Bäche, Feuchtgebiete und Wiesen gehen für Vögel verloren

Der Lebensraum vieler Vogelarten schwindet weiter

Während langanhaltender Dürreperioden kommen nicht nur wir Menschen ins Schwitzen und hoffen, dass das Wasser weiter aus dem Hahn fließt, sondern auch viele Vogelarten geraten in Bedrängnis. In diesem Beitrag stehen Vögel im Mittelpunkt, die zwar Bäche, Tümpel, Seen oder Feuchtgebiete und Moore lieben, jedoch keine Wasservögel sind. Über Jahre wurden Bäche in ein enges Korsett gezwängt, Flüsse wurden ihrer Auen beraubt für Wohnungsbau und Gewerbeflächen, Tümpel und naturnahe Weiher wurden zugeschüttet und Feuchtgebiete oder Moore trockengelegt. Wo einst ein Flüsschen mäandrierend durch extensiv genutztes Weideland strömte, wachsen heute Monokulturen wie Mais oder es dominiert häufig gedüngtes und gemähtes Grünland für die Massentierhaltung. Hecken und Baumgruppen sind in dieser verarmten Landschaft gleichfalls zur Seltenheit geworden. Extensiv genutzte Weiden oder Brachflächen suchen nicht nur die Vögel zunehmend vergeblich. Wo soll z. B. der Große Brachvogel in einem solchen Umfeld brüten oder Nahrung finden? Zwar haben die Weißstörche nach einem Tiefstand Ende der 1980er Jahre in Deutschland wieder zugenommen, doch ist das nicht nur nach Meinung des WWF noch keine gesicherte Trendwende. Aber auch weniger auffällige Vögel wie die Gebirgsstelze tun sich in unserer eintönigen Landschaft schwer, denn sie gehen gerne an naturnahen Bachläufen auf Nahrungssuche. Wie werden ohnehin bedrängte Vogelarten mit dem Klimawandel zurechtkommen, der weitere Feuchtgebiete austrocknen lassen könnte? Dazuhin wird der Zugang zu Wasser für Mensch und Tier schwieriger, die Konflikte um das kostbare Nass werden zunehmen.

Ein Großer Brachvogel mit leicht geöffnetem, gebogenen Schnabel.
Der Große Brachvogel bewies seine Anpassungsfähigkeit, als er von den immer stärker zerstörten Mooren auf Weiden oder Feuchtwiesen auswich, doch die weiter intensivierte Nutzung von Grünland raubte ihm letzte Lebensräume. So ist es kein Wunder, dass wir den Großen Brachvogel fast gar nicht mehr zu Gesicht bekommen. Mehr zum traurigen Schicksal des Großen Brachvogels lesen Sie in ‚Fliegt bald der letzte Große Brachvogel übers Land?‘. (Bild: Ulsamer)

Zerstörung von Mooren und Wiesen

Beim Großen Brachvogel lässt sich das Problem bereits ganz ungewollt im Namen erkennen: Wo gibt es weitläufige Brachen? Die EU-Agrarförderung trug maßgeblich dazu bei, dass auch noch die letzte Brachfläche unter den Pflug kam, und so ist sie – trotz einzelner ‚Green Deal‘-Reden– weiterhin eine grünlackierte Subventionsmaschine. Einst brütete der Große Brachvogel in Deutschland in Hoch- und Niedermooren, doch von ihnen ist nicht mehr viel übriggeblieben. Auf das Verschwinden der Moore und ihre für Mensch und Natur so wichtige Funktion bin ich u. a. in meinem Blog-Beitrag ‚Moore und Gewässer brauchen nachhaltigen Schutz‘ eingegangen. Die Vernichtung zahlreicher Moorflächen durch menschliche Eingriffe – bis heute wandert Torf in so manchen Gartenboden – hat dem Großen Brachvogel seinen ursprünglichen Lebensraum in Deutschland und anderen europäischen Staaten entzogen. Als der Große Brachvogel auf wenig genutzte Weiden, Feuchtwiesen oder selten gemähtes Grünland ausgewichen ist, hat ihm dies auf Dauer wenig genutzt, denn eifrig wurden feuchte Flächen trockengelegt. Grünland wird gerne fünf Mal pro Jahr ‚kahlrasiert‘ und zwischendurch mit Gülle geflutet, wo soll da noch ein Plätzchen für die Brut und die Aufzucht der Küken zu finden sein?

Ein schwarz.weißes Rind auf der Weide, davor mehrere Große Brachvögel bei der Futtersuche.
Extensiv genutzte Weiden erlauben dem Großen Brachvogel eine weitgehend ungestörte Futtersuche. (Bild: Ulsamer)

Immer seltener ist der Große Brachvogel zu sehen, wenn er auf seinen dünnen Beinen einherschreitet und mit dem langen, gebogenen Schnabel auf extensiv genutzten Mähwiesen, auf Weideflächen oder im flachen Wasser nach Beute stochert. Regenwürmer schmecken dem Großen Brachvogel ebenso wie Asseln oder Insekten, aber er lässt sich auch kleine Mollusken schmecken, z. B. Schnecken oder Muscheln. Im Watt landen Krebstiere und Ringelwürmer in seinem Schnabel, mit dem er solche Leckerbissen geschickt aus ihrer schützenden Behausung zieht. Für die Küken, die sich als Nestflüchter früh auf den Weg machen, um die Umgebung zu erkunden, ist ein lockerer Bewuchs wichtig, da sie sich ansonsten bei der Nahrungssuche nur schwer fortbewegen können. Beide Elternvögel bebrüten die Eier, doch das Weibchen häufiger als das Männchen. Sind die Küken unterwegs, werden sie wenige Tage von beiden Elternvögeln geführt, dann vom Männchen allein. In einem Alter von fünf bis sechs Wochen kommen die Jungtiere auf sich selbst gestellt zurecht. Der Große Brachvogel wird durch den Klimawandel weiteren Lebensraum in Mitteleuropa verlieren, wo er ohnehin längst wegen menschlicher Eingriffe in Moore, Feuchtgebiete und Wiesen zu einer Rarität geworden ist. Mehr erfahren Sie hierzu in meinem Blog-Beitrag ‚Fliegt bald der letzte Große Brachvogel übers Land? Die Zerstörung seines Lebensraums geht weiter‘. In der Roten Liste wird der Große Brachvogel zurecht als ‚vom Aussterben bedroht‘ eingestuft, denn in den letzten Jahrzehnten hat die Zahl dieser Vögel enorm abgenommen. Dazu hat nicht nur der schwindende Lebensraum, sondern in gleicher Weise das Insektensterben beigetragen, denn so fehlen Nistplätze und Nahrung gleichermaßen.

Eine Gebirgsstelze sitzt auf einigen Steinen mit leichtem Bewuchs in einem Bach.
Die Gebirgsstelze lebt am Rande naturnaher Gewässer und baut ihr Nest gerne zwischen Baumwurzeln oder in Felsspalten. Es gilt, ihren Lebensraum stärker als bisher zu schützen, denn noch immer sind zahlreiche Bäche und Flüsse in keinem naturnahen Zustand. Ausgehend von den Maßstäben der Wasserrahmenrichtlinie der EU ergibt sich bei der Bewertung des ökologischen Zustandes der Flüsse und Bäche in Deutschland ein mehr als ernüchterndes Bild: „Im Jahr 2021 wurden nur 8 Prozent der deutschen Flüsse und Bäche in einen ‚guten‘ oder ‚sehr guten‘ ökologischen Zustand beziehungsweise ein ‚gutes‘ ökologisches Potenzial eingestuft“, so das Umweltbundesamt. Mehr zu dieser Thematik finden Sie in meinem Blog-Beitrag ‚Von Pfützen, Tümpeln, Weihern und Seen. Die kleinen Paradiese sind bedroht‘. (Bild: Ulsamer)

Vogelschutzbericht – Schönfärberei?

Weit unauffälliger als der Große Brachvogel sind die Gebirgsstelzen unterwegs, die sich im Gefieder deutlich von der zahlenmäßig stärker vertretenen Bachstelze unterscheiden. „In Deutschland ist die Gebirgsstelze eine relativ weit verbreitete Art“, so der NABU auf seiner Internetseite, „jedoch kommt sie im Osten nicht ganz so häufig vor.“ Dieser Satz stimmte mich nachdenklich, hatte ich doch bisher trotz großer Wanderfreude nicht allzu viele Gebirgsstelzen zu Gesicht bekommen. Also warf ich einen Blick in den aktuellen Vogelschutzbericht der Bundesregierung von 2019. Dort heißt es, dass in Deutschland nach Expertenangaben 33 000 bis 59 000 Paare der Gebirgsstelze brüten. Damit relativiert sich natürlich die Aussage, die Gebirgsstelze sei „eine relativ weit verbreitete Art“. Ziehen wir das im Vogelschutzbericht angegebene natürliche Verbreitungsgebiet von mehr als 30 Mio. Hektar heran und teilen es mit einer Anzahl von 50 000 Brutpaaren, ergibt das gerade mal ein Pärchen auf 600 Hektar Fläche. Nun bin ich selbst Mitglied des NABU und mir auch der Probleme bewusst, die eine Ermittlung von soliden Populationszahlen bei Vögeln mit sich bringt, doch sollten wir uns nicht von einzelnen Zahlen oder Angaben wie „weit verbreitet“ dazu verleiten lassen, die Vogelbestände als auch nur einigermaßen gesichert anzusehen. Die Wortwahl sollte daher bei der Erläuterung von Bestandszahlen überdacht werden, und auch die Erfassungsmethoden, die im deutschen Vogelschutzbericht meist auf einzelne Aussagen von Fachleuten zurückgehen. Bei der Gebirgsstelze beispielsweise ergibt sich statistisch aus den Populationsschätzungen von 1980 bis 2016 die „Trendrichtung stabil“, obwohl das Ausmaß der Entwicklung von einem „Minimum: -30%“ bis zu einem „Maximum: 40%“ reichen. Rein statistisch mag das in Ordnung sein, aber ob diese Vorgehensweise einer klaren Analyse als Basis für den Vogelschutz entspricht, das ziehe ich zumindest in Zweifel.

Ein weitgehend blau gefiederter Eisvogel sitzt zwischen Ästen im Frühjahr - noch ohne Blätter.
In Deutschland soll es laut Nationalem Vogelschutzbericht 2019 rd. 60 000 bis 100 000 Brutpaare des Eisvogels geben. Für den Langzeittrend (1980 bis 2016) bzw. den Kurzzeittrend (2004 bis 2016) vermeldet der Vogelschutzbericht die „Trendrichtung stabil“, obwohl beim „Best Single Value“ mit „-8%“ bzw. „-10%“ jeweils ein deutliches Minus beim Eisvogel zu verzeichnen ist! Welche Aussagekraft haben dann solche Berichte? Diesen Eisvogel konnte ich an einem renaturierten Bereich des Neckars in den Zugwiesen bei Ludwigsburg aufnehmen. (Bild: Ulsamer)

Die Gebirgsstelze „lebt vor allem in der Nähe von schnell fließenden, strukturreichen kleinen Bächen und Flüssen mit natürlichem Flussbett und vielen Steinen und Geröll oder an Bergseen“, so der Hinweis zum Lebensraum im NABU-Porträt des Singvogels. Ziehe ich diese Beschreibung heran, frage ich mich – um nochmals das Thema anzusprechen – wie sich im Nationalen Vogelschutzbericht, den die Bundesregierung jeweils an die EU weiterreicht, ein „natürliches Verbreitungsgebiet“ ergeben kann, das mit 308 774 km² der Gesamtfläche Deutschlands von 357 592 km² recht nahekommt. Sind solche Vogelschutzberichte eher eine Schönrechnerei oder stellen sie wirklich eine solide Informationsbasis dar? Ich möchte hier definitiv keine Wortklauberei betreiben, doch nicht nur bei der Gebirgsstelze frage ich mich, wie verlässlich sind die Zahlen und die theoretischen Grundlagen des Vogelschutzberichts? Die Diskrepanz zwischen den Anforderungen an den Lebensraum und dem „natürlichen Verbreitungsgebiet“ könnte nicht größer sein! Oder sollte ich bisher all die naturnahen Bäche und Flüsse übersehen haben, an denen die Gebirgsstelze bevorzugt lebt? Welchen Aussagewert hat der Vogelschutzbericht der Bundesregierung, wenn es bei der Gebirgsstelze heißt: „überwiegend auf der Grundlage von Experten/innenaussagen mit sehr begrenzten Daten“?

Zwei Weißstörche sitzen auf einem großen Nest aus Ästen, das auf einem Holzgestell auf einem Dach errichtet wurde.
Störche nehmen gerne Nisthilfen an, und in unserer vom Menschen intensiv genutzten Landschaft sind sie häufig notwendig. Von gleicher Bedeutung ist die Sicherung eines vielfältigen Nahrungsangebots: Leider sind auf intensiv genutztem Grünland nicht nur Insekten und Regenwürmer weniger geworden, sondern es fehlen auch Feuchtwiesen und der Zugang zu Wasser. (Bild: Ulsamer)

Feuchtgebiete und naturnahe Gewässer erhalten

Gerade auch frühere ‚Allerweltsvögel‘ haben in den letzten Jahrzehnten zahlenmäßig stark abgenommen. Über einen Rückgang der gefiederten Freunde um 600 Millionen Exemplare berichten die Autoren einer Studie, die den Zeitraum von 1980 bis 2017 umfasst und sich auf die Europäische Union und das Vereinigte Königreich bezieht. Diese Zahl entspricht einer Abnahme der Vogelpopulation um 17 bis 19 %. Rund jeder sechste Vogel fehlt daher in Europa! Einzelne Arten hat es besonders hart getroffen: Der Haussperling hat 247 Millionen Tiere verloren, und vom Star sind 75 Millionen Individuen weniger in den europäischen Landschaften unterwegs. Weitere Informationen finden Sie zu dieser Studie und dem dramatischen Vogelschwund in meinem Blog-Beitrag ‚600 Millionen Vögel weniger in Europa. Vögeln geht die Nahrung aus‘. Bei solch erschreckenden Zahlen ist es erfreulich, wenn einzelne Arten durch entsprechende Schutzmaßnahmen zahlreicher werden. Die Weißstörche haben nach einem Tief im Jahr 1988 mit nur 3000 Brutpaaren wieder zugelegt, finden sich jedoch noch immer zurecht in der ‚Roten Liste‘ unter ‚gefährdet‘. Ziehen wir die Zahlen des Vogelschutzberichts 2019 heran, so sollen in Deutschland 2016 rd. 3 000 Brutpaare der sogenannten Ostzieher und 3000 bis 3500 Brutpaare gelebt haben, die über die westliche Route den Winter in wärmeren Gefilden verbringen. Für jedes zusätzliche Storchenpaar, das einen Platz für sein Nest und genügend Nahrung für sich selbst und seine Küken findet, bin ich dankbar. Erwähnenswert ist, dass nach Angaben des WWF 1934 auf dem Gebiet des heutigen Deutschland 9000 Storchenpaare brüteten.

Ein Schwarm von Kiebitzen fliegt über das Land.
Das Rote Liste Zentrum stuft den Kiebitz in Deutschland als stark gefährdet ein. Kein Wunder, denn sein Lebensraum ist durch eine intensive Landwirtschaft und gerade auch die Trockenlegung von Feuchtwiesen immer kleiner geworden. Der Nationale Vogelschutzbericht vermeldet für die Jahre von 1980 bis 2026 einen katastrophalen Rückgang um 93 %! Mein Foto habe ich in Irland aufgenommen, aber auch dort wird die Population der Kiebitze (lapwing) stetig kleiner. (Bild: Ulsamer)

Wer den Störchen eine gute Zukunft bieten möchte, der muss noch mehr tun, um Feuchtgebiete, naturnahe Wiesen und Weiden zu erhalten. Dies wird dauerhaft nur möglich sein, wenn die EU-Agrarpolitik eine Kehrtwende vollzieht und Natur, Ökologie und Nachhaltigkeit bei den Fördermaßnahmen in den Mittelpunkt rückt. Kleingewässer müssen erhalten und wieder verstärkt in unserer Landschaft einen Platz finden, denn sie fielen oft Flurbereinigungen und einer immer intensiveren Land- und Forstwirtschaft zum Opfer. Mehr Tümpel, Weiher, Teiche, Seen und naturnahe Bäche und Flüsse braucht das Land! Dies gilt umso mehr – und auch für den urbanen Raum – wenn sich als Folge des Klimawandels die Dürreperioden mehren. Mit seinen bis zu zwei Metern Flügelspannweite kann der Storch im weiteren Umfeld nach Nahrung suchen, doch sowohl Frösche oder Regenwürmer, Insekten und deren Larven, als auch kleinere Fische in erreichbaren Gewässern werden weniger. Selbst Mäuse werden mit der chemischen Keule gejagt, anstatt sie Störchen, Reihern oder Füchsen zu überlassen. Bei Trockenheit tragen die Störche im Kehlsack Wasser für ihre Jungen ins Nest. Damit wird – wie nicht anders zu erwarten – erneut deutlich, dass der gesicherte Zugang zu Wasser entscheidend ist für das Überleben vieler Tierarten. Dies ist eine Binsenweisheit, dennoch wird der Wasserbedarf von Wildtieren bei Planungen und Baumaßnahmen bzw. der Nutzung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen oder in Städten und Gemeinden viel zu wenig beachtet. Selbst zahlreiche Brunnen oder Kleingewässer werden optisch ansprechend gestaltet, doch sie haben keinerlei Wert für Vögel, Igel, Eichhörnchen & Co.

Ein Graureiher und ein Silberreiher stehen sich gewissermaßen in einer Wasserfläche gegenüber. Sie sind jeweils mit ihrem Spiegelbild zu sehen.
Wo kommst denn du her, so scheint der alteingesessene Graureiher den Neuankömmling Silberreiher in Thüringen zu fragen? (Bild: Ulsamer)

Bedürfnisse der Vögel besser berücksichtigen!

Vögel, die an naturnahen Gewässern leben oder gar auf sie angewiesen sind, tun sich in einer verarmten Landschaft schwer, die vom Menschen immer intensiver genutzt wird. Wenig Begeisterung lösen die gefiederten Freunde bei Anglern oder Fischzüchtern aus, wenn sie diesen hin und wieder die Beute wegschnappen: Dann landen die kleineren Fische im Schnabel des Graureihers statt auf dem eigenen Mittagstisch oder in der Verkaufstheke. Gerade in Deutschland scheinen die Gemüter besonders schnell hochzukochen, wenn Tiere wie der Graureiher, der Fischotter oder gar der Wolf genau das tun, was auch die Mehrheit der Bürger tut, nämlich Fisch oder Fleisch zu essen. Einzelne Silber- oder Seidenreiher, die sich auf Jagd nach Fischen begeben, haben es da leichter, weil sie mit ihrem weißen Gefieder mehr Sympathie wecken, nur vereinzelt auftreten und sich von menschlichen Ansiedlungen und Gartenteichen eher fernhalten. Aber in Deutschland sollten 20 000 bis 25 000 Brutpaare von Graureihern selbst von vogelfeindlichen Zeitgenossen noch zu ertragen sein.

Auf Grünland stehen zahlreiche Kraniche. Links ist ein Baum zu sehen.
Die Zahl der Kraniche, die in Deutschland brüten, hat sich zwar wieder auf 11 000 Paare erhöht – ein positives Zeichen! – doch im Grunde ist dies intensiven Schutzmaßnahmen und nicht einer generellen Verbesserung des Lebensraums für Vögel zuzuschreiben. Von größter Bedeutung für den Bestand der Kraniche in Europa sind die Rastplätze für Durchzieher in den Süden. Die Kraniche auf dem Foto wurden in der Golden Au aufgenommen, die sich über die Landesgrenze zwischen Thüringen und Sachsen-Anhalt erstreckt. (Bild: Ulsamer)

An Ansehen mangelte es dem Kranich bereits in der Geschichte nicht, wo er nicht selten als Göttervogel galt. Schlecht erging es ihm dagegen lange in Deutschland, wo Anfang der 1970er Jahre gerade noch 20 Brutpaare in der Bundesrepublik lebten, in der DDR waren es immerhin 800. Schutzmaßnahmen haben dazu beigetragen, dass es in Deutschland jetzt wieder rd. 11 000 Brutpaare gibt, die – so der NABU – „in den verbliebenen Bruchwäldern, Feldsöllen und Auen Nord- und Mitteldeutschlands“ leben. In der deutschen Roten Liste wird er als ‚ungefährdet‘ geführt. Sicherlich bei der Gesamtsituation eine diskussionswürdige Einstufung! Für den europäischen Bestand sind die Rastplätze in Deutschland von besonderer Bedeutung, welche die Kraniche aus Skandinavien, Polen und den baltischen Staaten ansteuern, um dann über die kalte Jahreszeit nach Frankreich, Spanien, Portugal oder in den Westen Nordafrikas zu ziehen.

Ein weißer Stelzenläufer mit schwarzen Flügelfedern schreitet auf langen rötlichen Beinen durch das Wasser.
Dieser Stelzenläufer war zur Winterzeit auf Nahrungssuche in einem temporär im irischen Kerry auftauchenden kleinen See, der sich aus Regenwasser speist. Ansonsten lebt er eher in den südlichen Gefilden Europas. Mit seinen langen Beinen stakst er durch Brack- oder Salzwasser, aber auch durch Steppenseen, flache Teiche oder Salinen. (Bild: Ulsamer)

Nicht nur die Vielfalt im Reich der Vögel droht in Deutschland und umliegenden Staaten abzunehmen, wenn man von Zuzüglern wie Seiden- oder Silberreiher absieht, sondern auch ihre Gesamtzahl nimmt ab. Hart betroffen sind vor allem Vögel, die an naturnahen Gewässern oder in Feucht- und Moorgebieten brüten. Wer dazuhin auf extensiv genutztem Grünland, Weiden und Wiesen oder Brachflächen nach Nahrung für sich und seine Küken sucht, der leidet unter einem schrumpfenden Lebensraum. Bei kommunalen und regionalen Entscheidungen, in der Landes- oder Bundespolitik und in besonderer Weise im Rahmen der EU, man denke an die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), müssen die Bedürfnisse der Vögel und aller Wildtiere stärkere Berücksichtigung finden! Viel zu lange gingen nicht nur für die Vögel zahlreiche naturnahe Gewässer, Feuchtgebiete und Moore oder Wiesen und Weiden verloren. Eine Trendwende ist längst überfällig!

 

Flamingos in flachem Wasser, dahinter und davor grüner Bewuchs.
Zwar werden Flamingos uns in Deutschland auch zukünftig eher im Zoo begrüßen, doch in südlicheren Regionen – wie auf diesem Bild in Portugal – brauchen Flamingos ebenfalls Feuchtgebiete. Ihr Lebensraum muss geschützt werden – gerade in Zeiten vermehrter Dürreperioden – europaweit. (Bild: Ulsamer)

 

Ein Graureiher spiegelt sich im Wasser.
Würde man so manchem medialen Aufschrei folgen, müsste man befürchten, dass die Graureiher sich pausenlos über die Fische in Gartenteichen hermachen, den Anglern die Fische in Flüssen und Seen streitig machen oder gar Fischzüchter in den Ruin treiben. Dies muss sich jedoch um maßlose Übertreibungen handeln, denn in ganz Deutschland gibt es gerade mal 20 000 bis 25 000 Brutpaare. (Bild: Ulsamer)

 

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Eine Gebirgsstelze sitzt in einem Bach auf einem Stein und hat ein Insekt im Schnabel. Die Oberseite ist grau, die Unterseite hellgelb.Die Gebirgsstelze lebt am Rande naturnaher Gewässer und baut ihr Nest gerne zwischen Baumwurzeln oder in Felsspalten. Es gilt, ihren Lebensraum stärker als bisher zu schützen, denn noch immer sind zahlreiche Bäche und Flüsse in keinem naturnahen Zustand. Ausgehend von den Maßstäben der Wasserrahmenrichtlinie der EU ergibt sich bei der Bewertung des ökologischen Zustandes der Flüsse und Bäche in Deutschland ein mehr als ernüchterndes Bild: „Im Jahr 2021 wurden nur 8 Prozent der deutschen Flüsse und Bäche in einen ‚guten‘ oder ‚sehr guten‘ ökologischen Zustand beziehungsweise ein ‚gutes‘ ökologisches Potenzial eingestuft“, so das Umweltbundesamt. Mehr zu dieser Thematik finden Sie in meinem Blog-Beitrag Von Pfützen, Tümpeln, Weihern und Seen. Die kleinen Paradiese sind bedroht‘.  Dieses Foto habe ich in der Nähe der Filsquelle aufgenommen. (Bild: Ulsamer)

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