Der Aufmarsch: Olaf Scholz, sechs Staatssekretäre und über 40 neue Stellen

Investmentbanker – Brandstifter oder Feuerwehr?

Wenn Politiker wie Olaf Scholz das Amt wechseln, dann gibt es immer Claqueure, die eifrig Beifall spenden. Und oft sind es Personen, Organisationen und Medien, die mit ihrem Beifall eigene Interessen artikulieren. Damit kommen sie dem eigentlichen Wortsinn auch besonders nahe: Claqueure bejubeln ein Theaterstück oder eine andere öffentliche Aufführung für Bares – oder im modernen Sinne gerne auch gegen Einfluss und hin und wieder mal ein Pöstchen. Auch mit dem Begriff ‚Theater‘ liegt man häufig nicht falsch, denn so manches Politstück wird wohl nur für uns inszeniert.

Viel zu wenig werden Beziehungsgeflechte thematisiert, die durchaus für die Öffentlichkeit bedeutsam wären, und wenn man sie aufdeckt, dann schallt einem oft ein gut abgestimmter Chor entgegen, der empört ‚Verschwörungstheoretiker‘ erklingen lässt. Aber ist es nicht doch bemerkenswert, dass in verschiedenen Staaten immer häufiger Investmentbanker in politische Ämter gelangen oder zumindest die Machteliten ‚beraten‘? Nun hätte ich dagegen nichts auszusetzen gehabt, wenn nicht die letzte Wirtschafts- und Finanzkrise ab 2007 gerade durch das fragwürdige bis kriminelle Gebaren von Investmentbankern ausgelöst worden wäre. Nicht vergessen dürfen wir dabei auch die Mitverantwortung des Gesetzgebers, der erst die Spielräume für Finanzgeschäfte geöffnet hatte, die viele Menschen in den finanziellen Ruin stürzten.

Das Manager-Magazin titel "Olaf Scholz macht die Branstifter zur Feuerwehr" und bezieht sich auf die umstrittene Berufung eines Investmentbankers zum Staatssekretär.
Selbst das „Manager-Magazin” titelt „Olaf Scholz macht die Brandstifter zur Feuerwehr”, wenn es über die Reaktionen auf die Berufung von Jörg Kukies zum Staatssekretär im Bundesfinanzministerium berichtet. Und ausgerechnet der führende Investmentbanker soll sich um die Bankenregulierung kümmern! (Bild: Screenshot, „Manager-Magazin”, 22.3.18)

Zinsräuber Mario Draghi – ein Freund der Finanzminister

Aber nun zurück zu Olaf Scholz, dem neuen deutschen Bundesfinanzminister, der sich aufgemacht hat, in die Fußstapfen von Wolfgang Schäuble zu treten. Glaubt man den Beteuerungen wollen beide Minister das Gleiche, nämlich die sogenannte ‚Schwarze Null‘ im Bundeshaushalt. So ganz einleuchtend fand ich es nie, dass bei sprudelnden Steuereinnahmen schon ein ausgeglichener Bundeshalt Grund zur Freude sein kann, denn eigentlich bräuchten wir Jahr für Jahr ein Plus, um mit dem Überschuss die Staatsschulden abzubauen. Doch selbst die „Schwarze Null“ erreichen die Finanzpolitiker unter Angela Merkel – ob Olaf Scholz von der SPD oder Wolfgang Schäuble von der CDU – nur dank eines früheren Investmentbankers von Goldman Sachs: Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank, hat mit seiner desaströsen Nullzinspolitik dafür gesorgt, dass die Staatsschulden in Deutschland – und gerade auch in seiner italienischen Heimat – weniger drücken, denn die Zinslast ist erheblich geringer. Dafür bluten die ehrlichen Sparerinnen und Sparer, denn ihnen werden mit Nullzinspolitik, Geldschwemme in Billionen-Höhe und der Inflationsbegeisterung von Mario Draghi nicht nur die Zinsen geraubt, sondern auch ihr angespartes Kapital wird angeknabbert.

Nun holt Olaf Scholz – wie u.a. die „Tagesschau“ freudig berichtete – den ‚Vater der Schwarzen Null‘, Werner Gratzer, wieder als Staatssekretär ins Berliner Finanzministerium zurück. Er hat zumindest das richtige Parteibuch, und vielleicht ist er ganz froh, seinen Ausflug zur Deutschen Bahn wieder beenden zu können. Da die Zentrale der Bahn auch in Berlin beheimatet ist, kann man ja immer mal wechseln.

Aber eigentlich ging es ja um Investmentbanker wie Mario Draghi, und damit wären wir bei Jörg Kukies, dem bisherigen Ko-Vorsitzenden von Goldman Sachs in Deutschland. Eine Einkommenseinbuße scheint er für den politischen Machtzuwachs als Staatssekretär gerne auf sich zu nehmen, und dies ist ein weltweites Markenzeichen von Führungskräften der Investmentbank Goldman Sachs. Dazu später mehr. Als früherer Juso-Vorsitzender in Rheinland-Pfalz soll er auch gute Beziehungen zur „Bätschi“-Fraktionsvorsitzenden Andrea Nahles haben – und das schadet nie, weder in der Politik noch im Finanzgeschäft. Ganz besonders drollig ist es, dass sich Kukies insbesondere – neben der Europapolitik – um die Finanzmarktregulierung kümmern soll.

Gerhard Schick wendet sich in Twitter gegen die Berufung eines Investmentbankers zum Staatssekretär.
Nach einer Civey-Umfrage sprechen sich mehr als 60 Prozent der Befragten gegen die Berufung des Goldman Sachs-Investmentbankers Jörg Kukies zum Staatssekretär im Bundesfinanzministerium aus. Nicht nur der grüne Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick reagiert befremdet, dass sich ausgerechnet ein führender Investmentbanker um die Regulierung von Banken kümmern soll. (Bild: Screenshot, „Twitter”, 22.3.18)

Auf die Idee muss man erst mal kommen, einen Investmentbanker über die Regulierung seines bisherigen Arbeitsfeldes mitbestimmen zu lassen. Es mag überzogen klingen, aber dann kann auch ein Brandstifter Vorschläge zu den entsprechenden Strafrechtsparagraphen machen oder man kann ihn auch gleich zum Feuerwehrkommandanten ernennen. Fachwissen kann in der Politik zwar nicht schaden und ist oft nur unzureichend vorhanden, aber nach dem Finanzdesaster, das gerade die großen Investmentbanken ausgelöst haben, deren Regulierung durch einen der ihren vorbereiten zu lassen, das kann ich nur als abstrus bezeichnen.

Sechsköpfige Leibgarde für Olaf Scholz

Zwei weitere Staatssekretäre hat Olaf Scholz gewissermaßen aus Hamburg im Schlepptau mitgebracht: Seine langjährigen Vertrauten Wolfgang Schmidt (bisher Bevollmächtigter beim Bundesrat) und Rolf Bösinger (Staatsrat in der Wirtschaftsbehörde). Ich habe volles Verständnis dafür, dass sich Minister gerne mit vertrauten Gesichtern umgeben, doch frage ich mich schon, ob dies in diesem Fall wirklich passt. Zwei Stichworte zeigen dies: Elbphilharmonie und G 20-Gipfel lassen grüßen. Apropos Finanzen: Davon versteht der bisherige Erste Bürgermeister sicherlich etwas, denn in seiner Amtszeit explodierten die Kosten für die Elbphilharmonie weiter – am Ende stiegen die Baukosten auf das Zehnfache der ursprünglich geplanten Summe. Beim Baustart dieses architektonischen Finanzmonsters war er noch nicht am Ruder, das muss man zu seiner Ehrenrettung sagen, aber von Gegensteuern keine Spur. Da kann ich nur hoffen, dass er als Bundesfinanzminister oder seine Getreuen besser rechnen können.

Zu den vier beamteten Staatssekretären kommen noch zwei Damen, die als parlamentarische Staatssekretärinnen auch das Scharnier zur Parlamentsfraktion der SPD darstellen. Ja, ja, wir Steuerzahlerinnen und Steuerzahler werden nicht gefragt, aber wir dürfen auf jeden Fall die Rechnung bezahlen. Christine Lambrecht und Bettina Hagedorn, ihres Zeichens SPD-Bundestagsabgeordnete, sollten mit ihrem Chef Olaf mal noch über die Inhalte ihrer Aufgaben sprechen, die auf der Internet-Seite des Bundesministeriums der Finanzen so betitelt wurden: „Unterstützung des Ministers bei der Erfüllung seiner Regierungsaufgaben.“ Was sonst, möchte man da fragen? Die Herren Staatssekretäre haben es da besser erwischt, so heißt es bei Wolfgang Schmidt: „Finanzpolitische und volkswirtschaftliche Grundsatzfragen, internationale Finanz- und Währungspolitik, sowie Leitungsabteilung.“ Klingt das nicht besser? Die anderen Staatssekretäre der neuen Truppe waren am 21. März leider noch nicht auf der Internet-Seite angekommen, aber die müssen ja noch anderswo den Schreibtisch aufräumen.

Katja Suding mit dem Text "Scholz verhöhnt Gipfelopfer". Sie erinnert an das Versagen von Olaf Scholz bei den Krawallen rund um den G 20-Gipfel in Hamburg.
„Für die Ausschreitungen beim G 20-Gipfel hat sich Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz minimal entschuldigt, politische Verantwortung hat er nicht übernommen“, monierte Katja Suding. Und die FDP-Landesvorsitzende in Hamburg forderte: „Die wohl größte Fehlleistung seiner Amtszeit muss Konsequenzen haben.“ Die hat es auch: er wurde Bundesminister der Finanzen! Aber so war das wohl nicht gemeint, denn: „Er verhöhnt damit die Gipfelopfer, die vor ihren rauchenden Autos und verwüsteten Geschäften stehen”. Nun kann sich Katja Suding als Bundestagsabgeordnete mit der Leistung von Olaf Scholz in Berlin befassen. (Bild: Screenshot, „Facebook”, 22.3.18)

Flucht vor dem Schwarzen Block?

Vor dem G 20-Gipfel hat Olaf Scholz seinen Hamburgerinnen und Hamburgern Ruhe und Sicherheit versprochen, obwohl das Internet nur so von Kampfparolen linker Extremisten übersprudelte. Dann zeigte der Schwarze Block mit seinen vermummten Gestalten, dass er in der Lage war, ganze Stadtquartiere mit bürgerkriegsähnlichen Unruhen zu überziehen. Während Menschen in Hamburg um ihr Leben und ihr Hab und Gut bangten, saß Olaf Scholz gut bewacht mit Angela Merkel und wichtigen Staatsgästen in der Elbphilharmonie. Sie waren bestens geschützt durch Spezialkräfte der Polizei, die an anderen Stellen der Stadt fehlten. Der politische Gewinn des Treffens war minimal, aber der Krawall wurde über die Stadt Hamburg und Deutschland hinaus in die Welt getragen.

Na gut, wenn man schon nicht für die Sicherheit in der eigenen Stadt sorgen kann, dann ist es vielleicht besser, sich nach Berlin ins Finanzministerium abzusetzen. Von einer Anordnung der Polizei will Olaf Scholz nichts gewusst haben, in der es hieß: „Der Schutz und die Sicherheit der Gäste haben höchste Priorität”. Glauben wir dem „Spiegel“, dann war dies die Vorgabe, und sie wurde auch erfüllt: Die Gäste aus aller Welt lauschten Beethovens Neunter Sinfonie und der ‚schöne Götterfunke‘ erreichte ihr Ohr, während der Normalbürger Molotowcocktails explodieren sah, sein Laden geplündert wurde, sein Auto in Flammen aufging,  Martinshörner erklangen und die Polizei mangels Spezialkräften das Schanzenviertel den Krawallmachern und Plünderern überlassen musste. Hoffentlich besucht der Schwarze Block Olaf Scholz nicht mal in seinem Ministerium!

Die Finanzjongleure kennt der Minister bereits

Die Hansestadt Hamburg und Schleswig-Holstein mussten ihre Ex-Landesbank HSH Nordbank verscherbeln, wobei von einem Verkauf im wirtschaftlichen Sinne nicht gesprochen werden kann, denn die beiden Bundesländer bleiben auf Verbindlichkeiten von 10 bis 15 Mrd. EURO sitzen. Für rd. eine Mrd. EURO übernahmen die Finanzinvestoren um Cerberus und J. C. Flowers die brauchbaren Reste zur Weiterverwertung. Unfreundlicher könnte man auch sagen, Leichenfledderer schauen mal, was von der früheren Landesbank noch zu Geld zu machen ist – und der Steuerzahler haftet für die Miesen, die größenwahnsinnige Banker angehäuft haben. Wo war da eigentlich die politische Aufsicht?

Cerberus mischt bei Investmentdeals kräftig mit.
Es ist schon weit gekommen: Die Reste der früheren Landesbank der Hansestadt Hamburg und Schleswig-Holsteins lassen sich wohl nur noch an den Höllenhund aus der griechischen Mythologie verscherbeln! Aber Olaf Scholz sah den Notverkauf an Cerberus und Flowers, der gewaltige Verbindlichkeiten von 10 bis 15 Milliarden EURO bei den genannten Bundesländern belässt, auch noch als Erfolg. Das lässt nichts Gutes von ihm als Bundesfinanzminister erwarten. (Bild: Screenshot, “cerberuscapital.com”, 22.3.18)

Zugegebenermaßen standen die Interessenten im Norden der Bundesrepublik beim Verkauf der HSH Nordbank nicht Schlange, doch bei Cerberus und J. Christopher Flowers fallen mir dann doch wieder Verbindungslinien auf. Der Investmentbanker Flowers arbeitete 21 Jahre für Goldman Sachs, ehe er sich mit einem eigenen Unternehmen in der gleichen Branche selbständig machte. Und Cerberus betätigt sich immer wieder auch mit Goldman Sachs in Anlehnung an den griechischen Höllenhund: „In Deutschland hat sich Cerberus vor allem wegen seiner Geschäfte im Immobilienbereich hervorgetan. Zusammen mit Goldman Sachs hat der Hedgefonds 2004 für 405 Mio. Euro vom rot-roten Berliner Senat 75.000 Wohnungen gekauft, was der damalige SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin als ‚beachtlichen Erfolg‘ bezeichnet hatte – ein Urteil, dass die Mieter der Wohnungen wohl kaum teilen dürften.“ (“heise.de”, 1.3.18).

„Schlechtes Personal ist sehr schwer loszuwerden“

Und während auf der einen Seite knallharte Investmentbanker sitzen, machen die politischen Verhandlungspartner nicht nur mich nachdenklich: „Der Deal wurde auf schleswig-holsteinischer Seite von der grünen Finanzministerin Monika Heinold und ihrem ebenfalls grünen Staatssekretär Philipp Nimmermann verhandelt. Auf Hamburger Seite war es der SPD-Finanzsenator Peter Tschentscher, der die Details im Pakt mit Cerberus aushandelte. Heinold ist von Beruf Erzieherin und hat vor ihrer politischen Karriere in einer Kindertagesstätte der Arbeiterwohlfahrt gearbeitet. Tschentscher ist promovierter Mediziner und hat sich offensichtlich ab 2010 als Vorsitzender des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses Elbphilharmonie für sein Amt als Finanzsenator empfohlen.“ Kaum hat Olaf Scholz Hamburg verlassen, da wird auch schon der Mediziner – oder doch Finanzfachmann? – zum Ersten Bürgermeister gewählt.

Hier hätten jetzt Fachkenntnisse vielleicht doch nichts geschadet – und es müssen ja nicht immer Investmentbanker zum Staatssekretär ernannt werden. ‚Gutes Personal ist wirklich schwer zu kriegen‘, heißt es in dem Song von Frank Ramond und dies trifft voll ins Schwarze, Grüne, Rote. So erlaube ich mir noch einen kurzen Ausflug in den Südwesten: Das baden-württembergische Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) soll für die bezahlten Löhne und Gehälter mal 140 Millionen zu wenig und dann wieder 95 Mio. zu viel an Steuern abgeführt haben. Der Schaden für das Land Baden-Württemberg soll bei rd. 50 Millionen EURO liegen, so die „Stuttgarter Zeitung“. Nun bin ich mir bewusst, dass weder die Minister Willi Stächele, CDU, noch Nils Schmid, SPD, oder Edith Sitzmann, Grüne, diese Zahlungen selbst veranlassen noch über jeden Vorgang informiert sein können, doch sie sollten im Stande sein, solch gravierende Fehlleistungen durch entsprechende Vorgaben (Vier-Augen-Prinzip) oder klare Informationswege (Vertuschung) zu verhindern. Nicht nur der Bund der Steuerzahler vermisst eine sachgerechte Kontrolle. Wahrscheinlich endet die politische Aufklärung wie beim Untersuchungsausschuss zum Niedergang der HSH Nordbank: Politikerinnen und Politiker waren selbstverständlich unschuldig. So trifft Frank Ramonds Song gleich doppelt zu: „Schlechtes Personal, schlechtes Personal, schlechtes Personal ist sehr schwer loszuwerden“.

"Banken-Skandal in Italien: Goldman-Banker Draghi und Monti unter schwerem Feuer'.
‚Goldmänner‘ aller orten: Mal bei Goldman Sachs die Milliardendeals vorbereiten und dann wieder im EU- oder Staatsdienst das Hab und Gut der Bürgerinnen und Bürger gefährden, das kann doch nicht die Lösung unserer Probleme darstellen. Ein besonders extremes Beispiel ist Mario Draghi, der nicht nur Goldman Sachs in London diente, sondern auch als italienischer Zentralbankchef und Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) für eine stabile Währung sorgen sollte. Und was kam in Italien dabei heraus? Italiens Banken leiden bis heute an faulen Krediten in Milliardenhöhe, und die europäischen Sparerinnen und Sparer beraubt Draghi ihrer Zinserträge – die deutsche Politik aber schaut überwiegend schweigend zu. (Bild: Screenshot, „Deutsche Wirtschafts-Nachrichten”, 22.3.18)

Politik als Spielwiese der Investmentbanker

Spannend ist es zu sehen, wie immer mehr politische Positionen mit Investmentbankern besetzt werden. Manche werden sogar vom Volk in ihr Amt gewählt, wie zum Beispiel Emmanuel Macron. Zwar war er nicht für Goldman Sachs, aber die französische Rothschild & Cie. tätig und Macron brachte es mit Investmentdeals bis zum Partner. Investmentbanker haben immer ein Herz für die Finanzjongleure, und so verwundert es mich auch nicht, dass er sich einen Finanzminister für die EURO-Zone und die Vergemeinschaftung der Haftung für die Banken in diesem Raum wünscht. Dies heißt, dass Deutschland, also wir alle, oder die deutschen Kreditinstitute, also wieder wir Sparerinnen und Sparer, für die Schulden der Banken in anderen Ländern haften sollen. Wenn ich mir die desolate Lage italienischer Bankinstitute anschaue, dann kann die Antwort nur ‚Nein‘ heißen.

Die Frage nach dem Fachwissen von Investmentbankern und deren Beratern habe ich schon angesprochen, doch wenn ich nach Italien schaue, dann scheint es nichts gebracht zu haben – ganz im Gegenteil! Nicht nur Mario Draghi, der EZB-Präsident, tummelte sich vorher bei Goldman Sachs, wurde dann auch noch Chef der italienischen Zentralbank, ehe er sich als EZB-Präsident die Sparerinnen und Sparer im EURO-Raum vorknöpfte. Der frühere italienische Ministerpräsident Mario Monti arbeitete bei Goldman Sachs, und einer seiner Vorgänger, Romano Prodi, hatte über sein Beratungsunternehmen enge Geschäftsbeziehungen zu Goldman Sachs. Der zweimalige portugiesische EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso verdingte sich 2016 bei Goldman Sachs, um ausgerechnet beim Brexit die Durchsetzung britischer Interessen abzusichern. Ein ehemaliger EU-Kommissar als Berater beim Ausstieg aus der Europäischen Union, das hat schon was! Überraschen kann mich dies allerdings nicht, wenn ich mir die Leistung von Jean-Claude Juncker anschaue, der als EU-Kommissionspräsident Zölle auf „Blue Jeans, Levi’s“ erheben möchte, obwohl besagte Jeans heute aus Asien oder dem südlichen Amerika kommen.

Donald Trump und die ‚Goldmänner‘

Nun muss aber bald Schluss sein, zumindest mit diesem Artikel, doch ein kleiner Ausflug in die USA darf nicht fehlen. Ausgerechnet Donald Trump, der im Wahlkampf über die Wirtschafts- und Politeliten herzog, umgibt sich gerne mit Herren, die ihre Brötchen bei Goldman Sachs verdienten – und gleich so viel, dass sie sich das Politgeschäft leisten können. Der vielgeschmähte Breitbart-Mitgründer Steve Bannon, der dem im Grunde unpolitischen Donald Trump erst ein politisches Mäntelchen überzog, war ebenso für Goldman Sachs tätig wie auch der Wirtschaftsberater Gary Cohen. Trump setzte Bannon vor die Tür des Weißen Hauses, als dieser Mitglieder des Trump-Clans kritisierte, Cohen warf freiwillig das Handtuch, als Donald seinen nächsten Feldzug mit Strafzöllen startete und er ersparte sich damit auch einen Rausschmiss per Twitter wie ihn der US-Außenminister Rex Tillersen erleben durfte.

Noch an Bord des US-Regierungsdampfers ist der Multimillionär Steven Mnuchin als Finanzminister, der ebenfalls bei Goldman Sachs Millionen scheffelte: „Im Wahlkampf hatte Donald Trump noch über den Einfluss des großen Geldes auf die Politik gewettert. Mit Steven Mnuchin hat er nun aber einen typischen Vertreter jener Finanzlobby eingestellt, die angeblich die amerikanische Politik kontrolliert. Mnuchin ist Yale-Absolvent, hatte eine leitende Position bei Goldman Sachs inne, gründete mehrere Hedgefonds und führte eine Bank. Mehr Wall Street geht eigentlich nicht“, so „welt.de“. Vielleicht hat Olaf Scholz, ehe er als neuer Bundesfinanzminister zum G 20-Gipfel der Finanzminister nach Argentinien reiste, schon mal seinen neuen Staatssekretär Kukies gebeten, seinen alten Goldman-Sachs-Kumpel anzurufen, um auszuloten, wie man Donald Trumps Strafzölle vom Tisch bekommt oder was dieser als nächstes ausheckt. Zumindest machen Donalds auf Europa bezogene Strafzölle erst mal eine Pause.

HSH Nordbank im Visier des Bundes der Steuerzahler.
„Ende mit Schrecken”, so betitelt der Bund der Steuerzahler ein „Schwarzbuch” über den Untergang der SHS Nordbank. „Das Kind ist zwar in den Brunnen gefallen, aber aus Schaden muss man klug werden! Wieder einmal zeigt sich, dass der Staat oft kein guter Unternehmer ist. Politisch geführte Unternehmen sind nicht in der Lage, wirtschaftliches Risiko richtig zu bewerten. Diese Lehre ist hoch aktuell, weil sich gerade wieder Politiker anschicken, in anderen Bereichen neue wirtschaftliche Risiken einzugehen – ob bei Wohnungsbauunternehmen oder Ver- und Entsorgungsbetrieben.” Dem ist nichts hinzuzufügen, höchstens, dass sich die Politikerinnen und Politiker, die die Aufsicht nicht wahrgenommen haben, meist rechtzeitig vom Finanz-Acker machen. (Bild: Screenshot, „schwarzbuch.de”, 22.3.18)

Der Einfluss der Wählerinnen und Wähler schwindet

Als Bürger und Steuerzahler hoffe ich sehr, dass Olaf Scholz einen guten Job macht, denn wenn nicht, dann wird es teuer – für Sie, liebe Leserinnen und Leser, und mich. Politiker wie Scholz haben dann immer noch eine finanziell gut gepolsterte Rückfallposition: sie gehen in den Ruhestand! Oder vielleicht findet sich auch noch ein Beratervertrag bei Goldman Sachs. Und nach manchen Medienmeldungen könnte er dann dort die Altvorderen aus SPD und CDU wie die ehemaligen Verteidigungsminister Rudolf Scharping und Volker Rühe treffen.

Für wirklich indiskutabel halte ich es, dass Olaf Scholz den Ko-Vorsitzenden von Goldman Sachs in Deutschland als Staatssekretär mit der Kapitalmarktregulierung betraut. Aber das Gespür für drohende Probleme ist bei Scholz nicht so ausgeprägt vorhanden, was seine krasse Fehleinschätzung der Krawalle gegen den G 20-Gipfel in Hamburg beweist. Auch hier zeigt es sich, dass Politiker nicht mit einem Rauswurf rechnen müssen, sondern ganz im Gegenteil, sie werden auch noch Bundesfinanzminister! Als Steuerzahler finde ich es unverständlich, wenn bei jeder neuen Regierungsbildung zusätzliches Personal benötigt wird – dies gilt nicht nur für das Finanzministerium. Und ob ein Finanzminister gleich sechs Staatssekretärinnen und Staatssekretäre benötigt, um sein Ministerium zu führen, das bezweifle ich wirklich!

Olaf Scholz unter dem Titel "G 20 in Hamburg - Der schwere Fehler des Olaf Scholz".
Olaf Scholz hat sich nach meiner Meinung in Hamburg nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Drei Stichworte mögen genügen: Kostenexplosion bei der Elbphilharmonie, Milliardendesaster bei der HSH Nordbank, G 20-Krawalle. Gerade auch die bürgerkriegsähnlichen Unruhen beim G 20-Gipfel haben seinen Ruf dauerhaft ruiniert. Was mir nicht nur nach den Krawallen bei Scholz gefehlt hat, ist Empathie. Aber dann passt er ja bestens zur Bundeskanzlerin. (Bild: Screenshot, „Hamburger Morgenpost”, 21.3.18)

Bisher habe ich seit dem Erreichen des Wahlalters an jeder Bundestagswahl teilgenommen, doch gerade auch bei der jüngsten Regierungsbildung frage ich mich schon, wozu eigentlich? Wenn gerade Schlüsselressorts wie das Innenministerium durch die CSU und das Finanzministerium durch die SPD mit Politikern besetzt werden, die dem Bundestag nicht angehören, dann halte ich dies für eine Missachtung der Wählerinnen und Wähler.