Auch ohne Kuh gab’s Milchsubventionen

Hessische Landesregierung im Kuhstall ausgerutscht

Sonderbare Blüten trieb die hessische Landespolitik im Jahr 2016: Während einer ‚Milchpreiskrise‘ wollte sie die betroffenen Betriebe unterstützen und griff zur Subventionsgießkanne. Zwar geht es nur um ‚mickrige‘ fünf Millionen EURO – im Vergleich zur EU-Agrarförderung von fast 50 Milliarden EURO geradezu vernachlässigbar -, doch der hessische Rechnungshof monierte in seinem gerade veröffentlichten Bericht für das Jahr 2016 zurecht die Vorgehensweise der Landesregierung. „Dies ist ein klassisches Beispiel für Förderung, die nicht beim richtigen Empfänger angekommen ist“, betont der Landesrechnungshof. Kurzerhand wurde kein eigenes Förderprogramm maßgeschneidert, sondern auf das bereits laufende Programm „Ausgleichszahlungen in benachteiligten Gebieten“ aufgesattelt. Und passend zum Begriff ‚aufgesattelt‘ kamen auch Reiterhöfe zum Zuge, die zwar Grünland besitzen aber keine einzige Kuh. Auch Schäfereibetriebe, Pensionspferdehalter und selbst der Landesbetrieb Hessen-Forst erhielten Soforthilfen für Milchbauern.

Gießkanne statt gezielter Hilfe

Sicherlich gibt es bei vielen Subventionen immer wieder Streuverluste, doch besonders eklatant ist in diesem Fall, dass es Bauern mit Milchkühen gab, die keine Unterstützung erhielten, weil sie nicht in den sogenannten „benachteiligten Gebieten“ ansässig sind. Und so fasst der Landesrechnungshof zusammen: „Insgesamt sind 30 Prozent der Mittel nicht bei denen angekommen, die gefördert werden sollten. 60 Prozent der Empfänger waren nicht von der Milchmarktkrise betroffen.“ Dies ist gewiss ein blamables Ergebnis für ein Förderprogramm des Landes Hessen, und ganz gewiss handelt es sich auch nicht um einen Einzelfall in Deutschland.

Da werden wir ja ganz neidisch, wenn wir hören, dass in Hessen unser Bauer eine finanzielle Förderung für unsere Milch erhalten hätte. Aber warum auch Reiterhöfe eine Milchsubvention erhielten, das verstehen wahrscheinlich nur die Mitarbeiter des zuständigen Ministeriums. Da bleiben wir doch lieber im Schwarzwald auf unseren grünen Wiesen mit viel frischer Luft. Die Kolleginnen, die Tag für Tag im Stall stehen müssen, die können wir nur bedauern. (Bild: Ulsamer)

Bei etwas Nachdenken hätte auch den zuständigen Mitarbeitern auffallen sollen, dass eine Subvention für Milchbauern nicht einfach an das vorhandene Dauergrünland geknüpft werden kann. Darüber hinaus sollte ihnen auch bekannt sein, dass Milchbauern nicht nur in „benachteiligten Gebieten“ – wie immer diese auch definiert sind – leben.

Wenn man nun noch bedenkt, dass die ausgezahlten Förderbeträge teilweise unter 500 EURO pro Betrieb gelegen haben, dann wird das gesamte Programm zur Farce. So unterstreicht auch der Präsident des hessischen Rechnungshofes, Dr. Walter Wallmann: „Bagatellförderungen erzeugen nach unserer Erfahrung keine Förderwirkung, sondern führen eher zu Mitnahmeeffekten!“

Sachgerechte Preise statt Subventionen

Bauern brauchen auskömmliche Preise für die produzierte Milch, und dies wird sich nur über den Markt erreichen lassen und nicht gegen ihn. Subventionen hier, Förderung da, dies ist allemal kein Ausweg. In diesen Tagen erleben wir die Nachwirkungen des Regulierungswahns durch steil ansteigende Butterpreise. Nach der Aufhebung der EU-Milchquoten im Jahr 2015 und einem Preisverfall bringt die weltweit steigende Nachfrage eine Verknappung der Milch und der daraus hergestellten Produkte mit sich. So ‚leidet‘ Frankreich unter leeren Butterregalen und Bäckereien hamstern Butter, um die Herstellung der geliebten Croissant sicherstellen zu können. In Wirklichkeit wäre Butter aber nicht knapp, wenn die großen Handelsketten die mit den Lieferanten vereinbarten Abnahmepreise erhöhen würden. So wandert die Butter eben in die Regionen unserer Welt, in denen die Kunden bereit sind, mehr für Butter zu bezahlen. In Deutschland ist Butter weiterhin überall zu kaufen, aber die Preise haben sich zum Teil verdoppelt. Die Preise werden sich mittelfristig im Markt definieren und dann auch den Bauern eine Chance geben, sachgerechte Preise für ihre Erzeugnisse zu erlösen. Die Landwirte brauchen mittelfristige Sicherheit bei Mengen und Preisen, denn Kühe lassen sich nicht wie eine Maschine an- und abstellen. Und dieses Gefühl für die Absatzmöglichkeiten vermittelt eher der Markt als planwirtschaftliche Vorgaben plus hin und wieder einem Subventionsbonbon.

Es ist daher an der Zeit, die Agrarsubventionen der Europäischen Union nicht nur kritisch zu überprüfen, sondern generell Ökologie und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt zu stellen. Zur nachhaltigen Neuorientierung gehört es auch, Natur- und Tierschutz zu verbessern und gleichzeitig für auskömmliche Preise für die Landwirte zu sorgen. Die Landwirte müssen wieder von ihren Erzeugnissen leben können und nicht auf Dauer am Tropf der EU-Subventionsmaschinerie hängen. Hilfsprogramme wie in Hessen werden dann auch nicht mehr benötigt.

 

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