Australien brennt, und das Inferno wurde mit einem Feuerwerk begrüßt

Premierminister Scott Morrison auf Abwegen

Immer häufiger frage ich mich, was ist denn mit manchen Politikern los: Haben sie jegliche Bodenhaftung verloren? Ein Musterbeispiel aus jüngster Zeit: Scott Morrison, der australische Premierminister, machte vor Weihnachten noch einen Familientrip nach Hawaii und ließ sich in einem Restaurant ertappen. Zuhause versinken weite Regionen im Feuerchaos, zu wenige Feuerwehrleute kämpfen gegen hunderte von Buschfeuern, Menschen sterben, ihre Häuser frisst die Feuersbrunst, die Koalas verdursten oder verbrennen, und Scott Morrison sitzt gemütlich in Shorts und Polohemd bei einem Drink – im falschen Land. Als zwei weitere Feuerwehrleute im Einsatz sterben, rafft sich Morrison auf und fliegt einen Tag früher nach Australien zurück. In Sydney verdüstern sich durch die Rauchwolken die Tage, aber dennoch hält die Stadt am Feuerwerk fest, um so das neue Jahr zu begrüßen.

Zwei rot-weiße Feuerwehrfahrzeuge vor rot auflodernden Flammen und schwarzem Rauch.
In Australien wüten gewaltige Buschbrände, Feuerwehrleute kämpfen bis zur Erschöpfung und opfern nicht selten auch ihr Leben, Häuser gehen in Flammen auf, Menschen sterben, Koalas verdursten und verbrennen, doch Premierminister Scott Morrison machte Urlaub in Hawaii. Und gleichzeitig müssen die Feuerwehren immer wieder darüber informieren, dass sie aktuell in manchen Orten nicht helfen können. „It may not be safe to leave the area. Shelter as fire approaches.” Und was sollen die Bürger dann tun, wenn Feuerwalzen über das Land rollen? Oder „it is too late to leave. Seek shelter as fire approaches. Protect yourself from the heat of fire.” Dieser Satz ist auch der Ausdruck der Hilflosigkeit im Angesicht riesiger Brände. Und der Premierminister nippte derweil an seinem Drink in Hawaii. Tausende von Menschen haben sich an Strände gflüchtet, um dem Flammenmeer zu entgehen. (Bild: Screenshot, Twitter, 1.1.20)

Deutschland importiert Steinkohle aus Australien

Scott Morrison und der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro halten nicht viel von strengeren Klimazielen, da mögen um sie herum auch noch so viele Flammen lodern. Bolsonaro hat mit seiner rüpelhaften Art die Pfeile der Kritiker auf sich gezogen, dennoch sollte man Morrison im Auge behalten! Wenn in Australien von ‚Buschfeuern‘ gesprochen wird, dann dürfen die Dimensionen nicht übersehen werden. Die verbrannte Fläche ist alleine in New South Wales dreimal so groß wie am Amazonas. Und eines ist auch klar: Es rettet die Welt gewiss nicht, wenn wir – wie uns von manchen Politikern nahegelegt wird – ins Zeitalter des Lastenfahrrads zurückradeln und in Australien oder Brasilien gigantische Mengen an CO2 freigesetzt werden. Eigentlich müsste auch Deutschland den Druck auf die australische Regierung in Sachen Klimaschutz erhöhen, denn ansonsten tragen wir eine Mitschuld am Desaster auf Raten.

Buntes Feuerwerk in Sydney.
In Sydney fand das traditionelle Feuerwerk statt, und dies obwohl die Rauchschwaden der Buschbrände die Stadt immer wieder einhüllen. Charles Purcell erinnert in seinem Kommentar im ‚The Sydney Morning Herald‘ an die menschlichen Opfer der Buschbrände, die auch bereits 500 Millionen Säugetiere, Vögel und Reptilien das Leben gekostet haben. Und hat der Kommentator nicht recht, wenn er dieses Feuerwerk – gerade auch angesichts der Buschbrände – als eine geschmacklose Zurschaustellung der Überflussgesellschaft ansieht? (Bild: Screenshot, Twitter, 30.12.19)

Aber das Gegenteil geschieht: Irregeführt werden wir, wenn in Nordrhein-Westfalen der Ausstieg aus der Steinkohleförderung gar mit dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier gefeiert wird, obwohl wir gleichzeitig Kohle aus Australien importieren! Damit wird der Kohleausstieg zur Farce. Und es ist auch das falsche Signal an die australische Regierung, denn diese erlaubt die Erschließung der größten Kohlenmine der Welt durch ein indisches Konsortium, und ein neuer Exporthafen wird eigens noch gebaut. Es ist ja eine Geste, wenn Deutschland gleichzeitig aus der Kohle und der Atomkraft aussteigt, aber mehr ist es nicht, wenn wir die anderen Klimasünder nicht auch ins Boot holen.

Ein bräunlicher Koala bekommt Wasser von einem Feuerwehrmann aus einer Flasche.n
Die Koalas leiden unter den Buschfeuern ganz besonders, da sie durch ihre eher behäbigen Bewegungen nicht fliehen können. Viele Koalas – neben dem Känguruh ein Symboltier für Australien – verdursten auch außerhalb der Feuerhölle wegen der Hitze und Dürre. (Bild: Screenshot, Twitter, 24.12.19)

Feuer schneller erkennen und bekämpfen

Über das Feuerwerk in Sydney kann man trefflich streiten, und die Stadtverwaltung betonte, man habe den Auftrag vor langem vergeben, und viele Touristen seien extra angereist. Im Verhältnis zu den Emissionen der zahllosen Buschbrände spielt das Feuerwerk natürlich keine Rolle mehr. Doch darum geht es auch gar nicht. Wie kann eine Stadt ein Feuerwerk abbrennen, wenn die Feuerwalzen ganze Landstriche zerstören, und dies sogar in der Umgebung von Sydney. Selbst die über die Stadt ziehenden Rauchwolken aus den gar nicht so weit entfernten Brandherden brachten kein Umdenken. Aber auch in Deutschland halte ich es für einen schlechten Witz, dass innerhalb einer Stunde an Silvester 2 % des gesamten jährlichen Feinstaubs durch privates Feuerwerk in die Luft geblasen wird. Und im Krefelder Zoo wurde in der Silvesternacht das Affenhaus durch ‚Himmelslaternen‘ – fliegende Fackeln – in Brand gesetzt und völlig zerstört. 30 Tiere, unter ihnen Schimpansen, Orang-Utans und Flachland-Gorillas, starben in den Flammen! Ganz gewiss habe ich nichts dagegen, wenn Kinder mit ihren Eltern oder Jugendliche das neue Jahr auch mal etwas lautstärker begrüßen wollen, doch die kleinen Knallfrösche usw. sind längst durch Batteriefeuerwerk ersetzt worden. Hier ist Selbstbeschränkung gefragt, und wenn diese nicht greift, ein Feuerwerksverbot in weiten Bereichen. Mag das dann auch nicht die Welt bewegen, aber Haus-, Nutz- und Wildtiere würden sich freuen.

Das Feuer kommt näher, im Mittelpunkt des Bildes ein Feuerwehrmann und ein Koala. Eingeklinkt Premier Morrison mit einem Drink in Hawaii.
Apokalyptische Feuerstürme vernichten in Australien ganze Landstriche, Existenzen, Menschenleben und Tiere, und viele Bürger vermissen konsequentes Handeln der Regierung unter Scott Morrison. (Bild: Screenshot, Twitter, 30.12.19)

Die hohe Zahl an Einzelfeuern in Australiens Südwesten, von denen manche immer wieder außer Kontrolle geraten, ist erschreckend. Der Kampf der Feuerwehrleute – überwiegend Freiwillige – ist bewundernswert, aber hätten nicht viel früher auch größere Militärverbände eingesetzt werden müssen? Diese Waldbrände sollten eigentlich auch eine Mahnung für die EU sein, die einerseits mehr Geld für zusätzliche Kapazitäten beim Brand- und Katastrophenschutz einsetzt, andererseits müssen solche Einheiten zumeist erst – nach Anforderung – über große Distanzen an den Brandort verlegt werden. Feuer in Wäldern oder Buschgebieten müssen jedoch so schnell wie möglich erkannt und sofort bekämpft werden. Ansonsten drohen auch in europäischen Staaten apokalyptische Folgen, wenn durch die Erderwärmung und entsprechende Hitzeperioden Brände zunehmen. Die gewaltigen Feuerstürme in Australien belegen, dass sie fast nicht mehr zu kontrollieren sind, wenn sie nicht in einer frühen Phase erkannt und sofort gelöscht werden. Eines ist in letzter Zeit mehr als deutlich geworden: Wenn wir Flächenbrände wie jetzt in Australien oder in Brasilien, wie immer wieder in Kalifornien, in Griechenland oder Portugal nicht in den Griff bekommen, werden manche heiß umkämpfte Klimapakete zur Makulatur.

Der australische Premierminister in hellblauen Shorts und blauem Poloshirt mit Baseballcap.
Der britische ‚Guardian‘ titelte: „Scott Morrison’s Hawaii horror show: how a PR disaster unfolded”. Die australischen Medien und Twitter & Co. sorgten in Windeseile dafür, dass der australische Premierminister nicht ungesehen einen Ferientrip nach Hawaii machen konnte. (Bild: Screenshot, Twitter, 22.12.19)

Wo ist denn die Moral geblieben?

Nun gehöre ich nicht zu denjenigen, die mit hysterischen Reden auf mehr Klimaschutz drängen, denn Panik bringt meist nur mehr Opfer, um beim Beispiel von Bränden zu bleiben. Doch ein ‚Weiter so‘ wird es nicht geben können. Von der Bundesregierung erwarte ich, dass sie verstärkt in bilateralen Gesprächen hartleibige Regierungen zu mehr Klimaschutzmaßnahmen drängt, denn Mammuttreffen wie die UN-Klimakonferenzen führen uns nicht weiter. Uns allen muss klar sein, dass wir beim Klimaschutz in die Spitzengruppe gehören, aber bei diesem Marathonlauf werden wir die Erderwärmung nur bremsen, wenn alle Läufer ins Ziel kommen. Wenn wir im eigenen Land aufs Lastenfahrrad klettern, den Verbrennungsmotor abschreiben und uns auf batterieelektrische Fahrzeuge konzentrieren, Kohle und Kernenergie verbannen, dann ist dies ohne Frage zwar ein Beitrag zum Klimaschutz. Doch wir brauchen die anderen Staaten als Mitstreiter! Wenn weiter in Brasilien der Regenwald brennt, in Australien ganze Regionen in Flammen aufgehen, munter neue Kohlezechen erschlossen werden und die Nachbarn auf Atomkraft setzen, dann werden wir unsere Ziele beim Klima-, Umwelt- und Naturschutz nicht erreichen.

Wandgemälde mit einer Karikatur des australischen Premierministers im Hawaii-Hemd, Nikolausmütze und einem Cocktailglas in der Hand.
„Merry Crisis from our fearless leader”, schreibt Scottie Marsh zu seinem Wandgemälde. Das Mural wurde inzwschen überstrichen, doch es karikiert treffend einen Premierminister, der zum Familienurlaub nach Hawaii fliegt, anstatt den Feuerwehren und Bürgern im eigenen Land den Rücken zu stärken. (Bild, Screenshot, Instagram, 31.1219)

Das Verhalten des Australischen Premierministers Scott Morrison ist völlig inakzeptabel, denn wer in Ferien reist, wenn gleichzeitig riesige Flammenmeere im eigenen Land nicht gelöscht werden können, bekommt hoffentlich spätestens bei den nächsten Wahlen die Quittung. Wenn Koalas verdursten, dann sollte der australische Premierminister nicht auf Hawaii an einem Drink nippen. Helmut Schmidt, Senator in Hamburg 1962, setzte nach der großen Sturmflut höchstselbst alle Hebel in Bewegung, um Menschen zu retten. Er lebte so ein ganz anderes Verhalten vor! Ich frage mich nicht nur bei Scott Morrison – welche ethischen Vorstellungen solche Politiker ihr Eigen nennen? Wo ist denn bei vielen Politikern die Moral geblieben? Für politisch und moralisch nicht vertretbar halte ich es aber auch, wenn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet die letzten Kumpel aus den Zechen verabschieden, während weiterhin Steinkohle aus Australien importiert und verfeuert wird. Scott Morrison will die Zeichen nicht erkennen: Hitzerekorde und längere Dürreperioden sind auch eine Folge des Klimawandels, den seine Regierung durch weitere Kohleminen anheizt. Wer so handelt, der vergeht sich an Mensch und Natur und gefährdet die Zukunft.

 

Das Foto in diesem Tweet zeigt brennende Bäume. Die rot-gelben Flammen haben das Gehöz komplett erfasst.
Auch im australischen Bundesstaat Victoria brennen Buschfeuer, die in weiten Teilen besser als Waldbrände bezeichnet würden. Insgesamt sind 2019 in Australien rd. 5 Mio. Hektar an Wald- und Buschflächen verbrannt. Dies entspricht der Fläche von Dänemark oder den Niederlanden. (Screenshot, Twitter, 31.12.19)

 

Grafik mit Angaben zur verbrannten Fläche. Siehe Bildtext.
Die Feuerstürme in Australien – hier nur Daten zu New South Wales – haben nicht nur katastrophale Folgen für die betroffenen Regionen, sondern sie schleudern auch gewaltige Mengen an CO2 und anderen Emissionen in die Atmosphäre. Heiße Luft steigt über den Brandherden 10 bis 15 km in die Höhe und reißt Asche und Staub mit. Dies entspricht einem mittleren Vulkanausbruch. Dort bilden sich Gewitterwolken, aus denen Blitze zur Erdoberfläche schießen und weitere Feuer entzünden. (Bild: Screenshot, bbc.co.uk)

 

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