Basstölpel: Elegante Gleitflieger und pfeilschnelle Stoßtaucher

Seevögel bringen mal ein Blümchen mit

Sind Basstölpel auf festem Boden unterwegs, sehen die gänsegroßen Seevögel etwas drollig aus mit ihrem watschelnden Gang, doch wenn sie sich mit einer Flügelspannweite von bis zu 180 Zentimetern in die Lüfte erheben, dann ist ihr Flug geradezu majestätisch. Sie überholen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 60 km/h locker Fährschiffe, und wenn sie sich auf Futtersuche mit bis zu 100 Stundenkilometern wie ein Pfeil ins Meer stürzen, ist das ein atemberaubender Anblick. Basstölpel bauen als Koloniebrüter ihre Nester an steilen Klippen, doch auf Schnabellänge sollte der Nachbar schon Abstand halten. In ihrem weißen Federkleid mit den schwarze Flügelspitzen, dem blassgelben Kopf und den blauen Augen wirken Basstölpel ausgesprochen vornehm. Abgesehen von der Brutzeit leben diese Seevögel auf dem Meer. Immerhin geht die Weltnaturschutzorganisation IUCN von rd. 400 000 Brutpaaren an europäischen Küsten aus, und hält daher die Tölpel für nicht gefährdet. Auf Helgoland zeigte sich allerdings, dass 2022 der Vogelgrippe   90 % der Küken zum Opfer fielen. Diese Kolonie ist zwar mit einigen hundert Paaren sehr klein und nicht mit deutlich größeren Brutplätzen im Vereinigten Königreich oder der Republik Irland vergleichbar, wo zehntausende von ‚Gannets‘ leben, doch generell bin ich beim Erhaltungszustand der Basstölpel-Kolonien deutlich skeptischer als die IUCN. Nicht nur die Vogelgrippe ist eine tödliche Gefahr, sondern die Verschmutzung der Meere, die geringe Zahl geeigneter Klippen und vorgelagerter Inseln, der Klimawandel und die Überfischung tun ein Übriges. Basstölpel sind es zwar gewohnt, weite Strecken zur Futterbeschaffung zurückzulegen, doch je spärlicher der ‚Tisch‘ mit Heringen und Makrelen als Folge der Überfischung gedeckt ist, desto weiter müssen die Eltern fliegen, um Nahrung für das zumeist einzige Küken heranzuschaffen.

Mehrere Basstölpel fliegen an einer Klippe entlang, auf der weitere Vögel sitzen.
Basstölpel wohnen gerne in Kolonien, so ist ein intensiver Flugverkehr unvermeidlich. (Bild: Ulsamer)

Schwindende Fischbestände als Gefahr

Basstölpel können möglichenfalls über 30 Jahre alt werden, so z. B. erreichte ein beringter Basstölpel gut 37 Jahre. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass weniger als die Hälfte der Küken ihr drittes Lebensjahr  erreicht. Geschlechtsreif werden Basstölpel mit vier bis sechs Jahren, und in diesem Zeitraum bildet sich auch das vollständig weiße Federkleid mit den schwarzen Flügelspitzen aus. Vorher sehen die Jungvögel gesprenkelt aus, denn die Federn sind überwiegend braun, die Spitzen jedoch bereits weiß, so dass sich ein gepunktetes Erscheinungsbild ergibt. Mit jeder Mauser nähern sich die Jungvögel dem Erwachsenengefieder an. Zur Versorgung ihrer Küken mit Fischen legen die Basstölpel traditionell 50 oder sogar 100 km oder mehr zurück, doch in leergefischten Meeren werden die Strecken immer länger. Wer Basstölpel an ihren Nistplätzen beobachtet, der kann schnell feststellen, dass die Fischbestände im unmittelbaren Umfeld der Brutkolonien nicht ausreichen und sich die Basstölpel häufig als Gruppe auf den Weg machen, um anderswo Hering oder Makrele zu fangen. Beeindruckend ist es, wenn sich die Basstölpel aus 10, 20 oder gar 40 Metern Höhe pfeilschnell in Richtung Wasseroberfläche hinabstürzen und im letzten Moment die Flügel eng an den Körper anlegen und eintauchen. Zumeist fangen sie die Fische beim Wiederauftauchen. Machen sich mehrere Basstölpel an der gleichen Stelle zur Jagd auf, dann verwirrt diese Technik die Beutefische und führt zu einer höheren Fangquote. Im Zuge des Klimawandels erwärmen sich die Ozeane, was u.a. auch zu Verlagerungen der ohnehin schwindenden Fischpopulationen führt. Zwar können ihnen die Basstölpel während ihrer Zeit auf offener See folgen, doch wenn sie brüten, müssen ausreichend Fische in erreichbarer Distanz zu finden sein: Ihre Nester bauen sie in steilen Klippen meist auf einsamen Inseln oder in wenig frequentierten Küstenabschnitten, daher können sie abwandernden Fischbeständen nur schwer folgen. Der Klimawandel mit zunehmenden Stürmen erschwert den Basstölpeln auch außerhalb der Brutzeit das Leben, da sie bei höherem Wellengang die Fische aus der Höhe weniger gut erkennen und heftigere Winde zum Tod der Vögel auf hoher See führen können.

Ein Basstölpel mit eng angelegten Flügeln kurz vor dem Eintauchen ins blaue Meer.
Basstölpel können sich als Stoßtaucher bei der Jagd nach Fischen mit bis zu 100 km/h wie ein Pfeil ins Meer stürzen. (Bild: Ulsamer)

Die Folgen des Klimawandels werden nach meiner Meinung bei den zitierten Bewertungen der IUCN viel zu wenig beachtet, genauso wie die schwächelnden Fischbestände und die Verschmutzung der Meere mit Plastikteilen, die nicht selten zum Nestbau benutzt werden. Regenwasser kann bei zu viel Kunststoff weniger gut aus dem Nest ablaufen und ‚eingebaute‘ Teile von Fischernetzen werden zu tödlichen Fallen für die Vögel selbst und ihre Küken, wenn sie sich darin verheddern. Aber nicht nur in Netzstücken, sondern auch in treibenden Geisternetzen bzw. ausgebrachten Schleppnetzen können sich Basstölpel beim Stoßtauchen verfangen und elend sterben. Nicht zu unterschätzen sind die Auswirkungen zahlloser Windparks im Meer: Ich sehe deren Berechtigung durchaus, denn auch wir verbrauchen – trotz unserer eigenen PV-Anlage – Strom öffentlicher Energieunternehmen, doch muss mehr Rücksicht auf die Meeresbewohner, seien es Seevögel, Delfine, Wale oder Robben beim Bau und Betrieb von Offshore-Windparks genommen werden! Mehr dazu finden Sie in meinem Beitrag: ‘Delfine – bedroht von Fischernetzen, Lärm und Müll. Meerestiere brauchen mehr Schutz’. Die Ozeane erscheinen auf den ersten Blick unendlich weit, doch in immer mehr maritimen Regionen sieht man vor lauter Windrädern und Schiffen kaum noch den Horizont.

Basstölpel sitzt im Gras auf einer Klippe. Gut sichtbar das bläuliche Auge.
Auffallend sind die hellblauen Augen der Basstölpel. Untersuchungen schottischer Forscher zeigen dramatische Auswirkungen der Vogelgrippe auf die Kolonien der Basstölpel. Es scheint Vögel zu geben, die Antikörper gegen die Vogelgrippe entwickelt haben und an schwarzen Augen zu erkennen sind. Auf dem Bass Rock im Firth of Forth vor Edinburgh, wo die größte Zahl von Basstölpeln brütet, reduzierte sich die Zahl der besetzten Nester um 71 % als Folge der Vogelgrippe, und der Bruterfolg ging um 66 % im Vergleich zu langjährigen Zählungen zurück. Zwischen 2021 und 2022 verringerten sich gleichfalls die Überlebensraten erwachsener Basstölpel substanziell. Da frage ich mich erneut, ob die Einschätzungen der Weltnaturschutzorganisation IUCN nicht viel zu positiv sind, denn Erkrankungen können bei Koloniebrütern schnell ganze Populationen dahinraffen. Der Begriff ‚Vogelgrippe‘ suggeriert, Wildvögel würden diese entwickeln und übertragen, was aber weitestgehend falsch ist. Sie ist im Gegenteil – wie Covid – durch den Einfluss des Menschen entstanden: Verschiedene Vogelgrippeviren trafen in gewaltigen asiatischen Geflügelbetrieben aufeinander und entwickelten gerade in Beständen mit geimpften Tieren einen ‚Supervirus‘ – H5N1 -, der über den Handel mit Geflügel verbreitet wurde. (Bild: Ulsamer)

Schutz der Seevögel intensivieren

Das einzige Ei des Basstölpelpaares wird von beiden Elternvögeln nicht nur abwechselnd bebrütet, sondern auch beschützt. Wenn nach gut 40 Tagen das Küken schlüpft, füttert das Vogelpaar gemeinsam das Junge mit Fisch, was weitere 75 bis 90 Tage während der Nestlingszeit andauert. Die Jungvögel müssen gut genährt sein, wenn sie eine Chance auf Überleben haben sollen, denn flattern sie auf ihren noch nicht flugerprobten Flügeln ins Meer, sind sie auf sich gestellt und müssen möglichst schnell das Fliegen bzw. Tauchen nach Fischen selbst erlernen. Für das Leben im Wasser sind die Basstölpel gut gerüstet, denn mit dem Sekret aus ihren Öldrüsen fetten sich die Seevögel ein, die zudem die stürmischen Herbst- und Wintermonate auf hoher See verbringen. Eine Fettschicht, dickes Daunengefieder und überlappende Federn tragen ebenfalls dazu bei, im kalten Meerwasser zu überleben. In den Kolonien der Basstölpel trifft man in der Brutzeit von März bis Juli nicht nur verpaarte Vögel an, sondern auch Jungvögel, die sich am Rand aufhalten. Bemerkenswert ist an vielen Klippen, dass in den einzelnen ‚Stockwerken‘ unterschiedliche Seevögel nisten, so z. B. Dreizehenmöwen, Lummen, Tordalke, Eissturmvögel, Krähenscharben, Papageitaucher und Basstölpel. Auf die Papageitaucher bin ich in meinem Beitrag ‚Papageientaucher: Die bunten ‚Clowns‘ der Meere werden immer seltener. Seevögel leiden unter Überfischung, Plastikmüll und Klimawandel‘ eingegangen.

Ein Basstölpel von oben über dem blauen Meer.
Basstölpel legen bei der Futterbeschaffung für ihre Küken häufig 50, 100 oder mehr Kilometer zurück. Sie scheinen durch die Lüfte zu gleiten, bis sie wieder mit den Flügeln schlagen, um Höhe und Geschwindigkeit zu halten. Auf das traurige Dasein, das einige Basstölpel – bis vor kurzem – über lange Jahre in der Stuttgarter Wilhelma fristen mussten, bin ich in meinem Beitrag ‚Zoos sind keine Arche Noah. Lebensräume schützen statt Wildtiere einsperren‘ eingegangen. (Bild: Ulsamer)

In manchen Veröffentlichungen wird von einer Zunahme der Basstölpel berichtet, aber meist wird das geringe Niveau verschwiegen, von dem aus diese scheinbar ‚erfreulichen‘ Zuwächse aus berechnet werden. Einst gab es kopfstarke Kolonien, doch Menschen machten sich nicht nur über die Eier, sondern über die Basstölpel selbst her. Vor einem Jahrhundert soll es kümmerliche 100 000 Basstölpel in 20 Kolonien an den Küsten und auf den Inseln des Nordatlantiks gegeben haben. So ist es positiv zu bewerten, dass nach der weitgehenden Einstellung der Jagd auf Basstölpel die Kolonien wieder gewachsen sind und die IUCN heute in europäischen Gewässern von rd. 400 000 Brutpaaren ausgeht. Gewachsen sind inzwischen aber auch die Bedrohungen wie Überfischung der Meere, die die Basstölpel zu immer längeren Flügen zur Futterbeschaffung für die Küken zwingen. Wer Seevögel, und auch Delfine oder Robben in ihrem Bestand sichern möchte, der muss die Fischerei weiter einschränken, was nicht nur im Sinne der Meerestiere, sondern auch von uns Menschen wäre, denn ganze Fischbestände werden ohne strengere Schutzmaßnahmen zusammenbrechen. Klippen sind in zunehmendem Maße das Ziel von Freizeitaktivitäten und müssen ebenfalls unter Schutz gestellt werden. Dies gilt im Übrigen auch für naturnahe Strände, die nicht vollständig von Touristen okkupiert oder gar zum Parkplatz degradiert werden dürfen. Die Vogelgrippe hat teils dramatische Auswirkungen auf Basstölpel und andere Seevögel. Die Verunreinigung der Meere mit Plastikmüll, Pestiziden, Geisternetzen, ungeklärten Abwässern usw. muss deutlich reduziert werden, wenn wir die Biodiversität nicht weiter gefährden wollen. Bei jeder Nutzung der Ozeane, sei es durch Schifffahrt, Offshore-Windparks, Ausbeutung von Bodenschätzen, Verlegung von Pipelines oder dem Bau von Tunneln und Brücken müssen die Belange von allen Meeresbewohnern stärker berücksichtigt werden. Der Klimawandel mit heftigeren Stürmen und der Verlagerung von Fischgründen als Folge der Erderwärmung bringt zusätzliche Gefahren für die Basstölpel. Sollte im Zuge der Erderwärmung und des Abschmelzens des Grönlandeises der Golfstrom schwächeln oder gar umkippen, würden sich nicht nur gravierende Folgen für die Meerestiere, sondern auch für die menschlichen Anwohner des Nordatlantiks ergeben. ‚Wenn der Golfstrom schlapp macht. Erderwärmung könnte Nord- und Westeuropa eisige Zeiten bescheren‘, so der Titel meines entsprechenden Blog-Beitrags.

Basstölpel sitzen auf ihren Nestern, zum Teil sind bereits Küken zu erkennen.
Wer in einer Kolonie brütet, hat wenig Platz. Im Regelfall sind die Nester gerade so weit voneinander entfernt, dass sich die Basstölpel mit dem Schnabel nicht erreichen können. Hier sind auch Küken in den Nestern zu entdecken. Geboren werden sie mit dunkler Haut und ohne Federn. Der erste Flaum ist weiß, dann kommen dunklere Federn mit weißen Spitzen, daher sehen sie gesprenkelt aus, wenn sie ihre Nester verlassen. In den folgenden vier bis fünf Jahren entwickelt sich das Federkleid der Erwachsenen Seevögel. (Bild: Ulsamer)

Wer die Basstölpel auch in Zukunft mit einer Flügelspannweite von fast zwei Metern im Gleitflug beobachten und sie beim Eintauchen mit bis zu 100 km/h ins Wasser erleben möchte, der muss sich für den Schutz ihrer Brutkolonien und den Erhalt der Fischbestände einsetzen!

 

Zwei Basstölpel sind mit ihren Schnäbeln nahe beieinander, einer hat den Schnabel geöffnet, der andere leicht den Kopf gedreht.
Der Schnabel spielt bei den Basstölpeln nicht nur eine große Rolle beim Fischfang, sondern auch in der Kommunikation. Was die beiden zu ‚besprechen‘ haben, das weiß ich natürlich nicht: Eine freundliche Begrüßung kann das sein oder der Wunsch, auf Schnabellänge Abstand zu halten. (Bild: Ulsamer)

 

Zwei Basstölpel fliegen an drei sitzenden Bsstölpeln vorbei, die sich zu beobachten scheinen.
Flugkünstler und interessierte Beobachter. Die Fotos zu diesem Beitrag entstanden im Vogelschutzgebiet ‚Troup Head‘ des RSPB Schottland zwischen Aberdeen und Inverness, der einzigen Kolonie von Basstölpeln auf dem britischen Festland. (Bild: Ulsamer)

 

Ein junger Basstölpel, der noch einige dunkle Flecken im Gefieder hat.
‚Bald bin ich erwachsen‘: Nur noch einige dunkle Flecken im ansonsten weißen Gefieder mit schwarzen Flügelspitzen und einem gelblichen Kopf. (Bild: Ulsamer)

 

Ein Basstölpel fliegt über zahlreiche andere Basstölpel und scheint mit seinem Blick zu fragen, ob noch ein Plätzchen frei ist.
Wo gibt’s denn hier einen Landeplatz? Basstölpel brüten in Kolonien und sind die Platzknappheit gewohnt. (Bild: Ulsamer)

 

Eine große Gruppe von Basstölpeln auf einer Klippe. Jeder Felsvorsprung wird genutzt.
Jeder Felsvorsprung wird an den steilen Klippen durch die Basstölpel genutzt. Geeignete Klippen an der Steilküste des Festlands oder auf einsamen Inseln sind selten. Die Überfischung raubt den Seevögeln die Nahrungsgrundlage und die Vermüllung der Meere kostet vielen gefiederten Freunden das Leben. Weitere Informationen hierzu finden Sie in meinem Artikel ‚Seevögel in Not. Leergefischte und vermüllte Meere zerstören die Vogelwelt‘. (Bild: Ulsamer)

 

Ein Basstölpel fliegt mit Pflanzen als Nistmaterial zurück zum Nest.
Die Nester der Basstölpel sind eher spartanisch ausgebaut. Während der Brutzeit allerdings wird oft weiteres Nistmaterial zum Ausbessern herangeschafft, weil die Kolonien auf den Klippen Wind und Regen schutzlos ausgesetzt und daher anfällig für Zerstörung sind. (Bild: Ulsamer)

 

Ein Teil einer hohen Klippe. In den verschiedenen 'Stockwerken' sitzen unterschiedliche Seevögel, so z. B. Dreizehenmöwen, Lummen, Eissturmvögel usw.
Seevögel wohnen in hohen Klippen häufig mehrstöckig und nach Arten getrennt. (Bild: Ulsamer)

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