Armagh: eine Stadt, ein Heiliger, zwei Kathedralen

Religion ist in Nordirland ein Politikum

In der nordirischen Stadt Armagh gibt es zwei Kathedralen auf gegenüberliegenden Hügeln, die beide dem Schutzheiligen Irlands, St. Patrick, gewidmet sind. Natürlich spricht nichts gegen zwei Kirchenbauten in einem Ort, die den Namen des gleichen Heiligen tragen, hier jedoch stehen sie symbolisch für die innere Zerrissenheit in den sechs Grafschaften Derry/Londonderry, Antrim, Armagh, Down, Fermanagh und Tyrone, die die Provinz Ulster bildeten, und nach der vollständigen Unabhängigkeit der Republik Irland im Jahr 1937 beim Vereinigten Königreich verblieben sind. Bereits 1920 war die grüne Insel geteilt worden. Der Süden gehörte als Dominion zum britischen Empire, der Norden – wie zuvor – zum Vereinigten Königreich. Die fortwährende Bevorzugung der Protestanten in Nordirland führte zu tiefen Verwerfungen: Die Spur des Blutes, der 3 500 Menschen seit den 1960er Jahren während des Konflikts in Nordirland zum Opfer gefallen waren, wurde erst mit dem Karfreitagsabkommen am 10. April 1998 unterbrochen. Unter der Oberfläche gibt es jedoch weiterhin Glutnester, die hell auflodern können, wenn sich die protestantische oder katholische Seite ungerecht behandelt fühlt. Der Brexit war und ist eine Gefahr für den inneren Frieden in Nordirland, da sich die protestantischen Hardliner durch Kontrollen zwischen Großbritannien und Nordirland von ihrem ‚Mutterland‘ getrennt fühlen, die Katholiken Grenzkontrollen zwischen der Republik Irland und dem britischen Nordirland ablehnen. Religion wurde in diesem jahrhundertealten Streit zur Waffe, doch der eigentliche Auslöser von Unruhen waren und sind politische Gründe, was sich daran ablesen läßt, dass über zahlreichen protestantischen Kirchen in Nordirland der Union Jack, die britische Flagge, weht und manche Stadtviertel einem Fahnenladen gleichen. Der Heilige Patrick kann über die irdischen Streitereien sicherlich nur den Kopf schütteln.

Zweistöckiges Gebäude aus rotem Backstein. Am Gebäude hängen britische Fahnen und der im Bildtext angesprochene Text.
Die Einwohner eines Stadtviertels im nordirischen Portadown erklären dem verdutzten Besucher, was sie darunter verstehen, wenn sie die ‚britische Kultur feiern‘: ‚Die drei großen Bestandteile moderner Zivilisation sind Schießpulver, das Drucken und die protestantische Religion‘, so heißt es unter Berufung auf Thomas Carlyle auf einem Transparent. Carlyle (1795-1881) war ein schottischer Historiker und politischer Philosoph, der im viktorianischen Britannien sehr einflussreich war. Er versuchte, seinen Mitbürgern die deutsche Sprache und Kultur nahezubringen, doch gleichzeitig wandte sich Carlyle gegen die Sklavenbefreiung. Martin Luther wird mit seinem berühmten Ausspruch ‚Hier stehe ich. Ich kann nicht anders‘ vereinnahmt, und er würde sich vermutlich unwohl fühlen in einem Umfeld, in dem großflächig die Ulster Volunteer Force zu Wort kommt, eine 1912 gegründete protestantisch-unionistischen Miliz sowie eine ab 1966 aktive terroristische Organisation der Loyalisten, die sich britischer fühlen als die meisten Engländer. (Bild: Ulsamer)

Paraden als Machtdemonstration

Auf die Geschichte des Nordirlandkonflikts möchte ich an dieser Stelle nicht ausführlich eingehen und verweise auf meine bisherigen Blog-Beiträge, z. B. ‚Ein trauriger Gedenktag: Bloody Sunday, 30. Januar 1972. Britische Soldaten erschossen in Derry unschuldige Iren‘ bzw. ‚Nordirland: Karfreitagsabkommen als Tor zum Frieden. Brexit darf nordirischen Friedensprozess nicht gefährden‘. Nach dem Karfreitagsabkommen sind bürgerkriegsähnliche Unruhen zwischen Protestanten und Katholiken ausgeblieben, doch gerade im städtischen Umfeld lassen sich in Derry, Belfast, Armagh oder Portadown – um nur diese Orte zu nennen – die gesellschaftlichen Bruchstellen schnell erkennen. Nicht allein Fahnen und Murals, sondern auch entsprechend markierte Bordsteine zeigen die Gesinnung der Anwohner. Gerne wird an bestimmte historische Ereignisse erinnert, auf protestantischer Seite z. B. an die Schlacht am Boyne im Jahre 1690. Die Unionisten bejubeln selbst mehr als 400 Jahre nach dem Sieg der Truppen des protestantischen Königs Wilhelm III. von Oranien über den ehemaligen katholischen König von England Jakob II. das aus ihrer Sicht einschneidende Ereignis, das anderswo allenfalls Historiker interessieren würde. Am 12. Juli marschieren noch immer protestantisch-unionistische Gruppen durch nordirische Städte – seit alters her mit Vorliebe durch katholische Stadtviertel. Lange wurden diese Umzüge, die leicht das Pulverfass Nordirland zur Explosion bringen konnten und können, von nordirischer Polizei und britischem Militär nicht nur geduldet, sondern auf ihrem fragwürdigen Weg beschützt. Nach dem Karfreitagsabkommen konnten in zahlreichen Kommunen die Routen so verändert werden, dass katholische Bewohner und protestantische Vertreter des Oranierordens nicht mehr aufeinandertreffen. Zwar weht über der protestantischen Kirche in Drumcree – Teil von Portadown – noch immer die britische Flagge, und dort treffen sich die Unionisten mit kirchlichem Segen, ehe sie für ihre Vorherrschaft demonstrieren, doch seit 1998 führt ihr ‚Prozessionsweg‘ nicht mehr durch die Garvaghy Road, an der insbesondere Katholiken wohnen, die sich zumindest teilweise für eine Wiedervereinigung mit der Republik Irland einsetzen.

Eine Art Triumpfbogen über der Straße und links und rechts ein Fahnenmast, u. a. mit der britischen Flagge. Erinnert wird an die historischen Siege und Schlachten der Protestanten.
In verschiedenen nordirischen Bevölkerungsgruppen und Wohnvierteln ist Geschichte in einer Weise präsent, wie dies in anderen Staaten kaum denkbar ist. Beispielsweise erinnern die Protestanten in Portadown – in der historischen Grafschaft Armagh – die in der Straße lebenden Katholiken mit einem Triumphbogen an die längst vergangenen Siege der Protestanten über die Katholiken. Die rechts aufgeführte Schlacht am Boyne fand immerhin bereits 1690 statt! Der protestantische König Wilhelm III. von Oranien besiegte damals den ehemaligen katholischen König Jakob II. aus dem Hause Stuart. Der Kampf um den Thron war entschieden, Irland vollständig unterworfen, und für die Erinnerungskultur der nordirischen Unionisten, die sich gegen eine Wiedervereinigung mit der Republik Irland wenden und England als ihr Mutterland ansehen, spielt dieser Sieg eine bedeutsame Rolle. So paradieren die Oranierorden bis heute am 12. Juni durch nordirische Städte, um den Sieg ihrer Vorfahren zu bejubeln und auf die eigene Vormachtstellung zu pochen. (Bild: Ulsamer)

Die Paraden des protestantischen Oranierordens – in Erinnerung an Wilhelm von Oranien – zeigen überdeutlich, worin der eigentliche Konflikt in Nordirland besteht: Es geht um die politische Macht und nicht um religiöse Inhalte. Die Zuordnung katholisch oder protestantisch entschied durch Jahrhunderte über den Zugang zu Bildung, Berufen, Arbeitsstellen bzw. Aufstiegschancen oder über die Zuweisung einer Sozialwohnung. Wer Protestant war, der war allemal im Vorteil. Behörden oder Polizei waren fest in unionistischer Hand. Vieles hat sich in Nordirland zum Besseren verändert, doch Katholiken fühlen sich in Kommunen mit protestantischer Mehrheit weiterhin – meist zurecht – zurückgesetzt. In Nordirland geht es darum, die extremistischen Organisationen weiter in Schach zu halten und den Ausgleich zwischen Protestanten und Katholiken zu stärken. Es ist ein Zeichen politischer Vernunft, dass die explosiven Folgen des Brexits in Nordirland gedämpft werden konnten, so dass es – von Ausnahmen abgesehen – nicht in der Breite zu neuen Gewaltakten kam.

Blick leicht von unten auf die katholische Kathedrale in Armagh. Zwei Türme sind zu sehen und dazwischen der Zugang zum Kirchenschiff.
Erst nach der sogenannten ‚Katholiken-Emanzipation‘ im Jahre 1829 war es den Katholiken wieder möglich, unbehelligt ihre Religion auszuüben und Kirchen in Irland zu bauen. 1840 wurde am St. Patrick’s Day – dem 17. März – der Grundstein für die katholische Kathedrale gelegt, die den Namen des Heiligen trägt – wie die gegenüberliegende Kathedrale der Church of Ireland. Während der Großen Hungersnot wurden die Arbeiten ausgesetzt und erst ab Ostermontag 1854 fortgesetzt. Als die Kathedrale 1873 geweiht wurde, nahmen 20 000 Menschen teil. (Bild: Ulsamer)

Kathedralen in politisch schwierigem Umfeld

In Armagh mit je einem Bischofssitz der protestantischen Church of Ireland und der Katholischen Kirche gehen die christlichen Wurzeln auf den Heiligen Patrick zurück, der Irland missionierte. 445 nach Christus soll St. Patrick an der Stelle, an der seit der Reformation unter dem britischen König Heinrich VIII. die protestantische Kathedrale steht, eine erste kleine Steinkirche errichtet haben. Die heutige katholische Kathedrale wurde von 1840 bis 1904 gebaut, als es den Katholiken wieder erlaubt war, sich in Irland in einem eigenen Gotteshaus zu treffen. Zusätzlich erschwert wurde der Kirchenbau durch die Große Hungersnot, die Irland von 1845 bis 1852 heimsuchte und einer Million Menschen den Tod brachte, mehr als zwei Millionen Iren mussten emigrieren, um dem Hunger zu entfliehen. Ausschlaggebend war nicht nur die Kartoffelfäule, die um 1840 in weiten Teilen Europas grassierte, sondern auch die Gewinnsucht britischer Landadeliger, die Getreide auf irischen Feldern ernteten und dann exportieren ließen, selbst wenn das den massenhaften Tod ihrer Pächterfamilien bedeutete. Diese grauenhafte Hungersnot ist ein Fixpunkt der irischen Geschichte, der den Hass auf die englischen ‚landlords‘ auf den Siedepunkt trieb. Die Stellung des katholischen Klerus war in den Jahrhunderten der englischen Unterdrückung bedeutsam, denn er stand als eine Art ‚Untergrundkirche‘ zu den verarmten und unterdrückten katholischen Iren. Umso bedeutsamer war der Bau der Kathedrale in Armagh, die für die katholischen Bewohner eine optische Gleichstellung mit den protestantischen ‚Nachbarn‘ darstellte. Weitere Ausführungen zur Großen Hungersnot in Irland finden Sie in meinem Beitrag: ‚Irland im 19. Jahrhundert: Workhouse, Hungertod oder Emigration. Portumna: Irish Workhouse Centre – Sozialgeschichte wird lebendig‘. Bereits vor der Großen Hungersnot kam es in Irland, aber auch in deutschen Regionen zu Hungersnöten, darauf bin ich in meinem Artikel ‚Zwischen Hungersnot und Volksfest. Was verband Württemberg und Irland im 19. Jahrhundert?‘ eingegangen. Württemberg und Irland durchlebten nach dem Ausbruch des Vulkans Tambora im Jahr 1815 schwere Hungersnöte und viele Menschen konnten nur als Auswanderer Hunger und Seuchen entgehen.

Blick in das Kirchenschiff in Richtung Altar. Links und rechts hohe Bogengewölbe.
Zwar wurde der Grundstein für die katholische St Patrick’s Kathedrale schon 1840 gelegt und die Kirche 1873 dem Heiligen Patrick gewidmet, doch erst ab 1900 wurden an den Wänden und am Boden Mosaike ausgelegt, die Decke bemalt und Buntglasfenster eingesetzt. 1904 wurde die im Innern ausgeschmückte Kirche geweiht. Der Bau und die Fertigstellung der Kathedrale war für die Katholiken in Armagh und weit darüber hinaus von größter Bedeutung, da sie die Gleichrangigkeit mit der protestantischen Kirche äußerlich belegte. (Bild: Ulsamer)

In Armagh mit einer katholischen oder Portadown mit einer protestantischen Bevölkerungsmehrheit zeigt sich überdeutlich, dass die Probleme im städtischen Bereich ganz ähnlich gelagert sind. Die Ladengeschäfte in innenstädtischen Quartieren veröden, was sich in deutschen, englischen oder französischen Kommunen gleichermaßen erkennen lässt. Über den manchmal alles andere überdeckenden Konflikt zwischen protestantischen und katholischen Gruppierungen wurden andere Problemfelder vernachlässigt. Dies gilt in weiten nordirischen Regionen auch für eine zukunftsorientiere Wirtschaftsstruktur. Als Folge muss die britische Zentralregierung in London jährlich rd. 10 Mrd. Pfund zuschießen, um den nordirischen Haushalt im Gleichgewicht zu halten. Im Budgetjahr 2021 lagen die Subventionen sogar bei 15 Mrd. Pfund, nahezu ein Drittel des Gesamtvolumens der staatlichen Ausgaben, die somit lediglich zu zwei Dritteln aus Steuern in Nordirland abgedeckt werden. Ganz nebenbei führt dieses staatliche Defizit mit dazu, dass Bürger in der Republik, die im Grunde für eine Wiedervereinigung eintreten, aus finanziellen Gründen diese ablehnen. Während die protestantischen Parteien eine Wiedervereinigung von Nordirland mit der Republik ohnehin ablehnen, ist es das Hauptziel der katholischen Sinn Féin, die grüne Insel zu vereinen. Mehr dazu finden Sie in meinem Beitrag: ‚Irland: Sinn Féin löst politisches Erdbeben aus. Befürworter der Wiedervereinigung im Aufwind‘.

Eine Statue aus Stein blickt über Wohnhäuser in Richtung der protestantischen Kathedrale auf dem nächsten Hügel. Gut erkennbar der quadratische Turm der St. Patrick's Kathedrale der Church of Ireland.
Daniel McGettigan, Erzbischof von Armagh in den Jahren 1870 bis 1887, blickt hinüber zur protestantischen Kathedrale der Church of Ireland. Unter Bischof McGettigan wurde die katholische Kathedrale zumindest äußerlich vollendet, darauf weist das Kirchenmodell an seiner Seite hin, und dem Heiligen Patrick geweiht. Beide Kathedralen tragen den Namen des irischen Nationalheiligen. Aufgestellt wurde die vom italienischen Bildhauer Pietro Lazzarini (1842-1918) gestaltete Statue des Erzbischofs McGettigan im Jahre 1904. (Bild: Ulsamer)

Der lange Weg zur Versöhnung

Dass es den Kontrahenten kaum um Religion, dafür eher um politische Ziele – für oder gegen die Wiedervereinigung – geht, das lässt sich beispielhaft an Sinn Féin ablesen, einer Partei, die sehr weit links steht und wenig mit Religion am Hut hat, obwohl sie gerade von Katholiken gewählt wird. Der 1926 in Armagh geborene und 2014 verstorbene protestantische Pfarrer Ian Paisley gründete seine eigene Partei – Democratic Unionist Party (DUP) – und gleich noch eine Kirche dazu, um für den Erhalt der Vorrechte der Protestanten und eine möglichst enge Anbindung an London zu streiten. Trotz der schroffen Gegensätze sprangen Sinn Féin und die DUP über ihren Schatten, als es nach dem Karfreitagsabkommen gelang, eine Regionalregierung für Nordirland zu bilden. Ian Paisley wurde Erster Minister und Martin McGuinness von Sinn Féin sein Stellvertreter in einer Allparteienregierung. Sollten Sie sich für Martin McGuinness interessieren, dann finden Sie weitere Hinweise in meinem Blog-Beitrag ‚Von der Gewalt zur Politik‘.

Blick in den Innenraum der protestantischen Kathedrale in Richtung Altar. Sitzreihen aus Holz, rechts eine liegende Skulptur.
Die dem irischen Nationalheiligen gewidmete St. Patrick Kathedrale wurde nach der vom englischen König Heinrich VIII. durchgedrückten Reformation eine anglikanische Kirche. Heinrich VIII. wollte nach Belieben seine Ehefrauen austauschen und ließ sie gerne mal hinrichten. Als der Papst in Rom dies nicht gutheißen wollte, schritt der König zur Kirchengründung. Mit Religion hatte schon jener Schritt nichts zu tun, sondern mit Machterhalt, und so ging es die nachfolgenden Jahrhunderte zwar vordergründig um religiöse Fragen, in Wahrheit allerdings um die Unterdrückung bzw. Ausgrenzung der katholischen Iren. Die protestantische St. Patricks Kathedrale gleicht heute eher einem Museum als einem Gotteshaus, doch ist sie für historisch Interessierte einen Besuch wert – genauso wie die katholische Kathedrale auf dem gegenüberliegenden Hügel. (Bild: Ulsamer)

Die Kooperation zwischen den Parteien der Protestanten und der Katholiken verlief holprig, und immer wieder kam sie auch im nordirischen Parlament          – Northern Ireland Assembly – ganz ins Stocken, dennoch wurde in den gut 25 Jahren nach dem Karfreitagsabkommen viel erreicht. Die protestantische und die katholische Kathedrale stehen in Armagh auf zwei gegenüberliegenden Hügeln, doch das Zusammenwirken der christlichen Kirchen hat sich verbessert, und die Hardliner auf beiden Seiten scheinen zahlenmäßig weniger geworden zu sein. Der Weg des Friedens und der Versöhnung ist in Nordirland allerdings noch weit. Wenn die katholische und die protestantische Kathedrale in Armagh beide dem Heiligen Patrick geweiht sind, dann sollte es doch gelingen, die Gegensätze zu überwinden.

 

Auf einem quadratischen Kirchturm mit vier Spitzen weht die britische Flagge.
Als Sohn einer evangelischen Mutter und eines katholischen Vaters tue ich mich besonders schwer, wenn zwischen zwei in Europa ohnehin dahinsiechenden Glaubensgemeinschaften künstlich Aggressionen geschürt werden. In Nordirland kann man noch immer hautnah erleben, wohin es führt, wenn christliche Kirchen nicht zusammenarbeiten, sondern zu Rammböcken politischer Organisationen degradiert werden. Wo britische Fahnen über Kirchtüren flattern, da geht es in Nordirland um den Erhalt protestantischer Vorrechte, keineswegs um religiöse Inhalte. (Bild: Ulsamer)

 

Ein Backsteingebäude mit einem Wandgemälde, das mit einer Kampfszenze an den Ersten Weltkrieg erinnert. Links eine schware Wand mit dem Text "WHEN INJUSTICE BECOMES LAW RESISTANCE BECOMES DUTY“. Die Unterzeichner „MID ULSTER U.V.F".
Nicht nur in Portadown (im Bild), sondern auch in Belfast oder Derry und anderen Städten gibt es Stadtviertel, wo die Geschichte stehengeblieben zu sein scheint. Je offener eine Gesellschaft sich gibt, desto mehr igeln sich einzelne Quartiere ein. Die über Jahrhunderte durchgesetzte Vormacht der Protestanten ist geschwunden, und seit dem Karfreitagsabkommen hat die Gewalt zwischen protestantischen und katholischen Gruppierungen bzw. der bis 1998 fast vollständig protestantischen Polizei in Nordirland und dem britischen Militär abgenommen – ein Segen für alle Menschen in Nordirland. Nicht alle scheinen dies jedoch so zu empfinden. Der Ulster Volunteer Force (UVF) wird hier in Portadown gehuldigt, obwohl sie zumindest ab 1966 eine terroristische Organisation ist, die mit brutalen Morden für die Vorherrschaft der Unionisten stritt, die auf protestantischer Seite alles taten, um die Einbindung ins Vereinigte Königreich zu sichern. Gegründet worden war die Ulster Volunteer Force bereits 1912 als paramilitärische Einheit der Loyalisten. Bezeichnend ist die plakatierte Aussage „WHEN INJUSTICE BECOMES LAW RESISTANCE BECOMES DUTY“. Die Unterzeichner „MID ULSTER U.V.F“ verdrehen mit einer im Grunde richtigen Aussage die Situation in Nordirland: Die Ungerechtigkeit wurde über Jahrhunderte den Katholiken zugefügt, doch protestantische Unionisten vom Schlage der UVF fühlen sich in Verkennung aller Tatsachen als unterdrückte Bevölkerungsgruppe. In den meisten deutschen Medien wurden die terroristischen Bluttaten der unionistischen Vereinigungen weit seltener angesprochen als die nicht weniger furchtbaren Gewaltakte der Irish Republican Army (IRA). (Bild: Ulsamer)

 

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Über das Kirchenschiff erhebt sich ein quadratischer Turm.Die heutige protestantische St. Patricks Kathedrale im nordirischen Armagh steht an der Stelle, an der nach der Überlieferung der Heilige um 445 eine kleine steinerne Kirche errichtet hatte. Das jetzige Gebäude geht auf das Jahr 1268 zurück. Die Kathedrale überstand eine Feuersbrunst und verschiedene Umbauten, die tiefgreifendste 1834, als der damals berühmte englische Architekt Lewis Nockalls Cottingham unter Erzbischof John Beresford mit der Restaurierung beauftragt wurde, die kaum etwas vom vorhergehenden Aussehen übrigließ. (Bild: Ulsamer)

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