Limesmuseum in Aalen: Heilkunde oder Hexerei?

Wie der verletzte Arm eines römischen Soldaten die Seite wechselte

Historische Stätten und Museen ziehen mich stets an, denn es gibt immer etwas Neues zu entdecken, obwohl die Ausstellungsgegenstände oft schon Jahrhunderte alt sind. Und so haben meine Frau und ich auch einen Abstecher ins neu gestaltete Limesmuseum in Aalen unternommen, das erst Ende Mai vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann eingeweiht wurde. Unser Eindruck: Das Museum hat an Aussagekraft deutlich gewonnen und lohnt auf jeden Fall einen Besuch, wenn Sie sich für die Zeit der Römer interessieren. Das Limesmuseum zeigt Funde aus der Region um Aalen, damals am Obergermanisch-Raetischen Limes gelegen, doch geht die Ausstellung in einem zweiten Teil auch auf den Grenzwall im übergreifenden Sinne ein: weitere Orte mit Bezug zum Limes auf dem Gebiet des heutigen Baden-Württembergs komplettieren die Darstellung. Auf das Limesmuseum bin ich bereits in meinem Blog eingegangen: „UNESCO-Welterbe: Geschichte für die Zukunft erhalten. Aus der Vergangenheit für Gegenwart und Zukunft lernen“.

Visuelle Darstellung im Museum. Ein Mann hält ein Pferd am Zaumzeug, davor ein römischer Soldat.
Wenn im Limesmuseum in Aachen ein Pferd den römischen Soldaten tritt … (Bild: Ulsamer / Darstellung aus dem Limesmuseum in Aalen)

Die wunderliche Verwechslung

Warum finden Sie bei meiner überaus positiven Einschätzung des Limesmuseums dann einen kleinen separaten Blog-Beitrag mit der Überschrift „Heilkunde oder Hexerei“? Dies lässt sich leicht erklären. Die eingesetzten audiovisuellen Medien tragen zu einem besseren Verständnis der römischen Geschichte in den Limes-Regionen bei, doch an einer Stelle gibt es ein Mysterium, auf das mich meine Frau aufmerksam gemacht hatte. Ein römischer Soldat wird von einem Pferd gegen den Arm getreten, und der Verletzte stützt mit der anderen Hand den schmerzenden Arm. Sein Kamerad weiß Rat und führt ihn zu einer in medizinischen Dingen bewanderten Frau. Auch dies passt ausgezeichnet zum Kontext der Lage im Kastell bzw. der angegliederten Siedlung, denn die Heilerin kommt an anderer Stelle beim Rundgang mit eben diesen medizinischen Erfahrungen zu Wort.

Die Heilerin im blauen Kleid lässt sich ein Fläschchen mit Medizin reichen und hält den rechten - verletzten - Arm fest.
Im Limesmuseum geht die Heilerin am rechten Arm ans Werk … (Bild: Ulsamer / Darstellung aus dem Limesmuseum in Aaalen)

Bis dahin ist gewissermaßen alles auf dem Weg zur Heilung, und dies war vor 2 000 Jahren nicht der Regelfall. Doch nun fragt sich der Betrachter, ob die Römerin eine Heilkundige oder eine Hexe ist. Auf mehreren Bildern behandelt die Frau die rechte Hand des Reiters. Der verletzte Soldat bezahlt aber nach der Behandlung mit der urplötzlich wieder gesunden rechten Hand und hat stattdessen seinen linken Arm dick eingebunden. Da ich nicht an Hexen glaube, aber heilkundige Frauen doch eher zur Realität gehörten, kann es eigentlich nicht an der Originalgeschichte liegen, sondern an deren visueller Bearbeitung. Da hat wohl der eine oder andere bei der Herstellung oder Abnahme der eingeblendeten Bilder nicht aufgepasst. Aber so was kann passieren, wenn es selbst bei Game of Thrones ein Coffee-to-go-Becher bis in die dem Publikum präsentierte Endfassung geschafft hat!

Der römische Soldat reuicht der Heilerin Münzen mit der rechten Hand, doch jetzt ist der linke Arm dick eingebunden.
Ist es Hexerei? Der römische Soldat kann mit der rechten Hand wieder bezahlen, doch jetzt ist der linke Arm dick eingebunden … (Bild: Ulsamer / Darstellung aus dem Limesmuseum in Aalen)

Der Teufel steckt im Detail

Erinnert hat mich der verwechselte Arm im Museum an den Andruck für die Rückseite unseres Buches über Schottland. Meine Frau und ich hatten damals nicht nur die Druckfahnen nochmals gelesen, sondern selbstredend auch den Umschlag mehrfach kritisch unter die Lupe genommen und für gut befunden. Und dann kam unsere zwölfjährige Tochter mit einer Kopie in der Hand und meinte „Schreibt man das denn so?“. Da hatte sich doch wirklich ein Satzfehler auf der hinteren Umschlagseite bis kurz vor die Drucklegung durchgemogelt!

Vielleicht hätten die Gestalter der Bilder mal einige Kinder zur Vorpräsentation einladen sollen, die hätten bestimmt über die ulkige Verwechslung des kranken Arms gelacht – und schon wäre klar gewesen, dass es bei dieser visuellen Einspielung eher um ‚Hexerei‘ denn um Heilkunde zu gehen scheint.

Mein sehr positiver Gesamteindruck vom Limesmuseum wird natürlich durch diesen kleinen Fauxpas nicht geschmälert: Sie sollten dieses Museum in Aalen auf jeden Fall besuchen, wenn Sie das Leben der römischen Soldaten und ihrer Angehörigen, aber auch die keltischen Händler und germanischen Ankömmlinge und Streiter besser kennenlernen wollen.

 

Eine Antwort auf „Limesmuseum in Aalen: Heilkunde oder Hexerei?“

  1. Als wir in der Tagespresse vom überarbeiteten Limesmuseum lasen, setzten wir dieses gleich als Ziel des nächsten Tagesausflugs auf unsere Agenda. Aber Sie waren schneller! Gerade deshalb war es interessant schon mal Ihre Einschätzung zu lesen. Sehr amüsant auch die Entdeckung der wechselseitigen Armverletzung des römischen Soldaten! Vielleicht konzipieren die Museumspädagogen bereits ein didaktisches “Entdecke den Fehler”-Spiel für die hoffentlich zahlreichen Besucher …?

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