Bundesverfassungsgericht erklärt Landesgesetz für verfassungswidrig
Der rot-rot-grüne Senat in Berlin folgt gerne ideologischen Hirngespinsten, statt in der Realität mehr für den Mietwohnungsbau zu tun. Als Noch-Regierender Bürgermeister gab Michael Müller beim Mietendeckel mal wieder den Master of Desaster, obwohl ihn genügend verfassungskundige Juristen vor diesem Alleingang gewarnt hatten. Das Bundesverfassungsgericht erklärte am 15. April 2021 nach einem einstimmigen Votum der Richter in den scharlachroten Roben den Mietendeckel für verfassungswidrig, das Land habe seine Kompetenzen überschritten, da der Bund bereits 2015 eine Mietpreisbremse eingeführt habe. Im Grunde haben diese Entscheidung viele Juristen so vorausgesehen, doch der rot-rot-grüne Berliner Senat glänzt gerne durch Inkompetenz. Wer sich auf den Berliner Senat verlässt, der ist wahrlich verlassen! Gut ist der Mieter dran, der die durch den Mietendeckel ‚eingesparte‘ Miete zurückgelegt hat, denn jetzt kann er daraus die Nachzahlung leisten. Großes Glück hat der, der von seinem Vermieter nicht nachträglich für das Unvermögen des Berliner Senats zur Kasse gebeten wird – wie dies ‚Vonovia‘ für ihre 42 000 Wohnungen angekündigt hat. Ich hoffe sehr, dass die den Berliner Senat tragenden Parteien bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus im Herbst die Rechnung für ihr Unvermögen präsentiert bekommen.
Marsch in die sozialistische Vergangenheit
Selbstredend hat jeder Mensch ein Recht auf ein Dach über dem Kopf, und die Mieten müssen verkraftbar sein. Über diesen Grundsatz besteht sicherlich Einigkeit, doch die Wege zum Ziel bleiben umstritten. Der rot-rot-grüne Senat in Berlin meinte 2020 den Königsweg entdeckt zu haben und verordnete den Wohnungseigentümern einen Mietendeckel. Schon bei der damaligen Entscheidung war es mir rätselhaft, wie man die Zahl der Wohnungen erhöhen möchte, wenn man den Investoren die Lust am Bauen nimmt. In meinem Blog hatte ich das Thema kritisch aufgegriffen, und dank des Bundesverfassungsgerichts steht nun fest, dass der Mietendeckel ungebremst den Mitgliedern des Berliner Senats und der rot-rot-grünen Koalition auf die Finger geknallt ist. Doch in Berlin sind die Befürworter von Verstaatlichungen nicht zu bremsen: Eifrig wird für ein Volksbegehren getrommelt, das die Enteignung privater Wohnungsbaugesellschaften fordert. Investoren lassen sich so nicht anlocken. Aber auch der Ex-Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert, der auf dem Sprung in den XXL-Bundestag ist, der grüne Ko-Bundesvorsitzende Robert Habeck und Anton Hofreiter, Ko-Fraktionsvorsitzender von Bündnis90/Die Grünen im Bundestag begeistern sich für die Verstaatlichung von Wohnraum, wenn die Vermieter nicht richtig spuren. Wenn ich mir diese politischen Vorstöße anschaue, dann habe ich das Gefühl, manch einer hat die grauen und bröckelnden Fassaden der Wohngebäude und deren desolaten Erhaltungszustand in der DDR längst vergessen. Skurril ist es schon, wenn die rot-rote Wohnungskampfgruppe gemeinsam mit den grünen Hilfstruppen ausgerechnet in Berlin zurück ins sozialistische Wohnungsdesaster marschieren möchte.
Politiker haben ein kurzes Gedächtnis, deshalb möchte ich in Erinnerung bringen, dass nicht nur der Berliner Senat mehrere hunderttausend Wohnungen an private Unternehmen verscherbelt hat, sondern andere Kommunen haben dies auch getan. Wer heute als Stadtpolitiker lauthals jammert oder Wien wegen des umfangreichen Bestands an Gemeindewohnungen lobt, der sollte mal in der eigenen Ortsgeschichte blättern. Keine Frage, der Abbau des kommunalen Wohnungsbestands war ein Fehler, irgendwie vergleichbar mit der irrwitzigen Idee, im Cross Border Leasing städtische Kläranlagen zeitweilig in US-Hände zu geben. Aber wer hindert die Kommunen daran, den Bau von Sozialwohnungen über genossenschaftliche Modelle voran zu treiben?
DDR light?
Wer, wie der rot-rot-grüne Senat glaubt, mit dem Verbot von Mieterhöhungen über fünf Jahre und einer generellen Mietobergrenze zusätzliche Investoren in den Wohnungsbau zu locken, der kommt von einem anderen Stern. Vermutlich ist es der rote Stern, der in Berlin für manch Ewig-Gestrigen noch strahlt. Aus meiner Sicht ist es eine unheilige Allianz aus Teilen von SPD und Grünen sowie der Linken, die sich auf Verstaatlichung und Vergemeinschaftung von Wohnraum konzentriert. Um den üblichen Unterstellungen aus der linken Ecke vorzubauen: Wir besitzen kein Wohneigentum zur Vermietung! Es ist zu befürchten, dass die Berliner Senatoren durch den Entscheid des Verfassungsgerichts nicht klüger werden, sondern an einem neuen ideologisch motivierten Vorstoß zur Deckelung von Mieten oder deren Verstaatlichung basteln. Die rot-rot-grünen ‚Strategen‘ ließen sich auch bisher nicht dadurch irritieren, dass das Angebot an Mietwohnungen nach dem Mietendeckel deutlich zurückgegangen ist, denn nicht wenige Miet- wurden zu Eigentumswohnungen! Wohnungsbesitzer, die für ihr eigenes Alter mit Wohnungsbesitz vorgesorgt hatten, verkauften solche Immobilien, weil sie von den Mieteinnahmen ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten konnten.
Die Entscheidung der Karlsruher Verfassungsrichter sollte auch so manchen Journalisten zum Nachdenken anregen, denn die Claqueure von der ‚Zeit‘ klatschten 2019 Beifall als der rot-rot-grüne Senat den Mietendeckel vorlegte: „Was die Landesregierung beschlossen hat, ist ein brachialer und in Deutschland einzigartiger Eingriff in den Wohnungsmarkt, der notwendig ist und richtig.“ Ich halte diesen Ausflug in sozialistische Glaubensgefilde dagegen für einen Fehltritt. Generell stellen sich für mich übergreifende Fragen. Wenn Bundesländer wie Berlin nicht in der Lage sind, sich wirtschaftlich und steuerlich eine vernünftige Basis zu erarbeiten, dann muss über den Neuzuschnitt der Bundesländer intensiver nachgedacht werden. Die Grünen müssen sich – gerade auch im Vorfeld der Bundestagswahl – überlegen, welchen Kurs sie denn einschlagen wollen. Der grüne baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann verpasste den Verstaatlichungsideen von Robert Habeck und Anton Hofreiter das Label „gespenstische Debatte“. Und da hat er recht! Aber welche Mehrheiten bestimmen innerhalb von Bündnis90/Die Grünen? Dürfen es gerne mehr Staatseingriffe und Verstaatlichungen sein? Die SPD andererseits muss sich schon fragen, ob sie Friedrich Ebert in ihrer Ahnengalerie behalten will oder lieber einer sozialistisch-kommunistischen Fata Morgana folgen will? Dass ‚Die Linke‘ auf Verstaatlichungen setzt, verwundert nicht, knüpfte sie doch als Nachfolgepartei der SED an der gescheiterten DDR an. Eine DDR light sollte für keine Partei im Bundestag eine denkbare Alternative zu unserem freiheitlichen und dabei durchaus reformbedürftigen Staatswesen sein.
Ausgleich zwischen Leerstand und Knappheit
Der westliche Teil Berlins war für mich immer ein Leuchtturm der Freiheit zu einer Zeit, als die heutige deutsche Hauptstadt geteilt und von der sozialistischen DDR umschlossen war. Leider bewegte sich der rot-rot-grüne Senat mit dem Mietendeckel im Rückwärtsgang in sozialistische Gefilde. Für mich ist es äußerst erschreckend, wenn sich in Berlin über Jahre kriminelle Clans breitmachen konnten, der Flughafen Berlin-Brandenburg über ständige Baumängel zur Eröffnung stolperte und es den Landespolitikern – auch vorhergehender Senate – nicht gelang, sich endlich wirtschaftlich besser aufzustellen. So war Berlin im Länderfinanzausgleich ein beständiges Nehmerland und ohne entsprechende Zuweisungen des Bundes – als dessen Nachfolgemodell – würden die Schulden Berlin in den Abgrund reißen. Dennoch machte die rot-rot-grüne Mehrheit im Abgeordnetenhaus den Weltfrauentag zum Feiertag – auf Kosten der wirtschaftlich aktiven Bundesländer. Nichts gegen einen Weltfrauentag, aber dass ausgerechnet die hochverschuldete Bundeshauptstadt nur bei solchen Themen den Vorreiter gibt, kann ich nicht akzeptieren. Vielleicht ist dies auch nur ein Ausdruck der Geschichtsvergessenheit des rot-rot-grünen Senats, der sich andererseits bei Großveranstaltungen absolut nicht daran stört, wenn das Brandenburger Tor von Klo-Häuschen umgeben ist. Die Berliner SPD ist dabei, den Regierenden Bürgermeister Michael Müller in Richtung Bundestag zu entsorgen, doch ob mit Franziska Giffey ein neues Denken ins Rote Rathaus einzieht, sollte sie die Wahl zum Abgeordnetenhaus am 26. September 2021 gewinnen, das wage ich zu bezweifeln. Der politische Filz in Berlin ist extrem dicht, und Giffey dürfte nicht nur der Streit um ihre von Plagiaten durchzogene Doktorarbeit weiter begleiten. Für einen echten Neuanfang stand bei aller Kritik am rot-rot-grünen Senat auch die CDU in vergangenen Jahrzehnten nicht ein!
Der rot-rot-grüne Senat hat sich mit dem Mietendeckel ins rechtliche Abseits bewegt und Zeit verloren im Kampf gegen die Wohnungsnot. Einzelne Ballungszentren werden das Problem der Wohnungsknappheit und der hohen Mieten nicht allein lösen können. Wenn wir die Versiegelung zusätzlicher Flächen im Umland und des letzten grünen Flecks in den Kommunen vermeiden wollen, dann bleibt nur eine innovative Regionalpolitik, die durch weitere Kristallisationspunkte eine bessere Verteilung der Menschen in Deutschland ermöglicht. Nicht nur manche Städte in den nicht mehr so neuen Bundesländern – wie Görlitz – klagen über den Wegzug von Einwohnern, sondern auch Städte wie Goslar würden sich über neue Mitbürger freuen. Leerstehende Gebäude, ganze Quartiere harren auf eine Belebung! Aber wie sollen sich neue wirtschaftliche Schwerpunkte bilden, wenn selbst die Bildungs- und Wissenschaftsministerin Anja Karliczek von der CDU meint: “5G ist nicht an jeder Milchkanne notwendig.“ Das sehe ich ganz anders, denn zu einer innovativen Regionalpolitik gehört auch die optimale Versorgung mit leistungsfähigem Mobilfunk und schnellem Internet per Glasfaserkabel.
Ein Mietendeckel und die Enteignung von Wohnungsbauunternehmen, die das Volksbegehren ‚Deutsche Wohnen & Co. enteignen‘ in Berlin fordert, sind keine Lösung für Engpässe auf dem Mietwohnungsmarkt. Und die Mietpreisbremse des Bundes schafft auch keinen neuen Wohnraum! Wer die Probleme wirklich lösen möchte, der sollte sich nicht auf sozialistischen Irrwegen verirren, sondern eine Regionalpolitik unterstützen, die neue Kristallisationspunkte schafft, und so einen Ausgleich zwischen Leerstand und Knappheit beim Wohnraum schafft.
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Bundesverfassungsgericht stoppt den Griff in die Mottenkiste des Sozialismus: Der Mietendeckel wurde für verfassungswidrig erklärt. Dies war ein absehbarer Dämpfer für den rot-rot-grünen Senat in Berlin und die ihn tragenden Parteien. (Bild: Screenshot, Facebook, 19.6.2019)
Sehr geehrter Herr Dr. Ulsamer,
klare Positionen und entsprechende Formulierungen schätze ich sehr. Gleichwohl die Alternative, “sozialistische DDR-Wohnungsbewirtschaftung” und freies Spiel der Marktkräfte, falls ich Sie richtig verstanden habe, greift zu kurz.
Das Urteil des Verfassungsgerichts zum Mietendecke war auch aus meiner Sicht nicht überraschend. Nicht entschieden worden ist ob die aufgehobene Regelung vom Bund getroffen werden kann.
Wohnen zu können ist ein Grundbedürfnis aller Menschen, das derzeit nicht alle verwirklichen können.
Regelungen sind deshalb notwendig und es ist Aufgabe der Politik diese zu suchen und zu finden. Vielleicht ist es notwendig alte Fehler zu berichtigen und in erheblichem Umfang in einen von der öffentlichen Hand getragenen Wohnraum zu investieren.
Es ist sicher sehr erstrebenswert die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Menschen in Regionen ziehen wollen, in denen leere Wohnungen verfügbar sind, dies wird jedoch nicht kurzfristig möglich sein. Der Bund ist daher zunächst aufgerufen einen Interessenausgleich zu schaffen zwischen Wohnraumanbietenden und Wohnraunsuchenden. Die Verfassung verbietet nicht, von dem gegebenen Ermessen Gebrauch zu machen, mit der Folge, dass wie es im Mietrecht üblich ist. die Mieterinnen und Mieter bevorzugt werden. Mietrecht ist Mieterschutzrecht.
Da das Angebot den Preis regelt muss erstes Ziel sein, dieses zu erhöhen wodurch der Regulierung enge Grenzen gesetzt sind. Diese auszuloten und möglicherweise zu verändern ist Aufgabe des dafür zuständigen Bundes. Dabei wird die Vermieterseite durch die Verfassung vor allzu gravierenden Belastungen geschützt.
Dieser Aufgabe wird sich der nächste Bundestag stellen müssen. Eine hohe Hürde für eine mögliche Regierungsampel aber auch eine Chance für einen sich abzeichnenden Farbenwechsel. Die Art und Weise der Kandidatensuche in der CSU/CDU für einen Kanzlerkandidaten, der dann trotz allem vom neuen Parlament gewählt werden wird, begünstigt diesen Wechsel.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Walter