg oder auf der anderen Seite in ausgeprägten Serpentinen. Auch im Winter ist der Todtnauer Wasserfall ein lohnendes Ziel, obwohl dann der Rundweg bei Eis und Schnee nicht begehbar ist. (Bild: Ulsamer)

Orientierung an Nachhaltigkeit und Ökologie

Das Biosphärengebiet Schwarzwald umfasst rd. 63 000 Hektar: Beteiligt sind die Landkreise Lörrach, Waldshut und Breisgau-Hochschwarzwald, 28 Gemeinden und die Stadt Freiburg. In unserer Zeit war es schon ein Erfolg, so viele institutionelle Akteure und eine vielfältige Bürgerschaft unter einen Hut – fast hätte ich gesagt Bollenhut – zu bringen, und gekrönt wurden die Vorarbeiten durch die UNESCO-Anerkennung im Jahr 2017 – ich habe darüber berichtet.

Schafe auf einer grünen Weide. In der Mitte eine Holzskulptur, die einen große Kopf darstellt.
Da bekommt der Begriff ‚Kulturlandschaft‘ eine neue Ausprägung, wenn Schafe auf einer vom Menschen geschaffenen Weide direkt bei einer Holz-Skulptur grasen. Diese großformatige Schnitzerei ist Teil des vier Kilometer langen ‘Zauberwegs’, der gerade auch für Kinder geeignet ist. Und am Todtnauer Hasenhorn grasen nicht nur Schafe, sondern eine Coaster-Bahn bringt Wagemutige mit schienengeführten Schlitten über 3 Kilometer ins Tal. (Bild: Ulsamer)

Ein Biosphärengebiet hat im Regelfall einen breiteren Ansatz als zum Beispiel ein Nationalpark, bei dem die Fläche weitgehend der wirtschaftlichen Nutzung entzogen wird. In einem Biosphärengebiet dagegen müssen diese Kernzonen nur drei Prozent der Fläche einbinden. Eine touristische und landwirtschaftliche Nutzung ist somit nicht nur ein Nebenaspekt, sondern von zentraler Bedeutung. Ausgerichtet werden soll das Arbeiten, das Freizeit- und Konsumverhalten stärker an der Ökologie – obwohl dies längst für alles wirtschaftliche und politische Handeln zutreffen sollte. ‚Mitmachen, Erleben und Genießen‘, so lautete das Motto der bisher drei Biosphärenfeste in Bernau, Häusern und jetzt in Todtnau. Somit geht es nicht um das Beschneiden menschlicher Aktivitäten, sondern um eine Ausrichtung aller Tätigkeiten an der Nachhaltigkeit. Der Bildung für nachhaltige Entwicklung gilt somit auch ein besonderes Augenmerk in einem Biosphärengebiet.

Informationstafeln mit Texten und Fotos in einem Gewölbekeller aus Steinquadern.
Die hoch interessante Wanderausstellung zum Biosphärengebiet Schwarzwald fand beim Biosphärenfest einen eindrucks- und stimmungsvollen Rahmen im Gewölbekeller unter dem Todtnauer Rathaus. (Bild: Ulsamer)

Bildung für nachhaltiges Denken und Handeln

Die Bedeutung, die der Einbeziehung der BürgerInnen zukommt, betonten in Todtnau die Freiburger Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, der baden-württembergische Umweltstaatssekretär Andre Baumann und Bürgermeister Andreas Wießner. 50 Aussteller boten nicht nur regionale lukullische Genüsse an, sondern gewährten auch einen Einblick in verschiedene Handwerke – vom Bürstenbinder bis zum Schindelmacher – und in landwirtschaftliche Betriebe, seien es Hinterwälder Rinder oder Alpakas. Ein wichtiges Thema des Biosphärengebiets Schwarzwald ist u.a. die bessere Vermarktung regionaler Produkte, die z. B. zum Erhalt der alten Rinderrasse – der Hinterwälder – beitragen soll.

Ein Mann mit Hut und einem rot-weißen Hemd stellt Schindeln her. Neben ihm ein jüngerer Mann mit dunklerem Hemd, der die Vorarbeiten erledigt: er spaltet den Holzblock in dünne 'Platten'.
Schindelmacher und andere traditionelle Handwerker boten während des Biosphärenfests einen Einblick in ihre Tätigkeiten. Biosphärengebiete haben die Aufgabe, die vom Menschen geschaffenen Kulturformen im umfassenden Sinn mit der Natur zu verbinden. Dabei bekommt der nachhaltigen Entwicklung als zentralem Orientierungspunkt besondere Bedeutung zu. (Bild: Ulsamer)

Das Biosphärengebiet Schwarzwald trägt – wie die anderen Biosphärengebiete – nicht nur zum Erhalt der Kulturlandschaft bei, mit einem wichtigen Schwerpunkt auf Natur, Nachhaltigkeit und Ökologie, sondern schafft auch ein stärkeres Bewusstsein für die Notwendigkeit, unser wirtschaftliches Handeln immer wieder zu überdenken: Wir müssen dieses vor allem in Zeiten des Klimawandels stärker als bisher an der Nachhaltigkeit ausrichten. Ökologisches Denken und Handeln muss unsere ganze Lebenswelt umfassen, wenn wir die anstehenden Probleme meistern wollen. Gerade auch das Verschwinden der Insekten und Vögel aus vielen Landschaften ist ein drohendes Warnsignal, das von manchen Zeitgenossen zu lange überhört wurde.

 

Im Hintergrund das Rathaus von Todtnau, davor verschiedene Informationsstände und zahlreiche Besucher.
Die bisherigen Biosphärenfeste in Bernau bzw. Häusern und jetzt in Todtnau zogen viele Besucher an – ein Beleg für die Verbundenheit mit der Region. (Bild: Ulsamer)

 

Eine weitgehend braune Kuh mit Hörnern und weißen Gesichtsteilen sowie ihr Kälbchen.
Eine Hinterwälder Kuh mit ihrem Kälbchen als ‚Ehrengast‘ beim Biosphärenfest in Todtnau. Solche alten Rinderrassen lassen sich dauerhaft nur erhalten, wenn die Vermarktungsmöglichkeiten der Erzeugnisse verbessert werden. Bei einer Neuausrichtung der EU-Agrarförderung sollte deutlich mehr Wert auf die Stärkung bäuerlicher Familienbetriebe gelegt werden, die sich in schwierigen geographischen Lagen betätigen. (Bild: Ulsamer)

 

Grüne Kiefern und Laubbäume sowie kleinere Wiesen dazwischen im Tal und auf der gegenüberliegenden Höhe.
Vom Aussichtspunkt am Todtnauer Wasserfall hat man einen weiten Blick in Richtung Todtnau und auf das Hasenhorn: Die vom Menschen geschaffene Kulturlandschaft – ob Wiesen oder Wald, lebendige Ortschaften oder historische Denkmäler – soll in einem Biosphärengebiet erhalten und nachhaltig weiterentwickelt werden. (Bild: Ulsamer)