Deutschland braucht eine eigene Batteriezellen-Produktion

Wer Abhängigkeiten zulässt, der handelt fahrlässig

Die Ankündigung des Bundesministers für Wirtschaft und Energie, die Fertigung von Zellen für Batterien in Deutschland anzustreben, kommt reichlich spät, aber besser spät als nie: „Wir werden eine Batteriezellen-Produktion in Deutschland eröffnen.“ Peter Altmaier lässt seinen Worten hoffentlich auch Taten folgen, denn die Abhängigkeit deutscher Unternehmen von asiatischen Zulieferern bei Batteriezellen halte ich für äußerst problematisch. So fertigen Daimler und andere Unternehmen in deutschen Werken zwar maßgeschneiderte Batterien für Elektrofahrzeuge, doch die zentralen Bauteile – die Zellen – kommen aus Asien. Selbstredend können in einer globalisierten Wirtschaft nicht in allen Staaten sämtliche notwendige Bauteile für Elektrofahrzeuge oder andere Produkte hergestellt werden, doch gerade die Batterien gehören in Elektroautos, aber auch in Hybridfahrzeugen, zu den zentralen Komponenten. Damit haben sie einen erheblichen Anteil an der Wertschöpfung. Einzelne Automobilunternehmen und Zulieferer sahen sich bisher außer Stande, eine eigene Zellproduktion aufzubauen, doch in einer nationalen oder noch besser europäischen Kraftanstrengung sollte es möglich sein, eine wettbewerbsfähige Zellproduktion in unserem Lande oder zumindest auf unserem Kontinent zu realisieren.

Bundesminister Peter Altmaier in einem Facebook-Post vor der Europafahne mit det Aussage, dass in Deutschland eine Produktion für Batteriezellen geplant sei.
Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier, setzt sich dafür ein, in Deutschland Zellen für Batterien zu produzieren. Besser spät als nie, kann ich da nur sagen. In einem breiten industriellen Bündnis sollte es möglich sein, eine deutsche oder noch besser europäische Batteriezellfertigung aufzubauen. (Bild: Screenshot, Facebook, 21.9.18)

Batteriezellen-Produktion: Es ist nie zu spät

Manchmal frage ich mich schon, was wohl die Automobilpioniere Carl Benz und Gottlieb Daimler oder auch Robert Bosch, der den Grundstein für einen der führenden Automobilzulieferer legte, sagen würden, wenn sie erleben könnten, wie eine Schlüsseltechnologie aus den Händen gegeben wird. Von der technologischen Bedeutung und dem Kostenanteil an einem E-Fahrzeug der Zukunft ausgehend, kommt nicht den Elektromotoren, sondern der Batterie einschließlich der Leistungselektronik die zentrale Bedeutung zu. Hätte Gottlieb Daimler ähnlich gehandelt, dann hätte er am Anfang nicht die modifizierte Pferdekutsche zugekauft, sondern den Motor. Doch wie die Geschichte zeigte, setzte er an der zentralen Komponente an. Carl Benz deckte sogar von Beginn an das Gesamtfahrzeug einschließlich Motor ab. Wer weltweit führend bleiben möchte, der muss auch die wichtigsten Komponenten im eigenen Land oder im europäischen Kontext herstellen können und dies zu wettbewerbsfähigen Preisen.

Immer wieder ist zu hören, die deutsche oder europäische Industrie habe hier den richtigen Zeitpunkt zum Einstieg verpasst. Dies halte ich für falsch. Man muss nicht immer der erste sein, um im industriellen Bereich Erfolg zu haben. Auf diesen Umstand hat auch Thomas Strobel, der stellvertretende Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg bei der Eröffnung des Daimler Prüf- und Technologiezentrums in Immendingen an der Donau hingewiesen. Zwar habe Deutschland zum Beginn der industriellen Revolution weit hinter Großbritannien zurückgelegen, doch mit der Doppelerfindung des Autos kam ab 1886 eine gewaltige Dynamik im industriellen Bereich auf. Aus dem ‚Nachahmer‘ in der industriellen Revolution wurde ihr Vorreiter. Somit macht es auch durchaus Sinn, die Zellfertigung jetzt aufzugreifen. Und man sollte ebenfalls jetzt in einem gesamtheitlichen Ansatz bei Zellen für Lithium-Ionen-Batterien einsteigen und sich nicht selbst und andere auf die nächste Generation an Batterien vertrösten. Verschieben bringt die deutsche Industrie nicht voran.

Mitarbeiterinnen in der Batteriefertigung in Kamenz.
Im sächsischen Kamenz produziert die Daimler AG Batterien und wird dies künftig auch in Peking tun. In diese Batterien werden Zellen von asiatischen Herstellern integriert. (Bild: Daimler AG)

Kooperative Lösung anstreben

Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt wie ihr Wirtschaftsminister ebenfalls auf mehr Eigenständigkeit: „Wir sollten im Rahmen unserer strategischen Fähigkeiten auch mit anderen europäischen Ländern zusammen an einer eigenen Batteriezellproduktion teilnehmen.“  Ganz generell brauchen wir in Deutschland und Europa wieder mehr Innovatoren und weniger Regulierer. Ansonsten könnten wir beim Thema Batteriezellen bei einer ähnlichen Situation landen wie bei Software oder sozialen Medien. Microsoft, Facebook, Twitter, Instagram usw. sprechen doch Bände: Die EU versucht, diese Unternehmen zu regulieren, statt echte Innovationen zu fördern, die eine Gleichstellung zwischen US- und europäischen Unternehmen ermöglichen würden. Es ist an der Zeit, dass die EU nicht mit der Hälfte ihres Budgets falsche Anreize für die industrielle Landwirtschaft setzt, sich auf eine Datenschutz-Grundverordnung kapriziert, sondern stattdessen ihr Augenmerk auf Innovationen richtet. Leider waren keine zukunftsorientierten Ansätze in der Rede zur Lage der Union von Jean-Claude Juncker zu erkennen. Der EU-Kommissionspräsident sprach zwar vor dem Europaparlament in Strasburg über die Abschaffung der Zeitumstellung, doch in Sachen Innovation scheint er nicht gehört zu haben, was die Uhr geschlagen hat.

Wir müssen in Deutschland und der Europäischen Union auch bereit sein, mit Fördermitteln wichtige Technologien zu industrialisieren. Dazu gehört neben der Batteriezellenfertigung auch die Wasserstofftechnologie. Viel zu lange wurde von der Politik in Deutschland und der EU geknausert. Was spricht denn dagegen, für die Produktion der Batteriezellen in Deutschland eine Milliarde einzusetzen und nochmals eine Milliarde für ein Tankstellennetz auszugeben, das eine flächendeckende Wasserstoffversorgung sichert? Viel zu häufig wird über den Klimawandel palavert, ohne konsequent alle Möglichkeiten zu nutzen, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern!

Ladesäule der EnBw an der A 81 in Baden-Württemberg. Die blau-weiße Ladesäule wird durch stabile gelb-schwarze Posten gesichert.
Wir brauchen nicht nur mehr Ladestationen für Elektrofahrzeuge in Deutschland und Europa, sondern auch eine eigenständige und wettbewerbsfähige Fertigung von Batteriezellen. (Bild: Ulsamer)

Übergreifende Kooperationen in Europa und Deutschland sollten die Basis legen für die Batteriezellenfertigung. Wir müssen die Wertschöpfungskette bei der Elektromobilität umfassender abbilden als dies bisher geschieht. Die Politik muss aber auch sicherstellen, dass beteiligte Automobilunternehmen, Zulieferer, Stromerzeuger usw. nicht mit dem Kartellrecht kollidieren, wenn sie sich gemeinsam für die Zukunftstechnologie Batteriezellen engagieren. Strategisches Know-how für Batteriezellen-Produktion, Batteriesysteme, Stromspeicher insgesamt, oder auch die Wasserstofftechnologie muss in Deutschland – und Europa – fortentwickelt und lokalisiert werden Wir dürfen uns nicht anderen Lieferanten ausliefern, die selbstverständlich ihre eigenen Chancen nutzen wollen, sondern müssen mit Innovationen unsere Zukunft sichern.

Batterieinschübe mit Verbindungskabeln.
Elektrofahrzeuge machen natürlich nur Sinn, wenn der Strom aus regenerativen Quellen kommt. Zum Ausgleich von Schwankungen bei der Stromerzeugung aus Wind und Sonne brauchen wir verstärkt leistungsfähige Speicher. Im westfälischen Lünen steht ein Großspeicher aus 1000 gebrauchten Batteriesystemen aus smart fortwo electric drive Fahrzeugen der zweiten Generation. Bei zunehmender Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien, wie aus Windkraftanlagen oder Solarkraftwerken, sind leistungsfähige Batteriespeicher der Schlüssel zur Stabilisierung der Stromnetze. (Bild: Daimler AG)